Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230516/3/Gb/Shn

Linz, 29.08.1996

VwSen-230516/3/Gb/Shn Linz, am 29. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung der Angela Margarete H, gegen das Straferkenntnis der BH Ried/I vom 22.5.1996, Zl.Sich96-283-1-1995-Stö, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 80 Abs.1, Abs.2 Z1 und Abs.3 Fremdengesetz - FrG zu Recht:

I: Der Berufung wird insoferne Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 5.000 S und die für den Fall der Uneinbringlichkeit verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 32 Stunden herabgesetzt wird.

II: Die Berufungswerberin hat zu den Kosten für das Verfahren erster Instanz einen Beitrag von 500 S, ds 10 % der verhängten Geldstrafe binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution, zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991- AVG iVm §§ 24, 16, 19, 51 Abs.1, 51c, 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 10.000 S, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden gemäß § 80 Abs.2 Z1 FrG verhängt, weil sie am 28.9.1995 gegen 2.00 Uhr beim näher bezeichneten Grenzübergang versucht habe, die rechtswidrige Ausreise zweier näher bezeichneter Staatsangehöriger der ehemaligen SFR Jugoslawien (Kosovo) von Österreich nach Deutschland gefördert zu haben, indem sie diese in ihrem Auto, im Kofferraum versteckt, über die Staatsgrenze in die BRD verbringen wollte.

Ferner wurde der Bw ein Kostenbeitrag gemäß § 64 VStG und der Ersatz der Barauslagen (Übersetzungs- und anteilige Dolmetschkosten) auferlegt.

Hinsichtlich der verhängten Strafe wurde begründend ausgeführt, daß iSd § 19 Abs.1 VStG vor allem berücksichtigt worden sei, daß die Schlepperei einen schweren Verstoß gegen die öffentlichen Interessen der Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich darstelle. In Zeiten eines starken Zuwanderungsdruckes in das Bundesgebiet sei es besonders wichtig, daß die für die Ein- und Ausreise maßgeblichen Vorschriften genau eingehalten werden und komme diesen ein hoher Stellenwert zu. Auch unter Berücksichtigung des geringen Einkommens, des Geständnisses und der bisherigen Unbescholtenheit sei wegen der angeführten öffentlichen Interessen eine Strafe zu verhängen gewesen, die ein Fünftel der gesetzlichen Höchststrafe ist. Als erschwerend sei dabei die mangelnde Bereitschaft der Bw, an der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken, zu werten gewesen. In diesem Zusammenhang sei auf die Angaben der Bw bezüglich der Kontaktaufnahme mit den Fremden zu verweisen, welche nachweisbar falsch gewesen seien. Deshalb wäre es auch notwendig gewesen, umfangreiche Zeugeneinvernahmen durchzuführen, denen jeweils ein Dolmetscher beigezogen hätte werden müssen. Die dadurch entstandenen Kosten seien der Bw anteilig als Barauslagen vorzuschreiben gewesen.

I.2. Die Berufung richtet sich ausdrücklich (nur) gegen die verhängte Geldstrafe, sodaß der Schuldausspruch sowie der Ausspruch über die Kosten gemäß § 64 Abs.3 VStG in Rechtskraft erwachsen sind. Es sei außer Acht gelassen worden, daß es beim Versuch geblieben sei. Der Rückgriff auf den starken Zuwanderungsdruck in das Bundesgebiet sei völlig verfehlt, da sich die Kosovoalbaner, ein Ehepaar, auf der Durchreise befunden hätten. Außerdem würden diese vom herrschenden Regime in der Bundesrepublik Jugoslawien schikaniert und herrsche ein Vertreibungsdruck. Es sei iSd § 19 Abs.2 VStG lediglich auf die bisherige Unbescholtenheit Bedacht genommen worden. Widersprüchlich sei zudem, daß einerseits auf ein Geständnis verwiesen werde, andererseits auf die mangelnde Bereitschaft an der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken abgestellt werde. Überdies sei die Tat aus Unbesonnenheit und auch aufgrund des Motivationsgrundes des Kosovoalbaner-Ehepaars erfolgt.

Die Bw sei Hausfrau und als Mutter für drei minderjährige Kinder sorgepflichtig und erhalte Notstandshilfe sowie Alimente. Die vier Personen würden demnach nur von 23.500 S leben, sodaß die verhängte Geldstrafe völlig überhöht sei.

