Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230347/4/Kei/Shn

Linz, 21.02.1995

VwSen-230347/4/Kei/Shn Linz, am 21. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des P P, vertreten durch U Z, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 12. August 1994, Zl.Sich96/112-4-1994-Gl/Bra, zu Recht:

I: Der Berufung wird insoferne Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird und der Berufungswerber unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens ermahnt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG), § 21 Abs.1 und § 51 Abs.1 VStG.

II: Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 82 Abs.1 Z4 iVm § 5 und § 15 Abs.1 Fremdengesetz (FrG) eine Geldstrafe von 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er sich seit 1. Juni 1994 - im Gasthaus P als Ferialpraktikant beschäftigt - nicht rechtmäßig in Österreich aufgehalten gehabt habe.

2. Dagegen wurde Berufung erhoben, in der ua ausgeführt wurde:

"Wir bekamen von der Sicherheitsdirektion NÖ, Hr. Mag.

H (0 Kl.) die Information, daß ungarische Ferialpraktikanten, die im Rahmen ihrer Schulausbildung ein Praktikum in Österreich ableisten nur dann einen Sichtvermerk brauchen, wenn sie sich, ohne Unterbrechung, länger als 30 Tage in Österreich aufhalten.

Schüler, die zwischendurch die Grenze überschreiten, benötigen keinen.

Ein Sichtvermerk wäre auch für uns besser gewesen, da wir uns die hin und her Fahrerei erspart hätten, nur war es leider unmöglich, mit den Damen vom Österreichischen Konsulat zu sprechen.

- Telefonisch bekamen wir überhaupt keine Auskünfte.

- Der Schule wurde die Erledigung der Sichtvermerke für die Schüler verweigert und somit hätte jeder Schüler seinen Sichtvermerk selbst besorgen müssen.

- Die Sprechstunden waren so kurz, daß, bevor wir an der Reihe waren, schon wieder gesperrt wurde, wir wieder nach Hause fahren, (je nach Schüler und Schule 100 - 300 km) am nächsten Tag wiederkommen und uns erneut anstellen mußten.

- Wenn Unterlagen fehlten, (Telefonisch konnten wir uns nicht danach erkundigen) begann diese "Prozedur" wieder von vorne.

In der Schulzeit, zwischen Prüfungen und Schularbeiten, konnten wir diese Zeit nicht aufbringen, von den Kosten ganz zu schweigen. Ich wollte keine strafbare Handlung begehen, sondern nur die einfachere Möglichkeit wählen, weshalb ich auch mehrmals nach Deutschland ausgereist bin. Außerdem konnte ich nicht ahnen, daß in Niederösterreich etwas erlaubt und in Oberösterreich die selbe Sache verboten ist.

Ich ersuche Sie deshalb, meinen Fall noch einmal zu überprüfen und dabei die vorgebrachten Umstände zu berücksichtigen.

Hochachtungsvoll (e.h. Unterschrift des Berufungswerbers) PS: Zustellungsbevollmächtigte in Österreich ist die von unserer Schule beauftragte Betreuerin: U Z, W, Tel. und Fax: 0" Mit Schreiben vom 14. September 1994 führte die Bevollmächtigte des Berufungswerbers ua aus:

"In meiner Eigenschaft als Bevollmächtigte von Hr. K K und P P möchte ich hiermit die Berufung zurückziehen und gleichzeitig ersuchen, das Strafausmaß einzuschränken.

Begründung: Die Aufenthaltsbestimmungen wurden von den Schülern aus Unkenntnis verletzt. Sie waren der Meinung, daß nach einer Unterbrechung ihres Aufenthaltes in Österreich innerhalb 30 Tagen, diese Frist wieder von vorne beginnt.

Die Schüler hätten lieber einen Sichtvermerk besorgt, da dieser gegenüber den Reisekosten für die Grenzüberschreitung weitaus günstiger gewesen wäre. Leider war dies durch die Schwierigkeiten, welche die Damen vom Konsulat machten, nicht möglich. Diese strotzten vor Unhöflichkeit, sprachen mit Ungarn nur deutsch, mit Deutschsprachigen nur ungarisch, telefonisch gaben sie überhaupt keine Auskünfte und letztendlich verunsicherten sie die Leute dadurch, daß sie von verschiedenen Personen verschiedene Unterlagen für einen Sichtvermerk verlangten. Da die Kinder teilweise sogar in die gleiche Klasse gingen, war dadurch die Verwirrung perfekt. Der Aufenthalt der Schüler war wirklich nur zum Zweck des Lernens. Sie hatten Praktikantenverträge und bekamen laut Kollektivvertrag die Lehrlingsentschädigung des 3. Lehrjahres.

Die 2-3 monatige Praktikumszeit war für die Schüler nicht leicht, sie hatten großes Heimweh, die Umstellung, die Eingewöhnung und die Sprachschwierigkeiten machten ihnen das Leben schwer.

Der Großteil von ihnen gab sehr viel Geld für Telefonate mit den Eltern in Ungarn aus.

