Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240048/6/Gf/Hm

Linz, 03.03.1993

VwSen-240048/6/Gf/Hm Linz, am 3. März 1993 DVR 0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Ober- österreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des F, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Rohrbach vom 5. November 1992, Zl. SanRB-96/52/1992, nach der am 3. März 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben; das Strafverfahren wird gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich und die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten gemäß § 45 Abs. 2 des Lebensmittelgesetzes.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Rohrbach vom 5. November 1992, Zl. SanRB-96/52/1992, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 400 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt, weil er am 30. April 1992 in seinem Gasthof in je zwei Dosen Fertiggerichte "Bohnen mit Speck" und "Gefüllte Paprika", die außen derart verrostet gewesen seien, daß es beim Öffnen unvermeidbar gewesen wäre, daß Rost unter den Doseninhalt gelangt, gelagert habe, ohne dafür vorgesorgt zu haben, daß diese nicht durch äußere Einwirkung hygienisch nachteilig beeinflußt werden; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 5 Z. 3 iVm § 20 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 226/1988 (im folgenden: LMG), begangen, weshalb er gemäß § 74 Abs. 5 Z. 3 LMG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Berufungswerber am 5. November 1992 mündlich verkündete Straferkenntnis hat jener am selben Tag mündlich Berufung erhoben.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß die vom Lebensmittelkontrollorgan vorgefundenen Dosen Fertiggerichte von der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz deshalb als hygienisch nachteilig beeinflußt qualifiziert worden seien, weil sie derart stark verrostet gewesen seien, daß es unvermeidbar gewesen wäre, daß beim Öffnen Rost zum Doseninhalt gelangt. Außerdem sei das Haltbarkeitsdatum zwischen zwei und vier Jahre überschritten worden. Durch die Aufbewahrung dieser Dosen im Lagerraum des Gasthofes des Berufungswerbers sei auch der Begriff des "Inverkehrbringens" als erfüllt anzusehen.

Bei der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers als strafmildernd zu berücksichtigen gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber vor, daß die Fertiggerichte nicht für den Gastgewerbebetrieb, sondern für den privaten Haushalt bestimmt gewesen sei. In seinem Gastgewerbebetrieb hätte er derartige Speisen noch nie angeboten.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Ober- österreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach zu Zl. SanRB-96/52/1992 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der als Partei der Berufungswerber erschienen ist.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entschweidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Der Berufungswerber ist Gastgewerbetreibender in J. Von angemeldeten Gesellschaften abgesehen werden in seinem Betrieb nur kleinere Speisen - wie Heiße Würstl, Toast und Essigwurst - zum Verzehr angeboten. Gerichte wie "Bohnen mit Speck" und "Gefüllte Paprika" hat der Berufungswerber in seinem Betrieb überhaupt noch nie angeboten.

Der Berufungswerber hat in einem Linzer Lebensmittelgroßhandelsgeschäft mehrere Dosen dieser Fertiggerichte gekauft und im Keller seines Gasthofes gemeinsam mit anderen, zum Teil für den privaten Gebrauch, zum Teil für die Verwendung im Gastgewerbebetrieb bestimmten Waren gelagert. Die Fertiggerichte - der Berufungswerber ist ledig - waren zum privaten Verzehr bestimmt. Eine Dose hat der Berufungswerber auch tatsächlich angebrochen; da ihm der Inhalt jedoch nicht schmeckte, hat er die anderen längere Zeit unbeachtet im Keller stehengelassen.

Die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung hat in ihrem Gutachten vom 12. August 1992, Zl. UZ2441/92, festgestellt, daß die Dosen außen sehr stark verrostet waren und daß es beim Öffnen einer derart verrosteten Dose unvermeidbar ist, daß Rost zum Doseninhalt gelangt.

Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus der glaubwürdigen, in sich widerspruchsfreien und schlüssigen Aussage des einvernommenen Berufungswerbers sowie aus den von ihm unbestritten gebliebenen Feststellungen des Organes der Lebensmittelaufsicht und der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 5 Z. 3 iVm § 20 LMG begeht insbesondere derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 25.000 S zu bestrafen, der - obwohl ihm dies nach dem Stand der Wissenschaft möglich und nach der Verkehrsauffassung nicht unzumutbar ist - Lebensmittel in Verkehr bringt, ohne dafür vorzusorgen, daß diese nicht durch äußere Einwirkung hygienisch nachteilig beeinflußt werden. Unter "Inverkehrbringen" ist gemäß § 1 Abs. 2 LMG ua. auch das Lagern sowie jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere zu verstehen, sofern es zu Erwerbszwecken geschieht.

4.2. Wie das Beweisverfahren ergeben hat, waren die beanstandeten Waren nicht dazu bestimmt, an die Gäste des Gastgewerbebetriebes des Berufungswerbers verabreicht zu werden; dies geht schon daraus hervor, daß der Berufungswerber in seinem Betrieb bisher noch nie derartige Gerichte angeboten hat und wird im Grunde auch von der belangten Behörde nicht bestritten.

Die belangte Behörde meint jedoch, daß allein schon das "Lagern" wertgeminderter Waren - insbesondere mit solchen, die dann im Gastgewerbebetrieb tatsächlich verwendet werden - den Tatbestand des § 74 Abs. 5 Z. 3 LMG erfüllt.

Diese Auffassung trifft nicht zu.

Wie sich aus § 1 Abs. 2 LMG ergibt, müssen alle dort angeführten Tätigkeiten - um den Begriff des Inverkehrbringens zu erfüllen von einem Erwerbszweck (oder von einem - hier nicht maßgeblichen Interesse der Gemeinschaftsversorgung) getragen sein. Dieser liegt jedoch offenkundig nicht vor, wenn das Lebensmittel nur zum privaten Verzehr durch den Berufungswerber bestimmt ist. Allein der Umstand, daß die Ware gemeinsam mit anderen, ihrerseits zu Erwerbszwecken gehaltenen Lebensmitteln gelagert wird, vermag hingegen die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens iSd § 74 Abs. 5 Z. 3 LMG nicht zu begründen.

4.3. Aus diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich noch der Ersatz der Kosten der Untersuchung gemäß § 45 Abs. 2 LMG vorzuschreiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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