Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230544/2/Kei/Shn

Linz, 30.01.1998

VwSen-230544/2/Kei/Shn Linz, am 30. Jänner 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Rudolf K, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 18. Oktober 1996, Zl. S 1808/ST/96, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, im Hinblick auf die Schuld keine Folge gegeben. Im Hinblick auf die Strafe wird ihr insoferne teilweise Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 400 S herabgesetzt wird. Die als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG) lautet: "Sie haben sich am 5. März 1996 in der Zeit von 1842 Uhr bis 1850 Uhr im Wachzimmer 'Rathaus' in Steyr, Stadtplatz Nr. 27, in Anwesenheit von Revierinspektor Karl G, Abteilungsinspektor Ferdinand W, Inspektor Franz Z und von zwei Parteien folgendermaßen verhalten: Sie schrien: 'Wo ist er denn, der 171er? Ist das ein Frischgefangener ohne Keks oder hat er schon welche? Bringen Sie mir den mal her.' Weiters schrien Sie bezogen auf Revierinspektor Robert K - dieser Bedienstete war ab dieser Zeit ebenfalls im Raum anwesend (er hatte sich vorher im Aufenthaltsraum aufgehalten): 'Der ist ja gar nicht mehr so jung und hat auch schon einen Keks. Was soll dieser Strafzettel? Ich habe schon seit zwanzig Jahren ein Abkommen mit der Polizei, daß ich dort vor dem Haus stehen darf. Da waren Sie sicher noch gar nicht bei dem Verein. Ich kann mir doch den Wagen nicht auf den Buckel binden! Weiters schrien Sie: 'Das darf doch nicht wahr sein. Immer stehen vor diesem Haus Michaelerplatz 14 Autos. Aber da wird von Ihnen drübergeschaut. Da sieht man wieder die Privilegien. Am 27. Jänner 1996 da haben Sie auch keine Beanstandung durchgeführt, nur weil es sich um die Frau des Polizei- arztes handelte. Ich lasse mir das von Ihnen nicht bieten. Wir haben schon 20 Jahre nur Scheiß, weil wir immer von Gemeinde und Polizei benachteiligt werden. Ihr seid die reinsten Geschäftekiller. Euch haben wir die niedrigen Umsätze zu verdanken! Weiters schrien Sie: 'Mit Ihnen hat das Verhandeln ohnehin keinen Zweck, da sind Sie zu unwichtig dafür. Schon der Herr Hopf hat mir die Abstellung genehmigt und ich werde mir das nicht bieten lassen. Da beschwere ich mich hundertprozentig. Ich wünsche es Ihnen nicht, daß ich mit Ihnen einmal dienstlich zu tun habe, denn dann zeige ich es Ihnen und werde genau so korrupt sein wie Sie zu mir.'" Die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, lautet "§ 81 Abs.1 SPG" und die Strafsanktionsnorm lautet "§ 81 Abs.1 SPG".

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) und § 51 Abs.1 VStG II. Der Berufungswerber hat als Beitrag als Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Strafe, das sind 40 S, zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen. Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die im Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), lautet:

"Sie haben am 05.03.1996 um (von-bis) 18.42 u. 18.50 Uhr in Steyr, Stadtplatz Nr. 27 (Wachzimmer 'Rathaus') durch lautes Schreien und Schimpfen und somit durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört." Der Berufungswerber (Bw) habe dadurch eine Übertretung des "§ 81/1 SPG" begangen, weshalb er "gemäß § 81/1 SPG" zu bestrafen gewesen sei - und zwar mit einer Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden). 2. Gegen dieses dem Bw am 22. Oktober 1996 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die am 5. November 1996 mittels Telefax bei der belangten Behörde eingelangt ist und die fristgerecht erhoben wurde. Der Bw bringt in der Berufung vor: "In offener Frist bringe ich gegen die oben bezeichnete Entscheidung meine Berufung, mit nachstehender Begründung ein. 1. Die Behauptung des Anzeigers Rev.Insp. K, ich hätte im Wachzimmer laut zu schreien begonnen, muß ich abermals als übertrieben zurückweisen, auch wenn diese von zwei weiteren SW-Beamten in kollegialer Haltung bezeugt wird. Auslöser für meinen Gang in die Wachstube Rathaus war ein, für meine Empfindung zu unrecht erhaltenes Organmandat wegen 24. Ich fühlte mich, nach einen sehr anstrengenden Arbeitstag, völlig ausgepumpt, von dem Beamten sehr provoziert. Vorerst um ca. 18,25 Uhr versicherte dieser mir, daß er bis 19 Uhr im Wachzimmer sei. Bei meinem Eintreffen im Wachzimmer um ca. 18,40 Uhr wird mir erklärt, daß er nicht mehr hier sei. Kurz darauf stand mir ein junger Mann in ziviler Lederbekleidung gegenüber und gab an er sei der Beamte mit der Dienstnummer 171. Seine Körperhaltung signalisierte mir sofort Angriffsstellung und Ablehnung. Daß ich in meiner schlechten Verfassung und der empfundenen Produzierung, mein Anliegen nicht gelassen und im Flüsterton vorbrachte, wird wohl, wie ich annehme, verstehbar sein. Von lautem Schreien und ungerechtfertigter Störung der öffentlichen Ordnung, kann nicht die Rede sein und ist daher maßlos übertrieben. Ich sehe in dieser Anzeige eine negative Reaktion des SW-Beamten aufgrund, daß dieser, von einem Staatsbürger auf unterschiedliche Beanstandungen der Fahrzeughalter aufmerksam gemacht wird. Mag sein, daß ich von SW-Beamten zu viel an Einfüllungsvermögen und psychologischem Verhalten erwarte. 2. Bereits 1991 hatte ich mit Beamte der Rathauswachstube negative Erfahrung gemacht. Damals wurde einem über Telefon gerufener Polizeieinsatz nicht Folge geleistet. Erst nach einem weiteren Hilferuf, nachdem bereits mit mir auch andere Personen zu Schaden kamen, wurden zwei Beamte mobil. Vorerst wurden, die durch Schläge ins Gesicht auftretenden Beschwerden im Nacken- und Kopfbereich wenig beachtet. In den letzten Jahren werde ich jedoch immer öfter daran erinnert. 3. Über 30 Jahre bin ich unfall- und straffreier Verkehrsteilnehmer. Meiner innersten Lebenseinstellung zufolge sind für mich Ehrlichkeit, Gerechtigkeit und Korrektheit sowie Menschlichkeit und Verständnis oberste Gebote und Verpflichtung.

