Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240392/2/WEI/Ni

Linz, 28.03.2002

VwSen-240392/2/WEI/Ni Linz, am 28. März 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der Z vertreten durch Rechtsanwälte in 4020 Linz, Hauptplatz 21, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31. Jänner 2001, Zl. 101, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Lebensmittelgesetz 1975 - LMG 1975 (W BGBl Nr. 728/1993, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 105/2000) iVm §§ 5 und 9 Abs 2 NWKV zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und der Berufungswerberin unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz wurde die Berufungswerberin (Bwin) schuldig gesprochen, weil sie als gemäß dem § 9 Abs 2 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Beauftragte der Firma V zu verantworten hätte, dass am 20. Juni 2000 anlässlich einer lebensmittelpolizeilichen Revision im Betrieb S, eine Probe der Ware "Kürbiskerne aus kontrolliert biologischem Anbau" gezogen wurde, deren Begutachtung durch die BALU Graz ergeben hätte, dass Kennzeichnungselemente gemäß §§ 5 und 9 Abs 2 Nährwertkennzeichnungsverordnung - NWKV (BGBl Nr. 896/1995) fehlten, und zwar:

  • Gehalt an gesättigten Fettsäuren (g),
  • Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren (g)
  • Gehalt an Phosphor (mg)
  • Gehalt an Zink (mg)
  • Prozentsatz der empfohlenen Tagesdosis für Zink und Phosphor.

Die importierte Ware sei am 2. Juni 2000 mit Lieferschein Nr. 75494 in einer Menge von 230 Kartons à 7 Packungen in das S-Zentrallager nach Graz geliefert und somit in Verkehr gebracht worden.

Dadurch erachtete die belangte Behörde §§ 5 und § 9 Abs 2 NWKV iVm § 74 Abs 4 Z 1 LMG 1975 idgF als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 74 Abs 1 LMG 1975 eine Geldstrafe von ATS 1.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden ATS 100,-- (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin zu Handen ihrer Rechtsvertreter am 14. Februar 2001 zugestellt wurde, richtet sich die am 27. Februar 2001 rechtzeitig bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens, in eventu die Anwendung des § 21 VStG oder die Herabsetzung der Strafhöhe beantragt wird.

2.1. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30. Oktober 2000 hat die belangte Behörde der Bwin die Tat entsprechend angelastet und sie aufgefordert, ihre Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse bekannt zu geben, widrigenfalls von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von ATS 20.000,-- bei fehlenden Sorgepflichten ausgegangen werde.

In der rechtsfreundlich vertretenen Stellungnahme vom 23. Jänner 2001 wurde zugestanden, dass die Bwin als verantwortliche Beauftragte für den gesamten Lebensmittelimport und Vertriebsbereich fungiere. Nach dem Inkrafttreten der NWKV habe man irrtümlich die Kennzeichnung nicht so geändert, dass sie zur Gänze der NWKV entsprach, wobei aber die Ware von der Baflu Salzburg untersucht und als verkehrsfähig beurteilt worden sei. Mittlerweile komme auf der Verpackungsfolie der Hinweis auf Zink und Phosphor nicht mehr vor. Die Druckerei habe man sofort nach Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung beauftragt eine Änderung des Textes in der Form vorzunehmen, dass der Hinweis auf mehrfach ungesättigte Fettsäuren gestrichen wird. Die Angabe gemäß § 5 NWKV sei daher nicht mehr notwendig. Eine Ablichtung der neuen Verpackungsfolie mit den Änderungen wurde angeschlossen.

2.2. Die belangte Behörde erließ in der Folge das angefochtene Straferkenntnis vom 31. Jänner 2001 und gab in der Begründung die rechtsfreundlich eingebrachte Stellungnahme der Bwin wörtlich wieder. Der im Spruch dargestellte Sachverhalt erscheine auf Grund der Aktenlage als erwiesen. Die angelastete Verwaltungsübertretung sei auf Grund des Gutachtens der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Graz vom 17. August 2000, UZ: 2771/00 als erwiesen anzusehen und werde von der Beschuldigten grundsätzlich nicht bestritten.

