Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240013/2/Gf/Kf

Linz, 19.11.1991

VwSen - 240013/2/Gf/Kf Linz, am 19. November1991 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung des Dr. F, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 29. August 1991, Zl. MBA23-06/076/0/Str, zu Recht erkannt:

Gemäß § 66 Abs.4 AVG wird der Berufung stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

Entscheidungsgründe:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom 13. Dezember 1991, Zl. MBA23-06/076/0/Str, wurde über den Beschwerdeführer nach dem Lebensmittelgesetz eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil er falsch bezeichnete kosmetische Mittel durch Lagern in Verkehr gebracht hat.

Dagegen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Einspruch erhoben.

1.2. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 29. August 1991, Zl. MBA23-06/076/0/Str, wurde dieser Einspruch nach Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens abgewiesen und über den Beschwerdeführer neuerlich eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil er mit gesundheitsbezogenen Angaben falsch bezeichnete Kosmetika (Hautöl) durch Lagerung in Hörsching () in Verkehr gebracht hat.

1.3. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 15. Oktober 1991 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 29. Oktober 1991 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Die belangte Behörde führt im angefochtenen Straferkenntnis unter Übernahme der Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 17. Juni 1991, Zlen. 165/91 und 168/91, begründend aus, daß es eine unbestreitbare Tatsache sei, daß der Alterungsprozeß des Menschen und damit auch der menschlichen Haut durch nichts aufgehalten oder auch nur verzögert werden könne. Durch kosmetische Mittel könne lediglich das Aussehen der Haut, nicht aber ihr tatsächlicher (altersbedingter) Zustand beeinflußt werden. Diesem Aspekt hätte auch der Gesetzgeber in besonderer Weise Rechnung getragen, indem in § 9 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 78/1987 (im folgenden: LMG), das Verbot von Aussagen, die sich auf eine jungerhaltende Wirkung beziehen, herausgestellt werde. Es sei daher denkunmöglich, die in § 26 Abs. 2 LMG für kosmetische Mittel vorgesehene Ausnahme von § 9 LMG auch auf den Aspekt der jungerhaltenden Wirkung zu beziehen, weil bezüglich der menschlichen Haut ein derartiger Effekt durch Pharmaka eben nicht erreicht werden könne. Erlaubt wären vielmehr nur Aussagen, die sich auf die längere Erhaltung eines jugendlichen Aussehens der Haut beziehen.

Außerdem könne durch ein Kosmetikum weder eine signifikante Glättung oder Straffung des Bindegewebes noch eine signifikante Beeinflussung des Hautstoffwechsels erreicht werden; die Nachbehandlung von Narben gehöre überhaupt nicht zu den Aufgaben eines Kosmetikums.

Schließlich sei es selbst nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht möglich, durch ein kosmetisches Mittel die Ernährung oder den Stoffwechsel signifikant zu beeinflussen. Lediglich die Tatsache, daß die Ernährung über die Blutbahnen erfolge, verleite oft zu dem Trugschluß, daß eine kurzfristige Durchblutungssteigerung, wie sie durch Kosmetika zu erreichen sei, den Stoffwechsel beeinflusse. Tatsächlich sei aber dieser Einfluß derart gering, daß er entsprechende Anpreisungen nicht rechtfertige.

Da die beanstandeten Formulierungen insgesamt ein Wirkungsspektrum zeichnen würden, das das vorliegende Produkt nicht erfüllen könne, liege sohin eine falsche Bezeichnung vor, weshalb der Beschwerdeführer zu bestrafen gewesen sei.

2.2. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit der Behauptung, daß sich die Angaben bezüglich des in Rede stehenden Kosmetikums lediglich darin erschöpfen würden, daß dadurch eine Glättung oder Straffung des Bindegewebes bewirkt bzw. der Hautstoffwechsel beeinflußt würde, nicht aber auch, daß diese Effekte jeweils signifikant wären. Im übrigen würden sich die Produktangaben in wahrheitsgemäßen Hinweisen auf pharmakologische, nämlich den Alterungsprozeß der Haut betreffende Wirkungen erschöpfen, sodaß diese nicht als irreführend hätten qualifiziert werden dürften.

