Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-230729/8/BR/Bk

Linz, 18.10.1999

VwSen-230729/8/BR/Bk Linz, am 18. Oktober 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn W, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 27. August 1999, Zl.: III/S-21.357/99-2 SE, wegen Übertretung nach § 81 Abs.1 SPG, nach der am 18. Oktober 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber eine Geldstrafe im Ausmaß von 1.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 75 Stunden verhängt, weil er am 19.06.1999 um 17.10 Uhr in Linz H, durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört habe.

Für die zwecks Klärung der Identität im Ausmaß von fünf Stunden erlittene Haft wurden gemäß § 19a VStG 100 S in Anrechnung gebracht.

2. Begründend führt die Erstbehörde im Ergebnis aus, dass für die Tatbegehung nach § 81 Abs.1 SPG bereits die Beeinträchtigung des normalen Ablaufes an einem öffentlichen Ort genügte. Konkret wurde ein als von der Erstbehörde erwiesen erachtetes lautstarkes Schreien unterstützt von heftigem Gestikulieren mit den Armen als geeignet empfunden, dass andere Menschen hierdurch zur Änderung ihres Verhaltens veranlasst waren.

An den Angaben der Meldungsleger habe die Erstbehörde keine Veranlassung zu zweifeln gehabt.

Da der Berufungswerber fristgerecht keine Stellungnahme abgab, fällte die Erstbehörde gemäß § 41 Abs.3 VStG die Entscheidung ohne seine weitere Anhörung.

2.1. Der Berufungswerber führt in seiner Berufung hierzu Folgendes aus (auf Grund der inhaltlichen Spezifität dieser Ausführungen werden sie wörtlich wiedergegeben):

" SCHRIFTLICHE Berufung zum obgen. Straferkenntnis

Nach Erhalt des Erkenntnisses am Mo.6.Sept.99 aus der Hinterlegung am Mi. 1.Sept. 1999 habe ich pers. am Do.9.Sept.99 beim Referenten pers. eine "provisorische, fristwahrende", mündliche BERUFUNG eingebracht, die ich nunmehr zu einer schriftlichen Berufung aufwerten möchte.

Meine Stellungnahme zum EINSPRUCH habe ich mit bloß 20%igem Vorsatz-zu 80% war ich tatsächlich verhindert- bewußt verstreichen lassen, um dabei die Rechtsfolgen ohne Vertiefung ins VStG erfahren zu können. Praktisch erschien mir die Stellungnahme deswegen als unzweckmäßig, da ich mir bei Maßnahmen ggü. Pol.Beamten in einer Pol.Behörde HÄUFIG (nicht immer) so vorkomme wie ein Ehemann, der sich bei der Schwiegermutter über die Kochkünste der Tochter beschwert. Ein in vorauseilendem Übergehorsam ggü. der EU geschaffener UNABHÄNGIGER Vw-Senator hat wenigstens keine Pol-Uniform im Spind hängen. Nachdem ich nun als EU-Bürger dazu verhalten bin, ständig zum EMPFANG, von RSa o. RSb ortsanwesend zu sein, muß ich meine Berufung BEGRÜNDEN und tue dies absatzweise.

Das im Straferkenntnis angeführte Verhalten habe ich in keiner Weise gesetzt, sondern entspringt einer belastenden, rechtswidrigen Phantasie eines SWB. Ich teilte ihm mit, daß er überflüssiger wäre als ein Torposten, wobei er selbst dies wegen des ,dortigen Lärmpegels gar nicht verstand, sondern bloß die beiden hinteren VOKALE. Wie sonst käme denn der Begriff "Haustrottel" in den Akt ? Dieser Ausdruck wird von mir nie gebraucht, schon gar nicht ggü. einem Uniformierten, denn bei Vorliegen dieses Faktums müßte ein Polizist in Ansehung meiner Person selbst draufkommen, daß dem so ist. Von mir kann dabei keine Hilfestellung erwartet werden, da mir nach einer derartigen Wortwahl die Gefahr, daß ich beim "Waffenreinigen" von einer fahrlässig abgegebenen Dienstkugel getroffen werde, zu groß ist.

Dies waren die einzigen - ebenfalls überflüssigen - Worte ggü. dem Anzeiger. Der Rest bis zur Entlassung war bloß SCHWEIGEN.

Abs.1: Es ist daher keineswegs "zweifelsfrei erwiesen", zumal bloß Zeugenparität besteht und die zahllosen, sportelnden Aktivisten in der Nähe keine Ordnungsstörung bemerken konnten.

Abs.2: Es steht somit keine Übertretung fest.

