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des Landes Oberösterreich
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VwSen-230576/20/Kei/Shn

Linz, 27.08.1999

VwSen-230576/20/Kei/Shn Linz, am 27. August 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Belaj B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 20. März 1997, Zl. Sich96-49-1997, wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes (FrG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und mündlicher Verkündung der Entscheidung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, insoferne Folge gegeben, als gemäß § 21 Abs.1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Die als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG) lautet: "Sie hielten sich als Fremder (jugoslawischer Staatsangehöriger) von 8. August 1996 bis 7. Februar 1997 in B, auf. Im Hinblick auf die oben angeführte Zeit ist Ihnen nicht eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzs oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt worden und Ihnen ist keine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991, BGBl.Nr.8/1992, zugekommen."

Die Verwaltungsvorschriften, die durch die Tat verletzt worden sind, lauten "§ 82 Abs.1 Z.4 iVm § 15 Abs.1 Fremdengesetz" und die Strafsanktionsnorm lautet "§ 82 Abs.1 Z.4 Fremdengesetz".

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 21 Abs.1 und § 51 Abs.1 VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage:

§ 65 und § 66 Abs.1 VStG.

III. Der Antrag auf Zuerkennung der Verfahrenshilfe für das Verfahren vor der Be- zirkshauptmannschaft Gmunden wird abgewiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die im Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), lautet:

"Der Beschuldigte hielt sich vom 08.08.1996 bis 07.02.1997 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich, und zwar in B, auf, da sein Asylantrag am 18.07.1996 rechtskräftig abgewiesen wurde. Der Beschuldigte ist nicht im Besitz eines Sichtvermerkes nach dem Fremdengesetz und auch nicht im Beistz einer Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz." Der Berufungswerber (Bw) habe dadurch die "§§ 15/1/2 iVm. 82/1/4 Fremdengesetz 1992" übertreten, weshalb er "gemäß § 82 FrG" zu bestrafen gewesen sei - und zwar mit einer Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden).

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung. Der Bw brachte in der Berufung vor (auszugsweise wörtliche Wiedergabe):

"1.) Sachverhalt

Am 09.12.1991 bin ich in das österreichische Bundesgebiet als Flüchtling eingereist und habe am 16.12.1991 einen Asylantrag gestellt. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich hat betreffend meines Asylantrages mit Bescheid vom 24.01.1992, Zahl FrA-287/92, festgestellt, daß mir die Voraussetzungen für die Flüchtlingseigenschaft fehlen. Gegen diesen Bescheid wurde von mir dann fristgerecht Berufung eingebracht, welche wiederum mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12.10.1993, Zl. 4.332.421/2-III/13/92, abgewiesen wurde. Dagegen habe ich Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht, welcher mit Erkenntnis vom 05.10.1994, Zl. 94/01/0281-6, den Bescheid der belangten Behörde behoben hat. Dadurch war mein Asylverfahren wieder im Stande der Berufung anhängig, wobei mit Bescheid vom 12.07.1996, Zl. 4.332.421/6-III/13/96, neuerlich der Antrag abgewiesen wurde. Gegen diesen angefochtenen Bescheid war ein weiteres Rechtsmittel nicht zulässig, weswegen am 22.08.1996 eine Verfassungsgerichtshofsbeschwerde wegen Verletzung des Grundrechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter eingebracht wurde. In dieser Beschwerde wurde auch der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 85/2 VerfGG gestellt. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 23.09.1996, Zl. B 2703/96-3, meine Beschwerde abgelehnt. Gleichzeitig wurde in weiterer Folge die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob ich durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden bin. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ist bislang noch nicht ergangen, insbesondere wurde noch nicht über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entschieden.

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 20.03.1997, Sich96-49-1997 wurde über mich eine Geldstrafe von S 3.000,-- verhängt, weil ich mich in der Zeit vom 08.08.1996 bis 07.02.1997 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufgehalten hätte, da mein Asylantrag am 18.07.1996 rechtskräftig abgewiesen wurde und ich weder im Besitz eines Sichtvermerkes nach dem FrG noch im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz sei. Dadurch hätte ich die Bestimmung des § 15/1/2 FrG verletzt, weshalb ich gemäß § 82/1/4 leg.cit. zu bestrafen gewesen sei. Dieses Straferkenntnis wurde mir am 20.03.1997 zugestellt.

2.) Berufungsgründe:

Gemäß § 7/3 Asylgesetz ist der Asylwerber zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt bis das Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen wird oder einem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung der Asylbehörden keine aufschiebende Wirkung zukommt. Im vorliegenden Fall ist mein Asylverfahren immer noch beim Verwaltungsgerichtshof anhängig und wurde insbesondere noch nicht über meinen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entschieden, weswegen ich mich jedenfalls bis zum rechtskräftigen Abschluß des Asylverfahrens rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhalte. Schon mangels Tatbestandsmäßigkeit habe ich daher nicht die Bestimmungen des Fremdengesetzes und des Aufenthaltsgesetzes verletzt, weswegen mir eine diesbezügliche Verwaltungsübertretung nicht zur Last gelegt werden kann.

Außerdem wurde ein Verfahrenshilfeantrag gestellt, wobei generell auf die Bestimmungen aus der ZPO §§ 63 bis 73 verwiesen wurde, da zur Erteilung der Verfahrenshilfe nach der Bestimmung des VStG (§ 51a VStG) auch jene Bestimmungen aus der ZPO heranzuziehen sind. Es hätte daher von der entscheidenden Behörde in jedem Fall über meinen Verfahrenshilfeantrag entsprechend den auch in der ZPO geregelten Voraussetzungen entschieden werden müssen. Da auf die Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses nicht näher eingegangen wurde, erweist sich auch aus diesem Grund das Straferkenntnis als rechtswidrig.

