Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230746/2/Fra/Ka

Linz, 06.04.2000

VwSen- 230746/2/Fra/Ka Linz, am 6. April 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2.3.2000, Sich96-693-1999, wegen Übertretung des § 81 Abs.1 SPG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 81 Abs.1 Sicherheitspolizeigesetz (im Folgenden: SPG) eine Geldstrafe von 1.500 S (EFS 51 Stunden) verhängt, weil er am 11.10.1999, ca. 11.00 Uhr, in den Amtsräumen des Bezirksgerichtes in 4470 Enns, Kasernenstraße 3, durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört hat, indem er eine Gerichtsbedienstete zwei Mal lautstark beschimpfte, dass sie dumm sei. Weiters forderte er den anweisenden Richter drei Mal auf, den Raum zu verlassen, da ihn die Sache nichts angehe.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Strafe vorgeschrieben.

2. Über die dagegen rechtzeitig eingebrachte Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) erwogen:

Gemäß § 81 Abs.1 SPG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen, wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört. Die Tatbestandsumschreibung entspricht in ihrem Aufbau jener des Art.IV Abs.1 Z1 EGVG, die Strafbarkeit wurde jedoch in zwei Punkten inhaltlich zurückgenommen. Nach dem EGVG ist für die Störung der Ordnung ein Verhalten gefordert, das Ärgernis zu erregen geeignet ist; diese Formulierung stellt bereits auf die Einschätzung durch andere und nicht auf die Intention des Täters ab. Dass insbesondere diese maßgeblich ist, soll nunmehr durch die Wendung "besonders rücksichtsloses Verhalten" verstärkt zum Ausdruck gebracht werden (vgl. EBRV S 52 zu § 81 SPG). Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Bw tatbildmäßig gehandelt hat, zumal es an den Tatbildelementen des "besonders rücksichtslosen" Verhaltens mangelt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes konnte durch die Beschimpfung einer Person der Tatbestand einer Verwaltungsübertretung im Sinne des Art.VIII Abs.1 lit.a EGVG (Anstandsverletzung) erfüllt werden. Die BVG-Novelle 1974, BGBl.Nr.444, hat Straftatbestände des seinerzeitigen Artikel VIII Abs.1 lit.a EGVG zur Angelegenheit der örtlichen Sicherheitspolizei erklärt. Sie sind seit 1.1.1975 in die Zuständigkeit der Länder gefallen. Der Oö. Verwaltungssenat ist der Auffassung, - ohne das weitere Verfahren präjudizieren zu wollen - dass das dem Bw im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegte Verhalten allenfalls unter § 1 Abs.1 des Oö. Polizeistrafgesetzes (Anstandsverletzung) bzw, da laut Aktenlage die gegenständliche Beschimpfung von drei Personen wahrgenommen wurde, unter den Tatbestand des § 115 Abs.1 StGB (Beleidigung) zu subsumieren wäre. Sollte daher die do. Behörde überlegen, noch eine Verfolgungshandlung nach dem Oö. Polizeistrafgesetz zu setzen, was grundsätzlich bis zum Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist, das ist der 11.4.2000, zulässig wäre, müsste die Subsidiaritätsklausel nach § 1 Abs.1 Oö. Polizeistrafgesetz beachtet werden.

Aus den oben angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden, ohne dass im einzelnen auf die Berufungsausführungen, die zum Großteil polemisch gehalten sind, näher einzugehen war. Polemisch insofern, als der Bw ausführt, es sei ihm aufgefallen, dass auch die ermittelnde Behörde wiederum sehr sorglos und schlampig erhoben habe, außerdem die Rechtschreibkenntnisse der erkennenden Behörde wie immer zu wünschen übrig lassen und von ein paar unqualifizierten Beamten gegen ihn ein regelrechtes Kesseltreiben veranstaltet werde. Der Bw behauptet auch, dass das Verhalten der ermittelnden Beamten sehr eigenartig war, da er regelrecht provoziert wurde, eine strafbare Handlung zu begehen, konkretisiert jedoch nicht einmal ansatzweise, worin diese Provozierung seitens der Beamten lag. Mangels Entscheidungsrelevanz muss auch nicht auf die weitere Behauptung des Bw, dass seine Intelligenz erheblich über derjenigen der Gendarmeriebeamten liegt und er sich deshalb nicht zu einer strafbaren Tat hinreißen lassen habe, eingegangen werden. Da das Zimmer der vom Bw beschimpften Gerichtsbediensteten grundsätzlich jederzeit von einem nicht von vornherein beschränkten Personenkreis betreten werden kann, liegt auch entgegen der Meinung des Bw das Tatbestandselement des "öffentlichen Ortes" vor.

3. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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