Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240354/2/Wei/Bk

Linz, 10.10.2000

VwSen-240354/2/Wei/Bk Linz, am 10. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 17. November 1999, Zl. SanRB 96-33-1998, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem § 74 Abs 5 Z 2 Lebensmittelgesetz 1975 - LMG 1975 (BGBl Nr. 86/1975 idF vor der Novelle BGBl I Nr. 63/1998) iVm § 4 LMKV 1993 (BGBl Nr. 557/1993 idF BGBl Nr. 555/1995) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Berufungswerber als verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs 2 und 4 VStG anzusehen ist. Die irrtümliche Wendung "zur Vertretung nach außen berufenes Organ" hat zu entfallen.

II. Der Berufungswerber hat im Berufungsverfahren weitere Beiträge zu den Kosten der Strafverfahren zu Punkt 1 bis 7 in Höhe von je S 40,-- (entspricht 2,91 Euro) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 64 Abs 1 und 2 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben es als gem. § 9 Abs. 2 und 4 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ (verantwortlich für das Frischdienstlager in T) der Fa. P, zu verantworten, dass, wie von einem Lebensmittelaufsichtsorgan des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung bei einer Kontrolle am 12.02.1998 im Verkaufslokal (Feinkost, Kühlvitrine) im Kaufhaus M festgestellt wurde, die Firma P, am 26.01.1998 mind. 2 Packungen 'Bio-Urkraft-Selchfleisch' (700 g) an das Kaufhaus Mag. J, geliefert (Lieferschein vom 26.01.1998, Lieferscheinnummer 810355/GT) geliefert und damit in Verkehr gebracht hat, ohne diese verpackten Lebensmittel der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 entsprechend gekennzeichnet zu haben, da die Kennzeichnungselemente

  1. handelsübliche Bezeichnung
  2. Name (Firma, Firmenschlagwort), Anschrift,
  3. Nettofüllmenge,
  4. Los/Charge,
  5. Mindesthaltbarkeitsdatum
  6. Lagerbedingungen, obwohl deren Einhaltung für die Haltbarkeit der ggstl. Lebensmittel wesentlich ist,
  7. Zutaten,

fehlten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1) § 1 Abs. 1 und § 4 Zif. 1 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993, BGBl.Nr. 72 idgF iVm § 74 Abs. 5 Zif. 2 Lebensmittelgesetz 1975, BGBl.Nr. 86 idgF

2) § 1 Abs. 1 und § 4 Zif. 2 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993, BGBl.Nr. 72 idgF iVm § 74 Abs. 5 Zif. 2 Lebensmittelgesetz 1975, BGBl.Nr. 86 idgF

3) § 1 Abs. 1 und § 4 Zif. 3a Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993, BGBl.Nr. 72 idgF iVm § 74 Abs. 5 Zif. 2 Lebensmittelgesetz 1975, BGBl.Nr. 86 idgF

4) § 1 Abs. 1 und § 4 Zif. 4 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993, BGBl.Nr. 72 idgF iVm § 74 Abs. 5 Zif. 2 Lebensmittelgesetz 1975, BGBl.Nr. 86 idgF

5) § 1 Abs. 1 und § 4 Zif. 5 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993, BGBl.Nr. 72 idgF iVm § 74 Abs. 5 Zif. 2 Lebensmittelgesetz 1975, BGBl.Nr. 86 idgF

6) § 1 Abs. 1 und § 4 Zif. 6 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993, BGBl.Nr. 72 idgF iVm § 74 Abs. 5 Zif. 2 Lebensmittelgesetz 1975, BGBl.Nr. 86 idgF

7) § 1 Abs. 1 und § 4 Zif. 7 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993, BGBl.Nr. 72 idgF iVm § 74 Abs. 5 Zif. 2 Lebensmittelgesetz 1975, BGBl.Nr. 86 idgF"