Abs.3: Ich nahm den Akteninhalt samt seinen Erfindungen beim mündl. Einspruch zur Kenntnis und ließ die Frist teilbewußt verstreichen.

Abs.4: Das Zuwarten der Behörde nehme ich wohlwollend zur Kenntnis vermute dennoch einen Verfahrensmangel, da auch der beamtete Anzeiger NICHT angehört wurde.

Abs.5: Die Höchststrafe des § 81 Abs. 1 des bedenklichen SPG ist mir hinlänglich bekannt; dennoch bin ich nachweislich nicht "besonders rücksichtslos", sondern nur rücksichtsvoll und allzu altruistisch.

Abs.6: Der Ablauf am Tage der "Tat" war insofern nicht "normal" am Hauptplatz, da der "Tag des Fahrrades" begangen wurde. Mangels Tat konnten auch keine Personen zu einer Verhaltensänderung BEWOGEN werden.

Abs.7: Dies ist eine Abschreibübung a la H (Vorakt) mit "wilder Gestikulation" und lautem "Schreien", das von keinem der Akteure gesetzt werden konnte, da vor dem Rb.M eine U-förmige Skateboardanlage errichtet war, von der derartiger Sportlärm ausging, daß eine normale, verbale Verständigung gar nicht möglich war. Daraus resultierte auch das akustische Mißverstehen zw. "Torposten und Haustrottel". Ich hätte bestenfalls mit einem Arm gestikulieren können, da um mein linkes Handgelenk die Griffe einer Tragtasche geschlungen waren.

Abs.8: Wie bereits dargestellt, bringe ich meine wesentlich schlüssigeren Angaben bei der Berufungsbehörde vor. Es empört mich jedoch, daß ich meine Schriftsätze, Behördenwege, Aufwendungen

und Handlungen hobbymäßig abwickeln muß, während der Anzeiger für seine unwahren Unterstellungen auch noch bezahlt wird.

Abs.9: Eine Strafbemessung scheidet insofern absolut aus, da es keine Schädigung, Gefährdung oder Folgen gab. Auch eine Einstellung wäre in Anbetracht meiner Einschränkungen schon als Exzeß zu bezeichnen.

Abs.10: Die Pol-Behörde irrt hier gewaltig bzgl. Begehung in der Zukunft. Mich kann man damit nicht einmal am Besuch der schwachbesuchten "Stadtteilgespräche" der PolDion Linz oder gar am Aufsuchen von Verh. des UVS, wo ich als "Prozeßöffentlichkeit ziemlich allein bin, herhalten.

Abs.11: Mildernde Umstände sind der Behörde deshalb nicht bekannt,

da ich mich nicht auf Podeste stelle, meine calmierenden Aktivitäten nicht an die große Glocke hänge und mir jegliche Eitelkeit abhanden kam. Dennoch führe ich für mich an: Ampeln, Donauparkschwimmer-Verst., Pfandretter, Deliktverhinderer und Anzeigenverweigerer. Der Dank des Vaterlandes ist entspr. neg. und sieht auch keine Gutschriften vor. Die einschlägige Vorstrafe verursacht durch permanentes Schweigen mit süffisantem Lächeln wurde spiegelgleich nach demselben Schema abgewickelt, wobei sich meine Zurückhaltung bei der konkreten Preisgabe meines Namens nachträglich als beachtlich nachteilig erwies (dies im PRIVATEN Bereich).

Abs.12: Dieser Absatz ist ein Gipfelpunkt. Der NICHT-Täter soll trotzdem sämtliche Verhältnisse preisgeben, um diese vielleicht tags darauf nochmals verdreht in der Presse wiederzufinden. Andrerseits war ich über diesen Abs.12 TOTAL erheitert. Es kann hier auch nur eine gewaltige Fehleinschätzung vorliegen, denn die Frau, der ich mehr als meine zärtliche Zuwendung schulde, die gibt es nicht. Ebensowenig komme ich jemals in die Rolle eines Dienstnehmers. Nicht einmal der zehnfache Betrag könnte mich zu einem Dienstverhältnis bewegen; meine Handlungen sind nachweislich stets freiwillig und unentgeltlich) auch ggü. der Exekutive. Meine bedeutungslose Jovialität, die ererbt sein muß, bleibt ebenso unabänderlich.

Ich stelle daher den erforderlichen ANTRAG, das Straferkenntnis - aus welchen Gründen auch immer- aufzuheben, denn zu mehr ist dieser EU-UVS auch nicht in der Lage. Die strafbaren Handlungen, die mir gegenüber gesetzt wurden, bleiben insofern ungesühnt, da ich bislang ein sehr schlechter ANZEIGER bin und mir die Rolle eines wissenden Zeugen ebenso widerstrebt.

