Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230875/12/Gf/Gam

Linz, 16.11.2004

VwSen-230875/12/Gf/Gam Linz, am 16. November 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des B Y F, vertreten durch RA Dr. B, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 2. Februar 2004, Zl. Sich96-213-2003, wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Der Berufungswerber hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 2. Februar 2004, Zl. Sich96-213-2003, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 72 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 33 Stunden) verhängt, weil er sich seit dem 17. November 2003 ohne gültiges Reisedokument im Bundesgebiet aufgehalten habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 2 Abs. 1 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. I 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 134/2002 (im Folgenden: FrG), begangen, weshalb er nach der letztgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nicht direkt aus jenem Staat, in dem er verfolgt zu werden behauptet (Nigeria), in das Bundesgebiet eingereist, sondern mit einem LKW nach Österreich gekommen sei; daher könne die Bestimmung des Art. 31 Z. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zum Tragen kommen.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe hervorgekommen; die von Amts wegen geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 6. Februar 2004 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 19. Februar 2004 - und damit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingegangene Berufung.

Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass § 2 FrG von seiner Zielrichtung her besehen nicht auf Asylwerber anzuwenden sei. Außerdem könne von einem Verfolgten nicht verlangt werden, sich vor seiner fluchtartigen Abreise noch bei der Behörde einen Pass zu besorgen. Schließlich habe er auch keinesfalls grob fahrlässig gehandelt.

Daher wurde die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu eine Herabsetzung der Geldstrafe beantragt.

1.3. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 3. April 2004, Zl. VwSen-230875/2/Gf/Jo, wurde die Berufung abgewiesen.

1.4. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Dieser hat mit Erkenntnis vom 19. Oktober 2004, Zl. 2004/21/0131, unter Hinweis auf die do. Entscheidungen vom 13. Dezember 2002, Zl. 99/21/0163, und vom 19. Oktober 2004, Zl. 2004/21/0181, ausgeführt, dass das in Art. 31 Z. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention normierte Verbot der Verhängung von Strafen wegen illegaler Einreise oder Anwesenheit ein Verbot der Bestrafung wegen eines Aufenthalts im Bundesgebiet ohne gültiges Reisedokument einschließt, wenn das Fehlen eines Einreisedokuments aus den Umständen der Flucht, der direkten Einreise und dem Aufenthalt des Flüchtlings erklärt werden kann. Das Vorliegen einer direkten Einreise kann dabei nicht allein deshalb, weil der Asylwerber zuvor andere Staaten als jene, in denen er Verfolgung zu fürchten behauptet, durchreist hat, verneint werden, ohne dass die Strafbehörde auch dementsprechende konkrete Feststellungen getroffen hat.

Diese Rechtsprechung läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass ein Asylwerber wegen Verletzung der Passpflicht nur dann bestraft werden kann, wenn ihm dezidiert nachzuweisen ist, dass er bereits in einem Drittstaat tatsächlich um Asyl hätte ansuchen können.

2. Da im gegenständlichen Fall entsprechende Feststellungen fehlen und solche im nunmehrigen Wissen um die neueste Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von einem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer auch im Zuge einer mündlichen Verhandlung offenkundig nicht zu erlangen sind, war der Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

3. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. G r o f

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