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VwSen-240054/2/Gf/La

Linz, 29.11.1993

VwSen-240054/2/Gf/La Linz, am 29. November 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Oö. Verwaltungssenat hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des Ing. H S, vertreten durch RA Dr. G H, vom 15. Oktober 1992 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 24.

September 1992, Zl. SanrB-1/63-1976/78/Vie/Le, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö.

Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG; § 66 Abs. 1 VStG. Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 24. September 1992, Zl. SanrB-1/631976/58/Vie/Le, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt, weil er es als das zur Vertretung einer GmbH nach außen berufene Organ zu verantworten habe, daß am 21. November 1991 Hühnerprodukte durch Lieferung in Verkehr gebracht worden seien, die als mit dem Datum des nächsten Tages abgepackt gekennzeichnet und somit falsch bezeichnet gewesen seien; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 1 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975 idF BGBl.Nr. 226/1988 (im folgenden: LMG), iVm § 3 Z. 9 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 627/1973 (im folgenden: LMKV), begangen, weshalb er zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Rechtsmittelwerber am 1. Oktober 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 15. Oktober 1992 - und damit rechtzeitig - unmittelbar bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß der dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegte Tatvorwurf durch die Wahrnehmungen eines Lebensmittelaufsichtsorganes des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung als erwiesen anzusehen sei. Dem Einwand des Berufungswerbers, daß ein Fehler in der EDV-Anlage bzw. eine Unaufmerksamkeit des seinerzeitigen Betriebsleiters zu der fehlerhaften Kennzeichnung geführt habe, komme insofern keine Berechtigung zu, als daraus lediglich hervorgehe, daß er offensichtlich tatsächlich keine wirksamen Kontrollmechanismen installiert habe, die ein derartiges Fehlverhalten ausschließen würden und daher geeignet wären, ihn von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit als außenvertretungsbefugtes Organ einer GmbH zu befreien.

Bei der Strafbemessung sei eine einschlägige Vormerkung als erschwerend zu berücksichtigen gewesen, während Milderungs gründe nicht hervorgekommen wären.

2.2. Dagegen wendet der Berufungswerber ergänzend - nunmehr unter Vorlage einer entsprechenden Urkunde - ein, daß zum Tatzeitpunkt der seinerzeitige Betriebsleiter formell als verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs. 4 VStG bestellt und daher seine eigene Verantwortlichkeit nicht gegeben gewesen sei, weil nicht ersichtlich wäre, inwiefern ihm ein Verschulden iSd § 9 Abs. 6 VStG angelastet werden könne.

Aus diesem Grund wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Wels-Land zu Zl.

SanRB-1/63-1976; da aus diesem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 9 Abs. 2 VStG sind die zur Vertretung einer juristischen Person nach außen Berufenen ua. berechtigt, für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten zu bestellen; in diesem Fall bleiben die zur Vertretung nach außen Berufenen neben dem verantwortlichen Beauftragen nur dann strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben.

4.2. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt hiezu in ständiger Rechtsprechung die Sichtweise, daß spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens - hiezu zählt (nach h. Auffassung unzutreffend, weil damit dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet wird) auch das Berufungsverfahren - bei der Behörde ein aus der Zeit vor der Übertretung stammender Zustimmungsnachweis des verantwortlichen Beauftragten einlangen muß (vgl. die Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Eisenstadt 1990, 759).

Diesem Erfordernis ist gegenständlich mit der unter einem mit der Berufung erfolgten Vorlage eines entsprechenden schriftlichen, auf den seinerzeitigen Betriebsleiter bezüglichen Bestellungsnachweises entsprochen. Der Oö. Verwaltungssenat lehnt es unter Bedachtnahme auf die gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren maßgebliche Bestimmung des § 39 Abs. 2 letzter Satz AVG sowie im Hinblick auf die Geringfügigkeit der Höhe der verhängten Geldstrafe ab, hiezu ein umfangreiches und nach h. Einschätzung von vornherein aussichtloses Beweisverfahren darüber abzuführen, ob dieser Nachweis tatsächlich etwa nicht aus einer erst nach, sondern schon vor dem Tatzeitpunkt gelegenen Zeitraum stammt; im Zweifel war vielmehr zugunsten des Rechtsmittelwerbers von der Ordnungsgemäßheit der Erstellung dieses Beleges auszugehen (wenngleich auffällt, daß die Urkunde am 16. Oktober 1991 unterfertigt wurde und mit dem 1. November 1991 - also gerade drei Wochen vor der Tat - in Wirksamkeit getreten ist).

Da somit zum Tatzeitpunkt ein verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs. 2 VStG bestellt war und das Verfahren keinen Hinweis darauf ergeben hat, daß er die Tat nicht vorsätzlich verhindert hat, traf den Rechtsmittelwerber also keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit.

4.3. Bei dieser Sachlage war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den Oö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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