Außerdem sei überhaupt keine der von der belangten Behörde inkriminierten Angaben im Zusammenhang mit dem vorliegenden Produkt verwendet worden, weil es sich offensichtlich um eine Verwechslung handeln dürfte.

Schließlich verfüge die GmbH, als deren handelsrechtlich verantwortlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer fungiert, darüber hinaus über zwei weitere Geschäftsführer, wobei diese ihre Zuständigkeiten untereinander in der Weise aufgeteilt hätten, daß nicht der Beschwerdeführer, sondern einer der beiden anderen Geschäftsführer für die lebensmittel- und kennzeichenrechtliche Verkehrsfähigkeit der in Rede stehenden kosmetischen Produkte verantwortlich sei, weshalb die Strafbarkeit des Beschwerdeführers von vornherein nicht gegeben wäre.

Aus allen diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Beschwerdeführer beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt Wien zu Zl. MBA23-06/076/Str; da sich die vorliegende Beschwerde lediglich gegen eine unrichtige rechtliche Beurteilung wendet, konnte gemäß § 51e Abs. 2 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Es trifft zu, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses eine fehlerhafte Produktbezeichnung enthält; da sich jedoch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt eindeutig ergibt, welches Produkt den Gegenstand des erstbehördlichen Strafverfahrens bildete und diese Verwechslung offenbar auf den Umstand zurückzuführen ist, daß die belangte Behörde aus ein und demselben Anlaß und im selben Zeitraum gegen den Beschwerdeführer fünfzehn Strafverfahren wegen Falschbezeichnung verschiedener Kosmetika durchführte, handelte es sich insoweit bloß um ein Versehen im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG, das infolge der Anwendbarkeit dieser Bestimmung auch im Verwaltungsstrafverfahren (vgl. § 24 VStG) auch den unabhängigen Verwaltungssenat zu einer entsprechenden Korrektur ermächtigt und daher nicht schon von vornherein zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führt.

4.2. Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen derjenige strafrechtlich verantwortlich, der zur Vertretung nach außen berufen ist, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und nicht ein verantwortlicher Beauftragter bestellt ist. Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH und somit deren außenvertretungsbefugtes Organ; das Lebensmittelgesetz enthält auch keine dem § 9 Abs. 1 VStG derogierende Sonderregelung und seitens der GmbH wurde der Behörde gegenüber kein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellt. Der Beschwerdeführer ist daher gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich verantwortlich. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die GmbH durch mehrere Geschäftsführer vertreten wird, weil in diesem Fall jeden dieser Geschäftsführer die volle Verantwortlichkeit trifft; eine gesellschaftsinterne Zuständigkeitsaufteilung ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich, solange diese nicht gemäß § 9 Abs. 2 VStG auch der Behörde gegenüber in Erscheinung tritt (vgl. dazu auch die Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Eisenstadt 1990, 755 ff).

4.3. Gemäß § 74 Abs. 1 LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der falsch bezeichnete kosmetische Mittel in Verkehr bringt; gemäß § 26 Abs. 2 i.V.m. den §§ 1 Abs. 2, 8 lit. f und 9 Abs. 1 lit. a LMG liegt ein Inverkehrbringen falsch bezeichneter kosmetischer Mittel (im vorliegenden Fall: durch Lagern) insbesondere dann vor, wenn diese durch verbotene gesundheitsbezogene, d.h. sich auf irreführende physiologische oder pharmakologische - insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen beziehende oder den Eindruck einer derartigen Wirkung erweckende Angaben gekennzeichnet sind.