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen in 7 Fällen verhängte die belangte Behörde auf der Rechtsgrundlage des § 74 Abs. 5 Z 2 LMG 1975 (gemeint: Strafrahmen des § 74 Abs 5 LMG 1975) zu 1) bis 7) je eine Geldstrafe von S 200,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit je eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde der Betrag von S 140,-- (10 % der Summe der Geldstrafen) vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seines Rechtsvertreters am 29. November 1999 zugestellt worden ist, richtet sich die gegenständliche Berufung vom 6. Dezember 1999, die noch am gleichen Tag und damit rechtzeitig zur Post gegeben wurde und bei der belangten Behörde am 7. Dezember 1999 einlangte. Die Berufung beantragt die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Mit Anzeige vom 12. Februar 1998 berichtete das Lebensmittelaufsichtsorgan für den Bezirk Rohrbach über eine lebensmittelpolizeiliche Revision im Kaufhaus M am 10. Februar 1998. Im Verkaufslokal fand das Lebensmittelaufsichtsorgan in der Feinkost-Kühlvitrine 2 von der Fa. P gelieferte Packungen "Bio-Urkraft", bei denen die Kennzeichnungselemente nach § 4 Z 1 bis Z 7 LMKV 1993 fehlten.

Mit Strafverfügung vom 20. April 1998 lastete die belangte Behörde dem Bw als handelsrechtlichem Geschäftsführer die Lieferung von 2 ungekennzeichneten Packungen "Bio-Urkraft" an. Dieser legte mit dem Einspruch vom 30. April 1998 eine entsprechende Vollmilch-Packung mit allen Kennzeichnungselementen vor. In der ergänzenden Stellungnahme vom 15. Mai 1998 stellte das Lebensmittelaufsichtsorgan klar, dass nicht 2 Packungen "Bio-Urkraft" Vollmilch, sondern Selchfleisch beanstandet wurden. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 20. Mai 1998 hat die belangte Behörde den Tatvorwurf richtiggestellt. In der Stellungnahme vom 8. Juni 1998 wird die Nichtkennzeichnung zwar nicht bestritten, aber das Verschulden des Bw in Abrede gestellt, weil ein geeignetes Kontrollsystem eingerichtet worden wäre. Die Beschäftigten der Warenübernahme hätten die Waren zu kontrollieren. Darüber hinaus wären die Lieferanten angewiesen, die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung einzuhalten. Angesichts der großen Warenmenge wäre natürlich nur eine stichprobenartige Kontrolle möglich. Dabei dürfte die fehlende Kennzeichnung übersehen worden sein.

Nach Aufforderung zur Bekanntgabe der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse teilte der Bw mit Eingabe vom 4. November 1999 durch seine Rechtsvertreter mit, dass er ein Nettoeinkommen von S 22.000,-- erzielte, ein Einfamilienhaus besäße und für zwei Kinder und eine Ehegattin sorgepflichtig wäre.

2.2. Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge das angefochtene Straferkenntnis vom 17. November 1999, in dem der Sachverhalt und Verfahrensgang im Einzelnen dargestellt und auf die einschlägigen Bestimmungen der LMKV 1993 hingewiesen wird. Das vorgebrachte Kontrollsystem wurde von der belangten Strafbehörde für nicht ausreichend angesehen.

2.3. In der Berufung bestreitet der Bw weiterhin, ein zur Vertretung nach außen berufenes Organ zu sein, gesteht aber zu, verwaltungsstrafrechtlich als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs 2 und 4 VStG bestellt worden zu sein.

Zum Verschulden bekämpft der Bw die Ansicht der belangten Behörde zum geltend gemachten Kontrollsystem. Auch im Sinne der Einhaltung der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung werde arbeitsteilig vorgegangen. Sämtliche in Verkehr gebrachten Lebensmittel würden vom Erzeuger oder von sonstigen Handelsunternehmen bezogen. Die Lieferanten wären zur ordnungsgemäßen Kennzeichnung angewiesen. Dies entspreche der im heutigen Wirtschaftsleben notwendigen Arbeitsteilung. Die Anweisung der Lieferanten in Verbindung mit den stichprobenartigen Kontrollen stellte ein System dar, welches mit gutem Grund erwarten lasse, dass Verwaltungsübertretungen hintangehalten werden. Weitergehende Kontrollmaßnahmen wären auf Grund des hohen Warenumschlages der Firma P GmbH unmöglich.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt schon aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Berufung abzuleiten ist und hinlänglich geklärt erscheint. Da der Sachverhalt unstrittig ist, waren lediglich Rechtsfragen zu beurteilen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs 5 LMG 1975 idF noch vor BGBl I Nr. 63/1998 (Inkrafttreten am 01.05.1998) begeht im Fall der Ziffer 2 eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu S 25.000,-- zu bestrafen,

wer den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 15 Abs 7 oder 8 lit a oder b, 19 oder 31 Abs 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

Die LMKV 1993 wurde nach ihrer Präambel auf Grund der §§ 7 Abs 2, 10 Abs 1 und 19 Abs 1 LMG 1975 erlassen. Sie hat demnach ihre Grundlage in gesetzlichen Vorschriften, die entweder unter die Blankettstrafnorm des § 74 Abs 4 Z 1 oder unter die des § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 fallen. Im Hinblick auf zwei in Betracht kommende gesetzliche Strafbestimmungen mit verschiedenen Strafrahmen muss bei Heranziehung von Gebots- oder Verbotsnormen der LMKV 1993 differenziert werden, welche Bestimmung auf welcher gesetzlicher Grundlage beruht.

