Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240385/2/Gf/Km

Linz, 21.11.2000

VwSen-240385/2/Gf/Km Linz, am 21. November 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des W B, vertreten durch die RAe Dr. W M und Mag. T M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 26. September 2000, Zl. SanRB96-092/2-1999, wegen einer Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 26. September 2000, Zl. SanRB96-092/2-1999, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) sowie eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) verhängt, weil er "als Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG" einer GmbH am 28. Juni 1999 einerseits Lebensmittel mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben und andererseits ohne handelsübliche Sachbezeichnung, ohne Angabe der Nettofüllmenge und ohne Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums in Verkehr gebracht habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 8 lit. f des Lebensmittelgesetzes, BGBl. Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. II 372/1998 (im Folgenden: LMG), sowie des § 3 Abs. 2 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl. Nr. II 462/1999 (im Folgenden: LMKV), begangen, weshalb er gemäß § 74 Abs. 1 und 5 LMG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 10. Oktober 2000 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 24. Oktober 2000 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass es aufgrund eines Gutachtens der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz als erwiesen anzusehen sei, dass die verfahrensgegenständliche Ware einerseits mit verbotenen Angaben sowie andererseits nicht der LMKV entsprechend gekennzeichnet gewesen sei.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer zunächst in formeller Hinsicht vor, dass dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht entnommen werden könne, wodurch im Wege der Bezeichnung eine Irreführung der Konsumenten i.S.d. § 8 lit. f LMG bewirkt worden sei. Außerdem sei die belangte Behörde zur Erlassung dieses Straferkenntnisses deshalb unzuständig gewesen, weil die beanstandete Ware erstmals von einem in Niederösterreich gelegenen Zentrallager ausgeliefert und damit in Verkehr gebracht worden sei. Schließlich liege der Entscheidung insofern eine unzutreffende Sachverhaltsermittlung zugrunde, als sich das Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung nicht auf die verfahrensgegenständliche Ware, sondern auf eine andere Probenahme beziehe, der noch veraltete Etiketten zugrunde gelegen seien.

Inhaltlich wendet der Rechtsmittelwerber zudem ein, dass die von der belangten Behörde vorgenommene restriktive Auslegung des LMG und der LMKV im Ergebnis dazu führe, dass in anderen EU-Staaten rechtmäßig hergestellte Produkte in Österreich nicht vertrieben werden dürften, was jedoch mit Art. 30 EGV nicht vereinbar sei. Zudem entsprächen die gesundheitsbezogenen Angaben den Tatsachen, sodass eine entsprechende Werbung auch nach der Richtlinie 48/450/EWG zulässig sei.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Gmunden zu Zl. SanRB96-92-1999; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich jeweils eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat über die vorliegende Beschwerde erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 1 LMG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, der falsch bezeichnete Lebensmittel in Verkehr bringt.

Nach § 8 lit. f LMG ist ein Lebensmittel insbesondere dann als falsch bezeichnet anzusehen, wenn es mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben i.S.d. § 9 LMG in Verkehr gebracht wird.

Gemäß § 9 Abs. 1 LMG ist es verboten, sich beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen einerseits oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen andererseits zu beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung zu erwecken (lit. a); in gleicher Weise ist es sowohl verboten, auf Krankengeschichten und ärztliche Empfehlungen oder Gutachten hinzuweisen (lit. b), als auch, gesundheitsbezogene, bildliche oder stilisierte Darstellungen von Organen des menschlichen Körpers, Abbildungen von Angehörigen der Heilberufe oder von Kuranstalten oder sonstige auf Heiltätigkeiten hinweisende Abbildungen zu verwenden (lit. c).

Die Bestimmung des § 9 Abs. 1 LMG enthält demnach vier eigenständige Typen von Tatbildern einer verbotenen gesundheitsbezogenen Angabe (die verkürzt als "Krankheits-", "Fitness-", "Gutachtens-" und "Symboltatbestand" bezeichnet werden könnten).

Diese systematische Trennung macht es im Lichte des § 44a Z. 1 VStG jedenfalls erforderlich, im Spruch des Straferkenntnisses die Tatanlastung zunächst einem bestimmten dieser Tatbestandstypen zuzuordnen und davon ausgehend dann sachverhaltsbezogen-konkret zu umschreiben, damit der Beschuldigte - i.S.d. ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwSlg 11894 A/1985) - in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen zu widerlegen.

Diesem Erfordernis wird das angefochtene Straferkenntnis - abgesehen davon, dass schon dessen Qualifikation des Beschuldigten bloß als "Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG" nicht hinreicht (vgl. dazu die Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Aufl., Wien 1996, 819 f u. 996 f), wenngleich dieser Mangel im Berufungsverfahren noch sanierbar wäre, weil dadurch die Verfolgungsverjährungsfrist nicht tangiert wird - aber insofern nicht gerecht, als dessen Spruch bloß eine wörtliche Aneinanderreihung der von der belangten Behörde als inkriminierend erachteten Angaben enthält, ohne gleichzeitig auch nur eine Andeutung dahin zu enthalten, ob und inwieweit diese unter welchen Tatbestand der Strafnorm des § 9 Abs. 1 LMG zu subsumieren sind.

Die weitwendigen, großteils am Kern der Sache vorbeigehenden Berufungsausführungen bilden dem gemäß einen schlagenden Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall infolge eines mangelhaft konkretisierten Tatvorwurfes tatsächlich darüber irregeleitet war, sich zweckentsprechend zu verteidigen, wenn er seinerseits den Verstoß gegen das aus § 44a VStG erfließende Gebot als auf § 8 lit. f LMG (anstatt auf § 9 Abs. 1 LMG) gründend wähnte (s.o., 2.2.).

4.2. Hinsichtlich des weiteren Tatvorwurfes, dass die Ware nicht der Vorschrift des § 3 Abs. 2 LMKV entsprochen hätte, geht schon aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt hervor, dass die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz in ihrer auf die verfahrensgegenständliche Ware bezüglichen Mitteilung vom 7. September 1999, Zl. 3821/1999, auf ein in einem anderen Verfahren erstelltes Gutachten (vom 14. Mai 1998, Zl. 2215/1998) verweist.

Abgesehen davon, dass jenes bloß nominell, nicht aber auch faktisch auf "dieselbe Ware", die unter einer identischen Marke in Verkehr gebracht wurde, Bezug nimmt, wird dort explizit ausgeführt, dass sich dessen Prüfergebnisse "ausschließlich auf die eingereichte(n) Probe(n) beziehen". Damit schloss aber schon der Sachverständige selbst in unmissverständlicher Weise eine entsprechende Übertragung seines Gutachtens auf die hier verfahrensgegenständliche Ware von vornherein aus.

Insbesondere unter Beachtung des Einwandes des Beschwerdeführers, dass im gegenständlichen Fall eine Etikette wie die von ihm mit der Berufung vorgelegte verwendet worden sei, die ihrerseits den Anforderungen des § 3 Abs. 2 LMKV entspricht, während sich das Gutachten vom 14. Mai 1998 noch auf eine veraltete Etikette stützte, liegt damit aber letztlich kein verwertbares Beweisergebnis vor, das die Tatbestandsmäßigkeit der angelasteten Übertretung mit der für ein Strafverfahren erforderlichen und ausreichenden Sicherheit zu belegen geeignet ist.

4.3. Aus allen diesen Gründen war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. G r o f

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