Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240342/3/WEI/Bk

Linz, 28.08.2000

VwSen-240342/3/WEI/Bk Linz, am 28. August 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 17. August 1999, Zlen. SanRB 96-93-1-1997-A/GAU und SanRB 96-93-1997-A/GAU, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 83 Z 5 iVm § 59 Abs 9 Arzneimittelmittelgesetz (BGBl Nr. 185/1983 zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 78/1998) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Berufungswerber die angelastete Tat als Geschäftsführer der "M zu verantworten hat.

II. Der Berufungswerber hat im Berufungsverfahren einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von S 600,-- (entspricht 43, 60 Euro) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 64 Abs 1 und 2 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma M GesmbH, L, M, und somit als nach außen vertretungsbefugtes Organ im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG zu verantworten, dass am 17.11.1997 (Datum des Poststempels) an Herrn F, das Potenzsteigerungsmittel 'Potency', Artikel Nr. , und somit ein Arzneimittel versandt wurde, obwohl die Abgabe von Arzneimittel durch Versandhandel verboten ist."

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 83 Z 5 iVm § 59 Abs 9 Arzneimittelgesetz (im folgenden AMG) als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 83 AMG eine Geldstrafe von S 3.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 300,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 20. August 1999 zugestellt worden ist, richtet sich die rechtsfreundlich verfasste Berufung vom 27. August 1999, die am 30. August 1999 rechtzeitig bei der belangten Behörde einlangte. Die Berufung strebt die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens an.

In der Berufung wird behauptet, dass der Bw die ihm vorgeworfene strafbare Handlung nicht begangen habe. Ihm wäre nicht bekannt gewesen, dass es sich beim Produkt "Potency" um ein Arzneimittel handelte. Es handle sich um ein Lebensmittel, was ihm sein Lieferant bestätigt hätte. Das Produkt sei in anderen Ländern der EU zugelassen und müsse sich diese Zulassung auch auf Österreich beziehen.

Das bisherige Beweisverfahren habe nicht ergeben, dass er am 17. November 1997 handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma M Ges.m.b.H. gewesen wäre. Er bestreite dies. Er habe eine Übertretung des AMG daher nicht zu verantworten.

Die verhängte Strafe sei außerdem zu hoch. Der Bw habe Sorgepflichten für eine nicht berufstätige Ehefrau und zwei minderjährige Kinder.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgender S a c h v e r h a l t :

Die wesentlichen Tatumstände betreffend die Versendung des Potenzsteigerungsmittels "Potency" vom 17. November 1997 an Herrn F durch die M. bzw. richtig laut Firmenbuch: "M" (vgl FN ) mit der Geschäftsanschrift in, deren alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer der Bw seit 7. Juni 1996 war und deren nunmehriger Liquidator er ist (vgl Firmenbuchauszug mit historischen Daten vom 22.08.2000), wurde im gesamten Verfahren nicht bestritten. Zum Sachverhalt und dem Verfahrensgang im Einzelnen kann daher auf die Feststellungen im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen werden.

Angezeigt wurde der Fall von der Anstalt für Zellforschung in V, vertreten durch Frau Rechtsanwalt Dr. R. Die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz hat über Ersuchen der belangten Behörde mit Schreiben vom 11. Februar 1998, UZ. 113/1998, mitgeteilt, dass das Produkt "Potency" auf Grund der subjektiven Zweckbestimmung als Sexualmittel weder als Lebensmittel, noch als Verzehrprodukt eingestuft werden kann. Das Produkt "POTENCY" bzw. "INVERMA POTENZ-ENERGIZER classic", Kapseln zum Einnehmen, wurde nämlich in seiner aktenkundigen Aufmachung als "PENIS + POTENZVERSTÄRKER - TOTAL - EXTRA STARK" und ähnlich beworben (vgl Akt ON 49 und 59) und versandt. Die Vertriebsfirma "M" trat dabei rechtswidrigerweise entgegen ihrer Bezeichnung im Firmenbuch nur als M GmbH in L, im geschäftlichen Verkehr auf, weshalb im gesamten Akt und auch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses immer nur schlicht von der M GmbH die Rede ist. Die belangte Behörde hat den Firmenbuchauszug vom 9. März 1998 eingeholt, dem die richtige Bezeichnung aber bereits zu entnehmen war.