Im vorliegenden Fall geht es um die Kennzeichnung von verpackten Waren, die für den Letztverbraucher bestimmt sind. Die gesetzliche Grundlage für Gebotsnormen ist insofern der § 19 LMG 1975, weshalb die Strafnorm des § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 heranzuziehen war. Nach § 4 LMKV 1993 haben verpackte Waren, die iSd § 1 Abs 1 LMKV 1993 ohne weitere Verarbeitung für den Letztverbraucher bestimmt sind, die in mehreren Ziffern bestimmten Kennzeichnungselemente zu enthalten, sofern die §§ 5 bis 7 nicht anderes bestimmen.

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die Kennzeichnungselemente nach § 4 Z 1 bis 7 LMKV 1993 nicht vorhanden waren. Auch die Umstände der Verpackung (vgl § 1 Abs 2) und des Inverkehrbringens im Wege der Abgabe an den Letztverbraucher (vgl § 1 Abs 1) sind nicht strittig.

4.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im heutigen Wirtschaftsleben Arbeitsteilung notwendig und daher auch die Delegierung von Angelegenheiten auf andere Personen zulässig. Der strafrechtlich Verantwortliche kann die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich übertragen und sich auf mögliche und zumutbare Maßnahmen beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1996, E 52 ff, insb E 58, 59, 64, 66 und 72 zu § 5 VStG und E 50a ff zu § 9 Abs 1 VStG).

In der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird die bloße Erteilung von Weisungen verbunden mit stichprobenartigen Überprüfungen nicht als ein wirksames

Kontrollsystem angesehen (vgl die Judikatur bei Hauer/Leukauf, Handbuch5, E 52, 58, 59, 66, 67 und 71, 72, 77 zu § 5 VStG). Beim gegenständlichen Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs 1 VStG wäre es am Bw gelegen, initiativ darzulegen, dass er auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragten Personen gesorgt hat (vgl ua. VwGH 16.11.1995, 95/09/0108; VwGH 23.4.1996, 96/04/0053; VwGH 31.1.2000, 97/10/0031).

Die Berufung hat kein geeignetes Kontrollsystem im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aufgezeigt. Es fehlt insofern bereits an einem konkreten Vorbringen. Stichproben und Anweisungen an Mitarbeiter oder Lieferanten genügen dafür jedenfalls nicht. Auch mit dem Hinweis auf die Verantwortlichkeit der Lieferanten und auf die Unmöglichkeit weitergehender Kontrollmaßnahmen konnte der Bw nicht glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der LMKV 1993 kein Verschulden trifft (vgl VwGH 31.1.2000, 97/10/0031 unter Hinweis auf VwGH 20.12.1999, 99/10/0173).

Es war daher der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses mit der Maßgabe zu bestätigen, dass der Bw als verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs 2 und 4 VStG die angelastete Tat zu verantworten hat. Die offenbar irrtümliche Wendung "zur Vertretung nach außen berufenes Organ" hatte zu entfallen.

4.3. Die Strafbemessung der belangten Behörde wurde in der Berufung nicht ausdrücklich bekämpft. Die Strafbehörde ging von den bekannt gegebenen persönlichen Verhältnissen des Bw aus und stellte auch die Strafzumessungsgründe zutreffend dar. Auch im Hinblick auf die geringe Höhe der verhängten Strafen bedarf es keiner weiteren Erörterung der Straffrage. Es war daher auch der Strafausspruch zu bestätigen.

5. Bei diesem Ergebnis hat der Bw nach § 64 Abs 1 und 2 VStG im Berufungsverfahren weitere Beiträge zu den Kosten der Strafverfahren zu Punkt 1 bis 7 in Höhe von je S 40,-- (20 % der Geldstrafe), insgesamt daher S 280,--, zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. W e i ß

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