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des Landes Oberösterreich
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VwSen-240003/3/Weg/ka

Linz, 26.08.1991

VwSen - 240003/3/Weg/ka Linz, am 26. August 1991 DVR.0690392 - & M; Straferkenntnis wegen Übertretung des Geschlechtskrankheitengesetzes Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied W.Hofrat Dr. Wegschaider über die Berufung der M, vom 21. Juni 1991 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn, vom 4. Juni 1991, SanRB 96/46/1990/B, zu Recht:

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 45 Abs.1 Z.1 und 51 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 4. Juni 1991, SanRB 96/46/1990/B, über die Berufungswerberin wegen der Übertretung des § 1 und § 7 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom 9. Mai 1974, BGBl.Nr. 314/1974 i.V.m. § 12 Abs.2 Geschlechtskrankheitengesetz eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil sie am 24. September 1990 in B, die Prostitution ausgeübt hat, wobei sie es allerdings unterlassen hat, sich vor Beginn dieser Tätigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen.

Außerdem wurde sie zum Ersatz des Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 100 S verpflichtet.

2. Diesem Straferkenntnis liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos Braunau/Inn zugrunde, wonach die Beschuldigte verdächtig ist, die Prostitution ausgeübt zu haben und dafür jeweils einen Schandlohn von 220 DM kassiert zu haben. Die Anzeige der Gendarmerie wiederum basiert auf eine Anzeige der dominikanischen Studentin M und ihre Schwester J, die beobachtet hätten, wie die Beschuldigte mit Männern ins Bett gegangen sei, wobei die Männer für je eine halbe Stunde 220 DM hätten bezahlen müssen. Dies sei auch am 24. September 1990 der Fall gewesen, wobei die Beschuldigte einen Mann mit auf ihr Zimmer genommen hätte. Diese Beobachtungen hätten die beiden dominikanischen Damen bei ihrer Tätigkeit im Club in der R gemacht. In diesem Club habe auch die Beschuldigte "gearbeitet". Aus der vor dem Gendarmeripostenkommando Braunau gemachten Anzeige vom 25. September 1990 ist auch zu entnehmen, daß eine der dominikanischen Damen zuvor einen Streit mit der Beschuldigten gehabt hätte.

Dieser als erwiesen angenommene Sachverhalt war schließlich Grundlage für das nunmehr bekämpfte Straferkenntnis.

3. In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung bestreitet die Beschuldigte ausdrücklich den Vorwurf, mit jemandem Unzucht getrieben zu haben. Im Haus Rupert-Gugg-Straße sei die Ausübung der Prostitution gar nicht möglich gewesen, weil das Haus von der Gendarmerie durchgehend bewacht worden sei und schon dadurch potentielle Besucher abgeschreckt worden wären. Wenn im genannten Club jemand etwas bezahlt hätte, so sei dies lediglich das Entgelt für konsumierte Getränke gewesen. Der Tatvorwurf beruhe einzig und allein auf einer Aussage einer Studentin aus der Dominikanischen Republik vor der Gendarmerie und nicht vor der Behörde. Diese Dominikanerin habe außerdem äußerst schlecht Deutsch gesprochen, sodaß nicht geklärt sei, ob ein Dolmetscher anwesend war oder wie sonst die Aussage in gutem Deutsch protokolliert wurde. Aus diesen Gründen beantragt die Beschuldigte das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

4. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben, der infolge einer 10.000 S nicht übersteigenden Geldstrafe durch ein Einzelmitglied zu erkennen hat. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wäre notwendig gewesen und wären dabei die beiden dominikanischen Studentinnen zeugenschaftlich zu vernehmen gewesen. Da sich jedoch laut einer Mitteilung der Bezirkshauptmanschaft Braunau/Inn vom 9. August 1991 die beiden Auskunftspersonen M und ihre Schwester Juana nicht mehr in Österreich befinden (sie wurden ausgewiesen), ist eine Vernehmung der beiden nicht mehr möglich, sodaß auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen konnte bzw. kein Ergebnis in der Sache gebracht hätte.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt und hat über diesen sich aus der Aktenlage ergebenden Sachverhalt wie folgt erwogen:

Nachdem sich das angefochtene Straferkenntnis ausschließlich auf die Anzeige einer dominikanischen Studentin stützt, die mit der Beschuldigten zuvor einen Streit hatte und weil eine zeugenschaftliche Vernehmung der dominikanischen Schwestern zur Erhärtung der Aussagen vor der Gendarmerie weder durch die Erstbehörde erfolgte noch nunmehr vor dem unabhängigen Verwaltungssenat möglich ist, also als einziges Beweismittel eine vielleicht sogar von Rachegelüsten getragene Anzeige einer Animierdame oder Tänzerin gegen eine ebensolche verbleibt, sieht die erkennende Behörde den für einen Schuldspruch ausreichenden Vorwurf, die Beschuldigte habe am 24. September 1990 Prostitution ausgeübt (was letztlich die Untersuchungspflicht nach sich zöge), als nicht erwiesen an. Es war demnach, dem auch im Verwaltungsstrafverfahren geltenden Grundsatz "in dubio pro reo" folgend, dem Berufungsantrag stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis zu beheben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider 6

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