Hingewiesen werde darauf, daß ein Bezirksgericht in diesem Fall möglicherweise lediglich eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 30 S verhängen würde und es nicht sein könne, daß jemand beim Bezirksgericht milder bestraft werde als bei der minderschweren Schlepperei nach § 80 Fremdengesetz.

Außerdem sei, da die Bw am Grenzübergang längere Zeit festgehalten worden sei, die Vorhaft anzurechnen.

Es wird somit abschließend beantragt, der Berufung Folge zu geben und die verhängte Strafe auf ein schuldangemessenes Maß herabzusetzen.

I.3. Die BH Ried/I als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt und somit seine Zuständigkeit begründet. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, ist das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da zudem die Durchführung einer solchen Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt worden ist.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

§ 80 Abs.2 FrG lautet: "Wer vorsätzlich Schlepperei begeht oder vorsätzlich an ihr mitwirkt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist 1. mit Geldstrafe bis zu 50.000 Schilling zu bestrafen; 2. sofern er die Tat um seines Vorteiles willen begeht, mit Geldstrafe bis zu 200.000 S zu bestrafen." Gemäß Abs.3 leg.cit. ist (auch) der Vesuch einer Übertretung nach Abs.2 strafbar.

I.4.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

In Anbetracht dieser (objektiven) Strafbemessungsgrundsätze ist den diesbezüglichen Bestimmungen der §§ 80 ff FrG besonderes Gewicht zuzumessen: Insbesondere soll durch diese Bestimmungen dem Schlepperunwesen der Kampf angesagt werden.

Durch die Verletzung dieser Bestimmungen werden nicht nur die öffentlichen Interessen der Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich gefährdet, sondern soll damit auch vermieden werden, daß Personen, die die Förderung der rechtswidrigen Ein- oder Ausreise von Fremden, in den meisten Fällen unter Ausnutzung der meist tristen finanziellen Lage der betreffenden Fremden ausnutzen und sich mit solchen Verhaltensweisen unrechtmäßig bereichern.

In Anbetracht dieser Überlegungen muß der Bekämpfung der Schlepperei ein besonderes Gewicht beigemessen werden, was auch in den entsprechenden Strafbestimmungen Niederschlag gefunden hat. Im gegenständlichen Fall ist dazu anzuführen, daß es, wie in der Berufung richtig angeführt, beim Versuch geblieben ist. Da aber gemäß § 80 Abs.3 FrG der Versuch Tatbestandsmerkmal ist, darf er bei der Strafbemessung weder als erschwerender noch als mildernder Umstand gewertet werden (VwGH verstärkter Senat 13.5.1959, Sammlung 4969A; 31.3.1978, 1010/76).

I.4.2. Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Diesbezüglich ist entgegen der Begründung im angefochtenen Straferkenntnis festzuhalten, daß ein Geständnis iSd § 34 Z17 StGB nicht vorliegt. Ein diesbezüglicher Milderungsgrund liegt nur vor, wenn ein reumütiges Geständnis abgelegt wurde oder durch die Aussage des Beschuldigten wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen worden ist. Aus dem Akteninhalt ergibt sich aber geradezu das Gegenteil, da aufgrund mangelnder Mitwirkung, teils unvollständiger und falscher Angaben ein umfangreiches Beweisverfahren durch die belangte Behörde vorzunehmen war.

Auch der Milderungsgrund der Unbescholtenheit ist nicht gegeben, da nur absolute Unbescholtenheit einen solchen Milderungsgrund darstellt (VwGH 11.5.1992, Zl.90/19/0513).

Aktenkundig liegen aber, wenn auch nicht einschlägige, Vormerkungen vor, sodaß auch dieser Milderungsgrund nicht in Betracht kommen kann. Demgegenüber kann aber auch die mangelnde Bereitschaft, an der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken, nicht als Erschwerungsgrund im Hinblick auf die Strafbemessung gewertet werden. Selbst hartnäckiges Leugnen der Tat stellt bei der Strafbemessung nicht einen Erschwerungsgrund, sondern nur das Fehlen eines Milderungsgrundes dar (VwGH 16.1.1974, 251/73).

Es liegen also diesbezüglich weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe vor.

Hinsichtlich des Verschuldens ist die belangte Behörde richtigerweise vom Versuch der Übertretung des § 80 Abs.2 FrG ausgegangen. Ein solcher Versuch kann logischerweise nur bei vorsätzlicher Begehung gegeben sein, und wurde dies in der Berufung auch nicht bestritten.

Die Berufung bringt lediglich vor, daß die Tat aus Unbesonnenheit und aufgrund des Motivationsdruckes des Kosovo-Albaner-Ehepaars begangen wurde. Diesbezüglich ist zum einen für den unabhängigen Verwaltungssenat nicht nachvollziehbar, was mit dem Grund: Motivationsdruck gemeint sein könne und wurde diesbezüglich auch dieser Grund auch nicht näher konkretisiert. Abgesehen davon kann von einer Unbesonnenheit zweifelsfrei nicht ausgegangen werden. Die Bw gibt im Verfahren mehrmals an, daß sie mit den beiden Kosovoalbanern Mitleid hatte und darum einwilligte, sie im Kofferraum über die Grenze zu schmuggeln. Es ist also diesbezüglich zumindest von einem bedingten Vorsatz auszugehen, da die Bw sich mit der Tatbildverwirklichung abgefunden hat und den Erfolg billigend in Kauf genommen hat. Im übrigen wurde aber das von der belangten Behörde festgestellte Verschulden nicht bestritten.

Wenn in der Berufung auf einen Widerspruch zwischen der gerichtlich strafbaren Schlepperei und der verwaltungsstrafrechtlichen Schlepperei hingewiesen wird, so ist dem entgegenzuhalten, daß hypothetischen Überlegungen, die die Bw in diesem Zusammenhang getätigt hat, nicht Relevanz für gegenständliches Verfahren haben kann. Im übrigen ist in diesem Zusammenhang auf die Bestimmungen des § 81 FrG hinzuweisen, wonach die darin genannten Taten mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedroht sind bzw im Fall der Gewerbsmäßigkeit eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren angedroht ist. Schon aus der Tatsache, daß in dieser Strafbestimmung alternativ Freiheitsstrafen angedroht sind, machen ein Eingehen auf das Argument, daß jemand beim Bezirksgericht milder bestraft werden könne als bei der Verwaltungsübertretung nach § 80 FrG überflüssig und sind zudem in gegenständlicher Angelegenheit nicht relevant.

Zum Berufungsvorbringen der Anrechnung der Vorhaft ist die Bw auf die Bestimmung des § 19a Abs.4 VStG hinzuweisen: Eine Anrechnung gemäß Abs.1 ist nach dieser Gesetzesbestimmung nur dann vorzunehmen, wenn der Behörde die anzurechnende Haft bekannt ist oder der Beschuldigte eine Anrechnung vor Erlassung des Straferkenntnisses beantragt hat.

Diesbezüglich ist festzustellen, daß sich im gesamten Akteninhalt kein Ansatzpunkt dafür findet, daß eine verwaltungsbehördliche oder eine allfällige gerichtliche Verwahrungs- oder Untersuchungshaft iSd § 19a Abs.1 VStG verhängt worden ist, die zu einer allfälligen Anrechnung der Vorhaft führen könnte. Diesbezüglich ist weiters anzuführen, daß in der Berufung erstmals auf eine Anrechnung der Vorhaft auf die verhängte Geldstrafe hingewiesen wird. Diese "Anhaltung", die offensichtlich zwangsläufig mit der Amtshandlung verbunden war, kann aber nicht als Verwahrungsoder Untersuchungshaft verstanden werden. Zudem blieb hinsichtlich dieses Berufungsvorbringens die Bw nähere konkretere Angaben schuldig und war somit nicht zu berücksichtigen.

In Anbetracht dieser Erwägungen kam der unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht, daß die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe im Ausmaß von einem Fünftel der möglichen Höchststrafe nicht gerechtfertigt ist und war diese auf ein im Spruch angeführtes Ausmaß zu reduzieren. Es ist davon auszugehen, daß die Verhängung einer Geldstrafe von 10 % der möglichen Höchststrafe durchaus geeignet ist, die Bw vor weiteren Übertretungen derselben Art abzuhalten und ist unter Anbetracht der obigen Überlegungen sowohl schuld- als auch tatangemessen. Aus diesen Gründen war auch die Ersatzfreiheitsstrafe auf ein der nunmehr reduzierten Geldstrafe entsprechendes Maß herabzusetzen, um dem Gebot des § 16 Abs.2 VStG Rechnung zu tragen.

II. Bei diesem Ergebnis war auch der Kostenbeitrag nach der im Spruch zitierten Bestimmung entsprechend zu reduzieren.

Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens ist nicht zu leisten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Dr. Keinberger

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