Für den HINWEIS und die ZAHLUNGSFRIST danke ich. Auch hatte ich vorerst die Absicht, die Strafsumme über den § 34 (3) AVG umbuchen lassen zu wollen; doch davon kam ich ab.

ERKLÄRUNG: Auch ohne Strafe oder entspr. Formular mit Haftungsausschluß erkläre ich mich bereit, kostenlos die beachtlich verunreinigten und vor allem verrauchten Zimmer des PGH, insbesondere die Waschbecken zu reinigen. Als Gegenleistung erwarte ich mir bloß kostenlose Nächtigungen zwecks Verfassung solcher sinnlosen Schriftsätze.

Auf Seite 1. findet sich quer geschrieben noch folgender Nachsatz: "Nachsatz: Ich ersuche den/die Senator/in mit der Entscheidung bis zum Einlangen meines TAGESBERICHTES inkl. ERKLÄRUNG zuzuwarten."

(e.h. Unterschrift des Berufungswerbers).

3. Die Erstbehörde hat den Akt nach Plausibilitätsprüfung zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt worden sind, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war gemäß § 51e Abs.1 VStG zur Wahrung der im Sinne des Art. 6 EMRK garantierten Rechte erforderlich.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bundespolizeidirektion Linz. Ferner durch Vernehmung des Meldungslegers als Zeugen und des Berufungswerbers als Beschuldigten im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung.

5. Der Berufungswerber war zur o.a. Zeit als Fußgänger auf dem L in Richtung Straßenbahnhaltestelle unterwegs. Dabei beobachtete er den Meldungsleger, der sich mit einem vom Berufungswerber als intellektuell erachteten Passanten im Gespräch befand. Nach Entfernung dieser mit dem Meldungsleger sprechenden Person suchte der Berufungswerber mit diesem Passanten einen kurzen Gesprächskontakt, dessen Ergebnis (auch) den Berufungswerber zur Ansicht gelangen ließ, dass der Meldungsleger anderenorts sinnvoller tätig werden könnte. Dies veranlasste ihn sich in Richtung des Meldungslegers zu begeben und diesem seine subjektive Ansicht über den fraglichen Sinn dessen Tätigkeit, nämlich die "Bezettelung" von Kraftfahrzeugen, kundzutun. Konkret machte der Berufungswerber im Vorbeigehen die sinngemäße verbale Äußerung, er (der Meldungsleger) wäre hier überflüssiger 'als ein Torposten'. Der Meldungsleger vermeinte jedoch das Schimpfwort 'Haustrottel' vernommen zu haben. Auf Grund dieses Zurufes wurde der Berufungswerber vom Meldungsleger zum Stehenbleiben und sich in eine Amtshandlung einzulassen aufgefordert. In der Folge entspann sich eine verbale Auseinandersetzung die seitens des Meldungslegers mit der Androhung einer Anzeige wegen Beleidigung unterstrichen und vom Berufungswerber offenbar dahingehend beantwortet wurde, sich der Befolgung der Aufforderung des Meldungslegers nicht geneigt zeigen zu wollen. Seinen Rechtsstandpunkt begründete der Berufungswerber in dem offenkundig emotional und unerquicklich geführten Dialog sich nicht strafbar verhalten zu haben.

Er begab sich folglich in Richtung Straßenbahnhaltestelle und bestieg eine in Richtung Taubenmarkt fahrende Straßenbahn. Der ihm nachfolgende Meldungsleger setzte in der Straßenbahn die Amtshandlung fort und rief Unterstützung herbei. Letztlich verließ der Berufungswerber bereits wieder an der Haltestelle Taubenmarkt die Straßenbahn, wobei anschließend nach Eintreffen der Unterstützung seine Festnahme zwecks Identitätsfeststellung vollzogen wurde.

Zur Vorfallszeit herrschte am Hauptplatz reger Personenverkehr. Im örtlichen Bereich der Amtshandlung mit dem Berufungswerber fand sich eine als gut besucht anzunehmende Rollerskater-Anlage aufgestellt. Aus diesem Grund ist an dieser Örtlichkeit von einem überdurchschnittlichen Geräuschpegel auszugehen. Diese Annahme scheint auch durch den Umstand bestätigt, dass der Meldungsleger offenbar selbst die Äußerung des Berufungswerbers akustisch falsch verstanden haben dürfte. Somit kann auch schlussgefolgert werden, dass der nicht mehr im Detail nachvollziehbare Zuruf des Berufungswerbers an den Meldungsleger und die nachfolgende Interaktion von der Umgebung akustisch kaum auffällig wurde und jedenfalls rein faktisch keine Ordnungsstörung begründen konnte.