4.4. Es gilt daher zu prüfen, ob es sich im vorliegenden Fall bei einer der Angaben "Zur Straffung und Glättung des Bindegewebes", "Zur Nachbehandlung von Narben" und "Vitalisiert Vitamin E die Hautzellen, wirkt dem Alterungsprozeß der Haut entgegen und fördert den Hautstoffwechsel" in Verbindung mit einem Hautöl um eine verbotene gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der eben genannten Bestimmungen handelt.

Dies trifft im Ergebnis nicht zu.

4.4.1. Zunächst ist dem Beschwerdeführer nämlich zuzugestehen, daß entgegen der Auffassung der belangten Behörde die Angabe "Wirkt dem Alterungsprozeß der Haut entgegen" bei Zugrundelegung einer objektiven Durchschnittsbetrachtung (vgl. dazu auch VwSen-240007 vom 8.11. 1991 und VwSen-240012 vom heutigen Tag) nicht dahin mißverstanden werden kann, daß dadurch der Eindruck erweckt würde, es werde durch dieses Kosmetikum der natürliche Alterungsprozeß der Haut verhindert oder wenigstens verzögert. Diese im Zusammenhang mit den Aussagen "Macht die Haut zart und geschmeidig", "Glättet die Haut und läßt sie jugendlich weich und elastisch erscheinen" und "Vitalisiert Vitamin E die Hautzellen" verwendete Angabe kann insgesamt besehen vielmehr nur dahingehend verstanden werden, daß die Anwendung des hier in Rede stehenden Kosmetikums der Haut zu einem - gemessen an ihrem natürlichen Alterungsprozeß - längerdauernden jugendlichen Gesamterscheinungsbild verhilft. Daß eine derartige Wirkung durch ein Kosmetikum erzielt werden kann, wird aber auch im Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung vom 17.6. 1991, Zl. 168/91, nicht in Abrede gestellt, sodaß insoweit auch kein irreführender Hinweis auf eine pharmakologische Wirkung iSd § 26 Abs. 2 LMG vorliegt.

4.4.2. Feststellungen darüber, ob die Nachbehandlung von Narben zur Aufgabe eines Kosmetikums gehört oder nicht, haben mit der Frage, ob es sich bei einer diesbezüglichen Angabe um einen unzulässigen Hinweis iSd genannten gesetzlichen Bestimmungen handelt, nichts zu tun. Da auch im übrigen von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hiezu nichts vorgebracht wurde und auch sonst nicht ersichtlich ist, inwieweit es sich bei der Angabe "Zur Nachbehandlung von Narben" um eine unzulässige Bezeichnung handeln sollte, konnte somit nicht davon ausgegangen werden, daß daß die belangte Behörde den Vorwurf der Falschbezeichnung insoweit zu Recht erhoben hat.

4.4.3. Hinsichtlich der Angaben "Zur Straffung und Glättung des Bindegewebes" bzw. "Fördert den Hautstoffwechsel" wird im Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung vom 17.6. 1991, Zl. 165/91, jeweils ausgeführt, daß durch Kosmetika keine signifikanten Effekte dieser Art erreicht werden könnten; implizit werden damit derartige Effekte jedoch nicht ausgeschlossen. Bei dieser Beweislage konnte die belangte Behörde aber nicht mit Grund davon ausgehen, daß insoweit jeweils eine falsche, nämlich irreführende Bezeichnung des in Rede stehenden Produktes vorliegt (vgl. auch VwSen-240008 vom 11.11. 1991).

4.5. Konnte demnach aber eine falsche Bezeichnung i.S.d. § 74 LMG nicht erwiesen werden, so war das angefochtene Straferkenntnis mangels Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hatte gemäß § 64 Abs. 1 bis 3 VStG auch die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in I. Instanz und zum Berufungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sowie die Auferlegung des Ersatzes der Barauslagen für die Untersuchungskosten zu unterbleiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Linz, am 19. November 1991 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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