Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240004/3/Fra/Ka

Linz, 25.11.1991

VwSen - 240004/3/Fra/Ka Linz, am 25. November 1991 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Einzelmitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des J, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 4. Juni 1991, SanLP 96/444/1990/B, wegen Übertretungen des Lebensmittelgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung vom 21. Juni 1991 wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren wird eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 VStG.

II. Es entfällt die Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu Spruchteil I. A.: Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Straferkenntnis vom 4. Juni 1991, SanLP 96/444/1990/B, dem Beschuldigten folgendes zur Last gelegt: "Am 5. März 1990 bzw. am 8. März 1990 wurden von einem Lebensmittelaufsichtsorgan der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn bei der Firma Haarologie GesmbH., Importeur von kosmetischen Mitteln, B, lebensmittelpolizeiliche Kontrollen vorgenommen und dabei insgesamt sechs amtliche Proben entnommen. Die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung hat mit amtlichen Untersuchungszeugnissen vom 15. März 1990, 28. März 1990 und 9. Mai 1990, U.Z.: 1296/90, 1298/90, 1466/90, 1467/90 und 1468/90 folgendes festgestellt:

1. Die Probe Multi-Fiber Kautabletten weist auf der Verpackung die Bezeichnungen "zur Förderung und Aktivierung einer normalen Darmfunktion" und "Die Aufnahme von Eisen und anderen Mineralien wird nicht behindert" auf. Derartige Angaben sind gemäß § 9 Abs.1 lit.a des Lebensmittelgesetzes 1975 beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verzehrprodukten und Zusatzstoffen verboten. Die Probe ist daher nach § 8 lit.f des oben zitierten Gesetzes als falsch bezeichnet zu beurteilen.

2. Die Probe E.F.A.-Olja (Öl), ca. 300 ml weist auf der Verpackung die Bezeichnungen "die vom Körper für die Bildung von Prostaglandin E1 verwendet werden", "Dosierung............. positiv beeinflußt" und "Ein Universalprodukt für die Gesundheit von Haar und Haut" auf. Derartige Angaben sind gemäß § 9 Abs.1 lit.a des Lebensmittelgesetzes 1975 beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verzehrprodukten und Zusatzstoffen verboten. Die Probe ist daher nach § 8 lit.f des oben zitierten Gesetzes als falsch bezeichnet zu beurteilen.

3. Die Probe Natur Naera Feuchtigkeitscreme entsprach nicht den Bestimmungen der Kennzeichnungsverordnung verpackter kosmetischer Mittel, zumal auf der äußeren Verpackung keine Angaben über a. Name und Sitz des erzeugenden, vertreibenden und importierenden inländischen Unternehmens, b. das Mindestfüllvolumen und c. die empfohlene Aufbrauchsfrist angebracht waren.

4. Die Probe E.F.A.-Olja (Öl), 1000 ml, weist auf der Verpackung die Bezeichnungen "kann mit Vorzug für die Behandlung von ............ Juckreiz, Ekzeme und Psoreasis direkt auf die betreffenden Hautpartien aufgetragen werden" und "Für die Gesundheit für Haar und Haut" auf. Diese Angaben stellen jedoch unzulässige gesundheitsbezogene Angaben dar, die sich auf die Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen beziehen. Die Probe ist daher nach § 9 Abs.1 lit.a gemäß den Begriffsbestimmungen des § 8 lit.f Lebensmittelgesetz 1975 als falsch bezeichnet zu beurteilen.

5. Die Probe "Natur Naera" Tag- und Sonnencreme entsprach nicht den Bestimmungen der Kennzeichnungsverordnug verpackter kosmetischer Mittel, zumal auf der äußeren Verpackung keine Angaben über a. das Mindestfüllvolumen und b. die empfohlene Aufbrauchsfrist angebracht waren.

Die gegenständlichen Erzeugnisse wurden in Regalen im Warenlager des Großhandelsbetriebes vorgefunden, standen somit zur Auslieferung bereit und befanden sich demnach im Sinne des Lebensmittelgesetzes 1975 in Verkehr.

Es wurden folglich nicht den Vorschriften entsprechende Produkte in Verkehr gebracht, wofür Sie als Geschäftsführer und als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma Haarologie, Mattighofen, im Sinne des § 9 Abs.1 VStG 1950 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sind.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1. § 74 Abs.1 in Verbindung mit §§ 8 lit.f und 7 Abs.1 lit.c Lebensmittelgesetz 1975, BGBl.Nr. 86/1975, und § 9 Abs.1 VStG.

2. § 74 Abs.1 in Verbindung mit §§ 8 lit.f und 7 Abs.1 lit.c Lebensmittelgesetz 1975, BGBl.Nr. 86/1975, und § 9 Abs.1 VStG.

3.a) § 74 Abs.1 Lebensmittelgesetz 1975, BGBl.Nr. 86/1975, i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 2 Abs.1 und 3, Abs.3 Zi.1 der Verordnung über die Kennzeichnung verpackter kosmetischer Mittel, BGBl.Nr. 443/1979 idgF. und § 9 Abs.1 VStG.

3.b) § 74 Abs.1 Lebensmittelgesetz 1975, BGBl.Nr. 86/1975, i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 2 Abs.1 und 3, Abs.3 Zi.4 der Verordnung über die Kennzeichnung verpackter kosmetischer Mittel, BGBl.Nr. 443/1979 idgF. und § 9 Abs.1 VStG.

3.c) § 74 Abs.1 Lebensmittelgesetz 1975, BGBl.Nr. 86/1975, i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 2 Abs.1 und 3, Abs.3 Zi.6 der Verordnung über die Kennzeichnung verpackter kosmetischer Mittel, BGBl.Nr. 443/1979 idgF. und § 9 Abs.1 VStG.

4. § 74 Abs.1 i.V.m. §§ 8 lit.f und 7 Abs.1 lit.c Lebensmittelgesetz 1975, BGBl.Nr. 86/1975 und § 9 Abs.1 VStG.

5.a) § 74 Abs.1 Lebensmittelgesetz 1975, BGBl.Nr. 86/1975, i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 2 Abs.1 und 3, Abs.3 Zi.4 der Verordnung über die Kennzeichnung verpackter kosmetischer Mittel, BGBl.Nr. 443/1979 idgF. und § 9 Abs.1 VStG.

5.b) § 74 Abs.1 Lebensmittelgesetz 1975, BGBl.Nr. 86/1975, i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 2 Abs.1 und 3, Abs.3 Zi.6 der Verordnung über die Kennzeichnung verpackter kosmetischer Mittel, BGBl.Nr. 443/1979 idgF. und § 9 Abs.1 VStG.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen hat die Erstbehörde folgende Strafen verhängt:

Zu den Tatbeständen der 1., 2. und 4. Geldstrafen von je 200 S und zu den Tatbeständen 3a, 3b, 3c, 5a und 5b Geldstrafen von je 100 S.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen wurden zu den Tatbeständen 1., 2., 3a, 3b, 3c, 4., 5a und 5b je 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafen verhängt.

Ferner wurde dem Beschuldigten gemäß § 64 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu den Tatbeständen 1., 2., 4. je 20 S, 3a, 3b, 3c, 5a und 5b je 10 S sowie als Beitrag der Barauslagen für die Untersuchungskosten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz 1.550 S vorgeschrieben.

B.: Die Erstbehörde stützt die Schuldsprüche auf die Anzeige des Aufsichtsorganes gemäß § 35 Abs.2 Lebensmittelgesetz 1975 vom 17. August 1990 sowie auf die Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz.

C.: Der Beschuldigte ficht das gegen ihn erlassene Straferkenntnis zur Gänze an und beantragt das Straferkenntnis aufzuheben, sowie das Verfahren einzustellen, wobei er im wesentlichen folgende Argumente vorbringt:

1) Es sei ein Inverkehrbringen im Sinne des Lebensmittelgesetzes noch nicht vorgelegen.

2) Im übrigen gehe insbesondere aus den Punkten 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses nicht hervor, welcher Tatbestand im Sinne des § 9 Abs.1 lit.a des Lebensmittelgesetzes 1975 erfüllt sein solle. Der Tatvorwurf sei daher zumindestens in diesen Punkten nicht genügend konkretisiert. Es seien auch die im Straferkenntnis angeführten Hinweise auf der Verpackung so allgemein gehalten, daß darin keine besonderen verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben gesehen werden können. Der Hinweis auf eine normale Darmfunktion, die Nichtbehinderung anderer Mineralien und ähnliches seien übliche althergebrachte Bezeichnungen, welche keinen Zweifel über die Beschaffenheit der Ware zulassen (§ 9 Abs.2 Lebensmittelgesetz 1975).

3) Im übrigen hätte, selbst wenn der Tatbestand als erfüllt anzusehen sei, aufgrund der Geringfügigkeit der Übertretung mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden können. Es erscheine auch unbillig und unzulässig, bei den vorgeworfenen unterlassenen Bezeichnungen nicht für jedes einzelne Produkt, sondern zugleich bei jedem Produkt für jede einzelne unterlassene Angabe eine gesonderte Strafe zu verhängen.

4) Ebenso sei nicht ersichtlich, wofür Untersuchungskosten angefallen sein sollen, zumal eine chemische Untersuchung nicht vorgenommen worden sei und sich der Tatvorwurf lediglich auf falsche Bezeichnungen beruft. Es sei daher auch die Vorschreibung von Untersuchungskosten nicht berechtigt.

D.: Die Berufung gegen das o.a. Straferkenntnis war aus folgenden Gründen erfolgreich:

1) Bereits im Berufungsschriftsatz bringt der Beschuldigte vor, daß die untersuchten Produkte bei ihm nach Einlangen von den Zulieferern vorläufig gelagert wurden, aber noch nicht zur Auslieferung bestimmt gewesen seien. Vor der Auslieferung wäre noch eine Kontrolle mit Berichtigung und notwendigen Ergänzungen der Bezeichnungen vorgesehen gewesen. Die untersuchten Produkte haben lediglich die von den Zulieferern auf deren Verpackung angebrachten Bezeichnungen getragen. Es sei somit ein Inverkehrbringen im Sinne des Lebensmittelgesetzes nicht vorgelegen.

2) Der unabhängige Verwaltungssenat hat ein zusätzliches Ermittlungsverfahren durchgeführt. Im Zuge dieses Verfahrens hat der Beschuldigte in seiner Stellungnahme vom 11. Oktober 1991 an die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn die bereits im Berufungsschriftsatz vorgebrachten Argumente bekräftigt und im hier relevanten Zusammenhang neuerlich hervorgebracht, daß die zugelieferten Produkte naturgemäß gelagert werden müssen, was jedoch keinesfalls bedeute, daß diese so für den Endverbraucher bestimmt gewesen seien und in der so vorgefundenen Gestalt in Verkehr gebracht werden. Ein "Inverkehrbringen" liege erst dann vor, wenn diese Waren gehandelt oder dem Endverbraucher zugänglich gemacht werden, was jedoch unter den hier vorliegenden Umständen nicht der Fall war.

3) Die Erstbehörde ist den oben wiedergegebenen Argumenten des Beschuldigten weder im angefochtenen Straferkenntnis, (wohl deshalb, weil der Beschuldigte bis zur Erlassung dieses keine Stellungnahme abgegeben hat) jedoch auch nach Erlassung des Straferkenntnisses nach dem entsprechenden Vorbringen des Berufungswerbers in seinem Berufungsschriftsatz sowie nach Durchführung eines entsprechenden ergänzenden Ermittlungsverfahrens zum Vorliegen des "Inverkehrbringens" der gegenständlichen Waren nicht entgegengetreten. Die Feststellungen des Berufungswerbers, (es handelt sich bei seinem Betrieb um einen Großhandelsbetrieb) daß die untersuchten Produkte lediglich die von den Zulieferern auf deren Verpackung angebrachten Bezeichnungen getragen haben, diese zugelieferten Produkte naturgemäß gelagert werden müssen, was jedoch keinesfalls bedeuten kann, daß diese so für den Endverbrauch bestimmt seien und in der vorgefundenen Gestalt in Verkehr gebracht werden, sind lebensnah und nicht unglaubwürdig. Ein entsprechender schlüssiger Nachweis durch die Behörde, daß die gegenständlichen Produkte bereits "in Verkehr gebracht" waren, ist nicht gelungen.

4) Zusammenfassend geht der unabhängige Verwaltungssenat aufgrund der oben dargelegten Erwägungen davon aus, daß die dem Beschuldigten zur Last gelegten "Taten" mangels Vorliegen des Tatbestandsmerkmales "Inverkehrbringen" keine Verwaltungsübertretungen bilden, weshalb von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und im Sinne des § 45 Abs.1 Z.1 VStG zu entscheiden war.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

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