Nach Darstellung der Rechtsgrundlagen führte die belangte Behörde zur Schuldfrage aus, dass die Bwin ein Ungehorsamsdelikt begangen und den Schuldentlastungsbeweis iSd § 5 Abs 1 VStG mit ihrer Rechtfertigung nicht erbracht hätte. Die NWKV hätte eine großzügige Übergangsfrist bis maximal 30. September 1997 vorgesehen und die Bwin hätte vor dem Inverkehrbringen im Jahr 2000 (Probeziehung 20.06.2000) eine Überprüfungspflicht getroffen.

Strafmildernd wertete die belangte Strafbehörde, dass sofort nach der Aufforderung zur Rechtfertigung eine Änderung des Textes der Verpackungsschleifen in Auftrag gegeben worden wäre. Straferschwerend wäre kein Umstand gewesen. Unter Berücksichtigung des geschätzten monatlichen Nettoeinkommens von ATS 20.000,--

und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten erscheine nach dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden die verhängte Strafe angemessen.

2.3. Die rechtsfreundlich vertretene Berufung verweist zunächst auf die Stellungnahme vom 23. Jänner 2001 und bringt ergänzend vor, dass die Bwin Untersuchungen bei der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Salzburg lange nach dem Inkrafttreten der NWKV in Auftrag gegeben hätte.

Vorgelegt wurden folgende Prüfungszeugnisse der genannten Bundesanstalt über eingereichte Proben betreffend "Natürlich leben, Kürbiskerne 330 g", der Fa. V AG:

  • Amtliches Untersuchungszeugnis vom 23. April 1998, U-Zl. 834/98, Chargen-Nr. L7323 V 94240, Einreichungstag 14. April 1998 (Blg 1)
  • Amtliches Untersuchungszeugnis vom 28. April 1998, U-Zl. 863/98, Chargen-Nr. L8076 V, Einreichungstag 17. April 1998 (Blg 2)
  • Amtliches Untersuchungszeugnis vom 29. April 1998, U-Zl. 862/98, Chargen-Nr. L8062 V, Einreichungstag 17. April 1998 (Blg 3)
  • Amtliches Untersuchungszeugnis vom 29. April 1998, U-Zl. 861/98, Chargen-Nr. L8042 V, Einreichungstag 17. April 1998 (Blg 4)
  • Amtliches Untersuchungszeugnis vom 28. April 1998, U-Zl. 860/98, Chargen-Nr. L8041 V, Einreichungstag 17. April 1998 (Blg 5)

Nach dem Vorbringen der Berufung erfolgte die Verpackung der Ware zu Beilage 1 am 323. Tag im Jahr 1997, zu Beilage 2 am 76. Tag im Jahr 1998, zu Beilage 3 am 62. Tag im Jahr 1998, zu Beilage 4 am 42. Tag im Jahr 1998 und zu Beilage 5 am 41. Tag im Jahr 1998.

Die zitierten amtlichen Untersuchungszeugnisse ergingen jeweils auf Grund einer beantragten Untersuchung auf Verkehrsfähigkeit. Nach äußerlicher (Geruch, Geschmack), chemischer und bakteriologischer Untersuchung wurde von der Untersuchungsanstalt im Rahmen des Gutachtens jeweils festgestellt, dass die eingereichte Probe im Rahmen der durchgeführten Untersuchung verkehrsfähig sei.

Im Befund der Untersuchungszeugnisse wird jeweils unter "Besonderheiten der Verpackung" festgestellt:

"Lagerbedingungen, Teile der Kennzeichnungselemente nach der Nährwertkenn- zeichnungsverordnung und Sachbezeichnung und Füllgewicht im Sichtfeld des Mindesthaltbarkeitsdatums werden durch Verschlußetikette überklebt."

