Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240008/2/Gf/Kf

Linz, 11.11.1991

VwSen - 240008/2/Gf/Kf Linz, am 11, November 1991 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung des Dr. F, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 29. August 1991, Zl. MBA23-06/089/0/Str, zu Recht erkannt:

Gemäß § 66 Abs.4 AVG wird der Berufung stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom 13. Dezember 1990, Zl. MBA23-06/089/0/Str, wurde über den Beschwereführer eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil dieser falsch bezeichnete kosmetische Mittel durch Lagern in Verkehr gebracht hat.

Dagegen hat der Beschwerdeführer fristgerecht Einspruch erhoben.

1.2. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 29. August 1991, Zl. MBA23-06/089/0/Str, wurde dieser Einspruch abgewiesen und über den Beschwerdeführer neuerlich eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil dieser falsch, nämlich durch verbotene gesundheitsbezogene Angaben bezeichnete kosmetische Mittel (Haarwasser) in Hörsching () durch Lagern in Verkehr gebracht hat.

1.3. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 8. Oktober 1991 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 22. Oktober - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde unter Übernahme des Gutachtens der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 17. Juni 1991, Zl. 173/91, begründend aus, daß es selbst nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht möglich sei, durch ein kosmetisches Mittel die Ernährung der Haut (etwa der haarbildenden Zellen) oder den Stoffwechsel signifikant zu beeinflussen. Lediglich die Tatsache, daß die Ernährung über die Blutbahnen erfolge, verleite oft zu dem Trugschluß, daß eine kurzfristige Durchblutungssteigerung, wie sie durch Kosmetika erreicht werden kann, den Stoffwechsel beeinflusse. Tatsächlich sei aber dieser Einfluß derart gering, daß er entsprechende Anpreisungen nicht rechtfertige. Insbesondere durch die Formulierungen "Natürlicher Birkensaft bildet die Basis" und "wird die Tätigkeit der Talgdrüsen günstig beeinflußt" werde ein Wirkungsspektrum gezeichnet, das nach heutigem Wissensstand weder das vorliegende kosmetische Mittel noch auch ein anderes Kosmetikum erfüllen könne.

Aus diesem Grunde sei daher der Beschwerdeführer zu bestrafen und zum Ersatz der Verfahrenskosten sowie der Barauslagen für die Untersuchung zu verhalten gewesen.

2.2. Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, daß die Angabe, daß sich das Kosmetikum günstig auf die Tätigkeiten der Talgdrüsen auswirke, keineswegs irreführend, sondern durch umfangreiche Tests erwiesen worden sei. Außerdem wäre nicht einzusehen, inwiefern die Aussage, daß ein Haarwasser auf der Grundlage von natürlichem Birkensaft die Tätigkeit der Talgdrüsen günstig beinflußt, überhaupt gesundheitsbezogen sein solle. Schließlich sei im Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung nur davon die Rede, daß durch das vorliegende Kosmetikum die Ernährung der Haut oder der Stoffwechsel bloß nicht signifikant beeinflußt werden könnte. Auf den Umfang der damit offenbar grundsätzlich doch gegebenen Möglichkeit einer dementsprechenden Beeinflussung sei aber in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses überhaupt nicht eingegangen worden, sodaß insgesamt besehen nur eine Scheinbegründung vorliege.

Im übrigen verfüge die GmbH, als deren handelsrechtlich verantwortlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer fungiert, darüber hinaus über zwei weitere Geschäftsführer, wobei diese ihre Zuständigkeiten untereinander in der Weise aufgeteilt hätten, daß nicht der Beschwerdeführer, sondern einer der beiden anderen Geschäftsführer für die lebensmittel- und kennzeichenrechtliche Verkehrsfähigkeit der in Rede stehenden kosmetischen Produkte verantwortlich sei, weshalb die Strafbarkeit des Beschwerdeführers von vornherein nicht gegeben sei.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Beschwerdeführer beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt Wien zu Zl. MBA23-06/089/0/Str; da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen derjenige strafrechtlich verantwortlich, der zur Vertretung nach außen berufen ist, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und nicht ein verantwortlicher Beauftragter bestellt ist. Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH und somit deren außenvertretungsbefugtes Organ; das Lebensmittelgesetz, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 18/1987 (im folgenden: LMG), enthält auch keine dem § 9 Abs. 1 VStG derogierende Sonderregelung und seitens der GmbH wurde der Behörde gegenüber kein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellt. Der Beschwerdeführer ist daher gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich verantwortlich. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die GmbH durch mehrere Geschäftsführer vertreten wird, weil in diesem Fall jeden dieser Geschäftsführer die volle Verantwortlichkeit trifft; eine gesellschaftsinterne Zuständigkeitsaufteilung ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich, solange diese nicht gemäß § 9 Abs. 2 VStG auch der Behörde gegenüber in Erscheinung tritt (vgl. dazu auch die Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Eisenstadt 1990, 755 ff).

