Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230835/2/SR/Ri

Linz, 28.02.2003

VwSen-230835/2/SR/Ri Linz, am 28. Februar 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des S H, vertreten durch Dr. G H, Wstraße , E, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 26. Juli 2002, Zl. Sich96-4-2001 wegen Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG (BGBl. I Nr. 12/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2002, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.
  2. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 24, § 44a, 45 Abs.1 Z.2, § 51c und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

Sie haben am 15.10.2000, um 3.30 Uhr in E, F D-Straße, im Lokal "F" und davor, in besonders rücksichtsloser Weise die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört, indem Sie vorerst mehrere Gäste belästigten und grundlos beschimpften sowie von Gästen Getränke ausschütteten. Nachdem sie aus dem Lokal gewiesen worden waren, sprangen Sie plötzlich ohne ersichtlichen Grund, mit den Füßen gegen den bei der Eingangstür stehenden M P, welcher jedoch dadurch nicht verletzt wurde.

Übertretene Rechtsvorschrift:

§ 81 Abs.1 SPG

Strafnorm

§ 81 Abs.1 SPG

Verhängte Geldstrafe

€ 58,--

Ersatzfreiheitsstrafe

13 Stunden

Verfahrenskosten § 64 VStG

€ 5,80

Gesamtbetrag

€ 63,80

2. Gegen dieses dem Vertreter des Bw am 30. Juli 2002 zu eigenen Handen zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz rechtzeitig eingebrachte Berufung.

2.1. Die Behörde I. Instanz hat im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bw um 03.30 Uhr im Lokal und davor die öffentliche Ordnung in besonders rücksichtsloser Weise gestört habe. Das aggressive und laut herumschreiende Verhalten sei von mehreren Zeugen bestätigt worden. Die Eskalation der Situation sei durch das Verhalten des Bw, dem sicherlich eine provokative Absicht zugrunde gelegen sei, zweifelsfrei ausgelöst worden.

2.2. Dagegen bringt der Vertreter des Bw u.a. vor, dass der Sachverhalt aus den im Akt festgehaltenen Bekundungen nicht bewiesen werden könne und die Aussagen der Zeugen H und P widersprüchlich seien.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat den Verwaltungsstrafakt, Zl. Sich 96-4-2001 und die Berufung vom 11. August 2002 mit Schreiben vom 5. Februar 2003 vorgelegt.

3.1. Aus der Aktenlage ergibt sich folgender Sachverhalt:

Am 15. Oktober 2000 - jedenfalls einige Minuten vor 03.30 Uhr - belästigte der Bw in ziemlich stark alkoholisiertem Zustand mehrere Gäste im Lokal "F" in E. Als Folge seiner Alkoholisierung dürfte er im Zuge der verbalen Auseinandersetzung ein Getränk umgeschüttet haben. Auf Grund seines Verhaltens zerrte ihn der Pächter H G H um 03.30 Uhr aus dem Lokal. Vor dem Lokal kam es in der Folge zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen dem Bw und M P. Inwieweit auch H G H daran beteiligt war kann aus der Aktenlage nicht abgeleitet werden. Der einschreitende Gendarmeriebeamte nahm jedenfalls bei der unmittelbar folgenden Befragung wahr, dass der Pullover des Zeugen H G H im Nackenbereich zerrissen war. Bei der Auseinandersetzung stürzte der Bw und erlitt dabei schwere Kopfverletzungen. Ha G kümmerte sich als erster um den Bw und verständigte auch die Rettung.

3.2. Entgegen den Spruchausführungen ergibt sich aus der Aktenlage eindeutig, dass der Bw keine Getränke von Gästen ausgeschüttet hat. Folgt man der Aussage des H G H, dann hat der Bw lediglich ein Getränk, nämlich jenes des M P, umgeschüttet. Bezugnehmend auf die Angaben der N B torkelte der ziemlich betrunkene Bw im Lokal herum und streifte mit seinem Körper an den Gästen an. Es ist daher leicht möglich, dass er durch solche unkontrollierte Bewegungen ein Getränk umgeschüttet hat. Im Gegensatz zu den Aussagen des H G H hat M P bei seiner Befragung nicht angegeben, dass der Bw sein Getränk verschüttet hatte. Er sprach lediglich davon, dass der Bw an der Bar Mädchen belästigt hatte. Aus den widersprüchlichen Zeugenaussagen kann mit Sicherheit nur abgeleitet werden, dass der Bw durch seinen alkoholisierten Zustand und den dabei getätigten Äußerungen die Gäste belästigt hat. Dieses Verhalten wurde jedenfalls vor 03.30 Uhr gesetzt und dürfte einen längeren Zeitraum angedauert haben. Es ist somit erwiesen, dass der Pächter H G H den Bw knapp vor 03.30 Uhr vor das Lokal befördert hat. Der zerrissene Pullover des H G H weist darauf hin, dass der Bw dabei Widerstand geleistet hat.

Übereinstimmend ergibt sich aus den Zeugenaussagen, dass mehrere Gäste den Pächter vor das Lokal begleitet und einige von ihnen auf den Bw eingewirkt haben. Der unbeteiligte Zeuge B hat die Vorgänge vor dem Lokal als "Ranglerei" beschrieben. Indirekt bestätigt wird diese Beschreibung auch durch H G H bei der niederschriftlichen Befragung am 28. November 2000 (arg.: "Ich sagte den Jugendlichen, sie sollen wieder zurück ins Lokal gehen und Hs in Ruhe lassen").

Aus der Aktenlage kann nicht geschlossen werden, dass der Bw mit den Füßen gegen den Zeugen M P gesprungen ist. Jene Zeugenaussagen, die unmittelbar nach der tätlichen Auseinandersetzung aufgenommen wurden, sind widersprüchlich und auch die späteren Aussagen sind nicht geeignet, den Tatvorwurf zu erhärten.

So gab der Zeuge Ha G bei der Erstbefragung am 15. Oktober 2000 an, dass er nichts Genaues gesehen habe. Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 17. November 2000 führte er jedoch aus, dass er vor dem Lokal vergeblich versucht habe, den Bw zu beruhigen. Im Anschluss an seine Beruhigungsversuche sei der Bw mit den Füßen gegen eine Person gesprungen. Bei der Person, gegen die der Bw mit den Füßen vorgegangen sein soll, habe es sich um den Zeugen M P gehandelt. Dieser gab aber bei der niederschriftlichen Befragung am 15. Oktober 2000 gegenüber dem Gendarmeriebeamten an, dass er den Bw beruhigen wollte. Da ihm dies nicht gelungen sei, habe er sich links vor die geschlossene Eingangstür gestellt. Der Bw sei daraufhin auf ihn zugesprungen und habe mit der Hand ausgeholt. Auf Grund seiner Abwehrbewegung sei der Bw rückwärts gefallen und habe mit dem Hinterkopf auf dem Betonboden aufgeschlagen. Bei der Zeugenvernehmung am 18. Juni 2001 brachte M P vor, dass ihn der Bw richtiggehend angesprungen habe. Trotz der Steigerung des Vorbringens gab der unmittelbar Betroffene auch zu diesem Zeitpunkt nicht an, dass er mit den Füßen angesprungen worden sei.

Die Erstaussagen der Zeugen Ha G und M P finden Übereinstimmung mit den Angaben des gänzlich unbeteiligten Zeugen M B. Letzterer beschrieb am 15. Oktober 2000 gegenüber dem einschreitenden Gendarmeriebeamten die wahrgenommene Situation so, dass er eine Ranglerei gesehen habe, an der jedenfalls ein blonder Mann (M P), sowie ein Mann mit einem grau-weiß gestreiften Pullover (H G H) teilgenommen hätten. Bei der telefonischen Befragung am 17. November 2000 veränderte der Zeuge M B sein ursprüngliches Vorbringen, indem er vorbrachte, dass der Bw mit den Füßen gegen die anderen Personen gesprungen sei. Am 22. März 2001 wurde M B von der belangten Behörde niederschriftlich vernommen. Dabei konnte sich der Zeuge an den Vorfall nicht mehr erinnern.

Sein Vorbringen, dass der Bw gegen "mehrere Personen" gesprungen sei, findet im Akt keine Bestätigung.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Wer gemäß § 81 Abs. 1 SPG durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.

Gemäß § 44a Z.1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Der den Delikttatbestand erfüllende Sachverhalt muss mit allen rechtserheblichen Merkmalen nach Ort und Zeit konkretisiert umschrieben werden.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z.2 VStG ist von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und das Verfahren einzustellen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

4.2. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dem Bw vorgeworfen, dass er um 3.30 Uhr .... im Lokal Fledermaus und davor den angelasteten Tatbestand begangen habe. Dagegen führte das einschreitende Organ in der Anzeige vom 29. November 2000 unter "a) Darstellung der Tat" aus, dass es zwischen M P und dem Bw um 03.30 Uhr vor dem Lokal F zu einer tätlichen Auseinandersetzung gekommen sei. Die allfällige Belästigung der Gäste, deren grundloses Beschimpfen und das Ausschütten von Getränken musste daher entgegen dem behördlichen Vorwurf vor diesem Zeitpunkt stattgefunden haben.

Abgesehen davon, dass dem Bw der den Delikttatbestand erfüllende Sachverhalt nach der Zeit nicht konkret vorgeworfen worden ist, ist dieser Vorwurf auch nicht aus der Aktenlage begründbar. Lediglich aus einer Aussage lässt sich das "Verschütten" ableiten. Dieser liegt aber keine unmittelbare Wahrnehmung zu Grunde, sondern sie beruht auf der Wiedergabe einer anderen Zeugenaussage. Dieser Zeuge - M P - sprach aber bei der ersten niederschriftlichen Befragung am 15. Oktober 2000 am Gendarmerieposten E ausschließlich von einer Belästigung von zwei Mädchen durch den Bw. Beschädigungen von Sachen, Auseinandersetzungen mit Gästen oder das "Ausschütten" seines Getränkes brachte er nicht vor. Erst bei der Befragung am 18. Juni 2001 gab er an, dass der Bw randaliert und Gläser umgeworfen habe. Dabei sei ein Teil dieser Gläser zerbrochen. Letztere Aussage lässt sich aber nicht einmal mit den Angaben des Pächters in Verbindung bringen, der nur von einem zerbrochenen Glas gesprochen hatte.

Unabhängig von diesen Widersprüchlichkeiten ist aus dem festgestellten Sachverhalt abzuleiten, dass sich der Bw um 03.30 Uhr nicht mehr im Lokal befunden hat.

Da der Bw das ihm vorgeworfene Verhalten weder zum angeführten Zeitpunkt noch in der umschrieben Weise gesetzt hat, wird dieser Spruchteil dem Erfordernis des § 44a VStG nicht gerecht.

4.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hatte daher zu prüfen, ob der weitere Vorwurf dem angeführten Tatbestand zugeordnet werden kann.

Die Behörde I. Instanz geht im Spruch davon aus, dass der Bw plötzlich ohne ersichtlichen Grund mit den Füßen gegen den bei der Eingangstür stehenden M P gesprungen ist.

Wie in den Feststellungen und in der Beweiswürdigung unter den Punkten 3.1 und 3.2. dargelegt, ist der behördliche Vorwurf - Sprung mit den Füßen gegen M P - nicht zu beweisen.

4.4. Ohne auf die sonstigen Widersprüchlichkeiten - Situationsbeschreibungen der Vorfälle im und vor dem Lokal durch die Beteiligten und Unbeteiligten - einzugehen, kann schon auf Grund der aufgezeigten Unstimmigkeiten nicht auf das dem Bw vorgeworfene Verhalten geschlossen werden.

Das angefochtene Straferkenntnis war daher aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

5. Der Bw hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

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