Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230896/2/BMa/Sta

Linz, 20.10.2004

 

 

 VwSen-230896/2/BMa/Sta Linz, am 20. Oktober 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung des Ing. M M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Wels-Land vom 2.9.2004, Zl. Sich-96-80-2004/Wim, wegen einer Verwaltungsübertretung des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 -EGVG zu Recht erkannt:

 

  1. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.
 


Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 10/2004 iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 117/2002.
Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 72 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt, weil er am 27. Oktober 2003 im Büro seiner Firma A Hörsching in 4063 Hörsching, nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes StGBl. Nr. 13/1945 idF B-VerfG. BGBl. Nr. 25/1947 verbreitet habe, indem er im Zuge eines wegen einer Gewährleistung geführten Streitgespräches die Kundin A B und deren Begleiterin V K u.a. mit den Worten: "Hitler hatte recht, ihr hättet eh alle vergast gehört!", beschimpft habe. Dadurch habe er eine Übertretung des Art. IX Abs.1 Z4 EGVG 1991 idgF begangen, weshalb er gemäß Art. IX Abs.1 EGVG 1991 idgF zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Berufungswerber (Bw) nach dem aktenkundigen Zustellnachweis am 7. September 2004 zugestellt wurde, richtet sich die nachstehende, am 10. September 2004 - und damit rechtzeitig - per Fax bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land eingebrachte Berufung.

1.3. Darin bringt der Bw vor, er habe die ihm vorgeworfene Aussage nicht getätigt und er glaube, mit dieser Äußerung sei kein nationalsozialistisches Gedankengut verbreitet worden.

 

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zur Zl. Sich96-80-2004/Wim, festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aufzuheben ist.

 

3. In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende entscheidungswesentliche Sachverhalt:

Am 27. Oktober 2003 kam es zwischen dem Firmenchef der Firma Autozentrum Hörsching einerseits und der Kundin A B und deren Begleiterin V K andererseits zu einem Streitgespräch, dessen Inhalt Gegenstand des daraufhin eingeleiteten Strafverfahrens war.

Am 20. Februar 2004 wurde die Strafanzeige zur verwaltungsrechtlichen Beurteilung vom Gendarmerieposten Hörsching an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land übermittelt. Mit Schreiben vom 5. April 2004 wurde der gegenständliche Akt gemäß
§ 29a VStG 1991 an die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land abgetreten, da sich der Hauptwohnsitz des Beschuldigten in 4614 Marchtrenk befindet. Mit Schreiben vom 26. April 2004 wurde eine Strafverfügung von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land mittels RSa an Herrn Ing. M gesandt, in dem ihm der inkriminierte Sachverhalt erstmals vom Bezirkshauptmann von Wels-Land im Zuge eines Verwaltungsstrafverfahrens vorgeworfen wurde. Diese Strafverfügung datiert zwar mit 26. April 2004, wurde jedoch - aktenkundig - erst am 30. April 2004 versendet und am 4. Mai 2004 vom Berufungswerber persönlich übernommen.

Gegen diese Strafverfügung wurde vom Berufungswerber am 14. Mai 2004 Einspruch erhoben und in der Folge von der Strafbehörde ein Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt, welches mit dem bekämpften Straferkenntnis abgeschlossen wurde.

 

3.2. Gemäß § 32 Abs.1 erster Satz VStG ist Beschuldigter die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluss der Strafsache. Gemäß Abs.2 leg.cit. ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Aufforschung, Strafverfügung u.dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Gemäß Judikatur des VwGH (VwGH 17.1.1991, 90/09/0089, 22.12.1992, 91/04/0199, 28.2.1997, 97/02/0041) genügt für die Qualifikation als Verfolgungshandlung nicht das Vorliegen eines behördeninternen Vorganges, sondern es muss dieser noch innerhalb des Ablaufes der Verjährungsfrist in irgendeiner Weise nach außen hin in Erscheinung getreten sein. Eine Verfolgungshandlung schließt somit die Verfolgungsverjährung schon dann aus, wenn sie innerhalb der Verjährungsfrist abgefertigt (zB zur Post gegeben) worden ist.

Nach dem Erkenntnis vom 15. Februar 1991, 85/18/0323 (idF VwGH 4.2.1993, 92/18/0168), stellt ein Ladungsbescheid, welcher zwar den Beschuldigten wegen dessen Wohnsitzwechsel nicht erreicht hat, der aber durch Übergabe an die Post (Poststempel) die "Sphäre der Behörde" verlassen hat, eine rechtzeitige Verfolgungshandlung dar (Hauer/Leukauf6 S 1464, Rz 4 und 6 zu § 32 Abs. 2 VStG).

 

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 und 3) vorgenommen worden ist. Gemäß Abs.2 leg.cit. beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben 1 Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen 6 Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat.

 

3.3. Im konkreten Fall ist die Strafverfügung vom 26. April 2004, die gemäß Abfertigungsvermerk am 30. April 2004 versendet wurde, die erste nach außen hin in Erscheinung getretene Verfolgungshandlung der belangten Behörde.

In dieser Strafverfügung ist als Tatzeit der 27. Oktober 2003 genannt. Die erste Verfolgungshandlung hätte - um keine Verjährungsfolgen nach sich zu ziehen - innerhalb der 6-Monatsfrist des § 31 Abs.2 VStG gesetzt werden müssen. Demnach hätte die Strafverfügung spätestens am 27. April 2004 zur Post gegeben werden müssen.

Da dies nicht geschehen ist, ist Verfolgungsverjährung eingetreten. Aus diesem Grund war das angefochtene Straferkenntnis vom 2. September 2004 ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

4. Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs.1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

Mag. Bergmayr-Mann
 
 
 

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