Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240029/6/Gf/Hm

Linz, 23.07.1992

VwSen - 240029/6/Gf/Hm Linz, am 23. Juli 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung des O, gegen das Strafer- kenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 12. März 1992, Zl. 101-6/1, nach der am 9. Juli 1992 durchgeführten öffentli- chen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG und § 44a Z. 1 VStG stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

II. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 12. März 1992, Zl. 101-6/1, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 8.000 S (ersatzfreiheitsstrafe: 8 Tage) verhängt, weil anläßlich einer lebensmittelpolizeilichen Kontrolle in sei- nem Betrieb verschiedene hygienische Mängel (starke Stockflecken- bildung im Mehllager; ausgeschlagene Fliesen, nichtgefüllter Sei- fenbehälter und Nichtvorhandensein von Einweghandtüchern in der Backstube; defekte, nicht regelmäßig gereinigte Nußmühle im Kel- lerraum; nicht täglich gereinigte Wurstmaschine im Zimmer hinter dem Verkaufsraum) festgestellt worden seien und er somit eine Übertretung des § 20 i.V.m. § 74 Abs. 5 Z. 3 des Lebensmittelge- setzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 226/1988 (im folgenden: LMG), begangen habe. + 1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 25. März 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 1. April 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß die durch Organe des Marktamtes der Stadt Linz festgestellten hygienischen Mängel als erwiesen anzusehen seien, zumal der Beschwerdeführer von der ihm eingeräumten Mög- lichkeit der Stellungnahme zu diesen Vorwürfen nicht Gebrauch gemacht hätte. Weil diese Mißstände objektiv kaum zu übersehen und leicht zu beseitigen gewesen wären, der Beschwerdeführer aber keine zweckentsprechenden Maßnahmen getroffen habe, müsse ihm grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden. Als straferschwerend seien fünf einschlägige Vormerkungen zu berücksichti- gen gewesen, während keine Milderungsgründe hervorgekommen seien.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht ausreichend präzisiert sei, insbesondere deshalb, weil daraus nicht hervorgehe, in wel- cher Eigenschaft ihm diese Vorwürfe zur Last gelegt werden. Außerdem hätten zum Zeitpunkt der Kontrolle in seinem Betrieb gerade Umbauarbeiten stattgefunden, worauf die Aufsichtsorgane auch hingewiesen worden seien. Der beanstandete Seifenspender sei nicht für Reinigungsarbeiten vorgesehen und aus diesem Grunde nicht aufgefüllt gewesen. Im übrigen werde sowohl die Nußmühle als auch die Wurstmaschine regelmäßig gereinigt; beide Geräte seien zum Zeitpunkt der Kontrolle aber gerade in Betrieb gewesen. Inwiefern durch die aufgezeigten Beanstandungen daher hygienische Probleme herbeigeführt werden könnten, sei unerfind- lich.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafe beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 101-6/1 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der der Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreter als Partei erschienen sind.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme konnte folgender entschei- dungswesentlicher Sachverhalt erhoben werden:

Der Beschwerdeführer ist Pächter eines Einzelhandelsunter- nehmens. Er bestreitet nicht, daß es zutreffen könnte, daß die Wurstmaschine am Vortag der Betriebskontrolle nicht gereingt wurde; dies dann jedoch im Widerspruch zu den von ihm erteilten gegenteiligen Anweisungen. Die beanstandete Nußmühle war nicht gereinigt, im Zeitpunkt der Kontrolle aber defekt und ist in der Folge auch nicht mehr verwendet worden. Der Seifenspender war deshalb nicht gefüllt, weil aus dieser Wasserleitung Mischwasser zum Erzeugen von Backwasser bezogen wird. In der Backstube waren Fliesen wegen laufender Umbauarbeiten Fliesen ausgeschlagen. Außerdem besteht zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vater Namensgleichheit; die dem Beschwerdeführer als straferschwerend angelasteten Vorstrafen haben sich in Wahrheit auf dessen Vater bezogen.

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die Aussage des als Beschuldigten einvernommenen Beschwerdeführers, die ins- gesamt glaubhaft wirkte.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 5 Z. 3 i.V.m. § 20 LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 20.000 S zu bestrafen, der Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatz- stoffe in Verkehr bringt und dabei nicht vorsorgt, daß sie nicht durch äußere Einwirkung hygienisch nachteilig beeinflußt werden, soweit eine derartige Vorsorge nach dem Stand der Wissenschaft möglich und nach der Verkehrsauffassung nicht unzumutbar ist.

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch des Straferkenntnisses u.a. die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

4.2. Diesem letzteren Erfordernis entspricht das angefochtene Straferkenntnis im Lichte der - ho. (weil weit überzogen) nicht geteilten, aus Zweckmäßigkeitsgründen aber zu befolgenden - hiezu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. jüngst VwGH v. 10.6.1992, Zl. 92/04/0055) nicht. Aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, der sich im wesent- lichen in Sachverhaltsfeststellungen erschöpft, geht nämlich nicht hervor, durch welche konkrete Handlung oder Unterlassung die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat begangen wurde und in welcher Eigenschaft er diese begangen hat. So ist es nämlich nicht ohne weiteres einsichtig, inwiefern etwa durch fehlende (ausgeschlagene) Fliesen, durch einen nicht gefüllten Seifenspen- der oder durch eine nur schwer öffenbare Nußmühle eine hygie- nisch nachteilige Beeinflußung der in Verkehr gebrachten Lebens- mittel bewirkt werden kann.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erachtet sich unter dem Aspekt, daß dem Beschwerdeführer anson- sten die Möglichkeit genommen würde, sich auch bereits im erstbe- hördlichen Verfahren im Hinblick auf den konkreten Tatvorwurf ausreichend zu verteidigen, nicht für befugt, derartige wie die aufgezeigten Mängel des Spruches des angefochtenen Straferkennt- nisses aus eigenen zu sanieren, würde der Beschwerdeführer doch dadurch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt.

4.3. Aus den genannten Gründen war daher das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG und § 44a Z. 1 VStG aufzuheben; ob das Strafverfahren fortzuführen oder im Hinblick auf eine allenfalls eingetretene Verfolgungsverjährung einzustellen ist, hat die belangte Behörde hingegen aus eigenem zu beurteilen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfah- rens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorzuschreiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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