Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240019/2/Gf/Kf

Linz, 26.11.1991

VwSen - 240019/2/Gf/Kf Linz, am 26. November 1991 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung des Dr. F, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 28. August 1991, Zl. MBA23-06/084/0/Str, zu Recht erkannt:

Gemäß § 66 Abs.4 AVG und § 45 Abs.1 lit.a VStG wird der Berufung stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom 13. Dezember 1991, Zl. MBA23-06/084/0/Str, wurde über den Beschwerdeführer nach dem Lebensmittelgesetz eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil er falsch bezeichnete kosmetische Mittel durch Lagern in Verkehr gebracht hat.

Dagegen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Einspruch erhoben.

1.2. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 28. August 1991, Zl. MBA23-06/084/0/Str, wurde dieser Einspruch nach Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens abgewiesen und über den Beschwerdeführer neuerlich eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil er mit gesundheitsbezogenen Angaben falsch bezeichnete Kosmetika (Aufbaucreme) durch Lagerung in Hörsching () in Verkehr gebracht hat.

1.3. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 15. Oktober 1991 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 29. Oktober 1991 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Die belangte Behörde führt im angefochtenen Straferkenntnis unter Übernahme des Gutachtens der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 17. Juni 1991, Zl. 160/91, begründend aus, daß der Hinweis auf eine "Zellaktivierende Wirkung" ohne nähere Konkretisierung derselben nichts aussage und daher unzulässig sei.

Die Angabe "Regenerierend" iVm einer Aufbaucreme sei deshalb irreführend, weil es nicht möglich wäre, durch ein kosmetisches Mittel die Ernährung der Haut (etwa der haarbildenden Zellen) oder den Stoffwechsel signifikant zu beeinflußen; lediglich die Tatsache, daß die Ernährung über die Blutbahnen erfolge, verleite oft zu dem Trugschluß, daß eine kurzfristige Durchblutungssteigerung, wie sie durch Kosmetika erreicht werden kann, den Stoffwechsel beeinflusse, doch sei dieser Einfluß tatsächlich derart gering, daß er entsprechende Anpreisungen nicht rechtfertige. Außerdem sei zu bedenken, daß nur der über der Basalzellschicht liegende Teil der Epidermis jener selbsttätigen Regeneration unterliege, die auch durch Kosmetika in gewissem Ausmaß beeinflußbar wäre; würde man diese aber fördern, so ließe sich kein positiver kosmetischer Effekt erzielen, im Gegenteil: eine nicht mehr jung aussehende Haut brächte bei selbsttätiger Regeneration eine ebensolche nicht mehr jung aussehende Haut hervor; daher würde eher versucht, diese selbsttätige Regeneration durch kosmetische Mittel hintanzuhalten; demgegenüber wären die tieferliegenden Schichten der Haut (sog. Dermis), welche nicht einem derart raschen Regenerationszyklus unterlägen und für die wichtigsten Eigenschaften der Haut (zB Aussehen) ursächlich zeichneten, durch kosmetische Mittel jedenfalls nicht dahingehend beeinflußbar, daß das Aussehen der Haut modifiziert werden könnte; da somit ein positiver kosmetischer Effekt nicht erzielt werden könne, sei diese Abgabe irreführend.

Schließlich widerspreche auch die Angabe "Klinisch geprüft" dem Lebensmittelgesetz, wonach es verboten wäre, beim Inverkehrbringen von Kosmetika auf Krankengeschichten, ärztliche Empfehlungen oder Gutachten hinzuweisen.

Aus allen diesen Gründen liege daher eine falsche Bezeichnung vor, weshalb der Beschwerdeführer zu bestrafen gewesen sei.

