Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230917/2/WEI/Ps

Linz, 02.02.2006

 

 

VwSen-230917/2/WEI/Ps Linz, am 2. Februar 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der Z Y, vertreten durch Dr. G M, Rechtsanwalt in S, W, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 3. März 2005, Zl. III/S-23.287/04-2 SE, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 107 Abs 1 Z 4 iVm § 31 Fremdengesetz 1997 - FrG 1997 (BGBl I Nr. 75/1997 idF BGBl I Nr. 134/2002) zu Recht erkannt:

 

I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG 1991 i.V.m. § 24 VStG 1991; § 66 Abs. 1 VStG 1991.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Landeshauptstadt Linz wurde die Berufungswerberin (Bwin) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

Am 01.06.2004 wurde aufgrund einer fremdenpolizeilichen Kontrolle festgestellt, dass Sie Fremder im Sinne des § 1 Abs. 1 des Fremdengesetzes sind und dass sie sich seit 06.05.2004 unrechtmäßig im Bundesgebiet von Österreich aufhielten, da Sie weder aufgrund eines Aufenthaltstitels zum Aufenthalt berechtigt waren noch im Besitze eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels waren und Ihnen eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zukam.

Übertretene Rechtsvorschrift:

§ 107 Abs.1 Z.4 FremdenG iVm § 31 FremdenG

Strafnorm:

§ 107 Abs.1 FremdenG

Verhängte Geldstrafe:

€ 70,--

Ersatzfreiheitsstrafe:

48 Stunden

Verfahrenskosten:

€ 7,--

Gesamtbetrag:

€ 77,--

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin zu Händen ihres Rechtsvertreters am 14. März 2005 zugestellt wurde, richtet sich die rechtsfreundlich verfasste Berufung vom 21. März 2005, die am 24. März 2005 bei der belangten Behörde rechtzeitig eingebracht worden ist und mit der primär die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens, hilfsweise ein Absehen von Strafe nach § 21 VStG oder die außerordentliche Strafmilderung nach § 20 VStG angestrebt wird.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t:

 

2.1. M T, verließ mit seiner Familie (Bwin und zwei Kinder) die I R I im Dezember 1999 legal auf dem Luftweg, reiste am 27. Dezember 1999 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und brachte am 27. Dezember 1999 den ersten Asylantrag ein. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz vom 8. März 2000, Zl. 99 20.067, wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG abgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die I R I zulässig ist. Dagegen brachte T am 28. März 2000 Berufung ein. Mit Bescheid vom 12. September 2001, Zl. 216274/0-V/18/00, wies der Unabhängige Bundesasylsenat die Berufung ab. In der Folge erhob T Beschwerde an den Verwaltungsgerichthof und stellte den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 2001 wurde dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stattgegeben und mit Beschluss vom 22. November 2001, Zl. 2001/20/0605-5, wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

 

Den am 11. Jänner 2002 unter der Zl. 02 01.004 neuerlich eingebrachten Asylantrag zog der Bw am 10. Mai 2002 zurück und stellte gleichzeitig einen Asylerstreckungsantrag bezogen auf seine Gattin, die Bwin, zu Zl. 02 12.690. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz vom 13. Jänner 2004, Zl. 02 12.690 wurde der Asylerstreckungsantrag abgewiesen und dagegen Berufung eingebracht. Nach Zurückziehung der Berufung stellte der UBAS das Berufungsverfahren mit 5. Mai 2004 ein und es erwuchs der erstinstanzliche Bescheid in Rechtskraft.

 

2.2. Nach den Feststellungen im angefochtenen Straferkenntnis habe sich die Bwin vom 6. Mai 2004 bis zur Erlassung des gegenständlichen Straferkenntnisses unrechtmäßig in Österreich aufgehalten. Da sich die Bwin seit der rechtskräftigen Beendigung des Asylverfahrens unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, sei vom fremdenpolizeilichen Referat der Bundespolizeidirektion Linz mit Bescheid vom 12. Juli 2004 die Ausweisung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes verfügt worden. In der Berufung dagegen würden vorwiegend Gründe angeführt, warum die Ausweisung unzulässig wäre und ein Rechtsanspruch auf eine humanitäre Erstniederlassungsbewilligung zustünde. Damit hätte die Bwin selbst festgestellt, nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels zu sein. Daher stünde für die belangte Behörde fest, dass sich die Bwin tatsächlich seit 6. Mai 2004 unrechtmäßig im Bundesgebiet von Österreich aufgehalten und gegen die angeführte Bestimmung des Fremdengesetzes (§ 31 Abs 1 FrG 1997) verstoßen habe.

 

2.3. In der Berufung werden mangelhafte Sachverhaltsfeststellungen und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Die Bwin habe zusammen mit ihrem Gatten und den beiden minderjährigen Kindern gemäß § 19 Abs 2 Z 6 FrG 1997 den Antrag auf Erteilung einer quotenfreien humanitären Erstniederlassungsbewilligung beim Magistrat Linz gestellt. Das Verfahren befinde sich derzeit im Berufungsstadium. Da humanitäre Gründe iSd § 10 Abs 4 FrG 1997 vorlägen, sei die Bwin zur Inlandsantragstellung berechtigt und eine solche sei vom Magistrat Linz anerkannt worden. Der Bwin müsse daher das Recht zukommen, den Ausgang des Aufenthaltsverfahrens im Inland abzuwarten. Es sei daher keinesfalls von einem unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet auszugehen. Solange das Verfahren beim BMI anhängig ist, könne keinesfalls von einem unrechtmäßigen Aufenthalt ausgegangen werden. Neben Ausführungen zum Ausweisungsverfahren wird auf eine Notstandssituation und ein allenfalls geringfügiges Verschulden hingewiesen.

