Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240012/2/Gf/Kf

Linz, 11.08.1992

VwSen - 240012/2/Gf/Kf Linz, am 11.August 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung des Dr. F, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 28. August 1991, Zl. MBA23-06/083/0/Str, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen.

Der Berufungswerber ist als handelsrechtlicher Geschäftsführer der M Handels-GmbH schuldig, am 5. März 1990 das kosmetische Mittel "Placentubex C Spezial Nachtcreme" mit der irreführenden gesundheitsbezogenen Angabe "Fördern die Durchblutung der Haut" durch Lagerung in 4063 H in Verkehr gebracht zu haben; er hat hiedurch die Verwaltungsübertretung des § 74 Abs.1 i.V.m. den §§ 9 Abs.1 lit.a und 26 Abs.2 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 78/1987, begangen und wird hiefür mit einer Geldstrafe von 3.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen, belegt.

II. Der Berufungswerber hat gemäß § 64 Abs.1 bis 3 VStG einen Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in Höhe von 300 S und zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 600 S sowie den Ersatz der der Behörde entstandenen Barauslagen in Höhe von 250 S, das sind insgesamt 1.150 S, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom 13. Dezember 1991, Zl. MBA23-06/083/0/Str, wurde über den Beschwerdeführer nach dem Lebensmittelgesetz eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil er falsch bezeichnete kosmetische Mittel durch Lagern in Verkehr gebracht hat.

Dagegen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Einspruch erhoben.

1.2. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 29. August 1991, Zl. MBA23-06/083/0/Str, wurde dieser Einspruch nach Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens abgewiesen und über den Beschwerdeführer neuerlich eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil er mit gesundheitsbezogenen Angaben falsch bezeichnete Kosmetika (Nachtcreme) durch Lagerung in Hörsching () in Verkehr gebracht hat.

1.3. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 15. Oktober 1991 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 29. Oktober 1991 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Die belangte Behörde führt im angefochtenen Straferkenntnis unter Übernahme des Gutachtens der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 17. Juni 1991, Zl. 168/91, begründend aus, daß es eine unbestreitbare Tatsache sei, daß der Alterungsprozeß des Menschen und damit auch der menschlichen Haut durch nichts aufgehalten oder auch nur verzögert werden könne. Durch kosmetische Mittel könne lediglich das Aussehen der Haut, nicht aber ihr tatsächlicher (altersbedingter) Zustand beeinflußt werden. Diesem Aspekt hätte auch der Gesetzgeber in besonderer Weise Rechnung getragen, indem in § 9 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 78/1987 (im folgenden: LMG), das Verbot von Aussagen, die sich auf eine jungerhaltende Wirkung beziehen, herausgestellt werde. Es sei daher denkunmöglich, die in § 26 Abs. 2 LMG für kosmetische Mittel vorgesehene Ausnahme von § 9 LMG auch auf den Aspekt der jungerhaltenden Wirkung zu beziehen, weil bezüglich der menschlichen Haut ein derartiger Effekt durch Pharmaka eben nicht erreicht werden könne. Erlaubt wären vielmehr nur Aussagen, die sich auf die längere Erhaltung eines jugendlichen Aussehens der Haut beziehen.

Außerdem wären die Angaben "Hautverträglichkeit klinisch geprüft" und "Dermatologisch getestet" unzulässig, weil es gemäß § 9 Abs. 1 lit. b LMG verboten sei, auf Krankengeschichten, ärztliche Empfehlungen oder Gutachten hinzuweisen und diese Angaben auch keine zulässigen Hinweise auf pharmakologische oder physiologische Wirkungen darstellen würden.

Aus diesen Gründen liege daher eine falsche Bezeichnung vor, weshalb der Beschwerdeführer zu bestrafen gewesen sei.

2.2. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit der Behauptung, daß sich die Produktangaben in wahrheitsgemäßen Hinweisen auf pharmakologische Wirkungen erschöpfen und demgemäß nicht als irreführend zu qualifizieren sein würden. Da das Erzeugnis durchblutungsfördernde Stoffe im Sinne der Kosmetikverordnung enthalte, sei die Behauptung einer hautdurchblutungsfördernden Wirkung zutreffend. Auch die Aussagen "Klinisch geprüft" und "Dermatologisch gestestet" würden keine verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben darstellen. Außerdem könne die Angabe, daß die Haut "jugendlich" erhalten werde, nur auf das Aussehen der Haut bezogen werden.

Schließlich verfüge die GmbH, als deren handelsrechtlich verantwortlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer fungiert, darüber hinaus über zwei weitere Geschäftsführer, wobei diese ihre Zuständigkeiten untereinander in der Weise aufgeteilt hätten, daß nicht der Beschwerdeführer, sondern einer der beiden anderen Geschäftsführer für die lebensmittel- und kennzeichenrechtliche Verkehrsfähigkeit der in Rede stehenden kosmetischen Produkte verantwortlich sei, weshalb die Strafbarkeit des Beschwerdeführers von vornherein nicht gegeben sei.