Mit Schreiben vom 9. März 1998 teilte das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BMAGS) in fachlicher Hinsicht mit, dass das Erzeugnis einen Trockenextrakt aus Potenzholz (100 mg pro Kapsel), worunter das Wurzel- und Stammholz von Ptychopetalum uncinatum verstanden werde, enthalte. Die unter der Bezeichnung "Lignum Muira-puama" in Verkehr gebrachte Droge werde auf Grund ihrer hormonartigen Wirkung als Aphrodisiacum, aber auch gegen Nervenschwäche und als Antirheumaticum verwendet. Nach Anführung der wesentlichen Wirkstoffe wird klargestellt, dass diesen Inhaltsstoffen nach der einschlägigen Fachliteratur zweifelsfrei spezifische pharmakologische Wirkungen zukommen. Nach der Fachmeinung des BMAGS handelt es sich daher um ein Arzneimittel iSd § 1 AMG.

Zu weiteren Einzelheiten wird auf die Darstellung der belangten Behörde verwiesen. Der Bw hat von der mehrfach eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass die belangte Behörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt hinreichend erhoben und festgestellt hat. Da der Bw bis auf die Bestreitung seiner Geschäftsführereigenschaft, die allerdings durch Einsicht in das Firmenbuch auf kurzem Weg geklärt werden konnte, in tatsächlicher Hinsicht dem Straferkenntnis nicht entgegengetreten ist, waren nur Rechtsfragen zu erörtern. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war daher entbehrlich.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 83 Abs 1 Z 5 AMG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu S 50.000,--, im Wiederholungsfall bis zu S  100.000,-- zu bestrafen,

wer Arzneimittel entgegen den §§ 57 bis 59 oder entgegen einer durch Verordnung gemäß § 59 Abs 3 festgelegten Abgabebefugnis abgibt.

Nach § 59 Abs 9 AMG ist die Abgabe von Arzneimittel in Selbstbedienung oder durch Versandhandel verboten.

Im Fall der Ziffer 5 der Begriffsbestimmungen des § 1 Abs 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen oder nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt sind, bei Anwendung am oder im menschlichen Körper oder tierischen Körper

.......

5. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt sich der Begriff des Verzehrproduktes als Restgröße dar, die von den zwei Seiten der Begriffe des Lebensmittels und des Arzneimittels her bestimmt wird. Es ist danach zuerst zu prüfen, ob das Produkt als Lebensmittel und danach, ob es als Arzneimittel einzustufen ist. Erst nach Verneinung dieser Fragen, liegt ein Verzehrprodukt vor (vgl VwGH 5.7.1993, 92/10/0144 unter Hinweis auf VwSlg 11637 A/1985).

Auf Grund der aktenkundig gegebenen Art und Form des Inverkehrbringens des Produktes "Potency" kann schon bei bloß laienhafter Betrachtung kaum ein Zweifel bestehen, dass durch die Einnahme des der Potenzsteigerung dienenden Erzeugnisses Körperfunktionen beeinflusst werden sollen. Es handelte sich demnach um ein Arzneimittel im Sinne der Begriffsbestimmung des § 1 Abs 1 Z 5 AMG und unterlag daher den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes. Schon die belangte Behörde hat zutreffend auf die Regierungsvorlage zum Arzneimittelgesetz hingewiesen, wo u.a. auch Mittel zur Sexualstimulierung und Leistungssteigerung als Beispiele für Arzneimittel iSd Z 5 genannt werden (vgl RV 1060 BlgNR 15. GP zu BGBl Nr. 185/1983).

