Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230318/2/Kei/Shn

Linz, 19.09.1994

VwSen-230318/2/Kei/Shn Linz, am 19. September 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung der E R, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. H F, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 19. Mai 1994, Zl.Pol96/116/1993/Stei/He, wegen einer Übertretung des OÖ. Polizeistrafgesetzes (OÖ. PolStG), zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird teilweise Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt, die verhängte Geldstrafe wird auf 800 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 13 Stunden herabgesetzt.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dahingehend berichtigt, daß - anstelle der Wortgruppe "Personen über das zumutbare Maß hinaus belästigt wurden" zu setzen ist:

"eine Person über das zumutbare Maß hinaus belästigt wurde", - anstelle von "Herrn S" zu setzen ist: "R S", - die Worte "und verletzen" zu streichen sind.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG), § 51 VStG.

II: Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Strafe, das sind 80 S, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 19. Mai 1994, Zl.Pol96/116/1993/Stei/He, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängte, weil sie "am 01.08.1993 gegen 19.55 Uhr in P, Kreuzung G - G als Halter eines Tieres dieses in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt" habe, "daß durch das Tier Personen über das zumutbare Maß hinaus belästigt" worden seien, "indem sie ihren Schäferhund 'D v. K' so herumlaufen" habe lassen, "daß dieser den von Herrn S an der Leine geführten Dackelmischling anfallen und verletzen" habe können. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 5 Abs.1 iVm § 10 Abs.2 lit.b OÖ. PolStG begangen, weshalb sie gemäß § 10 Abs.2 lit.b OÖ. PolStG zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses der Berufungswerberin am 27. Mai 1994 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 10. Juni 1994 der Post zur Beförderung übergebene und daher fristgerecht erhobene Berufung. Die Berufungswerberin beantragt, daß der Berufung stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufgehoben wird.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 16. Juni 1994, Zl.Pol96/116/1993/Stei/He, Einsicht genommen.

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zugrundegelegt.

Am 1. August 1993 um ca 18.55 Uhr war die Berufungswerberin dabei einen Spaziergang mit ihrem Schäferhund "D K" zu machen. Sie öffnete das Tor des Gartens, der zu ihrem Einfamilienhaus in P, G gehörte. Unmittelbar danach schlüpfte ihr Schäferhund auf die Straße. Zu dieser Zeit kam gerade R S mit seinem Dackelmischling, der angeleint war, den Gatterederweg entlang. R S war unterwegs zur Jagd. Der Schäferhund der Berufungswerberin ging auf den Dackel des R S los und attackierte ihn. Die Berufungswerberin hatte versucht, ihren Schäferhund, der nicht angeleint war, zurückzuhalten. Der Schäferhund hatte ihr jedoch nicht gefolgt. Die Berufungswerberin trennte danach die beiden Hunde und nahm ihren Schäferhund an die Leine. Zwischen dem Schäferhund der Berufungswerberin und dem Dackelmischling des R S hatte es in den drei Jahren vor dem gegenständlichen Vorfall bereits zweimal Raufereien bzw Konfliktsituationen gegeben.

Durch den Vorfall wurde R S sehr erregt. Dies auch deshalb, weil er nicht wußte, ob der Schäferhund auch ihn selbst angehen würde.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 5 Abs.1 OÖ. PolStG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung, wer als Halter eines Tieres dieses in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, daß durch das Tier dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden, oder gegen die auf Grund der Abs.2 und 3 erlassenen Verordnungen oder behördlichen Anordnungen verstößt. Als unzumutbare Belästigung Dritter gilt insbesondere auch die Verunreinigung von Kinderspielplätzen und ähnlichen Flächen.

Gemäß § 10 Abs.2 OÖ. PolStG sind Verstöße gegen die auf Grund des § 4 erlassenen Verordnungen und Verwaltungsübertretungen gemäß den §§ 5 und 6 von der Bezirkshauptmannschaft, in den Städten mit eigenem Statut vom Bürgermeister, bei Übertretungen nach (ua lit.b) § 5 mit Geldstrafe bis zu 20.000 S zu bestrafen.

4.2. Der im Punkt 3 angeführte Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen auf Grund der Ausführungen der Berufungswerberin in der Niederschrift vom 4. August 1993, der niederschriftlich aufgenommenen Aussagen des R S (am 6. August 1993 und am 7. Oktober 1993) und des J M (am 21. Oktober 1993).

