Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240147/2/Wei/Bk

Linz, 01.07.1996

VwSen-240147/2/Wei/Bk Linz, am 1. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des G W, Geschäftsführer, K, vom 4. September 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 22.

August 1995, Zl. SanRB 96-16-1995, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Lebensmittelgesetz 1975 LMG 1975 (BGBl Nr. 86/1975, zuletzt geändert BGBl Nr.

756/1992) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird in der Schuldfrage teilweise Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich jener Original-Vakuumverpackung mit 6 Stück Berner Würstel, die u.a. als Angaben der Aufklebeetikette "empf. Aufbrauchsfrist: 07.05.95" und "Gewicht in kg: 0,44" enthält, aufgehoben und das Strafverfahren diesbezüglich gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Hingegen wird hinsichtlich der Original-Vakuumverpackung mit 6 Stück Berner Würstel, die u.a. als Angaben der Aufklebeetikette "Abgepackt am: 20.04.95", "empf.

Aufbrauchsfrist: 02.05.95" und "Gewicht in kg: 0,47" enthält, der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses mit der Maßgabe bestätigt, daß als verletzte Rechtsvorschriften der § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 iVm §§ 1 Abs 1, 4 Z 1, Z 5 und Z 7 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (BGBl Nr. 72/1993, zuletzt geändert durch BGBl Nr. 555/1995) zu gelten haben und als Strafnorm der § 74 Abs 5 LMG 1975 anzuwenden ist.

II. Im Strafausspruch wird aus Anlaß der Berufung die nach dem Strafrahmen des § 74 Abs 5 LMG 1975 zu bemessende Geldstrafe auf S 2.000,-- reduziert und gemäß § 16 Abs 1 und 2 VStG für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden festgesetzt.

III. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz ermäßigt sich auf S 200,--. Im Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines weiteren Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens.

Der Berufungswerber hat gemäß § 45 Abs 2 Satz 2 LMG 1975 die Kosten der Lebensmitteluntersuchung durch die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in L für die Probe zu UZ 2327/95 in Höhe von S 312,50 zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, §§ 64 ff VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 22.

August 1995 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie sind handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der P Fleisch Gesellschaft m.b.H., welche im Standort W Nr. die Gewerbeberechtigung für das Handelsgewerbe gemäß § 124 Z. 11 GewO 1994 besitzt und haben es als solcher zu verantworten, daß, wie anläßlich einer am 2.5.1995 um ca. 11.10 Uhr im Hof des Anwesens in S bei S, durchgeführten lebensmittelpolizeilichen Revision festgestellt worden ist, im Lieferwagen mit dem amtlichen Kennzeichen Lenker J G, zwei Original-Vakuumpackungen à 6 Stück Bernerwürstel, die zur Auslieferung an Letztverbraucher bestimmt waren, bereitgehalten bzw. gelagert und somit in Verkehr gebracht wurden, obwohl folgende Kennzeichnungselemente gefehlt haben bzw. mangelhaft angebracht waren:

- die handelsübliche Sachbezeichnung ("Bernerwürstel") - bei Fehlen einer solchen eine Beschreibung, die Rückschlüsse auf Art und Beschaffenheit der Ware ermöglicht, weil lediglich die Sachbezeichnung ("Berner") angebracht war, - das Mindesthaltbarkeitsdatum mit den Worten: "mindestens haltbar bis ...", wenn der Tag genannt wird, weil lediglich die Bezeichnung "empfohlene Aufbrauchsfrist:

02.05.1995 bzw. 7.05.1995" angebracht war und - die Zutaten; dem Verzeichnis der Zutaten ist eine geeignete Bezeichnung voranzustellen, in der das Wort "Zutaten" enthalten ist. Jeder Stoff, der bei der Herstellung einer Ware verwendet wird und unverändert oder verändert im Enderzeugnis vorhanden ist, ist in absteigender Reihenfolge des jeweiligen Gewichtsanteils zum Zeitpunkt der Verwendung bei der Herstellung zu deklarieren; (die Zusatzstoffe - mit Ausnahme der Aromen - sind mit ihrem spezifischen Namen zu deklarieren; gehören sie zu einer der im Anhang II angeführten Klassen, sind sie mit dem Namen dieser Klasse zu bezeichnen, dem der spezifische Name oder die EWG-Nummer zu folgen hat), weil sämtliche Zutaten fehlten." Dadurch erachtete die Strafbehörde "§ 1 Abs. 1 und § 4 Z. 1 und 5 sowie Abs. 7 lit. a und c der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993, BGBl. Nr. 72/1993 i.V.m. § 74 Abs. 4 Z. 1 und Abs. 5 Z. 5 des Lebensmittelgesetzes 1975" als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte "gemäß § 74 Abs.4 Z.1 u. § 74 Abs.5 Z.2 des LMG 1975" eine Geldstrafe von S 3.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden.

Gemäß § 45 Abs 2 LMG 1975 wurde der Ersatz der Kosten für die Untersuchung der Proben durch die Lebensmitteluntersuchungsanstalt in Lim Betrag von S 625,-- auferlegt. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden gemäß § 64 VStG S 300,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw durch Hinterlegung beim Zustellpostamt am 24. August 1995 zugestellt worden ist, richtet sich die am 5. September 1995 rechtzeitig zur Post gegebene Berufung vom 4. September 1995, mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt wird.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Am 2. Mai 1995 um ca 11.10 Uhr wurde der Fahrverkäufer J G der Firma P Fleisch Gesellschaft m.b.H., W, lebensmittelpolizeilich kontrolliert, als er im Hof des Anwesens G bei S, Fleisch und Wurstwaren aus einem weißen Ford-Lieferwagen, Kennzeichen zum Verkauf feilbot. Das Aufsichtsorgan nahm dabei zwei amtliche Lebensmittelproben "Berner Würstel" zu je 6 Stück in Original-Vakuumverpackungen mit Aufklebeetikette, um sie von der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in L untersuchen zu lassen. Nach den Probebegleitschreiben des Lebensmittelaufsichtsorgans wurde die Ware im Lieferwagen ohne Kühlung bei einer Temperatur von 14 Grad C gelagert.

Die amtlichen Untersuchungszeugnisse je vom 28. Juni 1995, Zlen. UZ 2327/1995 und UZ 2328/1995, gehen davon aus, daß die Proben der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (LMKV 1993) unterliegen und verweisen auf mangelhafte Kennzeichnung, weil die handelsübliche Sachbezeichnung "Bernerwürstel", das Mindesthaltbarkeitsdatum, im Fall der Probe UZ 2328/1995 die Lagerbedingungen, sowie die Angabe der Zutaten fehlte.

Die Aufklebeetikette zur Probe UZ 2328/1995 enthielt folgende Angaben:

Sachbezeichnung Berner; Abgepackt am: keine Datumsangabe; empf. Aufbrauchsfrist: 7.05.95; Preis p. kg: 139,--; Gewicht in kg: 0,44; Preis inkl. MWSt: 62,--.

Die Aufklebeetikette zur Probe UZ 2327/1995 enthielt folgende Angaben:

Sachbezeichnung Berner; Abgepackt am: 20.04.95; empf.

Aufbrauchsfrist: 02.05.95; Preis p. kg: 139,--; Gewicht in kg: 0,47; Preis inkl. MWSt: 65,--.

Sie enthielt ferner den Hinweis: Vakuumpackung lagern bei +4 bis +6 Grad C. Bei Verletzung der Packung bitte sofort öffnen.

2.2. Mit Strafverfügung vom 18. Juli 1995 hat die belangte Behörde dem Bw die Tat wie im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen. Im dagegen erhobenen Einspruch vom 28. Juli 1995 berief sich der Bw auf die Ausnahme von der Lebensmittelkennzeichnungspflicht bei kurzfristiger Lagerung für die unmittelbare Abgabe an Letztverbraucher nach § 2 LMKV 1993. Die vakuumverpackten Berner Würstl wären lediglich in Kleinstmengen für die Abgabe an einem Tag vorbereitet worden. Die Etiketten hätte man nur "pro forma" für interne Hilfszwecke angebracht.

Die belangte Strafbehörde teilte diese Argumentation nicht.

Sie verwies begründend auch auf einen Erlaß des Bundesministeriums für Gesundheit und Konsumentenschutz vom 17.2.1995, GZ. 31.901/15-III/B/12/95, nach dem von einer kurzfristigen Lagerung nur gesprochen werden könnte, wenn sie einen Zeitraum bis etwa 3 Stunden umfaßt. Außerdem bezweifelte sie die Richtigkeit der Behauptungen im Einspruch unter Hinweis auf jene Probe Berner Würstel, die nach dem Etikett am 20. April 1995 verpackt wurden und erst zur empfohlenen Aufbrauchsfrist am 2. Mai 1995 verkauft werden sollten.

2.3. In seiner Berufung verweist der Bw zunächst auf das h.

Erkenntnis vom 27. April 1995, Zl. VwSen-240103/2/Gf/Km, und auf eingeholte Informationen bei Innung und Fachverband. Die P Fleisch Ges.m.b.H. sei in besonderer Weise spezialisiert, Frischware zu verkaufen, weshalb man Vakuumverpackungen zur Haltbarmachung vermeide. Lediglich Berner Würstel seien eine Ausnahme, was einen praktischen Hintergrund habe. Um die die Würstel umhüllenden Speckscheiben verlierfest zu machen, verwende man zur besseren Handhabung der Verkaufsvorbereitung die Vakuumhülle. Die früher verwendeten Zahnstocher hätten das Verpackungspapier beschädigt. Der Bw sei mit gutem Grund der Ansicht, daß für diesen speziellen Anwendungsfall § 2 LMKV 1993 zur Anwendung komme.

Die Berufung rügt in weiterer Folge Ungenauigkeiten und fehlerhafte Zitate. Zum strafbehördlich zitierten Erlaß vom 17. Februar 1995 meint der Bw, daß die 3 Stundenfrist nicht im Erlaß stehe, sondern eine interne Ansicht des Amtes der o.ö. Landesregierung im Rundschreiben vom 10. März 1995 darstelle. Die Innung sei anderer Ansicht. Die Begrenzung der Lagerung auf 3 Stunden sei völlig praxisfremd und unbegründet. Das interne Schreiben vom 10. März 1995 wäre dem Bw nicht bekannt gewesen. Zu beanstanden sei, daß sich die Verwaltungsbehörde selbst Auslegungsspielräume zurecht richte. Der Bw habe sich über die branchenüblichen Gepflogenheiten bei seiner Fachgruppe bzw Innung im umfangreichen Maße informiert und hätte die Erkenntnis gewonnen, daß sein Verhalten richtig war. Er beabsichtige der Frischdienst-Philosophie treu zu bleiben und berufe sich auf den durch § 2 LMKV geschaffenen Freiraum.

Die Ware stünde immer unter Aufsicht des Verkäufers. Sie wäre nicht für den Versand oder den Selbstbedienungsbetrieb vorgesehen gewesen. Lediglich zur besserer Orientierung des Verkäufers habe man gewisse eigene interne Kennzeichnungen angebracht. Daraus einen Tatvorwurf abzuleiten wäre ebenso unbegründet, wie die Ausnahmeregelung auf 3 Stunden zu begrenzen. Der Bw habe sich aus seiner Sicht absolut gesetzeskonform verhalten.

2.4. Die belangte Strafbehörde hat ihren Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt und beantragt, der Berufung keine Folge zu geben, weil die gegenständliche Verwaltungsübertretung offenkundig wäre.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung der Berufung festgestellt, daß der wesentliche Sachverhalt unbestritten ist und nur Rechtsfragen strittig sind. Deshalb konnte im Rahmen des Berufungsverfahrens vom oben dargestellten Sachverhalt ausgegangen werden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Die belangte Strafbehörde hat als verletzte Rechtsvorschriften den § 74 Abs 4 Z 1 LMG 1975 und den § 74 Abs 5 Z 5 (Z 5 gibt es nicht, richtig wäre Z 2) LMG 1975 genannt. Die unübersichtlichen Blankettstrafnormen des § 74 Abs 4 und 5 LMG 1975 sehen auch verschiedene Strafrahmen vor.

Nach dem § 74 Abs 4 LMG 1975 begeht im Falle der Ziffer 1 eine Verwaltungsübertretung und ist wie nach Abs 1 (Geldstrafe bis zu S 50.000,--) zu bestrafen, wer den Bestimmungen einer auf Grund des § 10, des § 12 Abs 2 hinsichtlich der Deklaration von Zusatzstoffen, des § 16 Abs 4 hinsichtlich vorgeschriebener Bezeichnungen, der §§ 21, 27 Abs 1, 29, 30 Abs 5 oder 33 Abs 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

Nach § 74 Abs 5 LMG 1975 begeht im Falle der Ziffer 2 eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu S 25.000,-- zu bestrafen, wer den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 15 Abs 7 oder 8 lit a oder b, 19 oder 31 Abs 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

Die verfahrensrelevante LMKV 1993 wurde nach ihrer Präambel auf Grund der §§ 7 Abs 2, 10 Abs 1 und 19 Abs 1 LMG 1975 erlassen. Sie hat demnach ihre Grundlage in gesetzlichen Vorschriften, die entweder unter die Blankettstrafnorm des § 74 Abs 4 Z 1 oder unter die des § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 fallen. Im Hinblick auf zwei in Betracht kommende gesetzliche Strafbestimmungen mit verschiedenen Strafrahmen muß bei Heranziehung von Gebots- oder Verbotsnormen der LMKV 1993 genau differenziert werden, welche Bestimmung auf welcher gesetzlichen Grundlage beruht. Dies hat die belangte Strafbehörde unterlassen. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurden einfach beide Strafnormen angegeben. Der Begründung ist zu entnehmen, daß die belangte Behörde den verwiesenen Strafrahmen des § 74 Abs 4 LMG 1975 (Geldstrafe bis zu S 50.000,--) herangezogen hat.

Die Gebotsnormen des § 4 LMKV 1993 betreffen erkennbar die bloße Kennzeichnung von verpackten Waren, die für den Letztverbraucher bestimmt sind (vgl § 1 Abs 1 LMKV 1993).

Sie haben ihre gesetzliche Grundlage im § 19 LMG 1975, der die Kennzeichnung von Lebensmitteln, Verzehrprodukten und Zusatzstoffen regelt und eine Verordnungsermächtigung enthält. Hingegen ermächtigt der § 10 LMG 1975 den Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz besondere Vorschriften für das Inverkehrbringen mit Verordnung zu erlassen, die zur Sicherung einer einwandfreien Nahrung oder zum Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsschädigung oder Täuschung geboten sind. Dabei geht es an sich nicht um bloße Kennzeichnungsvorschriften. Beim Schutz des Verbrauchers vor Täuschung bestehen aber fließende Übergänge zur Kennzeichnung. Die LMKV 1993 gibt demnach auch den § 10 LMG 1975 als gesetzliche Grundlage an. Der belangten Behörde ist einzuräumen, daß der Gesetzgeber eine ziemlich ungenaue und unübersichtliche Technik gewählt hat, indem er sich teilweise überschneidende Verordnungsermächtigungen und für Zuwiderhandlungen verschiedene Blankettstrafbestimmungen vorgesehen hat.

Der gegenständlich maßgebliche § 4 LMKV 1993 regelt jedenfalls nur die Kennzeichnung iSd § 19 LMG 1975. Deshalb hätte die belangte Behörde von vornherein nur die Strafnorm des § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 heranziehen dürfen. Der nach dem § 74 Abs 5 LMG 1975 für alle angeführten Ziffern einheitliche Strafrahmen sieht Geldstrafen bis zum Betrag von S 25.000,-- vor. Nach dem § 4 LMKV 1993 haben verpackte Waren, sofern die §§ 5 bis 7 dieser Verordnung nichts anderes bestimmen, bestimmte Kennzeichnungselemente zu enthalten, die in mehreren Ziffern ausführlich beschrieben werden. Im Straferkenntnis hat die belangte Behörde die Verletzung der Kennzeichnungsvorschriften nach § 4 Z 1 betreffend die handelsübliche Sachbezeichnung, nach § 4 Z 5 betreffend das Mindesthaltbarkeitsdatum und nach § 4 Z 7 betreffend die Zutaten (Bestandteile und Zusatzstoffe) vorgeworfen, wobei der Verordnungstext teilweise in den Spruch aufgenommen wurde.

4.2. Strittig ist im gegebenen Zusammenhang die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 2 LMKV 1993. Nach dieser Bestimmung gilt die LMKV 1993 nicht für Waren, die in Gegenwart des Verkäufers verpackt werden, und ebensowenig für zur Verkaufsvorbereitung verpackte Waren, wenn diese nur zur kurzfristigen Lagerung für die unmittelbare Abgabe an den Letztverbraucher, ausgenommen Selbstbedienung, bestimmt sind.

Die belangte Strafbehörde verweist zur Auslegung des Merkmals "zur kurzfristigen Lagerung für die unmittelbare Abgabe an den Letztverbraucher" auf einen für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht verbindlichen Erlaß des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz vom 17. Februar 1995, GZ 31.901/15-III/B/12/95, der nach der Aktenlage mit dem Rundschreiben der Sanitätsabteilung des Amtes der o.ö.

Landesregierung vom 10. März 1995, SanLP-010013/44-1995-Wa/Vie, bekanntgemacht wurde. Dabei wird die Ansicht vertreten, daß nur ein Zeitraum bis etwa 3 Stunden dieses Merkmal erfülle.

Der erkennende Verwaltungssenat teilt diesen pauschalen Standpunkt nicht. Eine plausible Begründung für die Beschränkung der Lagerung von zur Verkaufsvorbereitung verpackter Ware auf ausgerechnet 3 Stunden ist nicht erkennbar. Art 12 der EG-Etikettierungsrichtlinie, der den Mitgliedsstaaten die nicht zwingende Kennzeichnungsregelung in Fällen der direkten Abgabe an den Konsumenten überläßt, spricht von Lebensmitteln, die im Hinblick auf ihren unmittelbaren Verkauf an den Endverbraucher vorverpackt werden. Aus der Bezugnahme auf die unmittelbare Abgabe von Waren an Konsumenten und aus dem Ausschluß der Selbstbedienung ist abzuleiten, daß grundsätzlich Waren gemeint sind, die für den Kunden direkt im Wege eines Gesprächs mit einem Verkäufer, sei es in einem Geschäftslokal oder an einem Marktstand, feilgeboten werden.

In der Natur der Sache liegt auch, daß im Zusammenhang mit der unmittelbaren Abgabe an Letztverbraucher nur eine kurzfristige Lagerung der zu diesem Zweck vorverpackten Ware für Stunden, nicht aber für Tage in Betracht kommen kann.

Die zulässige Dauer dieser kurzfristigen Lagerung ergibt sich nach den Umständen des Einzelfalls aus einer praxisorientierten Beurteilung. Dabei darf kein kleinlicher Maßstab angelegt werden, zumal bei dieser Abgabe an Letztverbraucher ohnehin stets der persönliche Kontakt zwischen Kunden und Verkäufer vorausgesetzt wird. Deshalb ist mit Barfuß/Smolka/Onder, Lebensmittelrecht, 2. A, Teil II A Kennzeichnungsrecht, Kommentar zur LMKV, 56, davon auszugehen, daß die Verkaufsvorbereitung auch am Vortag zulässig und zweckmäßig sein kann, wenn Waren für die Abgabe nach Geschäftseröffnung verpackt werden, um die am folgenden Tag zu erwartende Nachfrage rasch befriedigen zu können.

4.3. Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall unter Berücksichtigung des unwiderlegten Vorbringens des Bw an, so muß eingeräumt werden, daß der geschilderte praktische Hintergrund der in Vakuumhüllen zur Verkaufsvorbereitung verpackten Berner Würstel als einleuchtend und lebensnah anzusehen ist. Wenn die Vakuumpackung dabei neben dem Zweck, die Speckhülle verlierfest zu machen, auch der besseren Haltbarkeit diente, ist dies einerseits kein Nachteil für den Konsumenten und spricht diese Verpackungsart andererseits auch nicht von vornherein gegen die Einlassung des Bw zur unmittelbaren Abgabe an Letztverbraucher. Im Hinblick auf die oben vertretene Auslegung des § 2 LMKV 1993 hat der erkennende Verwaltungssenat auch keine Bedenken, wenn die Berner Würstel etwa am Vortag für die Feilbietung durch Fahrverkäufer am nächsten Tag vakuumverpackt werden. Eine solche Vorgangsweise entspricht durchaus den praktischen Bedürfnissen bei Auslieferung von Frischware an Letztverbraucher. Soweit in tatsächlicher Hinsicht keine weiteren Anhaltspunkte gegen die Annahme eines Ausnahmefalles nach § 2 LMKV 1993 vorliegen, beruft sich der Bw mit Recht darauf, daß die Kennzeichnungsvorschriften nicht anwendbar sind und die mangelhafte Etikettierung daher nicht strafbar sein kann.

Im Fall der 6 vakuumverpackten Berner Würstel zur UZ 2327/95 folgt allerdings aus dem Inhalt der vom Hersteller, der Firma P Fleisch Gesellschaft m.b.H., angebrachten Aufklebeetikette, daß kein Ausnahmefall nach dem § 2 LMKV 1993 vorliegen kann. Diese Ware wurde nach der Kennzeichnung bereits am 20. April 1995 abgepackt. Als empfohlene Aufbrauchsfrist wurde der 2. Mai 1995, der Tag der Beanstandung durch das Lebensmittelaufsichtsorgan, angegeben. Es handelte sich demnach eindeutig nicht um eine kurzfristig vorverpackte Frischware zum unmittelbaren Verkauf an den Konsumenten. Der Bw hat bezeichnenderweise zu diesem strafbehördlichen Vorwurf nicht Stellung bezogen.

Im Ergebnis war daher zwischen den beiden Vakuumpackungen mit Berner Würstel zu differenzieren. Bei der Packung, die kein Verpackungsdatum enthält, die empfohlene Aufbrauchsfrist aber mit 7. Mai 1995 angibt, konnte nach der Aktenlage nicht nachgewiesen werden, daß eine über den Rahmen des § 2 LMKV 1993 hinausgehende Lagerung der vorverpackten Ware vorgelegen hätte. Deshalb war insofern der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis einzuschränken und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG teilweise einzustellen. Im übrigen war der Schuldspruch mit den angeführten Korrekturen zu bestätigen.

4.4. Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde unwidersprochen von einem monatlichen Einkommen in Höhe von S 20.000,--, von der Teilhaberschaft an einem Handelsbetrieb und von fehlenden Sorgepflichten aus. Im Rahmen der Strafzumessung war nunmehr zu berücksichtigen, daß ein Teil des Schuldspruches entfiel und daß die belangte Behörde wie oben näher dargelegt - von einem überhöhten Strafrahmen ausgegangen ist. Der anzuwendende Strafrahmen des § 74 Abs 5 LMG 1975 sieht eine Geldstrafe bis S 25.000,-- vor.

Straferschwerend war eine einschlägige rechtskräftige Übertretung des § 4 Z 2 LMKV 1993 wegen Unterlassung der Angabe des Namens und Sitzes des erzeugenden Unternehmens auf den in Verkehr gebrachten Verpackungen. Das erstbehördliche Straferkenntnis vom 24. Mai 1994, Zl.

SanRB 96-14-1994, wurde mit h. Erkenntnis vom 21. Juni 1994, VwSen-240094/2/Gf/Km, im Schuldspruch bestätigt. Die Strafe wurde auf S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 13,5 Stunden) reduziert.

Im Hinblick auf die einschlägige Vorstrafe des Bw, das Fehlen von Milderungsgründen und den Umstand, daß die bereits am 20. April 1995 erfolgte Verpackung der Berner Würstel eine grobe Überschreitung der kurzfristigen Lagerung iSd § 2 LMKV um ein Vielfaches bedeutete, erscheint dem erkennenden Verwaltungssenat nunmehr die noch unter 10 % des Strafrahmens liegende Geldstrafe in Höhe von S 2.000,-- als tat- und schuldangemessen. Diese Strafhöhe ist auch notwendig, um den Bw von weiteren einschlägigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Die persönlichen Verhältnisse des Bw erforderten keine Abstriche. Die nach § 16 Abs 1 und 2 VStG festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe wäre im angemessenen Verhältnis zur Primärstrafe mit 27 Stunden (etwa 8 % des Ersatzfreiheitsstrafrahmens von 2 Wochen) zu bemessen gewesen. Da die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis lediglich 20 Stunden festsetzte, war diese Ersatzfreiheitsstrafe im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot zu bestätigen.

5. Bei diesem Ergebnis hat der Bw gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz 10 % der verhängten Strafe, das sind S 200,--, zu leisten. Im Berufungsverfahren entfällt gemäß § 65 VStG die Verpflichtung zur Leistung eines weiteren Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens.

Gemäß § 45 Abs 2 Satz 2 LMG 1975 war dem beschuldigten Bw im Straferkenntnis der Ersatz der Kosten der Untersuchung an die Untersuchungsanstalt vorzuschreiben. Im Hinblick auf das Ergebnis des Berufungsverfahrens durften der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in L nur die Kosten der dem Schuldspruch zugrundeliegenden Untersuchung der Probe zu UZ 2327/95 in Höhe von S 312,50 zugesprochen werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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