Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240386/2/Gf/Km

Linz, 22.11.2000

VwSen-240386/2/Gf/Km Linz, am 22. November 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des W B, vertreten durch RA Dr. C H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 26. September 2000, Zl. SanRB96-092/1-1999, wegen einer Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 26. September 2000, Zl. SanRB96-092/1-1999, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt, weil er "als Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG" einer GmbH am 28. Juni 1999 Lebensmittel mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben gelagert und somit in Verkehr gebracht habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 8 lit. f i.V.m. § 9 Abs. 1 des Lebensmittelgesetzes, BGBl. Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. II 372/1998 (im Folgenden: LMG), begangen, weshalb er gemäß § 74 Abs. 1 LMG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 10. Oktober 2000 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 24. Oktober 2000 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass es aufgrund eines Gutachtens der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz als erwiesen anzusehen sei, dass die verfahrensgegenständliche Ware mit verbotenen Angaben gekennzeichnet gewesen sowie offenkundig sei, dass zum Tatzeitpunkt eine entsprechende Bewilligung gemäß § 9 Abs. 3 LMG nicht vorgelegen habe; überdies stelle § 9 LMG keinen Verstoß gegen die Etikettierungsrichtlinie der EU dar.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, dass die meisten der angelasteten Angaben in Wahrheit gar nicht gesundheitsbezogen seien, wie sich dies auch aus dem Zurückweisungsbescheid des BKA vom 14. März 2000, Zl. 331112/00-VI/B/12/00, ergebe. Außerdem verbiete Art. 2 Abs. 1 der Etikettierungsrichtlinie zwar irreführende und krankheits-, nicht aber bloß gesundheitsbezogene Angaben, sodass sich § 9 LMG insoweit als gemeinschaftsrechtswidrig erweise.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Gmunden zu Zl. SanRB96-92-1999; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt sowie ein entsprechender Antrag von den Verfahrensparteien nicht gestellt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat über die vorliegende Beschwerde erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 1 LMG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, der falsch bezeichnete Lebensmittel in Verkehr bringt.

Nach § 8 lit. f LMG ist ein Lebensmittel insbesondere dann als falsch bezeichnet anzusehen, wenn es mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben i.S.d. § 9 LMG in Verkehr gebracht wird.

Gemäß § 9 Abs. 1 LMG ist es verboten, sich beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen einerseits oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen andererseits zu beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung zu erwecken (lit. a); in gleicher Weise ist es sowohl verboten, auf Krankengeschichten und ärztliche Empfehlungen oder Gutachten hinzuweisen (lit. b), als auch, gesundheitsbezogene, bildliche oder stilisierte Darstellungen von Organen des menschlichen Körpers, Abbildungen von Angehörigen der Heilberufe oder von Kuranstalten oder sonstige auf Heiltätigkeiten hinweisende Abbildungen zu verwenden (lit. c).

Die Bestimmung des § 9 Abs. 1 LMG enthält demnach vier eigenständige Typen von Tatbildern einer verbotenen gesundheitsbezogenen Angabe (die verkürzt als "Krankheits-", "Fitness-", "Gutachtens-" und "Symboltatbestand" bezeichnet werden könnten).

Diese systematische Trennung macht es im Lichte des § 44a Z. 1 VStG jedenfalls erforderlich, im Spruch des Straferkenntnisses die Tatanlastung zunächst einem bestimmten dieser Tatbestandstypen zuzuordnen und davon ausgehend dann sachverhaltsbezogen-konkret zu umschreiben, damit der Beschuldigte - i.S.d. ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwSlg 11894 A/1985) - in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen zu widerlegen.

Diesem Erfordernis wird das angefochtene Straferkenntnis - abgesehen davon, dass schon dessen Qualifikation des Beschuldigten bloß als "Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG" nicht hinreicht (vgl. dazu die Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Aufl., Wien 1996, 819 f u. 996 f), wenngleich dieser Mangel im Berufungsverfahren noch sanierbar wäre, weil dadurch die Verfolgungsverjährungsfrist nicht tangiert wird - aber insofern nicht gerecht, als dessen Spruch bloß eine wörtliche Aneinanderreihung der von der belangten Behörde als inkriminierend erachteten Angaben enthält, ohne gleichzeitig auch nur eine Andeutung dahin zu enthalten, ob und inwieweit diese unter welchen Tatbestand der Strafnorm des § 9 Abs. 1 LMG zu subsumieren sind, wobei dies hinsichtlich einiger Angaben offenkundig schon von vornherein nicht zutrifft.

Dazu kommt, dass schon aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt hervorgeht, dass die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz in ihrer auf die verfahrensgegenständliche Ware bezüglichen Mitteilung vom 9. Juli 1999, Zl. 3819/1999, bloß auf ein in einem anderen Verfahren erstelltes Gutachten (vom 3. April 1998, Zl. 1751/1998) verweist.

Abgesehen davon, dass jenes bloß nominell, nicht aber auch faktisch auf "dieselbe Ware", die unter einer identischen Marke in Verkehr gebracht wurde, Bezug nimmt, wird dort explizit ausgeführt, dass sich dessen Prüfergebnisse "ausschließlich auf die eingereichte(n) Probe(n) beziehen". Damit schloss aber schon der Sachverständige selbst in unmissverständlicher Weise eine entsprechende Übertragung seines Gutachtens auf die hier verfahrensgegenständliche Ware von vornherein aus.

Somit liegt aber letztlich kein verwertbares Beweisergebnis vor, das die Tatbestandsmäßigkeit der angelasteten Übertretung mit der für ein Strafverfahren erforderlichen und ausreichenden Sicherheit zu belegen geeignet ist.

4.2. Aus allen diesen Gründen war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. G r o f

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