Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230737/2/Fra/Bk

Linz, 02.02.2000

VwSen-230737/2/Fra/Bk Linz, am 2. Februar 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 29.12.1999, Zl. 101-6/3-330069444, wegen Übertretung des Art. IX Abs.1 Z3 EGVG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 und 3 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des Art. IX Abs.1 Z3 EGVG gemäß Art. IX EGVG eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt, weil er es als der im vorliegenden Fall verantwortliche Gewerbeinhaber des L, am 10.10.1997 zwischen 23.00 und 00.30 Uhr zu verantworten hat, dass öffentlich ausländischen, insbesondere türkischen Staatsbürgern allein aufgrund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen bzw ethnischen Herkunft oder ihres religiösen Bekenntnisses ungerechtfertigt der Eintritt in das Lokal "L" verwehrt wurde. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG). Eine Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil sich die spruchgemäße Entscheidung bereits aufgrund der Aktenlage ergibt (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

3.1. Die belangte Behörde stützt den von ihr angenommenen Sachverhalt auf die Aktenlage bzw die Zeugenaussage des Herrn Z. Sie führt aus, es stehe fest, dass türkischen Jugendlichen ohne ersichtlichen Grund (waren nicht angetrunken, ordentlich gekleidet, fragten warum sie nicht eingelassen würden ...) der Zutritt zu einem für die Allgemeinheit öffentlichen Ort verwehrt wurde.

In der Beschuldigteneinvernahme laut Niederschrift vom 20.11.1997, aufgenommen beim Magistrat Linz, führte der Bw aus, dass am 10.10.1997 zwischen 23.00 Uhr und 00.30 Uhr als Türsteher Herr Z tätig war. Dieser Türsteher hatte von ihm generell die Anweisung erhalten, Personen unter 18 Jahren (manchmal werde auch der Ausweis verlangt) bzw Personen mit entsprechender Bekleidung (wie zB Personen mit Stahlkappenschuhen, Springerstiefeln, Skinheads und Personen, die in der Vergangenheit im Lokal negativ aufgefallen sind) den Eintritt in das Lokal zu verwehren. Außerdem werden bekannte sogenannte "Streithanseln" grundsätzlich nicht hineingelassen. Zum konkreten Vorfall selbst könne er nichts sagen, er möchte jedoch bemerken, dass er in seinen Lokalen eine Tschechin, einen Rumänen, Jugoslawen und Türken angestellt habe. Jede Person - die sich entsprechend aufführt - habe die Möglichkeit, seine Lokale zu betreten, egal welcher Nationalität bzw Hautfarbe.

Herr Z gab laut Niederschrift des Magistrates Linz vom 23.8.1999 zeugenschaftlich ua an, dass er vom Bw als Türsteher die Anweisung erhalten habe, nur jene Ausländer in das Lokal zu lassen, die er persönlich kannte bzw die eine Stammkundenkarte hatten. Hinsichtlich anderer Ausländer hätte er die Anweisung gehabt, jene, die der Bw und somit auch er nicht kannte, nicht in das Lokal zu lassen. In manchen Ausnahmefällen - jene Ausländer, die den Bw sprechen wollten - hätte er diesen geholt, der ab und zu auch andere Ausländer in das Lokal ließ. Der Bw habe die Ausländer deswegen nicht in das Lokal gelassen, weil sich einerseits die Inländer bei zu vielen Ausländern beim Bw diesbezüglich beschwerten und andererseits, weil es zumeist mit den jugendlichen Ausländern Schwierigkeiten (zB Raufereien im Lokal) gab.

3.2. In rechtlicher Hinsicht ist dazu auszuführen, dass wesentlich am gegenständlichen Straftatbestand das Motiv des Täters ist, eine Person allein aufgrund der Rasse usw zu hindern, Orte zu betreten, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind. Dieses besondere Motiv ist dem Täter nachzuweisen (vgl. Anmerkung 5 zu Art. IX Abs.1 Z3 EGVG in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage). Weder aus der Zeugenaussage des Herrn Z geschweige denn aus der Aussage des Bw kann der Nachweis abgeleitet werden, dass das Motiv des inkriminierten Tatvorwurfes allein in der Rasse usw der inkriminierten Personen zu suchen ist. Dieses Motiv liegt nach den oa Aussagen zwar vor, es war jedoch nicht der einzige Grund für die gegebene Anweisung.

Zudem ist zu bemerken, dass gegenständlich Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Die einzige während der Verfolgungsverjährungsfrist getätigte Verfolgungshandlung bildet die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 7.4.1998. Darin ist angeführt, dass es der Bw zu verantworten habe, mehreren türkischen Staatsangehörigen "grundlos" den Zutritt zu seiner Discothek verwehrt zu haben. Aus dem Wort "grundlos" kann nicht abgeleitet werden, dass diese Personen anderer Rasse usw. sind. § 44a Z1 VStG erfordert die entsprechend konkretisierte Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat. Zu dieser Konkretisierung ist die individualisierte Beschreibung jener Handlungen erforderlich, die dem Täter als inkriminiertes Verhalten zur Last gelegt wird. Der Begriff "grundlos" reicht im gegenständlichen Zusammenhang nicht aus, weil auch Inländern grundlos der Eintritt zu einer Discothek verwehrt werden kann. Als ausreichend würde im hier gegebenen Zusammenhang beispielsweise die Tatanlastung mit den Worten "Ausländer dürfen bei mir nicht hinein" sein. Auch die Tatzeit entspricht nicht den Umschreibungskriterien des § 44a Z1 VStG. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, verstärkter Senat vom 3.10.1985, Slg. 11.894A, wird diesen Kriterien ua dann entsprochen, wenn der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Die Kriterien sind auch auf Verfolgungshandlungen anzuwenden. Gegenständlich wird dem Bw in der oa Aufforderung zur Rechtfertigung vorgeworfen, das inkriminierte Verhalten zwischen 23.00 Uhr und 00.30 Uhr des 10.10.1997 gesetzt zu haben. In einem Zeitraum von 1 1/2 Stunden kann der dem Bw zur Last gelegte Tatvorwurf oftmals verwirklicht werden, weshalb - um den oa Judikaturanforderungen gerecht zu werden - eine entsprechende zeitliche Eingrenzung des Tatvorwurfes erforderlich gewesen wäre.

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. Fragner

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