 

3. Der erkennende Verwaltungssenat hat nach Durchsicht des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon aus rechtlichen Gründen aufzuheben ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen.

 

4.1. Gemäß § 107 Abs 1 FrG 1997 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist in den Fällen der Z 1 und Z 2 mit Geldstrafe bis 726 Euro oder Freiheitsstrafe bis zu 14 Tagen, sonst mit Geldstrafe bis zu 726 Euro zu bestrafen, wer

  1. nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung nicht rechtzeitig ausreist, oder
  2. einem Aufenthaltsverbot zuwider unerlaubt in das Bundesgebiet zurückkehrt, oder
  3. sich als passpflichtiger Fremder, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokuments zu sein, im Bundesgebiet aufhält, oder
  4. sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 31).

 

Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthalts, bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist (Fassung gem. Art I Z 85 des BGBl I Nr. 126/2002).

 

§ 31 Abs 1 FrG 1997 regelt den rechtmäßigen Aufenthalt. Danach halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

  1. wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des 2. Hauptstückes und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind, oder
  2. wenn sie auf Grund eines Aufenthaltstitels oder einer Verordnung für Vertriebene (§ 29) zum Aufenthalt berechtigt sind, oder
  3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, oder
  4. solange ihnen eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zukommt.

 

Gemäß § 31 Abs 3 FrG 1997 richtet sich die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts eines Fremden im Bundesgebiet nach

  1. der durch zwischenstaatliche Vereinbarung, Bundesgesetz oder Verordnung getroffenen Regelung, oder
  2. der Befristung des Einreise- oder Aufenthaltstitels.

 

4.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur zum vergleichbaren Straftatbestand des § 82 Abs 1 Z 4 iVm § 15 Abs 1 des Fremdengesetzes 1992 im Hinblick auf § 44a Z 1 VStG, der die eindeutige Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Spruch fordert, ausgesprochen, dass eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts rechtens nur dann in Betracht kommt, wenn keine der in den Ziffern des § 15 Abs 1 Fremdengesetz 1992 (nunmehr § 31 Abs 1 FrG 1997) angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthalts gegeben ist. Die Annahme der Unrechtmäßigkeit eines inländischen Aufenthalts aus der Verneinung bloß eines Teils der in § 15 Abs 1 Fremdengesetz 1992 genannten alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthalts stehe mit dem Gesetz nicht in Einklang (vgl. etwa VwGH 18.1.2000, Zl. 94/18/0396; VwGH 24.3.2000, 96/21/0919; VwGH 5.10.2000, 96/21/0861; VwGH 8.11.2000, 97/21/0223; VwGH 23.1.2001, 97/21/0056).

 

Diese Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gilt sinngemäß für die inhaltlich gleichgelagerte Strafbarkeit des unrechtmäßigen Aufenthalts nach §§ 107 Abs 1 Z 4, 31 Abs 1 FrG 1997 (vgl. VwGH 30.5.2001, 2000/21/0009, VwGH 17.6.2003, 2000/21/0191, VwGH 23.11.2004, 2003/21/0142). Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts nur in Betracht, wenn keine der im § 31 Abs 1 FrG 1997 angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthalts gegeben sind, sowie dann, wenn die Rechtmäßigkeit eines Aufenthalts gemäß § 31 Abs 3 FrG 1997 geendet hat. Im Spruch des Straferkenntnisses ist - um den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG zu entsprechen - die als erwiesen angenommene Tat durch Verneinung aller im § 31 Abs 1 FrG 1997 genannten alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthalts oder - im Fall des § 31 Abs 3 FrG 1997 - durch Verneinung einer weiter bestehenden Rechtmäßigkeit des Aufenthalts zu umschreiben (vgl. VwGH 13.12.2002, 2000/21/0052; VwGH 17.6.2003, 2000/21/0191; VwGH 17.6.2003, 2002/21/0205, VwGH 18.5.2004, 2001/21/0103; VwGH 23.11.2004, 2003/21/0142).

 

4.3. Die belangte Behörde hat der Bwin im Spruch lediglich zur Last gelegt, sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten zu haben, "da Sie weder aufgrund eines Aufenthaltstitels zum Aufenthalt berechtigt waren noch im Besitze eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels waren und Ihnen eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zukam". Damit wird aber der Spruch den beschriebenen Anforderungen nicht gerecht. Er wurde nämlich nicht unter Berücksichtigung bzw. Verneinung aller alternativen Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt nach dem § 31 Abs 1 FrG 1997 oder durch Verneinung einer weiter bestehenden Rechtmäßigkeit des Aufenthalts im Fall des § 31 Abs 3 FrG 1997 umschrieben. Die strafbehördliche Anlastung verstößt somit gegen das Bestimmtheitsgebot des § 44a Z 1 VStG. Auch eine taugliche Verfolgungshandlung ist dem Akt nicht zu entnehmen.

 

5. Im Ergebnis war daher das angefochtene Straferkenntnis mangels ausreichender Tatumschreibung aufzuheben und das Strafverfahren gemäß dem § 45 Abs. 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen, ohne dass auf die Berufung inhaltlich weiter eingegangen werden musste.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. W e i ß

 

 

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