2.2. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit der Behauptung, daß das in Rede stehende Kosmetikum Stoffe enthalte, die tatsächlich die angegebenen Wirkungen entfalten würden, sodaß diese Hinweise auf einen pharmakologischen Effekt nicht irreführend seien. Zudem würde der Begriff "Regeneration" von der belangten Behörde einseitig ausgelegt: Dieser bedeute nämlich nicht nur "Erneuerung", sonder auch "Wiederauffrischung" und nur letzteres sei in Verbindung mit dem vorliegenden Kosmetikum gemeint und werde auch vom Konsumenten erwartet.

Schließlich verfüge die GmbH, als deren handelsrechtlich verantwortlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer fungiert, darüber hinaus über zwei weitere Geschäftsführer, wobei diese ihre Zuständigkeiten untereinander in der Weise aufgeteilt hätten, daß nicht der Beschwerdeführer, sondern einer der beiden anderen Geschäftsführer für die lebensmittel- und kennzeichenrechtliche Verkehrsfähigkeit der in Rede stehenden kosmetischen Produkte verantwortlich sei, weshalb die Strafbarkeit des Beschwerdeführers von vornherein nicht gegeben sei.

Aus diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Beschwerdeführer beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt Wien zu Zl. MBA23-06/084/Str; da aus diesem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Beschwerde lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird, konnte gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen derjenige strafrechtlich verantwortlich, der zur Vertretung nach außen berufen ist, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und nicht ein verantwortlicher Beauftragter bestellt ist. Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH und somit deren außenvertretungsbefugtes Organ; das Lebensmittelgesetz, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 78/1987 (im folgenden: LMG), enthält auch keine dem § 9 Abs. 1 VStG derogierende Sonderregelung und seitens der GmbH wurde der Behörde gegenüber kein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellt. Der Beschwerdeführer ist daher gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich verantwortlich. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die GmbH durch mehrere Geschäftsführer vertreten wird, weil in diesem Fall jeden dieser Geschäftsführer die volle Verantwortlichkeit trifft; eine gesellschaftsinterne Zuständigkeitsaufteilung ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich, solange diese nicht gemäß § 9 Abs. 2 VStG auch der Behörde gegenüber in Erscheinung tritt (vgl. dazu auch die Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Eisenstadt 1990, 755 ff).

4.2. Gemäß § 74 Abs. 1 LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der falsch bezeichnete kosmetische Mittel in Verkehr bringt; gemäß § 26 Abs. 2 i.V.m. den §§ 1 Abs. 2, 8 lit. f und 9 Abs. 1 lit. a LMG liegt ein Inverkehrbringen falsch bezeichneter kosmetischer Mittel (im vorliegenden Fall: durch Lagern) insbesondere dann vor, wenn diese durch verbotene gesundheitsbezogene, d.h. sich auf irreführende physiologische oder pharmakologische - insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen beziehende oder den Eindruck einer derartigen Wirkung erweckende Angaben gekennzeichnet sind.

4.3. Es gilt daher zu prüfen, ob es sich im vorliegenden Fall bei einer der Angaben "Regenerierende Nachtcreme", "Zellaktivierende Wirkung" und "Klinisch geprüft" in Verbindung mit einer Aufbaucreme um eine verbotene gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der eben genannten Bestimmungen handelt.

Dies trifft im Ergebnis jedoch nicht zu.

4.3.1. Bezüglich der Produktangabe "Regenerierend" wird schon im Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung vom 17.6. 1991, Zl. 160/91, zugestanden, daß durch Kosmetika der Stoffwechsel bzw. die Epidermis und Dermis der Haut - wenngleich jeweils nicht signifikant - beeinflußt werden kann. Daß es aus der Sicht eines objektiven Durchschnittsbetrachters (vgl. VwSen-240007 v. 8.11. 1991) bei der Regeneration - wobei diesem Wort im allgemeinen Sprachgebrauch vornehmlich die Bedeutung der "Wiederauffrischung" zukommt (vgl. zB Duden, Das Fremdwörterbuch, 3. Auflage, Mannheim 1974, 621) - in erster Linie darum geht, ein vorteilhafteres Aussehen der Haut zu erzielen, liegt auf der Hand; ob dieser durch kosmetische Mittel unbestrittenermaßen erzielbare Effekt nun dadurch hergestellt wird, daß ihn das Kosmetikum unmittelbar selbst bewirkt oder bloß mittelbar dadurch, daß die selbsttätige Regeneration der Haut eingeschränkt wird, ist demgegenüber für den mit diffizilen wissenschaftlichen Zusammenhängen regelmäßig nicht vertrauten durchschnittlichen Verbraucher bloß von untergeordneter Bedeutung. Ist demnach das vorliegende Kosmetikum - was von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt wird - zur Erzielung eines wiederauffrischenden Effektes der Haut grundsätzlich geeignet, so kann in dem Hinweis "Regenerierend" auch keine Irreführung erblickt werden.

4.3.2. Hinsichtlich der Angabe einer "Zellaktivierenden Wirkung" wirft die belangte Behörde dem Beschwerdeführer unter dem Eingeständnis der prinzipiellen Möglichkeit eines derartigen Effektes vor, daß diese ohne nähere Konkretisierung nichtssagend sei, weil daraus auf keine konkrete physiologische oder pharmakologische Wirkung geschlossen werden könne. Es ist dem unabhängigen Verwaltungssenat aber nicht erkennbar, inwiefern darin eine unzulässige Bezeichnung liegen sollte, denn einerlei, ob das so beworbene Produkt überhaupt keine zellaktivierende Wirkung hat oder deren konkrete zellaktivierenden Wirkungen jedenfalls nicht den angepriesenen Effekt zu erzielen imstande sind: In beiden Fällen obläge es jeweils der belangten Behörde, dieses Faktum mit den gesetzlich vorgesehenen Mitteln (vgl. zB § 26 Abs. 4 LMG) nachzuweisen. Hingegen kommt es der belangten Behörde im Verwaltungsstrafverfahren nicht zu, vom Beschwerdeführer hinsichtlich der Tatbestandsmäßigkeit der Verwaltungsübertretung (anderes gilt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 VStG nur hinsichtlich des Verschuldens) einen Entlastungsbeweis zu fordern. Solange daher weder erwiesen ist, daß die im gegenständlichen Kosmetikum enthaltenen Stoffe keine oder keine zweckmäßige zellaktivierende Wirkung entfalten, ist somit zugunsten des Beschwerdeführers davon auszugehen, daß insoweit keine irreführende Bezeichnung iSd obzitierten Bestimmungen des LMG vorliegt.

4.3.3. Inwieweit schließlich die Angabe "Hautverträglich klinisch getestet" unzulässig sein soll, ist schließlich überhaupt nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde gilt das Verbot des § 9 LMG für Kosmetika gemäß § 26 Abs. 2 LMG nämlich nicht absolut, sondern bloß mit der Maßgabe, daß Hinweise auf Krankengeschichten, ärztliche Empfehlungen oder Gutachten im Zusammenhang mit Kosmetika nur dann unzulässig sind, wenn diese einen irreführenden Charakter haben. Da aber die Angabe "Hautverträglichkeit klinisch getestet" weder einen Hinweis auf eine Krankengeschichte noch auf eine ärztliche Empfehlung noch auf ein Gutachten enthält, sondern nur besagt, daß entsprechende Tests - deren Ergebnis offen bleibt - durchgeführt wurden, fehlt es schon insoweit an der Tatbestandsmäßigkeit, ohne daß der Frage nachgegangen werden mußte, ob diese Angabe irreführend ist.

4.4. Handelte es sich damit aber im vorliegenden Fall im Ergebnis aus den genannten Gründen nicht um eine Falschbezeichnung iSd § 74 Abs. 1 LMG, so war das angefochtene Straferkenntnis mangels Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers aufzuheben.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hatte gemäß § 64 Abs. 1 bis 3 VStG auch die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in I. Instanz und zum Berufungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sowie die Auferlegung des Ersatzes der Barauslagen für die Untersuchungskosten zu unterbleiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Linz, am 26. November 1991 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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