5.1. Der Meldungsleger vermochte anlässlich der Berufungsverhandlung nicht mit Sicherheit zu behaupten, dass er vom Berufungswerber als "Haustrottel" beschimpft worden sei. Ebenfalls ließen seine Ausführungen in der Berufungsverhandlung keine schlüssigen und damit ausreichenden Anhaltspunkte erkennen, dass am Verhalten des Berufungswerbers andere Personen dahingehend teilhaftig wurden, sodass diese zu einer Verhaltensänderung veranlasst worden sein könnten. Mit dem vom Meldungsleger beschriebenen Gestikulieren und dem nachdrücklichen Vertreten eines bestimmten Standpunktes gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht vermochte hier eine der Umgebung zugänglich gewordene Störungswirkung jedenfalls (noch) nicht dargetan werden.

Logisch nachvollziehbar ist vielmehr, dass der Berufungswerber, unmittelbar nach Erkennen des beabsichtigten Einschreitens des Meldungslegers gegen ihn, unverzüglich versucht haben dürfte "das Weite" zu suchen. Dies tat er schließlich, indem er eine Straßenbahn bestieg, um sich vom Meldungsleger zu entfernen und der drohenden Amtshandlung zu entgehen. Daher vermag in der Schilderung des Ablaufes durchaus der Verantwortung des Berufungswerbers gefolgt werden.

Der Tatbestand der Ordnungsstörung kann auch nicht auf die Phase der in der Straßenbahn fortgesetzten Amtshandlung angenommen werden. Dem Meldungsleger mag jedoch durchaus zugestanden werden, dass ihm das Verhalten des Berufungswerbers, welches offenbar in einer als unhöflich empfindbaren Kritik seiner Arbeit bestand, tatsächlich als "besonders rücksichtslos" und jedenfalls (auch) als "ungerechtfertigt" erschienen ist und von ihm subjektiv störend sowie beleidigend empfunden wurde. Die vom Berufungswerber in der Folge in der Straßenbahn getätigten verbalen Äußerungen, wie etwa, 'sind den da keine Zeugen u. dgl.' sind in diesem Zusammenhang als Versuch einer Verantwortung und Abwehr der bereits angedrohten und/oder ausgesprochenen Festnahme zu werten. Dies vermag jedenfalls nicht mehr als "ungerechtfertigte" Beeinträchtigung des Ordnungsgefüges in der Straßenbahn - etwa wegen einer sich dadurch verzögernden Abfahrt - qualifiziert werden.

Dem Berufungswerber wird auch durchaus geglaubt, dass er seine verbalen Äußerungen nicht lautstark führte und er als mit durchaus guten Rechtskenntnissen ausgestattete Person in der Öffentlichkeit auch nicht das Wort "Haustrottel" in den Mund genommen hätte. Ebenso vermag ihm kein schreiender Dialog zugesonnen werden, wobei es hier zu Gunsten des Berufungswerbers eine Abgrenzung zwischen energischem Vertreten eines Standpunktes und eine ins Schreien übergehende Konfrontation vorgenommen wird.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat Folgendes erwogen:

6.1. Gemäß § 81 Abs.1 SPG begeht eine Verwaltungsübertretung, "wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört; er ist mit einer Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden."

Dem Berufungswerber wurde im Spruch zur Last gelegt, "durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt dadurch gestört zu haben, indem er geschrieen habe, 'Was woll´ns Sie denn von mir! Lassen Sie mich in Ruh! Ich geb´Ihnen keinen Ausweis!' und dabei mit den Armen heftig gestikuliert habe".

Diese Verhaltensweise kann dem o.a. Tatbestand nicht schlüssig zugeordnet werden. Insbesondere ist nicht erkennbar, worin etwa im (bloßen) heftigen Gestikulieren und einer spezifischen Missfallenskundgebung selbst im erregten Gesprächston, einerseits ein 'besonders rücksichtsloses Verhalten' bei gleichzeitiger 'ungerechtfertigter Störung der öffentlichen Ordnung' erblickt werden könnte.

