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des Landes Oberösterreich
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VwSen-230689/2/Kei/Shn

Linz, 13.11.1998

VwSen-230689/2/Kei/Shn Linz, am 13. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Mevlüt A, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 30. September 1998 Zl. Sich96-845-1997-Hol, wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes (FrG), zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), § 45 Abs.1 Z3 und § 51 Abs.1 VStG. II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die im Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), lautet:

"Sie haben sich am 22.09.1997 um 21.35 Uhr im Grenzkontrollbereich der damaligen Grenzübergangsstelle Suben-Autobahn aufgehalten, ohne daß in Ihrem von den türkischen Behörden ausgestellten türkischen Reisepaß zu Nr.093529, ausgestellt am 25.10.1990, ein gültiger Sichtvermerk eingetragen war noch Sie sonst über einen für den Aufenthalt im Gebiet der Republik Österreich erforderlichen Sichtvermerk verfügten, weshalb Sie sich als Fremder am angegebenen Ort zur angegebenen Zeit nicht rechtmäßig im Gebiet der Republik Österreich aufgehalten haben." Der Berufungswerber (Bw) habe dadurch eine Übertretung der "§§ 82 Abs.1 Z.4 i.V.m. 2 Abs.1, 5 und 15 Abs.1 Z.1 Fremdengesetz, BGBl. 838/1992, i.d.F. BGBl. 436/1996 (FrG)" begangen, weshalb er gemäß "§ 82 Abs.1 2. Fall FrG" zu bestrafen gewesen sei - und zwar mit einer Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden).

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die fristgerecht erhoben wurde. Der Bw brachte in der Berufung im wesentlichen vor: "Ausweislich der in begl. Ablichtung anliegenden Vollmacht zeigen wir an, die Interessenvertretung des Betroffenen übernommen zu haben. Namens und in Vollmacht unseres Mandanten legen wir hiermit gegen das dortige Straferkenntnis vom 30.09.1998, zugestellt am 12. Okt. 1998, Berufung ein. Zur Begründung wird vollinhaltlich Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 21.11.1997. Eine weitere Begründung bleibt vorbehalten. Zunächst bitten wir um Übermittlung der dortigen Akte zur Einsichtnahme in unser Büro, worum wir hiermit nachsuchen. Alsbaldige Rückgabe wird anwaltlich versichert. Künftig erforderlich werdende Korrespondenz ist ausschließlich über uns zu führen." Der Bw brachte im Schreiben vom 21. November 1997 im wesentlichen vor: "Ausweislich der in beglaubigter Ablichtung anliegenden Vollmacht zeigen wir an, im Zusammenhang mit dem im Betreff näher bezeichneten Sachverhalt die Interessenvertretung des Herrn Mevlüt A übernommen zu haben. Gegen die Strafverfügung vom 28.10.1997, zugestellt am 10. Nov. 1997, legen wir namens und im Auftrage des Herrn Mevlüt A Einspruch ein. Begründung: Unser Auftraggeber ist bereits mehrfach kontrolliert worden, ohne daß ihm entsprechende Vorhaltungen gemacht worden sind. Daher überrascht ihn der nunmehrige Vorwurf, sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten zu haben. Ausweislich des in begl. Ablichtung beigefügten Passes des Herrn Mevlüt A hat er eine Aufenthaltsgenehmigung bis zum 19.12.1997. Die Verlängerung derselbigen kann erst vier Wochen vorher beantragt werden. Entsprechendes ist bereits geschehen. Beweis: Begl. Ablichtung aus dem Pass des Herrn Mevlüt A.

Aufgrund Vorstehenden war Herrn Mevlüt A in keinster Weise bewußt, sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufzuhalten. Er befand sich lediglich auf der Heimreise von der Türkei nach Deutschland. Mithin ist eine Strafe nicht gerechtfertigt. Dem Vermerk in dem Pass des Herrn A können Sie entnehmen, daß ihm eine selbständige Erwerbstätigkeit oder vergleichbare unselbständige Erwerbstätigkeit nicht gestattet ist. Er ist verheiratet und hat Kinder. Künftig erforderlich werdender Schriftverkehr ist ausschließlich über uns zu führen." 3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmann-schaft Schärding vom 20. Oktober 1998, Zl. Sich96-845-1997, Einsicht genommen. 4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Im Hinblick auf das in § 44a VStG normierte Konkretisierungsgebot war das im folgenden Angeführte zu berücksichtigen (zitiert aus Hauer/Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 5. Auflage, Linde Verlag, S  969 und S 970): Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a Z1 - 5 festgelegten Erfordernisse besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw. Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, hat sowohl in der Praxis der Behörden als auch in der Judikatur des VwGH manchmal zu Unsicherheiten geführt. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des VwGH vom 13.6.1984 Slg 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung  a l l e r  Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Daß es im Bescheidspruch zufolge der Z1 der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat und die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, daß es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern daß die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falls zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt.

Den oben angeführten Erfordernissen entspricht die im gegenständlichen Straferkenntnis angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), nicht. Es wird insbesondere auch auf die Bestimmung des § 15 Abs.1 FrG hingewiesen. (In der Bestimmung des § 82 Abs.1 Z4 FrG wird ausdrücklich auf § 15 FrG hingewiesen). Eine Berichtigung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses war wegen der eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht möglich. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Hinblick auf die angeführte Thematik im Erkenntnis vom 23. Juni 1998, Zl. 96/21/0507, ua zum Ausdruck gebracht: "Eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes kommt rechtens nur in Betracht, wenn keine der in § 15 Abs.1 (Z.1 bis 3) FrG angeführten Voraus-setzungen eines rechtmäßigen Aufenthaltes gegeben ist. Demnach kann als übertretene Norm nicht eine der Z.1 bis 3, sondern allein § 15 Abs.1 FrG (insgesamt) herangezogen werden." Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilage Dr. Keinberger

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