4.2. Gemäß § 74 Abs. 1 LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der falsch bezeichnete kosmetische Mittel in Verkehr bringt. Gemäß § 26 Abs. 2 i.V.m. den §§ 1 Abs. 2, 8 lit. f und 9 Abs. 1 lit. a LMG liegt ein Inverkehrbringen falsch bezeichneter kosmetischer Mittel (im vorliegenden Fall: druch Lagern) insbesondere dann vor, wenn diese durch verbotene gesundheitsbezogene, d.h. sich auf irreführende physiologische oder pharmakologische - insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen beziehende oder den Eindruck einer derartigen Wirkung erweckende Angaben gekennzeichnet sind.

4.3. Es gilt daher zu prüfen, ob sich der erstbehördliche Vorwurf, daß es sich bei den Angaben "Natürlicher Birkensaft bildet die Basis" und "wird die Tätigkeit der Talgdrüsen günstig beeinflußt" jeweils um verbotene gesundheitsbezogene Angaben im Sinne der eben genannten Bestimmungen handelt.

4.3.1. Daß dies jedenfalls bezüglich der Angabe "Natürlicher Birkensaft bildet die Basis" nicht zutrifft, liegt auf der Hand, denn es ist offensichtlich, daß mit dieser Wendung über eine reine Feststellung hinaus auch ein Effekt - erst recht nicht eine physiologische oder pharmakologische Wirkung, wie dies § 9 Abs. 1 lit. a LMG fordert - nicht angesprochen wird.

4.3.2. Hinsichtlich der Angabe "wird die Tätigkeit der Talgdrüsen günstig beeinflußt" vertritt der Beschwerdeführer den Standpunkt, daß diese Wirkung durch das in Rede stehende Kosmetikum tatsächlich hervorgerufen wird und daher dieser Hinweis nicht irreführend und demgemäß nach § 26 Abs. 2 LMG zulässig ist. In der Äußerung der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 17. Juni 1991, Zl. 173/91, wird zugestanden, daß durch Kosmetika der Stoffwechsel zwar beeinflußt werden kann - und damit im Grunde ein physiologischer bzw. pharmakologischer Effekt vorliegt -, aber gleichzeitig auch ausgeführt, daß diese Wirkung derart gering ist, daß eine entsprechende Anpreisung nicht gerechtfertigt sei.

Davon ausgehend ist zunächst mit Nachdruck darauf hinzuweisen, daß die im Hinblick auf § 26 Abs. 2 LMG erforderliche rechtliche Würdigung des Beweises, daß Kosmetika bloß eine kaum signifikante physiologische und pharmakologische Wirkung auf die menschliche Haut zu zeigen vermögen, nicht dem Sachverständigen, sondern allein der erkennenden Behörde obliegt. Nur letzterer oblag es sohin, zu beurteilen, ob die Anpreisung "wird die Tätigkeit der Talgdrüsen günstig beeinflußt" vor dem Hintergrund des Statements, daß Kosmetika bloß eine kaum signifikante physiologische und pharmakologische Wirkung auf die menschliche Haut zu zeigen vermögen, im Sinne des § 26 Abs. 2 LMG als irreführend oder andernfalls als zulässig zu qualifizieren ist.

Von der Beweislage ausgehend, daß der Beschwerdeführer behauptet, daß ein derartiger Einfluß bereits durch entsprechende Tests nachgewiesen worden sei und die Lebensmitteluntersuchungsanstalt eine solche Wirkung zumindest nicht gänzlich auszuschließen vermag, wäre es an der Behörde gelegen, weitere Beweise dafür zu erbringen, daß durch das in Rede stehende Kosmetikum jeglicher günstige Einfluß auf die Tätigkeit der Talgdrüsen ausgeschlossen ist. Wie bereits mehrfach ausgesprochen (vgl. z.B. VwSen-220000 vom 29.8. 1991 m.w.N.), erachtet sich hingegen der schon von Verfassungs wegen (vgl. Art. 129 B-VG) in erster Linie (bloß) zur Rechtmäßigkeitskontrolle berufene unabhängige Verwaltungssenat - insbesondere auch im Hinblick auf die im vorliegenden Fall noch gewahrte Verjährungsfrist und auf die im Gutachten der Lebensmitteluntersuchungsanstalt vom 16. Juli 1990 (richtig wohl: 1991), Zl. 1300/90, auf Seite 2 weiters geäußerten, wesentlich gewichtiger erscheinenden Bedenken - nur insoweit zur Substitution der Begründung des behördlichen Straferkenntnisses legitimiert, als sich diese auf Umstände zu stützen vermag, die schon im Zeitpunkt der Fällung der erstinstanzlichen Entscheidung offenkundig vorgelegen haben und solchermaßen auch zur "Sache" des Berufungsverfahrens geworden sind, würde doch ansonsten gegen das Verschlechterungsverbot des § 51 Abs. 6 VStG, das insoweit den auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 66 Abs. 4 VStG relativiert, verstoßen.

4.4. Konnte demnach aber eine falsche Bezeichnung i.S.d. § 74 Abs.1 LMG nicht erwiesen werden, so war das angefochtene Straferkenntnis mangels Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers aufzuheben.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hatte gemäß § 64 Abs. 1 bis 3 VStG auch die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in I. Instanz und zum Berufungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sowie die Auferlegung des Ersatzes der Barauslagen für die Untersuchungskosten zu unterbleiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Linz, am 11. November 1991 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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