Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230940/2/BMa/Be

Linz, 13.03.2006

 

 

 

VwSen-230940/2/BMa/Be Linz, am 13. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung des D W, S, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis, Sich96-616-2005-Ha, wegen Übertretung des Pyrotechnikgesetzes 1974 zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird insofern statt gegeben, als die Geldstrafe zu Spruchpunkt 1, 2 und 3 des angefochtenen Erkenntnisses auf jeweils 7 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf jeweils eine Stunde herabgesetzt wird.
  2.  

  3. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich zu Spruchpunkt 1 bis 3 auf jeweils 0,70 Euro; zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG; § 65 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis wurde der Berufungswerber wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sehr geehrter Herr W!

Sie haben am 04.12.2005, um 15.45 Uhr, in Ried i.I., Fill-Metallbau-Stadion, Stehplatzsektor West, einen sogen. "Bengalen" und somit einen pyrotechnischen Gegenstand der Klasse II gezündet und auf den Boden gelegt, obwohl

1. pyrotechnische Gegenstände der Klasse II von Personen unter 18 Jahren weder besessen noch verwendet werden dürfen, 2. pyrotechnische Gegenstände der Klasse II innerhalb bzw. in unmittelbarer Nähe größerer Menschenansammlungen nicht verwendet werden dürfen und 3. die Verwendung von pyrotechnischen Gegenständen der Klasse II im Ortsgebiet verboten ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 4 Abs. 3 iVm § 31 Pyrotechnikgesetz 1974, BGBl.Nr. 282, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 98/2001, zu 1., § 17 iVm § 31 Pyrotechnikgesetz 1974, BGBl.Nr. 282, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 98/2001, zu 2., und § 4 Abs. 4 iVm § 31 Pyrotechnikgesetz 1974, BGBl.Nr. 282, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 98/2001, zu 3.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Falls diese uneinbringlich ist, Gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

40,00 Euro zu 1. 24 Stunden zu 1. § 31

40,00 Euro zu 2. 24 Stunden zu 2. Pyrotechnikgesetz

40,00 Euro zu 3. 24 Stunden zu 3. zu 1., 2. und 3.

120 Euro insgesamt 72 Stunden insges.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

12,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
132,00 Euro"

2. Gegen dieses, dem Berufungswerber, am 3. Februar 2006 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 16. Februar 2006 - und damit rechtzeitig - per Fax bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Fans im sogenannten Einsatzraum des Stadions seien anlässlich des Fußballmeisterschaftsspieles SV Josko Fenster Ried gegen Red Bull Salzburg mit Überwachungskameras und Monitoren videoüberwacht worden. Dabei sei am 4. Dezember 2005 um 15:45 Uhr festgestellt worden, der Rechtsmittelwerber habe im vollbesetzten Stehplatzsektor einen Bengalen gezündet, in der Hand gehalten und diesen nach dem Abbrennen am Boden abgelegt.

Damit habe er innerhalb einer größeren Menschenansammlung, im vollbesetzten SVR - Fansektor, einen pyrotechnischen Gegenstand der Klasse II gezündet.

Bei der Strafbemessung sei die gesetzliche Strafobergrenze von 2.180 Euro und die Schädigung des Interesses, dessen Schutz die Strafdrohung diene, wesentlich. General- und spezialpräventive Überlegungen seien bei der Festsetzung der Strafhöhe zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung des Strafrahmens, der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, des nicht unbeträchtlichen Unrechtgehaltes der Tat sowie des nicht geringfügigen Verschuldens erscheine die ohnehin im untersten Bereich des Strafrahmens bemessene Geldstrafe, auch im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers, angemessen. Mildernd sei die bisherige Unbescholtenheit und das abgelegte Geständnis zu werten gewesen.

2.2. Dagegen wendet die Berufung ein, es sei nicht berücksichtigt worden, dass ein Antrag auf Absehen von der Strafe und Erteilung einer Ermahnung gestellt worden sei. Bei der Strafbemessung seien Milderungsgründe wie die Tatsache, dass der Berufungswerber Jugendlicher sei und aufgrund seines Alters und seiner Unreife die Gefahr nicht entsprechend erkannt hätte, nicht entsprechend berücksichtigt worden. Überdies sei der Veranstalter seiner Kontrollpflicht hinsichtlich Feuerwerkskörper beim Eingang nicht nachgekommen, da keinerlei Kontrollen durchgeführt worden seien. Bei der Bestrafung durch die Verwaltungsbehörde erster Instanz sei der § 20 VStG (außerordentliche Milderung der Strafe) nicht berücksichtigt worden. Im Hinblick auf ein Bruttoeinkommen von ca. 545 Euro sei die verhängte Geldstrafe von 120 Euro plus Verfahrenskosten nicht schuld- und tatangemessen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Berufungswerber nach drei Paragraphen des Pyrotechnikgesetzes für eine Verwaltungsübertretung belangt werden könne.

Abschließend wurde die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, zu Zl. Sich96-616-2005-Ha; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, dieser vom Berufungswerber nicht bestritten wurde und mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt sowie ein entsprechender Antrag einer Verfahrenspartei nicht gestellt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs.3 Z.3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Die relevanten Rechtsvorschriften des § 4 Abs.3, § 4 Abs.4 und § 17 und § 31 Pyrotechnikgesetz 1974 wurden bereits im angefochtenen Erkenntnis wiedergegeben; somit erübrigt sich eine nochmalige Zitierung.

4.2. Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt wurde durch den Berufungswerber nicht in Zweifel gezogen.