Die Tatsache, daß es zwischen dem Schäferhund der Berufungswerberin und dem Dackelmischling des R S in den drei Jahren vor dem gegenständlichen Vorfall bereits zweimal Raufereien bzw Konfliktsituationen gegeben hat, war der Berufungswerberin bekannt. Dies ergibt sich aus der Niederschrift, die mit ihr am 4. August 1993 aufgenommen worden ist. Die Berufungswerberin hätte als Halter eines Schäferhundes, der in den drei Jahren vor der Tatzeit mit einem anderen Hund - und zwar mit dem Dackelmischling des Rudolf Schwarz - eine Auseinandersetzung gehabt hat, wegen dieser ihr bekannten Tatsache im Hinblick auf die Beaufsichtigung und Verwahrung eine entsprechende Sorgfalt an den Tag legen müssen.

Sie hätte verhindern müssen, daß ihr Schäferhund - ohne an eine Leine gebunden oder anderweitig gesichert zu sein - am 1. August 1993 um ca 19.55 Uhr aus dem Garten entweichen kann. Indem sie dem nicht entsprochen hat, hat sie objektiv sorgfaltswidrig gehandelt (siehe diesbezüglich D. Kienapfel, "Strafrecht. Allgemeiner Teil", 4. Auflage, Wien 1991, S 122-125).

Es steht außer Zweifel, daß durch den Schäferhund nicht unmittelbar R S, sondern der Dackelmischling, den er an der Leine führte, attackiert wurde. R S wurde aber - wie der Niederschrift vom 6. August 1993 zu entnehmen ist - durch den Vorfall "sehr erregt". In der Tatsache, daß der eigene Hund - ein Dackelmischling, der an der Leine geführt wird - von einem anderen Hund - und zwar einem Schäferhund, der nicht angeleint ist - attackiert wird, liegt eine Belästigung desjenigen, der den Hund an der Leine führt. Die Belästigung ging im gegenständlichen Zusammenhang über das zumutbare Maß hinaus.

Im Unterschied zu der Beurteilung durch die belangte Behörde ist es für den O.ö. Verwaltungssenat nicht erwiesen, daß durch den Vorfall eine Verletzung des Dackelmischlings des Rudolf Schwarz eingetreten ist.

4.3. Das Verschulden der Berufungswerberin ist nicht geringfügig.

Die Schuld des Beschuldigten ist nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldghalt erheblich zurückbleibt (VwGH vom 12. September 1986, Zl.86/18/0059, VwGH vom 20. Oktober 1987, Zl.87/04/0070 uva Erk.). Das Verschulden der Berufungswerberin wird als Fahrlässigkeit qualifiziert.

Da eines der beiden in § 21 Abs.1 erster Satz VStG genannten Kriterien nicht erfüllt ist, konnte diese Gesetzesstelle nicht angewendet und nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden (s hiezu VwGH vom 16. März 1987, Zl.87/10/0024, eine Beurteilung dahingehend, ob die Folgen der Übertretung unbedeutend sind, erübrigt sich).

4.4. Zur Strafbemessung:

Die Geldstrafe beträgt ein Fünfundzwanzigstel der Obergrenze des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens. Was die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Berufungswerberin betrifft, so wird davon ausgegangen, daß das Einkommen gering ist - die Berufungswerberin hatte diesbezüglich keine Angaben gemacht. Desweiteren davon, daß die Berufungswerberin Eigentümerin eines Einfamilienhauses ist und Sorgepflicht für ein Kind hat.

Mildernd wird die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet. Durch die Tatsache, daß eine Verletzung des Dackelmischlings des R S im Zuge des gegenständlichen Vorfalles nicht erwiesen ist (s Pkt.4.2.) wird der Tat durch den O.ö. Verwaltungssenat ein geringerer Unrechtsgehalt beigemessen als durch die belangte Behörde.

Aus diesem Grund wird die Geldstrafe herabgesetzt.

Insgesamt wird eine Geldstrafe in der Höhe von 800 S - auch vor dem Hintergrund der über das Verschulden (s Pkt.4.3.) getätigten Ausführungen - als angemessen beurteilt. Die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe war - um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwischen der verhängten Geldstrafe und der angedrohten Ersatzfreiheitsstrafe zu entsprechen - neu festzusetzen.

4.5. Aus den angeführten Gründen war die Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG hinsichtlich des Schuldspruches abzuweisen, die Geldstrafe herabzusetzen und die Ersatzfreiheitsstrafe neu festzusetzen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe, ds 80 S, vorzuschreiben. Für das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sind keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Keinberger

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