Mit dieser Schilderung möchte ich Ihnen nahebringen, daß die Schüler nicht absichtlich ein Vergehen begangen haben, und ich ersuche Sie daher, das Ausmaß der Strafe einzuschränken." 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsakt der belangten Behörde vom 23. August 1994, Zl.Sich96/112-5-1994/H/Bra, und in den Akt des O.ö. Verwaltungssenates VwSen-230348-1994 Einsicht genommen.

Folgender Sachverhalt ist erwiesen und wurde der Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Berufungswerber war in der Zeit von 1. Juni 1994 bis zum Zeitpunkt seiner Ausweisung als Ferialpraktikant in einem Gasthaus in Haibach Nr.4 beschäftigt. Die in seiner Rechtfertigung angeführten Gründe sind durchaus glaubwürdig und stehen nicht im Widerspruch zu den wenigen Angaben, die gegenüber der belangten Behörde gemacht wurden.

Die belangte Behörde hat vorerst mittels Aktenvermerk vom 27. Juli 1994 festgehalten, daß zwei "polnische Staatsangehörige" (gemeint wohl: ungarische Staatsbürger), worunter sich auch der Berufungswerber befunden hat, im Gasthaus P, in H, ohne Beschäftigungsbewilligung beschäftigt seien. Folglich hat die Erstbehörde den Berufungswerber nach dessen Erscheinen bei der Behörde am 12. August 1994 um 08.35 Uhr als Beschuldigten einvernommen und ihm eröffnet, daß er sich nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte. In seiner Vernehmung soll der Berufungswerber schließlich angegeben haben, daß er seit 1. Juni 1994 im Gasthaus P als Ferialpraktikant beschäftigt sei. In seinem ungarischen Reisepaß befände sich kein Visum, obwohl dies aufgrund eines zwischenstaatlichen Abkommens zwischen Österreich und Ungarn notwendig sei. Im Zuge dieser Vernehmung ist dem Berufungswerber von der Verhandlungsleiterin vorgehalten und mitgeteilt worden, daß er Österreich zu verlassen habe. In dieser Niederschrift erklärt der Berufungswerber schließlich noch, daß er ein Schreiben bei der Grenzkontrollstelle abgeben werde, aus dem hervorgehe, daß er Österreich verlassen habe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Dem Vorbringen des P P im Schreiben vom 18. August 1994 dahingehend, daß er den Sinn des von ihm unterschriebenen Rechtsmittelverzichtes erst erkannt hätte, nachdem er sich vom Bescheid nachträglich eine Übersetzung habe anfertigen lassen, wird durch den O.ö. Verwaltungssenat Glauben geschenkt. Diese Beurteilung hat zur Konsequenz, daß von einer fristgerecht erhobenen Berufung auszugehen war.

Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG Grundlage stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Aus der Verantwortung des Berufungswerbers ergibt sich, daß dieser durchaus bemüht gewesen ist, seinen Aufenthalt zwecks einer Ferialpraxis in Österreich legal zu gestalten. Er war offenkundig auch bemüht, sich entsprechend zu informieren.

Geirrt hat er offenbar darin, daß eine bloß vorübergehende Ausreise binnen der "sichtvermerksfreien Frist" diese Frist nicht neu zu laufen beginnen läßt. Dieser Umstand ist iSd § 5 VStG nicht völlig entschuldbar. Aus dem gesamten Verhalten des Berufungswerbers kann aber sehr wohl auf ein sehr geringes Verschulden geschlossen werden. Im übrigen kommen dem Berufungswerber auch sämtliche Milderungsumstände zugute.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind, von der Verhängung einer Strafe absehen. Sie kann unter diesen Voraussetzungen den Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Nachdem im gegenständlichen Fall von beiden Voraussetzungen auszugehen gewesen ist, war mit einer Ermahnung vorzugehen (VwGH vom 16. März 1987, Zl.87/10/0024, sowie VwGH vom 28. Oktober 1980, Zl.en 263 und 264/80). Es wird nicht übersehen, daß die Mißachtung der Visumspflicht generell nicht bloß unbedeutende Folgen nach sich ziehen kann. Die hier vorliegenden Umstände rechtfertigen jedoch die Annahme, daß für diese Art der Ausbildungstätigkeit (Tätigkeit als Volontär) - wonach gemäß dem Erlaß des BMfI vom 17. August 1993, Zl.79002/98-III/16/93, erst bei einer drei Monate überschreitenden Dauer eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erforderlich ist - der Erteilung des Sichtvermerkes nichts entgegengestanden wäre. Ein solcher ist bei einem 30 Tage übersteigenden Aufenthalt im Bundesgebiet erforderlich gewesen. Letztlich waren es bloß widrige Umstände, nämlich die glaubhaft vorgebrachten Probleme bei der Antragstellung, welche zu diesem Unterbleiben geführt haben. Die Ermahnung ist jedoch erforderlich, um dem Berufungswerber künftighin dieses Erfordernis zu verdeutlichen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Keinberger

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