Aus diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Beschwerdeführer beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt Wien zu Zl. MBA23-06/083/Str; da sich die vorliegende Beschwerde lediglich gegen eine unrichtige rechtliche Beurteilung wendet, konnte gemäß § 51e Abs. 2 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen derjenige strafrechtlich verantwortlich, der zur Vertretung nach außen berufen ist, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und nicht ein verantwortlicher Beauftragter bestellt ist. Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH und somit deren außenvertretungsbefugtes Organ; das Lebensmittelgesetz enthält auch keine dem § 9 Abs. 1 VStG derogierende Sonderregelung und seitens der GmbH wurde der Behörde gegenüber kein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellt. Der Beschwerdeführer ist daher gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich verantwortlich. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die GmbH durch mehrere Geschäftsführer vertreten wird, weil in diesem Fall jeden dieser Geschäftsführer die volle Verantwortlichkeit trifft; eine gesellschaftsinterne Zuständigkeitsaufteilung ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich, solange diese nicht gemäß § 9 Abs. 2 VStG auch der Behörde gegenüber in Erscheinung tritt (vgl. dazu auch die Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Eisenstadt 1990, 755 ff).

4.2. Gemäß § 74 Abs. 1 LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der falsch bezeichnete kosmetische Mittel in Verkehr bringt; gemäß § 26 Abs. 2 i.V.m. den §§ 1 Abs. 2, 8 lit. f und 9 Abs. 1 lit. a LMG liegt ein Inverkehrbringen falsch bezeichneter kosmetischer Mittel (im vorliegenden Fall: durch Lagern) insbesondere dann vor, wenn diese durch verbotene gesundheitsbezogene, d.h. sich auf irreführende physiologische oder pharmakologische - insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen beziehende oder den Eindruck einer derartigen Wirkung erweckende Angaben gekennzeichnet sind.

4.3. Es gilt daher zu prüfen, ob es sich im vorliegenden Fall bei einer der Angaben "Fördern die Durchblutung der Haut und erhalten sie länger jugendlich", "Hautverträglichkeit klinisch geprüft" und "Dermatologisch getestet" um eine verbotene gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der eben genannten Bestimmungen handelt.

Dies trifft im Ergebnis zu.

4.3.1. Es ist dem Beschwerdeführer zwar zuzugestehen, daß entgegen der Auffassung der belangten Behörde die auf die Haut bezogene Angabe "erhält sie länger jugendlich" bei Zugrundelegung einer objektiven Durchschnittsbetrachtung (vgl. dazu auch VwSen-240007 vom 8.11. 1991) nicht dahin mißverstanden werden kann, daß dadurch der Eindruck erweckt würde, es werde durch dieses Kosmetikum der natürliche Alterungsprozeß der Haut verhindert oder wenigstens verzögert. Die Wendung "erhält sie länger jugendlich" kann insbesondere im Zusammenhang mit der Aussage "Die Haut behält so viel länger ein jugendliches frisches Aussehen" nur dahingehend verstanden werden, daß die Anwendung des hier in Rede stehenden Kosmetikums der Haut zu einem - gemessen an ihrem natürlichen Alterungsprozeß - längerdauernden jugendlichen Gesamterscheinungsbild verhilft. Daß eine derartige Wirkung durch ein Kosmetikum erzielt werden kann, wird aber auch im Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung vom 17.6. 1991, Zl. 168/91, nicht in Abrede gestellt, sodaß insoweit auch kein irreführender Hinweis auf eine pharmakologische Wirkung iSd § 26 Abs.2 LMG vorliegt.

4.3.2. Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Produkt findet sich jedoch auch die Angabe, daß dieses durchblutungsfördernde Stoffe enthalte. Tatsächlich ergibt sich jedoch aus der vom Hersteller selbst angefertigten Auflistung der Inhaltsstoffe, daß sich unter diesen keiner der in der Anlage 2 Z. 8.2 iVm der Anlage 1 Z. 2.3 zur Kosmetikverordnung, BGBl.Nr. 534/1990 (im folgenden:

KosmetikVO) aufgezählten durchblutungsfördernden Stoffe findet. Da nun nach § 1 KosmetikVO für kosmetische Mittel aber nur die in Anlage 2 genannten pharmakologisch wirksamen Stoffe überhaupt zugelassen sind und derartige Stoffe im vorliegenden Produkt nicht enthalten sind, liegt somit insoweit eine irreführende Bezeichnung iSd § 26 Abs.2 LMG und damit eine falsche Bezeichnung iSd § 74 Abs.1 LMG vor.

Damit ist aber der Tatbestand der Falschbezeichnung i.S.d. § 74 Abs. 1 LMG schon aus diesem Grunde als erfüllt anzusehen, ohne daß im weiteren noch der Frage nachzugehen war, ob auch die Hinweise "Hautverträglichkeit klinisch geprüft" und "Dermatologisch getestet" eine unzulässige Anpreisung darstellen.

4.4. Vom Beschwerdeführer wird nicht behauptet und im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist auch kein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen, daß die belangte Behörde bei der Strafbemessung rechtswidrig vorgegangen wäre.

4.5. Aus allen diesen Gründen war daher die vorliegende Beschwerde abzuweisen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 1 bis 3 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in erster Instanz in Höhe von 10% der verhängten Strafe, d.s. 300 S, und zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20% der verhängten Strafe, d.s. 600 S, sowie der Ersatz der Kosten für die Untersuchung des vorliegenden Produktes (Barauslagen) in Höhe von 250 S, sohin Verfahrenskosten in Höhe von insgesamt 1.150 S vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Linz, am 19. November 1991 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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