Ich empfinde daher, diese Anzeige und die damit erwirkte Verurteilung als nicht gerechtgertigt und in Innersten schmerzlich. Ich ersuche Sie daher dieses Verfahren einzustellen, und die Strafkartei zu löschen. Den mir vorgeschriebenen Betrag von S 1.100,- werde ich daraufhin einer sozialen Einrichtung zuführen. (Beleg wird in der Folge vorgelegt). ps. Am 5.3.96 (Tag d. Vorfalles) wurde mit einer polizeinahen internationalen Organisation S 3.500,- Unterstützungsbeitrag vereinbart. Ich hoffe auf Ihr Verständnis, und bitte um eine für mich positiven Erledigung, und zeichne Mit freundlichen Grüßen" Unterschrift 3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Steyr vom 19. November 1996, Zl. S 1808/ST/96, Einsicht genommen. 4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. § 81 Abs.1 SPG lautet: Wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.

4.2. Der durch den Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses (siehe den Spruchpunkt I) zum Ausdruck gebrachte Sachverhalt wurde auf Grund der Aussagen der Personen RI Robert K, RI Karl G, AI Ferdinand W und Insp. Franz Z als erwiesen angenommen. Diesen Aussagen wird eine hohe Glaubwürdigkeit beigemessen. Diese Beurteilung gründet sich darauf, daß diese Personen unter Wahrheitspflicht (siehe die §§ 49 und 50 AVG iVm 24 VStG) ausgesagt haben, daß die Aussagen im Hinblick auf diesen Sachverhalt übereinstimmend waren und auch darauf, daß die Aussagen von einer relativ hohen Zahl von Personen (nämlich 4) sind.

Durch das Verhalten des Bw wurde der objektive Tatbestand des § 81 Abs.1 SPG verwirklicht. Das Verschulden des Bw wird - ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt nicht vor - als bedingter Vorsatz qualifiziert. Durch das glaubhafte Vorbringen des Bw in der Berufung, daß er sich nach einem sehr anstrengenden Arbeitstag völlig ausgepumpt gefühlt hätte, wird sein Verschulden etwas gemindert. Die Schuld des Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 VStG. Die Schuld ist nämlich nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH vom 12. September 1986, Zl.86/18/0059, VwGH vom 20. Oktober 1987, Zl.87/04/0070 uva Erk.). Da die Schuld nicht geringfügig ist und somit eines der beiden in § 21 Abs.1 erster Satz VStG genannten Kriterien nicht erfüllt ist, konnte diese Bestimmung nicht angewendet und nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.

4.3. Zur Strafbemessung: Mildernd wurde die Unbescholtenheit des Bw gewertet (§ 34 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG). Dieser Milderungsgrund wird als gewichtig beurteilt. Erschwerungs-gründe sind nicht zutage getreten. Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw wurde ausgegangen von einem Einkommen von ca. 16.000 S monatlich, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten. Diese Beurteilung ergibt sich für den O.ö. Verwaltungssenat insbesondere aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses in Verbindung mit den Angaben des Bw (Niederschrift vom 5. Juni 1996). Insgesamt wird - auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß ein spezialpräventives Erfordernis nicht vorliegt und des Ausmaßes des Verschuldens (siehe die Ausführungen in Pkt. 4.2.) - eine Geldstrafe in der Höhe von 400 S als angemessen beurteilt. Diese Strafe liegt deutlich im unteren Bereich des gesetzlich normierten Strafrahmens. Die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe wurde nicht weiter herabgesetzt, weil eine Herabsetzung der Verhältnismäßigkeit zwischen der verhängten Geldstrafe und der angedrohten Ersatzfreiheitsstrafe widersprechen würde (einer verhängten Geldstrafe von 400 S würde eine angedrohte Ersatzfreiheitsstrafe von 45,6 Stunden entsprechen).

4.4. Aus den angeführten Gründen war die Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG hinsichtlich des Schuldspruches abzuweisen und ihr hinsichtlich der verhängten Geldstrafe teilweise Folge zu geben.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe, ds 40 S, vorzuschreiben. Da der Berufung teilweise Folge gegeben wurde, sind für das Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilage Dr. Keinberger

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