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VwSen-240079/2/Gf/La

Linz, 07.12.1993

VwSen-240079/2/Gf/La Linz, am 7. Dezember 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Oö. Verwaltungssenat hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des J L, vertreten durch RA Dr.R F, vom 17. September 1993 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 30. August 1993, Zl. VetR96/14/1991-Mel, zu Recht erkannt:

I. Der vorliegenden Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö.

Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG; § 66 Abs. 1 VStG. Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 30. August 1993, Zl. VetR-96/14/1991-Mel, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt, weil er am 31.

Juli 1991 nach Vöcklabruck eingebrachtes Fleisch ohne die bescheidmäßig vorgeschriebene Kontrolluntersuchung dem Verkauf zugeführt habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 40 Abs. 1 iVm § 50 Z. 16 des Fleischuntersuchungsgesetzes, BGBl.Nr. 522/1982 idF BGBl.Nr. 252/1989 (im folgenden:

FlUG), begangen, weshalb er zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Berufungswerber am 3. September 1993 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 17. September 1993 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß die dem Berufungswerber zur Last gelegte Tat durch entsprechende Wahrnehmungen von Organen der Städtischen Sicherheitswache als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei die Möglichkeit eines Mitverschuldens des Amtstierarztes bzw. der diesen bei der Fleischüberbeschau begleitenden Beamten entsprechend sowie der Umstand der bisherigen Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als strafmildernd berücksichtigt worden.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber vor, daß von einem Verschulden seinerseits nicht ausgegangen werden könne, wenn Feststellungen darüber, warum die Untersuchung unterblieben ist, fehlen. Um ein Verderben der Ware zu verhindern, sei er - in einer Art Notstandsituation - geradezu gezwungen gewe sen, diese ohne vorangehende Untersuchung zu verkaufen. Überdies sei ihm jener Bescheid, mit dem Kontrolluntersuchungen in der Stadt Vöcklabruck eingeführt wurden, nicht zugestellt worden und daher für ihn nicht verbindlich; auch eine entsprechende Verordnung sei nicht ergangen.

Aus diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Linz-Land zu Zl.

VetR-96/14/1991; da bereits aus diesem ersichtlich war, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 40 Abs. 2 bis 4 FlUG kann die Gemeinde anordnen, daß das in ihr Gebiet zum gewerbsmäßigen Verkauf eingebrachte Fleisch einer vorangehenden Kontrolluntersuchung zu unterziehen ist. Nach § 50 Z. 16 iVm § 40 Abs. 1 FlUG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 60.000 S zu bestrafen, der Fleisch vor Durchführung der angeordneten Kontrolluntersuchung dem gewerbsmäßigen Verkauf zuführt.

4.2. Die Bestimmung des § 40 Abs. 2 bis 4 FlUG schreibt der Gemeinde nicht vor, in welcher Rechtsform sie die Festlegung einer Kontrolluntersuchung für ihr Gebiet anzuordnen hat, sondern stellt die Entscheidung darüber offensichtlich in deren Ermessen. Im vorliegenden Fall handelte die Gemeinde Vöcklabruck daher nicht rechtswidrig, wenn sie es für zweckmäßiger erachtet hat, die Kontrolluntersuchung anstelle im Verordnungsweg in Gestalt des von ihr erlassenen Bescheides vom 7. Juni 1988, Zl. II-1/133-1-1988-Sm/K, zu normieren. Da dieser Bescheid - wie aus ON 3) der Zustellverfügung hervorgeht - offensichtlich auch dem Berufungswerber zugestellt wurde, wurde so die Festlegung der Kontrolluntersuchung für in das Gemeindegebiet eingebrachtes und dort dem gewerbsmäßigen Verkauf zugeführtes Fleisch jedenfalls auch dem Rechtsmittelwerber gegenüber wirksam.

4.3. Der Straftatbestand des § 50 Z. 16 FlUG schreibt - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - ein Tätigkeits-, nicht ein Unterlassungsdelikt fest und pönalisiert das Zuführen zum gewerbsmäßigen Verkauf.

Es steht außer Zweifel und wird auch vom Berufungswerber nicht bestritten, daß er sein Fleisch zum Tatzeitpunkt dem gewerbsmäßigen Verkauf zugeführt hat, ohne dieses zuvor der vorgeschriebenen Kontrolluntersuchung zu unterziehen.

Fraglich bleibt allerdings, ob ihn daran auch ein Verschulden im strafrechtlichen Sinn trifft.

Die belangte Behörde führt hiezu in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses aus:

"Die Gründe, warum die notwendige Untersuchung unterblieben ist, konnten anhand der zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht geklärt werden. Diese sind jedoch insofern ohne Belang, als nicht die Unterlassung der Untersuchung als sol che, sondern der Verkauf von nicht kontrolliertem Fleisch unter Strafe gestellt wird. Die besonderen Umstände können lediglich im Rahmen der Strafbemessung Berücksichtigung finden." Damit verkennt die belangte Behörde aber die Rechtslage:

Unabhängig davon, ob dem Beschuldigten ein Tätigkeits- oder Unterlassungsdelikt zur Last gelegt wird, ist jedenfalls Voraussetzung für dessen Strafbarkeit, daß ihm ein Verschulden nachgewiesen werden kann (so schon die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 MRK; vgl. aber auch § 4 StGB und die §§ 5 und 6 VStG).

Wenn die belangte Behörde nach der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses im vorliegenden Fall offensichtlich - trotz der Beweislastumkehr des § 5 Abs. 1 VStG - zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die Verschuldensfrage anhand der zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht geklärt werden konnte, dann bedeutet dies nichts anderes, als daß angesichts dieser Zweifel gemäß Art. 6 Abs. 2 MRK eben zwingend von der Unschuld des Berufungswerbers auszugehen war.

Im Hinblick auf die dem unabhängigen Verwaltungssenat durch Art. 129 B-VG übertragene Funktion der Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung war es mit dessen verfassungsmäßiger Aufgabenstellung hingegen schon von vornherein unvereinbar, bei einer Konstellation wie der vorliegenden etwa anstelle der belangten Behörde - und damit deren Tätigkeit substituierend - gleichsam wie eine Anklagebehörde weitere, allenfalls ein Verschulden des Rechtsmittelwerbers eindeutig belegende Beweise zu ermitteln.

4.4. Aus diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den Oö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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