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des Landes Oberösterreich
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VwSen-230605/2/Kei/Shn

Linz, 29.09.1998

VwSen-230605/2/Kei/Shn Linz, am 29. September 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Bertram E, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 20. August 1997, Zl. Sich96-874-1995-Hol, wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes (FrG), zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), § 45 Abs.1 Z3 und § 51 Abs.1 VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die im Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), lautet:

"Sie haben" (gemeint wohl: "sich", Anmerkung) "während einer Ausreisebewegung in die BRD am 03.11.1995 gegen 00.15 Uhr im Schnellzug EN 222 'Donaukurier' im Bereich der damaligen Grenzkontrollstelle Passau-Bahnhof im Gebiet der Republik Österreich aufgehalten, ohne ein gültiges Reisedokument mitzuführen, da Ihr deutscher Personalausweis Nr.  bereits am 06.06.1995 abgelaufen war, weshalb Sie sich als Fremder ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein, im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhielten." Der Berufungswerber (Bw) habe dadurch eine Übertretung des "§ 2/1 und 15/1 Z1 iVm 82/1 Z4 Fremdengesetz" begangen, weshalb er "gemäß § 82 Abs.1 2. Fall FrG" zu bestrafen gewesen sei - und zwar mit einer Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden).

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die fristgerecht erhoben wurde. Der Bw brachte in der Berufung im wesentlichen vor (auszugsweise Wiedergabe): Gemäß § 15 Abs.1 Z.1 FrG hätte ich mich als Fremder rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten, wenn ich unter Einhaltung der Bestimmungen des zweiten Teils des FrG, und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen, eingereist wäre; ich habe die Grenzkontrollen nicht umgangen, da ich einige Tage zuvor mit einer Reisegruppe der hiesigen Landeszentrale für politische Bildung per Zug eingereist war. Ich habe auch nicht gegen die Bestimmungen des zweiten Teils des FrG verstoßen. In den maßgebenden Bestimmungen der §§ 2 Abs.1 und 5 FrG heißt es, daß ich für die Einreise über einen gültigen Reisepaß bzw als Einwohner eines Mitgliedsstaates des Europarates zumindest über einen zeitlich gültigen Personalausweis hätte verfügen müssen. Daher hätte mir die Einreise bei der Einreisekontrolle seitens der österreichischen Grenzkontrollbeamten verweigert werden müssen; dann hätten mir die deutschen Behörden ein Behelfsdokument ausgestellt. Ein grob fahrlässiges Verhalten kann mir meiner Meinung nach also nicht angelastet werden.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmann-schaft Schärding vom 4. September 1997, Zl. Sich96-874-1995, Einsicht genommen. 4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. § 15 Abs.1 FrG lautet: Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf, 1. wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des 2. Teiles und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind oder 2. wenn ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde oder 3. solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991, BGBl.Nr.8/1992, zukommt. § 82 Abs.1 Z4 FrG lautet:

Wer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 15), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 Schilling zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes.

4.2. Im Hinblick auf das in § 44a VStG normierte Konkretisierungsgebot war das im folgenden Angeführte zu berücksichtigen (zitiert aus Hauer/Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 5. Auflage, Linde Verlag, S  969 und S 970): Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a Z1 - 5 festgelegten Erfordernisse besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw. Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, hat sowohl in der Praxis der Behörden als auch in der Judikatur des VwGH manchmal zu Unsicherheiten geführt. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des VwGH vom 13.6.1984 Slg 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung  a l l e r  Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Daß es im Bescheidspruch zufolge der Z1 der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat und die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, daß es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern daß die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falls zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt.

4.3. Den oben angeführten Erfordernissen entspricht die im gegenständlichen Straferkenntnis angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), nicht. Es wird insbesondere auch auf die Bestimmung des § 15 Abs.1 FrG hingewiesen. (In der Bestimmung des § 82 Abs.1 Z4 FrG wird ausdrücklich auf § 15 FrG hingewiesen). Eine Berichtigung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses durch den Oö. Verwaltungssenat war wegen der eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht möglich. Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilage Dr. Keinberger

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