Schließlich erscheint auch die verhängte Geldstrafe von der belangten Behörde als zu hoch bemessen. Gemäß § 19 VStG sind bei der Strafbemessung die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu berücksichtigen. Da ich, wie die belangte Behörde selber festgestellt hat, kein Einkommen, kein Vermögen, sondern nur Naturalzuwendung von der Familie K, B (freie Kost und Logie), erhalte, ist die Strafbemessung in der Höhe von S 3.000,-- viel zu hoch.

3.) Anträge

Aus allen diesen Gründen beantrage ich daher

a) die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung;

b) die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit und die Einstellung des Strafverfahrens;

c) in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auf das gesetzliche Mindestausmaß.

d) die Zuerkennung der Verfahrenshilfe für dieses Verfahren."

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Juli 1996 wurde ein Antrag des Bw nach dem Asylgesetz (Asylantrag) abgewiesen. Dagegen wurde beim VfGH ua eine Beschwerde eingebracht und ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Mit Beschluß des VfGH vom 23. September 1996 wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und die Behandlung der Beschwerde dem VwGH zur Entscheidung abgetreten. Mit Erkenntnis des VwGH vom 24. März 1997 (das gegenständliche Straferkenntnis ist datiert mit 20. März 1997) wurde dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stattgegeben.

Eine Entscheidung des VwGH im Hinblick auf den Asylantrag ist bis 17. Juni 1998 nicht erfolgt.

Der Oö. Verwaltungssenat zweifelt nicht daran, daß der Bw im Hinblick auf die Zeit von 8. August 1996 bis 7. Februar 1997 weder einen Sichtvermerk nach dem Fremdengesetz noch eine Aufenthaltsbewiligung nach dem Aufenthaltsgesetz noch eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz gehabt hat und daß der Bw in dieser Zeit Fremder (jugoslawischer Staatsangehöriger) gewesen ist.

Es wird auf die im folgenden wiedergegebenen Ausführungen in Steiner, "Österreichisches Asylrecht" (Wien, 1990, S 16) hingewiesen.

"Besonders wichtig ist es, zu beachten, daß die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nur bis zum rechtskräftigen Abschluß des Feststellungsverfahrens besteht (§ 5 Abs.1 AsylG), also bis zur Zustellung des Berufungsbescheides an den Asylwerber. Mit der Erlassung eines (abweislichen Berufungsbescheides, der einer Anfechtung durch ein ordentliches Rechtsmittel nicht weiter zugänglich ist, verliert somit der Asylwerber seine vorläufige Aufenthaltsberechtigung, und zwar ungeachtet einer gegen den Berufungsbescheid in der Folge allenfalls erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde."

Der Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet von 8. August 1996 bis 7. Februar 1997 ist jedenfalls rechtswidrig gewesen. Dies auch trotz der durch den VwGH zuerkannten aufschiebenden Wirkung. Eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wirkt nach ständiger Judikatur des VwGH (siehe zB das Erkenntnis vom 2. Dezember 1992, Zl. 92/10/0109) ex nunc (mit Zustellung des diesbezüglichen Beschlusses) und nicht ex tunc (rückwirkend). Durch das gegenständliche Verhalten des Bw wurde der objektive Tatbestand des § 82 Abs.1 Z4 iVm § 15 Abs.1 FrG verwirklicht.

Zur subjektiven Tatseite wird bemerkt: Zu der dem Bw vorgeworfenen Tatzeit war ein die Person des Bw betreffendes Verfahren im Hinblick auf eine Bewilligung nach dem Asylgesetz anhängig. Der Ausgang dieses Verfahrens war - dies liegt in der Natur eines Verfahrens - offen. Vor diesem Hintergrund war dem Bw ein rechtmäßiges Verhalten, das nur in einer Ausreise gelegen wäre, schwer zuzumuten. Das tatbildmäßige Verhalten des Bw ist hinter dem in der Strafdrohung des § 82 Abs.1 Z4 iVm § 15 Abs.1 FrG typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben. Der VwGH hat in vielen Erkenntnissen zum Ausdruck gebracht, daß dann, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt, die Schuld des Beschuldigten geringfügig ist (zB Zl. 86/18/0059 vom 12. September 1986, Zl. 87/04/0070 vom 20. Oktober 1987, Zl. 86/08/0073 vom 14. Jänner 1988 uva Erkenntnisse). Das Verschulden des Bw wird als geringfügig beurteilt. Es ist nicht hervorgekommen, daß die Folgen der Übertretung bedeutend sind. Da beide in § 21 Abs.1 erster Satz VStG normierten Voraussetzungen vorliegen, war in Entsprechung dieser Bestimmung von der Verhängung einer Strafe abzusehen.

Der Ausspruch über den Entfall der Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen hat seine Grundlage in den angeführten Gesetzesbestimmungen.

Im Hinblick auf die für das Verfahren vor der belangten Behörde beantragte Verfahrenshilfe war deshalb spruchgemäß (Spruchpunkt III) zu entscheiden, weil die Bewilligung einer Verfahrenshilfe für das Verfahren vor der belangten Behörde rechtlich nicht möglich bzw nicht vorgesehen ist. (Für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat wurde die Verfahrenshilfe bewilligt).

Es war aus den angeführten Gründen spruchgemäß (Spruchpunkte I, II und III) zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Keinberger

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