4.2. Die Berufung hat nichts vorgebracht, was am Zwischenergebnis, dass das Produkt "Potency" als Arzneimittel einzustufen ist, etwas ändern könnte. Die Behauptung, dass es sich allenfalls um ein Lebensmittel handle, wurde ohne jede Begründung aufgestellt. Es handelt sich offenbar um eine bloße Schutzbehauptung. Mit dem Vorbringen, dass das Produkt in anderen Ländern der EU zugelassen wäre, widerspricht sich die Berufung selbst, weil sie damit offenbar doch wieder von einem Arzneimittel ausgeht. Dass sich die Zulassung in einem EU-Land auch auf Österreich beziehen müsste, ist einerseits in dieser Allgemeinheit unrichtig und andererseits im gegebenen Zusammenhang irrelevant, da die Abgabe von Arzneimittel im Versandhandel gemäß § 59 Abs 9 AMG jedenfalls verboten ist.

Soweit das Vorbringen des Bw auf einen Rechtsirrtum abzielen sollte, ist ihm entgegenzuhalten, dass er als Geschäftsführer eines Handelsunternehmens verpflichtet gewesen wäre, sich über die für das Inverkehrbringen seiner Waren geltenden Rechtsvorschriften zu informieren. Außerdem war es beim gegenständlichen Produkt "Potency" für jedermann leicht erkennbar, dass es sich im Hinblick auf die angepriesenen physiologischen Wirkungen um ein Arzneimittel handeln könnte. Zumindest im Zweifel hätte sich der Bw darüber Klarheit verschaffen müssen. Von einem entschuldbaren Irrtum kann daher keine Rede sein.

4.3. Im Rahmen der Strafbemessung ging die belangte Behörde von der Annahme aus, dass der Bw verheiratet ist, über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von S 30.000,-- verfügt, eine Stammeinlage von S 500.000,-- hält und keine Sorgepflichten hat. Diese Schätzung hat die belangte Behörde dem Parteiengehör unterzogen, jedoch dazu keine Stellungnahme erhalten. In der Berufung wird die Strafe als zu hoch gerügt und begründend dazu vorgebracht, dass der Bw Sorgepflichten für eine nicht berufstätige Frau und 2 minderjährige Kinder hätte.

Die Geldstrafe war nach dem ersten Strafrahmen des § 83 AMG von bis zu S 50.000,-- zu bemessen. Erschwerungs- oder Milderungsgründe kamen nicht in Betracht. Angesichts der gegebenen Strafzumessungsgründe kann der erkennende Verwaltungssenat die verhängte Strafe von S 3.000,-- auch unter Berücksichtigung der vom Bw monierten Sorgepflichten nicht als überhöht ansehen, handelt es sich dabei doch um lediglich 6 % des Strafrahmens, was noch im untersten Bereich liegt. Der nicht unerhebliche Unrechts- und Schuldgehalt der Tat des Bw hätte durchaus eine höhere Strafe gerechtfertigt. Die persönlichen Verhältnisse des Bw sind nicht so beschaffen, dass besondere Abstriche notwendig wären. Beim gegenständlichen Strafmaß von lediglich S 3.000,-- erscheinen die Sorgepflichten schon hinlänglich berücksichtigt. Eine Herabsetzung der Strafe kam daher aus diesem Grund nicht in Frage. Andere strafmindernde Umstände hat die Berufung nicht aufgezeigt und sind auch sonst für den unabhängigen Verwaltungssenat nicht ersichtlich. Auch die nach § 16 Abs 1 und 2 VStG innerhalb eines Rahmens von 2 Wochen zu bemessende Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden (also ca. 7 % des Strafrahmens) ist jedenfalls schuldangemessen und kann nicht beanstandet werden.

5. Im Ergebnis hatte der Oö. Verwaltungssenat daher die Berufung als unbegründet abzuweisen, wobei die Firmenbezeichnung, die nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kein wesentliches Tatbildmerkmal ist, berichtigt werden konnte. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG war dem Bw im Berufungsverfahren ein weiterer Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der Geldstrafe vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. W e i ß

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