Im Gutachten der Untersuchungszeugnisse wird jeweils nach Bescheinigung der Verkehrsfähigkeit folgender Satz angeschlossen:

"Es muß jedoch drauf hingewiesen werden, daß die Verschlußetikette so anzubringen ist, daß die nach der LMKV 1993 bzw. Nährwertkennzeichnungsverordnung erforderlichen Kennzeichnungselemente nicht überklebt werden."

Die Berufung schließt aus diesen Passagen, dass die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Salzburg trotz Prüfung der Kennzeichnung an der Beschriftung gemäß NWKV nichts auszusetzen gehabt hätte. Die Bwin hätte daher gestützt auf diese fünf Untersuchungszeugnisse darauf vertrauen können, dass die gewählte Beschriftung in Ordnung war. Die belangte Behörde hätte auf das bereits frühere Vorbringen in der Stellungnahme vom 23. Jänner 2001 eingehen müssen. Im Übrigen hätte die Bwin durch die sofortige Reaktion auf die Beanstandung der gebotenen Sorgfaltspflicht entsprochen. Auch unter Außerachtlassung der vorgelegten Untersuchungszeugnisse wäre ihr Verhalten als unterhalb der Fahrlässigkeitsschwelle zu beurteilen gewesen. Unrichtig sei auch, dass der Schuldentlastungsbeweis nicht gelungen wäre.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht strittig ist und nur Rechtsfragen zu beurteilen sind.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs 4 Z 1 LMG 1975 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem letzten Gliedsatz wie nach § 74 Abs 1 leg.cit., also mit Geldstrafe bis zu ATS 100.000,--, zu bestrafen,

wer den Bestimmungen einer auf Grund des § 10, des § 12 Abs 2 hinsichtlich der Deklaration von Zusatzstoffen, des § 16 Abs 4 hinsichtlich vorgeschriebener Bezeichnungen, der §§ 21, 27 Abs 1, 29, 30 Abs 5 oder 33 Abs 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

Gemäß § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu ATS 50.000,-- zu bestrafen,

wer den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 15 Abs 7 oder 8 lit a oder b, 19 oder 31 Abs 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

4.2. Die Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz (BGBl Nr. 896/1995) über die Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln (NWKV) wurde nach ihrer Präambel auf Grund der §§ 10 Abs 1 und 19 Abs 1 LMG 1975 erlassen. Sie hat demnach ihre Grundlage in gesetzlichen Vorschriften, die entweder unter die Blankettstrafnorm des § 74 Abs 4 Z 1 oder unter die des § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 fallen. Im Hinblick auf zwei in Betracht kommende gesetzliche Strafbestimmungen mit verschiedenen Strafrahmen muss bei Heranziehung von Gebots- oder Verbotsnormen der NWKV differenziert werden, welche Bestimmung auf welcher gesetzlicher Grundlage beruht.

Im vorliegenden Fall geht es um die Kennzeichnung von verpackten Waren, die für den Letztverbraucher bestimmt sind. Die gesetzliche Grundlage für Gebotsnormen ist insofern der § 19 LMG 1975, weshalb entgegen der belangten Behörde die Strafnorm des § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 heranzuziehen gewesen wäre. Nach § 1 NWKV regelt diese Verordnung die Nährwertkennzeichnung sowie nährwertbezogene Angaben beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, die ohne weitere Verarbeitung für den Letztverbraucher bestimmt sind.

Im Straferkenntnis vom 4. Juli 2001, Zl. 101, wegen Übertretung des § 5 Abs 1 Z 1 NWKV hat die belangte Behörde dem gegenüber die richtige Blankettnorm des § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 als Strafnorm herangezogen (vgl dazu das h. Erk. VwSen-240413 vom 3. Oktober 2001).

4.3. Gemäß § 2 Abs 1 NWKV ist die Nährwertkennzeichnung vorbehaltlich des Abs 2 freiwillig. Nach dem § 2 Abs 2 NWKV muss - ausgenommen bei produktübergreifenden Werbekampagnen - die Kennzeichnung des Lebensmittels die Angaben gemäß § 5 enthalten, sofern beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln eine nährwertbezogene Angabe erfolgt.

Gemäß § 3 Abs 2 NWKV ist nährwertbezogene Angabe jede beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln erscheinende Angabe, Darstellung oder Aussage, mit der erklärt, suggeriert oder mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere Nährwerteigenschaften besitzt.

Nach § 5 Abs 1 hat die Kennzeichnung entweder die Angaben nach Z 1 oder Z 2 in der genannten Reihenfolge zu enthalten:

1. a) Brennwert,

b) Gehalt an Eiweiß, Kohlehydraten und Fett;

2. a) Brennwert,

b) Gehalt an Eiweiß, Kohlehydraten, Zucker, Fett, gesättigten Fettsäuren,

Ballaststoffen und Natrium.

Nach § 5 Abs 2 NWKV hat die Kennzeichnung die Angaben gemäß Abs 1 Z 2 zu enthalten, wenn sich eine nährwertbezogene Angabe auf Zucker, gesättigte Fettsäuren, Ballaststoffe oder Natrium bezieht.

Gemäß § 5 Abs 3 NWKV kann die Kennzeichnung gemäß Abs 1 Z 1 oder Z 2 auch Mengen eines oder mehrerer der nachfolgenden Stoffe umfassen:

1. Stärke;

2. mehrwertige Alkohole;

3. einfach ungesättigte Fettsäuren;

4. mehrfach ungesättigte Fettsäuren;

5. Cholesterin;

6. die in der Anlage angeführten und gemäß den dort angegebenen Werten in

signifikanten Mengen vorhandenen Vitamine oder Mineralstoffe.

§ 5 Abs 4 NWKV schreibt zwingend die Angabe des Gehaltes von Stoffen vor, wenn sich eine nährwertbezogene Angabe auf Stoffe bezieht, die einer der in Abs 1 und 3 genannten Nährstoffgruppen angehören oder deren Bestandteil bilden.

Gemäß § 5 Abs 5 NWKV ist darüber hinaus bei Angabe des Gehalts an mehrfach ungesättigten oder einfach ungesättigten Fettsäuren oder Cholesterin auch der Gehalt an gesättigten Fettsäuren anzugeben; diese Angabe verpflichtet jedoch (noch) nicht zur Kennzeichnung gemäß Abs 1 Z 2.

Schließlich bestimmt § 9 Abs 2 NWKV, dass Angaben über Vitamine und Mineralstoffe zusätzlich als Prozentsatz der im Anhang (Anlage zur NWKV) empfohlenen Tagesdosis bezogen auf die in Abs 1 Z 1 angeführten Mengen erfolgen müssen.

Nach der Übergangsvorschrift des § 11 Abs 1 NWKV dürfen Lebensmittel, die dieser Verordnung nicht entsprechen, bis 30. April 1996 in Verkehr gebracht werden. Gemäß § 11 Abs 2 NWKV dürfen Lebensmittel, die bereits vor dem 30. April 1996 verpackt und gekennzeichnet worden sind, noch bis 30. September 1997 in Verkehr belassen werden.

4.4. Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass die gegenständliche Ware - wie im Schuldspruch beanstandet - nicht entsprechend den Bestimmungen nach §§ 5 und 9 Abs 2 NWKV gekennzeichnet worden ist, obwohl dies nach § 2 Abs 2 iVm § 5 Abs 4 NWKV im Hinblick auf die nährwertbezogenen Angaben auf der Verpackungsbeschriftung betreffend den Anteil an mehrfach ungesättigten Ölsäuren und den Anteil an Zink und Phosphor zwingend erforderlich gewesen wäre. Richtig ist auch, dass gegenständlich ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs 1 VStG anzunehmen ist und sich die Bwin mit ihrem Vorbringen vom Schuldvorwurf nicht entlasten konnte. Sie war als verantwortliche Beauftragte verpflichtet, sich mit den einschlägigen Kennzeichnungsvorschriften selbst vertraut zu machen und alle notwendigen Vorkehrungen für eine ordnungsgemäße Kennzeichnung der Ware vor ihrem Inverkehrbringen zu treffen. Dass die nach der Aktenlage objektivierten Fehlleistungen der Bwin unterhalb der Fahrlässigkeitsschwelle lägen, kann der erkennende Verwaltungssenat entgegen der Berufung nicht finden.

Der Berufung ist allerdings zuzubilligen, dass die nunmehr vorgelegten fünf Untersuchungszeugnisse der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Salzburg aus April 1998 eine differenzierte Betrachtung des Verschuldens der Bwin erfordern. Der Oö. Verwaltungssenat teilt zwar nicht die Ansicht, dass die Bwin auf die Richtigkeit der Beschriftung vertrauen konnte, weil die Bundesanstalt keine inhaltliche Beanstandungen machte. Der auf die Verkehrsfähigkeit und damit auf die sachverständige Lebensmittelprüfung beschränkte Prüfungsauftrag rechtfertigt eine solche Sichtweise nicht. Die Kennzeichnung wurde entgegen der Darstellung der Berufung von der Lebensmitteluntersuchungsanstalt inhaltlich gar nicht geprüft. Bei der Frage der Kennzeichnung nach der LMKV oder der NWKV handelt es sich nämlich um eine Rechtsfrage, für deren Lösung nicht die Sachverständigen einer Lebensmitteluntersuchungsanstalt zuständig sind. Diese können darüber entsprechend ihrer besonderen rechtlichen Kenntnisse zwar Anzeigen gemäß § 44 LMG 1975, nicht aber Gutachten iSd § 43 Abs 1 LMG 1975 erstatten. Schon aus diesem Grund liegt kein Vertrauenstatbestand vor, der an einen entschuldigenden Rechtsirrtum denken ließe. Nur wenn sich die Bwin auf eine unrichtige behördliche Rechtsauskunft berufen könnte, wäre sie gemäß § 5 Abs 2 VStG entschuldigt.

Dennoch erachtet es das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenats als berücksichtigenswert, dass die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Salzburg die Kennzeichnung der auf ihre Verkehrsfähigkeit überprüften Proben zwar nicht inhaltlich, aber immerhin formal in Bezug auf das Überkleben mit der Verschlussetikette beanstandete. Daraus konnte die Bwin - wenn auch im Hinblick auf ihre Erkundigungspflichten vorwerfbar - einem Irrtum unterliegen und den falschen Schluss ziehen, dass eine für die Lebensmitteluntersuchung kompetente Stelle an der vorgenommenen Kennzeichnung inhaltlich nichts auszusetzen hatte.

Unter diesen Umständen erachtet der Oö. Verwaltungssenat die Voraussetzungen für ein Absehen von Strafe nach dem § 21 Abs 1 VStG als gegeben. Das Verschulden der Bwin erscheint auf Grund der aufgezeigten Umstände und mit Rücksicht auf ihr sofortiges Bemühen, nach der Aufforderung zur Rechtfertigung einen rechtskonformen Zustand herzustellen, geringfügig. Die Übertretung konnte wohl auch nur unbedeutende Folgen haben, zumal durch die Unvollständigkeit der gegenständlichen Kennzeichnung keine Irreführung der Konsumenten hervorgerufen werden konnte. Dazu kommt noch, dass die Bwin als unbescholten zu gelten hat, weil der Aktenlage keinerlei Vorstrafen zu entnehmen sind.

Im Hinblick auf die unzutreffende Ansicht der Bwin, dass ihr überhaupt keine Fahrlässigkeit angelastet werden könne, erachtet es der erkennende Verwaltungssenat für erforderlich, die Bwin auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens hinzuweisen und eine Ermahnung auszusprechen, um sie zuverlässig von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß