Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240020/2/Gf/Kf

Linz, 26.11.1991

VwSen - 240020/2/Gf/Kf Linz, am 26. November 1991 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung des Dr. F, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 28. August 1991, Zl. MBA23-06/088/0/Str, zu Recht erkannt:

Gemäß § 66 Abs.4 AVG und § 45 Abs.1 lit.a VStG wird der Berufung stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom 13. Dezember 1991, Zl. MBA23-06/088/0/Str, wurde über den Beschwerdeführer nach dem Lebensmittelgesetz eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil er falsch bezeichnete kosmetische Mittel durch Lagern in Verkehr gebracht hat.

Dagegen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Einspruch erhoben.

1.2. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 28. August 1991, Zl. MBA23-06/088/0/Str, wurde dieser Einspruch nach Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens abgewiesen und über den Beschwerdeführer neuerlich eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil er mit gesundheitsbezogenen Angaben falsch bezeichnete Kosmetika (Haarwasser) durch Lagerung in Hörsching () in Verkehr gebracht hat.

1.3. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 15. Oktober 1991 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 29. Oktober 1991 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Die belangte Behörde führt im angefochtenen Straferkenntnis unter Übernahme des Gutachtens der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 17. Juni 1991, Zl. 173/91, begründend aus, daß es selbst nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht möglich wäre, durch ein kosmetisches Mittel die Ernährung der Haut (etwa der haarbildenden Zellen) oder den Stoffwechsel signifikant zu beeinflußen; lediglich die Tatsache, daß die Ernährung über die Blutbahnen erfolge, verleite oft zu dem Trugschluß, daß eine kurzfristige Durchblutungssteigerung, wie sie durch Kosmetika erreicht werden könne, den Stoffwechsel beeinflusse, doch sei dieser Einfluß tatsächlich derart gering, daß er entsprechende Anpreisungen nicht rechtfertige.

Aus diesen Gründen liege daher eine falsche Bezeichnung vor, weshalb der Beschwerdeführer zu bestrafen gewesen sei.

2.2. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit der Behauptung, daß das in Rede stehende Kosmetikum Stoffe enthalte, die tatsächlich die angegebenen Wirkungen entfalten würden, sodaß diese Hinweise auf einen pharmakologischen Effekt nicht irreführend seien. Zudem finde sich in der Begründung des Straferkenntnisses hinsichtlich verschiedener inkriminierter Angaben der Hinweis, daß es zu weit führen würde, "im Detail darauf einzugehen", was aber die behördliche Entscheidung tatsächlich unüberprüfbar mache.

Schließlich verfüge die GmbH, als deren handelsrechtlich verantwortlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer fungiert, darüber hinaus über zwei weitere Geschäftsführer, wobei diese ihre Zuständigkeiten untereinander in der Weise aufgeteilt hätten, daß nicht der Beschwerdeführer, sondern einer der beiden anderen Geschäftsführer für die lebensmittel- und kennzeichenrechtliche Verkehrsfähigkeit der in Rede stehenden kosmetischen Produkte verantwortlich sei, weshalb die Strafbarkeit des Beschwerdeführers von vornherein nicht gegeben sei.

Aus diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Beschwerdeführer beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt Wien zu Zl. MBA23-06/088/Str; da aus diesem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Beschwerde lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird, konnte gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen derjenige strafrechtlich verantwortlich, der zur Vertretung nach außen berufen ist, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und nicht ein verantwortlicher Beauftragter bestellt ist. Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH und somit deren außenvertretungsbefugtes Organ; das Lebensmittelgesetz, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 78/1987 (im folgenden: LMG), enthält auch keine dem § 9 Abs. 1 VStG derogierende Sonderregelung und seitens der GmbH wurde der Behörde gegenüber kein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellt. Der Beschwerdeführer ist daher gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich verantwortlich. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die GmbH durch mehrere Geschäftsführer vertreten wird, weil in diesem Fall jeden dieser Geschäftsführer die volle Verantwortlichkeit trifft; eine gesellschaftsinterne Zuständigkeitsaufteilung ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich, solange diese nicht gemäß § 9 Abs. 2 VStG auch der Behörde gegenüber in Erscheinung tritt (vgl. dazu auch die Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Eisenstadt 1990, 755 ff).

4.2. Gemäß § 74 Abs. 1 LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der falsch bezeichnete kosmetische Mittel in Verkehr bringt; gemäß § 26 Abs. 2 i.V.m. den §§ 1 Abs. 2, 8 lit. f und 9 Abs. 1 lit. a LMG liegt ein Inverkehrbringen falsch bezeichneter kosmetischer Mittel (im vorliegenden Fall: durch Lagern) insbesondere dann vor, wenn diese durch verbotene gesundheitsbezogene, d.h. sich auf irreführende physiologische oder pharmakologische - insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen beziehende oder den Eindruck einer derartigen Wirkung erweckende Angaben gekennzeichnet sind.

4.3. Es gilt daher zu prüfen, ob es sich im vorliegenden Fall bei einer der Angaben "Reaktivierende Wirkung", "Bei Haarausfall", "Normalisiert die Funktion der Talgdrüsen", "Reaktivierung der für das Haarwachstum lebenswichtigen Kapillarfunktion", "Ernährungsstörungen der Haare", "Verstopfung in den Haarbalgtrichtern können zu Haarausfall führen, der sich vermeiden läßt", "Vermindert Veränderungen und Mangelerscheinungen der Kopfhaut und der Haare", "Führen der Kopfhaut wertvolle Vitamine zu", "Normalisiert den Stoffwechsel der Kopfhaut und fördert das Haarwachstum" und "Hautverträglichkeit klinisch getestet" in Verbindung mit einem Haarwasser um eine verbotene gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der eben genannten Bestimmungen handelt.

Dies trifft im Ergebnis jedoch nicht zu.

4.3.1. In dem dem angefochtenen Straferkenntnis zugrundeliegenden Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung vom 17. 6. 1991, Zl. 173/91, wird zugestanden, daß durch Kosmetika der Stoffwechsel der Haut zwar beeinflußt werden kann - und damit im Grunde ein physiologischer bzw. pharmakologischer Effekt vorliegt -, aber gleichzeitig auch ausgeführt, daß diese Wirkung derart gering ist, daß eine entsprechende Anpreisung nicht gerechtfertigt sei.

Davon ausgehend ist zunächst mit Nachdruck darauf hinzuweisen, daß die im Hinblick auf § 26 Abs. 2 LMG erforderliche rechtliche Würdigung des Beweises, daß Kosmetika bloß eine kaum signifikante physiologische und pharmakologische Wirkung auf die menschliche Haut zu zeigen vermögen, nicht dem Sachverständigen, sondern allein der erkennenden Behörde zusteht. Nur letzterer oblag es sohin, zu beurteilen, ob die Anpreisung "Normalisiert den Stoffwechsel der Kopfhaut und fördert das Haarwachstum" vor dem Hintergrund des Statements, daß Kosmetika bloß eine kaum signifikante physiologische und pharmakologische Wirkung auf die menschliche Haut zu zeigen vermögen, im Sinne des § 26 Abs. 2 LMG als irreführend oder andernfalls als unzulässig zu qualifizieren ist.

Von der Beweislage ausgehend, daß der Beschwerdeführer behauptet, daß ein derartiger Einfluß bereits durch entsprechende Tests nachgewiesen worden sei und die Lebensmitteluntersuchungsanstalt eine solche Wirkung zumindest nicht gänzlich auszuschließen vermag, wäre es an der Behörde gelegen, weitere Beweise dafür zu erbringen, daß durch das in Rede stehende Kosmetikum jeglicher günstige Einfluß auf die Tätigkeit der Talgdrüsen ausgeschlossen ist. Wie bereits mehrfach ausgesprochen (vgl. zB VwSen-200007 v. 11.11. 1991), erachtet sich hingegen der schon von Verfassungs wegen (vgl. Art. 129 B-VG) in erster Linie (bloß) zur Rechtmäßigkeitskontrolle berufene unabhängige Verwaltungsenat nur insoweit zur Substitution der Begründung des behördlichen Straferkenntnisses legitimiert, als sich diese auf Umstände zu stützen vermag, die schon im Zeitpunkt der Fällung der erstinstanzlichen Entscheidung offenkundig vorgelegen haben und solchermaßen auch zur "Sache" des Berufungsverfahrens geworden sind, würde doch ansonsten gegen das Verschlechterungsverbot des § 51 Abs. 6 VStG, das insoweit den auch im Verwaltungssstrafverfahren anzuwendenden § 66 Abs. 4 AVG relativiert, verstoßen.

4.3.2. Gleiches gilt hinsichtlich der übrigen Anpreisungen, die dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde zum Vorwurf gemacht werden und hinsichtlich derer im angefochtenen Straferkenntnis jegliche Begründung fehlt: Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich sieht es weder als seine Aufgabe an, die diesbezüglich von vornherein fehlende Begründung noch das diesbezüglich fehlende Ermittlungsverfahren der Erstbehörde zu substituieren.

4.4. Handelte es sich damit aber im vorliegenden Fall im Ergebnis aus den genannten Gründen nicht um eine Falschbezeichnung iSd § 74 Abs. 1 LMG, so war das angefochtene Straferkenntnis mangels Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers aufzuheben.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hatte gemäß § 64 Abs. 1 bis 3 VStG auch die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in I. Instanz und zum Berufungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sowie die Auferlegung des Ersatzes der Barauslagen für die Untersuchungskosten zu unterbleiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Linz, am 26. November 1991 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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