6.1.1. Nach der Rechtslage des SPG wurde die Strafbarkeit gegenüber der früheren Bestimmung des Art. IX Abs.1 Z1 EGVG in zwei Punkten inhaltlich zurückgenommen. Bei der Beurteilung eines spezifischen Verhaltens ist im Sinne der anzuwendenden Rechtsvorschrift auch auf die Intention des Täters abzustellen, wobei es auch darauf ankommt, ob etwa eine Rechtfertigung für eine Störung der Ordnung vorliegen würde (vgl. die Gesetzesmaterialien zum Sicherheitspolizeigesetz [148 Blg. NR 18. GP, 52], sowie Fuchs - Funk - Szymanski, Manz Taschenbuchausgabe, Seite 154 ff und VwGH 24.4.1995, 94/10/0154).

Demnach hat der Gesetzgeber nicht jedes Verhalten, das früher noch den Tatbestand des Art. IX Abs. 1 Z.1 bzw. Z.2 EGVG erfüllte, als von Strafbarkeit umfasst erblicken wollen. Das Tatbild der §§ 81 Abs. 1 bzw. 82 SPG wurde vom Gesetzgeber des SPG durch die Einfügung zusätzlicher Tatbestandselemente ("durch besonders rücksichtsloses Verhalten"; "ungerechtfertigt"; ) im Unwerturteil gegenüber Art. IX Abs.1 Z1 und 2 EGVG nicht aufrecht erhalten, sondern eingeschränkt.

Mit der vom Berufungswerber selbst eingeräumten negativen Äußerung bzw. Kritik an einer von einem Polizeibeamten spezifisch ausgeübten Tätigkeit, kann vor allem unter Bedachtnahme auf die Umstände und spezifischen Gestaltung der dort präsenten Öffentlichkeit (Skateranlage), der Tatbestand nach § 81 Abs.1 SPG - abgesehen davon, dass nicht einmal die Erstbehörde ihrerseits von dem in der Anzeige genannten Ausspruch "Haustrottel" ausgegangen zu sein scheint - nicht erfüllt erachtet werden. Der von § 81 Abs.1 SPG verpönte "Erfolg" würde dadurch ausgelöst, dass der normale Ablauf an einem öffentlichen Ort beeinträchtigt wird (wurde), indem dieses Verhalten bei einem unbefangenen Menschen die lebhafte Empfindung des Unerlaubten und Schädlichen hervorzurufen geeignet ist (VwGH 2.7.1984, 84/10/0074). Eine derart herbeigeführte Beeinträchtigung ist nach objektiven Kriterien zu messen (vgl. etwa h. Erk. v. 14. Jänner 1998, VwSen-230696). Der Verfassungsgerichtshof vertrat bereits zur alten Rechtslage die Auffassung, dass unter 'Ordnung an öffentlichen Orten' der Zustand der gewöhnlichen Verhältnisse der Dinge der Außenwelt zueinander zu verstehen sind. Es musste durch ein spezifisches Verhalten der Ablauf des äußeren Zusammenlebens von Menschen oder ein bestehender Zustand von Dingen in wahrnehmbarer Weise gestört worden sein (VfSlg. 4813/1964). Eine solche negative Veränderung ist zwar nach der Judikatur zum früheren Art. IX EGVG schon zu bejahen gewesen, wenn eine Person dazu bewogen wurde, sich anders zu verhalten, als wenn der Vorfall nicht stattgefunden hätte (VfGH 25. Jänner 1991, ZfVB 1992/460). Unter diesem Gesichtspunkt kann eine solche, im Agieren des Berufungswerbers ursächliche Verhaltensänderung in der Außenwelt nicht erkannt werden, wenngleich sein Verhalten im subjektiven Empfinden des Meldungslegers als negativ und seine Amtshandlung als "zu Unrecht kritisiert" empfunden worden sein mag (s. Hauer - Kepplinger, Handbuch zum Sicherheitspolizeigesetz, Seite 388, Anm.7, sowie VfGH, 19.3.1986, B470/83, B473/83 mit Hinweis auf VwSlg. 2263, VfSlg. 8145/1977, 8146/1977, 8580/1979, 9860/1983).

6.1.2. Auf Grund des hier als erwiesen anzusehenden Sachverhaltes beschränkte sich die kurzzeitige Interaktion auf eine der Wesensart des Berufungswerbers basierende und demgemäß mit nachdrücklicher Gestikulation unterstützte Meinungsäußerung gegenüber dem Meldungsleger über den Sinn einer spezifischen Amtshandlung. Ein objektiv ordnungsstörender Faktor im Zusammenhang mit einer Anteilnahme und einer Betroffenheit von Dritten kann in diesem Verhalten gegenüber dem Meldungsleger, insbesondere auf Grund des herrschenden Treibens und Lärmpegels (am Samstag den 19. Juni 1999 um 17.00 Uhr) daher nicht erblickt werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Beleidigung, Ordnungsstörung

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum