Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240323/2/Wei/Bk

Linz, 29.12.1999

VwSen-240323/2/Wei/Bk Linz, am 29. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des C, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 19. Oktober 1998, Zl. SanRB 96-95-1-1998-Ne, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 74 Abs 5 Z 2 Lebensmittelgesetz 1975 - LMG 1975 (BGBl Nr. 86/1975 idF BGBl I Nr. 63/1998) iVm § 4 LMKV 1993 (BGBl Nr. 557/1993 idF BGBl Nr. 555/1995) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 19. Oktober 1998 wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 14.7.1998 in Ihrem Kaufhaus, im Verkaufsraum, in , ein verpacktes Lebensmittel entgegen der Kennzeichnungspflicht gemäß § 4 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (LMKV) ohne die gemäß § 4 Z. 1, 2, 3a, 4, 5, 6 und 7 vorgeschriebenen Kennzeichnungselemente durch Feilhalten in Verkehr gebracht, weil auf der bei der lebensmittelpolizeilichen Revision am 14.7.1998 in Ihrem Kaufhaus, in , im Verkaufsraum, vorgefundenen Packung 'B'

  1. die handelsübliche Sachbezeichnung
  2. der Name und die Anschrift der erzeugenden oder verpackenden Unternehmung
  3. die Nettofüllmenge
  4. das Los (Charge)
  5. der Zeitpunkt bis zu dem die Ware ihre spezifischen Eigenschaften behält (Mindesthaltbarkeitsdatum)
  6. die Lagerbedingungen und
  7. die Zutaten fehlten."

Dadurch erachtete die belangte Behörde den § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 iVm §§ 1 Abs 1 und 4 Z 1, 2, 3a, 4, 5, 6 und 7 LMKV 1993 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung "gemäß § 74 Abs. 5 Z. 2 LMG 1975" (gemeint: Strafrahmen des § 74 Abs 5 LMG 1975) eine Geldstrafe von S 3.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 300,-- (10 % der Geldstrafe) und als Barauslagen S 337,50 für Untersuchungskosten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 22. Oktober 1998 zu eigenen Handen zugestellt worden ist, richtet sich die gegenständliche Berufung vom 5. November 1998, die am 6. November 1998 und damit rechtzeitig bei der belangten Behörde einlangte. Die Berufung bekämpft erkennbar den Schuldspruch und beantragt Straffreiheit.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Mit Anzeige vom 11. August 1998 berichtete das Lebensmittelaufsichtsorgan über eine lebensmittelpolizeiliche Revision im Betrieb des Bw in am 14. Juli 1998, bei der eine amtliche Probe (1 Packung) des nicht gekennzeichneten Käses "B" entnommen und der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz zur Begutachtung übermittelt wurde. Das amtliche Untersuchungszeugnis vom 3. August 1998, UZ 004086/1998, spricht von einem rechteckigen, schnittfesten und hellgelben Käsestück mit unregelmäßiger Lochung in farbloser Schrumpffolie. Die sensorische und chemisch-physikalische Untersuchung ergab keine Mängel. Im Gutachten wird beanstandet, dass die Probe als verpacktes Lebensmittel nicht die Kennzeichnungselemente iSd § 4 Z 1 bis 7 LMKV 1993 aufwies.

Die belangte Behörde erließ daraufhin die Strafverfügung vom 17. August 1998, die dem Bw ein Tatverhalten wie im angefochtenen Straferkenntnis anlastete. Dagegen erhob der Bw mündlich Einspruch, der am 31. August 1998 niederschriftlich festgehalten wurde. Er gab zwar zu, dass die beanstandete Packung der Käsesorte nicht gekennzeichnet war, erklärte aber gleichzeitig, dass zur Verkaufsvorbereitung vorverpackt worden wäre, um Einkaufsspitzen besser zu bewältigen. Der Käse wäre vom Verkaufspersonal abgegeben und nicht zur Selbstbedienung feilgehalten worden. § 2 LMKV 1993 gelte nicht für zur Verkaufsvorbereitung verpackte Waren. Da der Käse nur kurzfristig gelagert worden wäre und zur unmittelbaren Abgabe an Letztverbraucher bestimmt war, läge kein strafbarer Tatbestand vor.

2.2. Die belangte Behörde holte zu dieser Verantwortung die Stellungnahme des Lebensmittelaufsichtsorgans für den Bezirk Rohrbach vom 16. September 1998, Zl. SanLA-96-1328/0010/Ma-0022/23/24-1998, ein. Dieses brachte vor, dass zum Zeitpunkt der Probeziehung (am 14.07.1998 von 10.28 bis 10.44 Uhr) von den beprobten Käsesorten 14 Packungen vorhanden gewesen wären. Dazu wären noch andere Packungen gekommen, die nicht als Probe gezogen wurden. Der Bw hätte außerdem telefonisch erklärt, dass die Käsesorten vor der Öffnung des Lebensmittelmarktes und damit vor 07.30 Uhr vorbereitet werden, um genügend Vorrat für Spitzenzeiten zu haben, weil das Personal sonst überfordert wäre.

Das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz (BMGK) habe mit Schreiben vom 17. Februar 1995, Zl. 31.901/15-III/B/12/95, für die Verkaufsvorbereitung verpackter Waren einen Zeitraum von bis zu drei Stunden festgesetzt. Dieser Zeitraum der kurzfristigen Lagerung wäre bereits bei der Probeziehung überschritten gewesen, weshalb die Anzeige nach der LMKV 1993 zu Recht erfolgt wäre. Schon bei früheren Revisionen wäre auf das Problem hingewiesen und der Bw aufgeklärt worden. Anzeige wäre anlässlich einer Revision am 17. April 1998 wegen desselben Problems erstattet worden. Im Markt des Bw in H würde die Kennzeichnung von verpacktem Käse kein Problem darstellen.

In der Beilage übermittelte das Lebensmittelaufsichtsorgan das Schreiben des Amtes der Oö. Landesregierung vom 10. März 1995, Zl. SanLP-010013/44-1995-Wa/Vie, an Bezirkshauptmannschaften und Magistrate sowie die Aufgabengruppe Lebensmittelpolizei. Der Inhalt dieses Rundschreibens lautet:

"Das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz hat am 17.2.1995, GZ. 31.901/15-III/B/12/95, aus gegebenem Anlaß folgendes mitgeteilt:

§ 2 LMKV lautet: 'Die Verordnung gilt nicht ....... für zur Verkaufsvorbereitung verpackte Waren, wenn diese nur zur kurzfristigen Lagerung für die unmittelbare Abgabe an den Letztverbraucher, ausgenommen Selbstbedienung, bestimmt sind.'

Der Verordnungstext spricht von kurzfristiger Lagerung auch in Verbindung mit Artikel 12 der EG-Etikettierungsrichtlinie 79/112 ' .... im Hinblick auf ihren unmittelbaren Verkauf vorverpackt werden' ist festzustellen, daß nach ho. Ansicht eine kurzfristige Lagerung einen Zeitraum bis etwa 3 Stunden umfaßt."

2.3. Mit Eingabe vom 3. Oktober 1998 erstattete der Bw eine Gegenäußerung, in der er das Telefonat mit dem Lebensmittelaufsichtsorgan am 16. September 1998 grundsätzlich bestätigte. Er ersuchte um Verständnis für seine Situation, wonach die Anschaffung einer Etikettenwaage, mit der die lückenlose Umsetzung der LMKV möglich und verkaufstechnisch sinnvoll sei, aus finanziellen Gründen noch nicht möglich wäre. Zur Situation in P habe der Bw auch dargelegt, dass bereits ab 06.00 Uhr in der Früh Verkaufsvorbereitungen getroffen werden, wobei der Frischwarenbereich Obst und Gemüse, Frischfleisch, Wurst, Käse und Molkereiprodukte betroffen wären. In diesem Zusammenhang habe der Bw aber nicht gesagt, dass vor Geschäftsöffnung Käse vorverpackt werde. Dies habe das Lebensmittelaufsichtsorgan auf Grund seiner Schilderung nur angenommen. Er schließe aber nicht aus, dass im Zuge der Vorportionierung im Fleisch- und Wurstbereich auch Käsestücke vorverpackt werden. Diese Tätigkeit diene jedenfalls ausschließlich dazu, das Vormittagsgeschäft ohne zusätzliches Verkaufspersonal zu bewältigen und entsprechend zufriedenstellende Käseumsätze zu erzielen. Der Bw betreibe in P nur ein kleines Nahversorgungsgeschäft, einen sog. "Tante-Emma-Laden", der noch ein Vollsortiment an Artikeln des täglichen Bedarfs anbietet. Die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen ließen aber längst keine finanziellen Spielräume mehr zu. Nur in den sensiblen Frischwarebereichen wäre die Personalbesetzung kostentechnisch zu verantworten. Die vorverpackten Käsesorten habe das Lebensmittelaufsichtsorgan aus einer der Bedienungsvitrinen entnommen.

Die Vorbereitung von Käsestücken träfe nur auf das kleine Geschäft in P zu, wo kein zusätzliches Personal für den Verkauf von Käse eingestellt werden könnte. Der Bw könne die Bezeichnung als Lebensmittelmarkt durch das Lebensmittelaufsichtsorgan nicht akzeptieren. Dadurch werde ein unzulässiger Vergleich zu dem in H betriebenen Lebensmittelmarkt zur Begründung für leicht Machbares hergestellt. In H werde auf einer gemieteten Fläche von 500 m2, die vom Großhandelshaus P errichtet und finanziert wurde, ein Markt betrieben. Die vom Lebensmittelaufsichtsorgan angeführten früheren Revisionen hätte sich entgegen dessen Behauptung nicht mit demselben Problem befasst.

Die Bestimmungen der LMKV sollten dem Konsumenten und nicht für haarspalterische Verfolgungen dienen. Als Beispiel führt der Bw an, dass auf- und vorgeschnittene Wurst, portioniertes Frischfleisch sowie unverpackter vorportionierter Käse nicht der LMKV unterliegen, egal wie lange die Vorbereitungen zurückliegen. Ein in Klarsichtfolie, hygienisch einwandfrei eingeschlagenes Stück Käse, das appetitlich und frisch präsentiert und in Bedienung mit Fachwissen abgegeben wird, unterliege der LMKV, wenn es in drei Stunden nicht verkauft ist.

Der Bw ersuchte die belangte Behörde, bei ihrer Entscheidung auch die praktische Machbarkeit der Umsetzung verschiedener Bestimmungen zu berücksichtigen. Das Lebensmittelaufsichtsorgan hätte auch Verständnis dafür gezeigt, dass Nahversorgungsbetriebe Investitionen, die für Großkonzerne alltäglich und leicht finanzierbar wären, nur mit äußerster Anstrengung verkraften könnten. Abschließend ersuchte der Bw noch einmal um ein Einsehen und Verständnis für seine Situation.

2.4. Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge das angefochtene Straferkenntnis vom 19. Oktober 1998, in dem es die wesentliche Aktenlage und die einschlägigen Bestimmungen wiedergab. Sie bezweifelte den Umstand, dass es sich im gegenständlichen Fall um zur Verkaufsvorbereitung vorverpackten Waren iSd § 2 LMKV 1993 handelte, nicht. Sie verwies allerdings auf die zum Begriff "kurzfristig" vertretene Auslegung des BMGK, wonach damit nur ein Zeitraum von bis zu drei Stunden gemeint wäre, welcher bereits bei der Probeziehung am 14. Juli 1998 von 10.28 bis 10.44 Uhr überschritten gewesen wäre. Die LMKV wäre daher anzuwenden gewesen. Rein wirtschaftliche Interessen könnten eine Verletzung der Bestimmungen des Lebensmittelrechts nicht entschuldigen.

2.5. In der Berufung wird zunächst behauptet, dass nicht der BMGK die kurzfristige Lagerung mit bis etwa 3 Stunden verstanden wissen wollte, sondern, dass diese Ansicht im Schreiben der Oö. Landesregierung (gemeint: des Landeshauptmannes) vom 10. März 1995, SanLP-010013/44-1995-Wa/Vie, auf Anfrage der Lebensmittelpolizei vertreten worden wäre. Der Zusatz "etwa" könne nur bedeuten, dass eine minuziöse Festlegung unzulässig sei.

Im Übrigen bestreitet der Bw in tatsächlicher Hinsicht, dass der Zeitraum der kurzfristigen Lagerung bereits bei Probeziehung überschritten worden wäre. Die Mutmaßung, 14 vorverpackte Käsestücke könnten innerhalb einer kurzfristigen Lagerung nicht verkauft werden, sei haltlos und inakzeptabel. Allein durch die Anwesenheit des Lebensmittelaufsichtsorgans könne eine vorschriftswidrige Lagerung über den Zeitraum von 3 Stunden hinaus nicht nachgewiesen werden. Eine mögliche Vorverpackung von Käsestücken ab 06.00 Uhr bedeutete natürlich nicht, dass diese Käsestücke über die kurzfristige Lagerdauer hinaus in der Verkaufsvitrine vorhanden wären. Selbstverständlich werde laufend Ware verkauft, weshalb die Frist für jedes Käsestück erst zu laufen beginne, wenn es verpackt wurde. Schließlich verkaufe er als ordentlicher Kaufmann nach dem "first in first out" - Prinzip. Die LMKV wäre daher im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden.

Zu den angenommenen Erschwerungsgründen erklärt der Bw noch einmal, dass er wegen Übertretung der Bestimmungen der LMKV am Standort weder angezeigt noch bestraft worden wäre. Die Strafbemessung bezeichnete er als skandalös, weil für eine einzige Überprüfung drei Mal S 3.000,-- angesetzt wurden (vgl Parallelverfahren VwSen-240322 und 240324). Eine so hohe Strafe für die strittige Verletzung einer Bestimmung zu verhängen, die im gegenständlichen Fall ohne jede negative Auswirkung auf den Konsumenten bliebe, sei wirtschaftlich nicht zumutbar und ohne jeden Praxisbezug. Das strafbehördlich angenommene Nettoeinkommen von S 20.000,-- wäre auch falsch. Im Jahr 1997 hätte er negative Einkünfte von S 129.618,-- gehabt.

2.6. Die belangte Strafbehörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt und im Begleitschreiben u.a. auf die Stellungnahmen des Lebensmittelaufsichtsorgans verwiesen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt schon aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Berufung abzuleiten ist und hinlänglich geklärt erscheint, weshalb ein weiteres Beweisverfahren entbehrlich war.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs 5 LMG 1975 idF BGBl I Nr. 63/1998 begeht im Fall der Ziffer 2 eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen,

wer den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 15 Abs 7 oder 8 lit a oder b, 19 oder 31 Abs 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

Die LMKV 1993 wurde nach ihrer Präambel auf Grund der §§ 7 Abs 2, 10 Abs 1 und 19 Abs 1 LMG 1975 erlassen. Sie hat demnach ihre Grundlage in gesetzlichen Vorschriften, die entweder unter die Blankettstrafnorm des § 74 Abs 4 Z 1 oder unter die des § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 fallen. Im Hinblick auf zwei in Betracht kommende gesetzliche Strafbestimmungen mit verschiedenen Strafrahmen muss bei Heranziehung von Gebots- oder Verbotsnormen der LMKV 1993 differenziert werden, welche Bestimmung auf welcher gesetzlicher Grundlage beruht.

Im vorliegenden Fall geht es um die Kennzeichnung von verpackten Waren, die für den Letztverbraucher bestimmt sind. Die gesetzliche Grundlage für Gebotsnormen ist insofern der § 19 LMG 1975, weshalb die Strafnorm des § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 heranzuziehen war. Nach § 4 LMKV 1993 haben verpackte Waren, die iSd § 1 Abs 1 LMKV 1993 ohne weitere Verarbeitung für den Letztverbraucher bestimmt sind, die in mehreren Ziffern bestimmten Kennzeichnungselemente zu enthalten, sofern die §§ 5 bis 7 nicht anderes bestimmen. Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die Kennzeichnungselemente nach § 4 Z 1, 2, 3a, 4, 5, 6 und 7 LMKV 1993 nicht vorhanden waren. Auch die Umstände der Verpackung (vgl § 1 Abs 2) und des Inverkehrbringens im Wege der Abgabe an den Letztverbraucher (vgl § 1 Abs 1) sind nicht strittig.

4.2. Unterschiedliche Auffassungen bestehen aber zur Ausnahmevorschrift nach § 2 LMKV 1993. Nach dieser Bestimmung gilt die LMKV 1993 nicht für Waren, die in Gegenwart des Käufers verpackt werden, und für zur Verkaufsvorbereitung verpackte Waren, wenn diese nur zur kurzfristigen Lagerung für die unmittelbare Abgabe an den Letztverbraucher, ausgenommen Selbstbedienung, bestimmt sind. Die belangte Behörde und das Lebensmittelaufsichtsorgan haben sich zur Begründung der Anwendbarkeit der LMKV 1993 auf eine im Erlassweg mitgeteilte Rechtsmeinung des BMGK berufen, wonach unter "kurzfristiger Lagerung" nur ein Zeitraum bis etwa 3 Stunden zu verstehen wäre. Außerdem wurde angenommen, dass die vorgefundenen mit Klarsichtfolie verpackten Käsestücke noch vor Öffnung des Geschäftes in P und damit noch vor 07.30 Uhr vorbereitet worden wären. Der Bw hatte nämlich auch in seiner Stellungnahme vom 3. Oktober 1998 allgemein geäußert, dass Verkaufsvorbereitungen bereits ab 06.00 Uhr früh getroffen werden. Da die lebensmittelpolizeiliche Revision am 14. Juli 1998 von 10.28 bis 10.44 Uhr stattfand, wäre die Dreistundenfrist noch während dieses Zeitraums zumindest um Minuten überschritten worden.

Der belangten Behörde ist allerdings der berechtigte Einwand des Bw entgegenzuhalten, dass allein die Anwesenheit des Lebensmittelaufsichtsorgans während der genannten Revisionszeit noch kein Beweis für die Lagerung bzw das Feilbieten von Käsestücken über den Zeitraum von drei Stunden hinaus sein kann. Auch aus der Einlassung des Bw kann ein solches Beweisergebnis nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit abgeleitet werden. Dass möglicherweise schon ab 06.00 Uhr Käsestücke für den Verkauf vorbereitet werden, war zwar in Verbindung mit der Tatsache, dass das Aufsichtsorgan mehr als 14 Käsepackungen vorgefunden hatte, ein Indiz für eine Überschreitung der Frist von 3 Stunden, aber noch kein endgültiger Beweis. Vielmehr muss nach der Aktenlage im Zweifel zugunsten des Bw der durchaus lebensnahe Sachverhalt angenommen werden, wonach die Ware laufend verkauft wird und das Personal in weniger frequentierten Zwischenzeiten immer wieder auch weitere Käsestücke zur Abgabe an den Endverbraucher vorverpackt, womit die Dreistundenfrist wieder neu zu laufen beginnt. Selbst wenn man also von der strengen Dreistundengrenze ausginge, hätte die Sach- und Beweislage im vorliegenden Fall keine Verurteilung gerechtfertigt.

4.3. Abgesehen davon, dass der erkennende Verwaltungssenat nur an ordnungsgemäß kundgemachte Verordnungen, nicht aber an von Oberbehörden in Erlässen mitgeteilte Rechtsmeinungen gebunden ist, muss er der belangten Behörde auch auf Grundlage der im amtlichen Rundschreiben vom 10. März 1995, Zl. SanLP-010013/44-1995-Wa/Vie, wiedergegebenen Formulierung "Zeitraum bis etwa 3 Stunden " entgegnen, dass damit offenbar nur ein ungefährer Richtwert aber keine starre Grenze von 3 Stunden gemeint ist. Diese Frist kann daher im Einzelfall durchaus, wenn auch nicht um Stunden, so doch um mitunter sogar viele Minuten überschritten werden, wobei es hinsichtlich der Notwendigkeit der Verkaufsvorbereitung immer auch auf die näheren Umstände des Einzelfalles ankommen wird. Dem Bw ist zuzustimmen, dass eine minuziöse Festlegung nicht gemeint sein kann.

Für den vorliegenden Fall einer schon nach der Anzeige des Lebensmittelaufsichtsorgans allenfalls im geringfügigen Minutenbereich liegenden Überschreitung des Richtwertes von 3 Stunden, erscheint daher nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates auch auf der Grundlage des Erlasses des BMGK die gegenständliche Strafverfolgung als kleinlich und unangebracht. Jedenfalls rechtfertigt die Aktenlage nicht die strafbehördliche Annahme der Überschreitung einer bloß kurzfristigen Lagerung iSd § 2 LMKV 1993 zur unmittelbaren Abgabe an Letztverbraucher. Das angefochtene Straferkenntnis war daher aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Ergebnis entfiel gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens. Ebenso wenig war dem Bw der im Falle eines Schuldspruches nach § 45 Abs 2 LMG 1975 vorgesehene Ersatz der Untersuchungskosten vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. W e i ß

Beschlagwortung:

Ausnahme gemäß § 2 LMKV

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