Zum Berufungsvorbringen, es sei nicht nachvollziehbar, dass durch eine Verwaltungsübertretung drei Tatbestände erfüllt werden könnten, wird ausgeführt, dass es sich im vorliegenden Fall um idealkonkurrierende Delikte handelt. Im konkreten Fall liegt kein Fall einer unechten (scheinbaren) Idealkonkurrenz vor, da bei Unterstellung unter einen Deliktstypus der Unrechtsgehalt nicht voll erfasst wird. So hat jede dieser drei Bestimmungen einen anderen Schutzbereich; die erste den Schutz von Personen unter 18 Jahren, die zweite die Nichtgefährdung von Menschen, die sich in größeren Ansammlungen zusammengefunden haben, und die dritte den Schutz von Ruhe und Ordnung im Ortsgebiet.

Die Behörde ist damit zu Recht davon ausgegangen, dass durch eine Verwaltungsübertretung drei verschiedene Delikte verwirklicht wurden.

Damit ist der objektive Tatbestand der §§ 4 Abs. 3, 31 und 4 Abs. 4 jeweils iVm § 31 Pyrotechnikgesetz 1974 erfüllt.

4.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Im konkreten Fall ist dem Berufungswerber zugute zu halten, dass er zum Zeitpunkt der Tatbegehung erst 16 Jahre alt war und ihm damit die volle Einsicht hinsichtlich der Rechtswidrigkeit seines Verhaltens gefehlt hat. So wurde bereits in der Anzeige der Polizeiinspektion Ried im Innkreis vom 5. Dezember 2005 vermerkt, dass nach seinen Angaben der Rechtsmittelwerber im Torjubel den Bengalen gezündet habe, aber nicht gewusst habe, dass dies verboten sei. Im Schreiben vom 10. Jänner 2005 teilte der Erziehungsberechtigte des Berufungswerbers mit, dieser habe sich nach einem Hinweis auf die Gefahr in derartigen Situationen einsichtig gezeigt und sein Versprechen gegeben, "in Zukunft solche Handlungen zu unterlassen".

Der Berufungswerber ist bei seiner Tat offenbar einem Rechtsirrtum erlegen, indem er nicht wusste, dass das Zünden eines Bengalen auf der Stehplatztribühne im Fußballstadium verboten ist. Dieser Irrtum ist ihm aber vorwerfbar, da er sich vor Kauf und Verwendung des Bengalen darüber vergewissern hätte müssen, ob dieses Verhalten einem Verbot unterliegt.

Der Rechtsmittelwerber hat fahrlässig im Sinne der ihm vorgeworfenen Rechtsnorm gehandelt. So hat er auch gar nicht vorgebracht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das Ausmaß seines Verschuldens ist - im Zweifel zugunsten des Beschuldigten - insbesondere im Hinblick auf seine durch sein Alter bedingte Unreife, aber als gering einzustufen.

 

4.4. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde von der Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Nach hM liegt geringes Verschulden des Täters vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. Hauer/Leukauf Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens 5, VStG §21 E6ff). Nach der strafrechtlichen Judikatur zum vergleichbaren § 42 StGB muss die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der Deliktsverwirklichung geringfügig sein. Maßgebend sind der das Unrecht bestimmende Handlungsunwert und der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt. Der Erfolgsunwert wurde im Merkmal "unbedeutende Folgen der Übertretung" verselbständigt.

Im gegenständlichen Fall ist die Schuld, wie oben beschrieben, als gering anzusehen. Der Erfolgsunwert der konkreten Tat kann jedoch in keinem der drei ihm vorgeworfenen Tatbestände als unbedeutende Folge der Übertretung bezeichnet werden, da durch sein Verhalten die deliktstypischen Folgen der Gefährdung und Störung aufgetreten sind. Überdies konnte mit der Erteilung einer Ermahnung aus generalpräventiven Aspekten nicht das Auslangen gefunden werden.

 

4.5. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

Bei der Strafbemessung ist die belangte Behörde nicht auf die Unreife und die durch das Alter bedingte mangelnde Einsicht des Rechtsmittelwerbers eingegangen. Zwar normiert § 20 VStG eine außerordentliche Milderung der Strafe wenn der Beschuldigte ein Jugendlicher ist, dies setzt aber voraus, dass die Strafdrohung eine gesetzliche Untergrenze hat. Bei Strafdrohungen ohne derartige Mindestgrenzen bedarf es keiner außerordentlichen Strafmilderung; bei ihnen gilt lediglich die absolute Untergrenze des § 13 VStG (Geldstrafe: nunmehr 7 Euro) - Hauer/Leukauf Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens6 Rz 3 zu § 20.

Aufgrund der besonderen Umstände dieses Falls, wonach der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt Jugendlicher war, dem hinsichtlich der von ihm begangenen Verwaltungsübertretung die Einsicht der Rechtswidrigkeit seines Verhaltens fehlte, und seines geringen monatlichen Verdienstes von ca. 300 Euro netto, konnte aus spezialpräventiven Gründen mit dem Mindestausmaß der Geldstrafe und einer entsprechenden Ersatzfreiheitsstrafe das Auslangen gefunden werden. Aus generalpräventiven Gründen konnte jedoch nicht gänzlich von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.

5. Die Herabsetzung der Geldstrafe erfordert eine dementsprechende Anpassung der Ersatzfreiheitsstrafe und der erstinstanzlichen Verfahrenskosten (§ 64 Abs.1 und 2 VStG). Aufgrund des Teilerfolges der Berufung fielen keine Kostenbeiträge für das Berufungsverfahren an (§ 65 VStG).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

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