Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240410/3/Gf/Km

Linz, 27.09.2001

VwSen-240410/3/Gf/Km Linz, am 27. September 2001
DVR.0690392
 
 
 
 
E R K E N N T N I S
 
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine VII. Kammer unter dem Vorsitz von Mag. Gallnbrunner, den Berichter Dr. Grof und den Beisitzer Dr. Langeder über die Berufung des H B, vertreten durch die RAe Dr. K W und Dr. M K, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 10. August 2001, Zlen. SanRB96-20 bis 23, 38 bis 45, 47 bis 50 u. 53 bis 59-2000 sowie 4, 7 bis 11, 14 bis 17 u. 20 bis 23-2001, wegen einer fortgesetzten Übertretung des Lebensmittelgesetzes, zu Recht erkannt:
 
I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
 
II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.
 
Rechtsgrundlage:
§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.
 
 
 
Entscheidungsgründe:
 
 
1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 10. August 2001, Zlen. SanRB96-20 bis 23, 38 bis 45, 47 bis 50 u. 53 bis 59-2000 sowie 4, 7 bis 11, 14 bis 17 u. 20 bis 23-2001, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 30.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Wochen) verhängt, weil er in der Zeit vom 2. Dezember 1999 bis zum 25. April 2001 als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH in insgesamt 37 Fällen frische Seefische, bei denen auf der Verpackung eine Verbrauchsfrist von mehreren Tagen deklariert war, in Verkehr gebracht habe, obwohl für frische Seefische als Verbrauchsfrist der Verpackungstag gelte; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 lit. c des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 150/2001 (im Folgenden: LMG), begangen, weshalb er zu bestrafen gewesen sei.
 
1.2. Gegen dieses ihm am 20. August 2001 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 3. September 2001 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.
 
2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, dass der dem Beschwerdeführer angelastete Sachverhalt auf Grund entsprechender Wahrnehmungen von Kontrollorganen und Gutachten von Lebensmitteluntersuchungsanstalten als erwiesen anzusehen sei.
 
Im Zuge der Strafbemessung sei nicht von kumulativen Straftatbeständen, sondern vom Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes auszugehen gewesen, da es dem Rechtsmittelwerber im angelasteten Tatzeitraum nachhaltig darauf angekommen sei, die Anerkennung des von ihm verwendeten neuartigen Verpackungssystems als ein solches, mit dem eine längere als bloß eintägige Haltbarkeitsfrist erzielt werden könne, zu erreichen.
 
2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber vor, dass seine Produkte nicht in herkömmlicher Art (bloß mit dünner Kunststofffolie überzogene Styroportasse), sondern nach Anwendung eines völlig neuartigen, auch in den übrigen EU-Staaten mit Erfolg eingesetzten Verfahrens, bei dem der sonst innerhalb der Umhüllung verbleibende Luftsauerstoff durch Einbringung einer bakterienhemmenden Stickstoff-Kohlendioxid-Gasmischung ersetzt wird, verpackt worden seien, sodass die auf völlig anderen Grundlagen beruhenden Vorgaben des Österreichischen Lebensmittelbuches, auf die sich das Straferkenntnis (ausschließlich) gestützt habe, hier von vornherein gar nicht zum Tragen gekommen wäre.
 
Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.
 
3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten der BH Kirchdorf zu Zlen. SanRB96-20 bis 23, 38 bis 45, 47 bis 50 u. 53 bis 59-2000 sowie 4, 7 bis 11, 14 bis 17 u. 20 bis 23-2001; im Übrigen konnte gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.
 
 
4. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
 
 
4.1. Gemäß § 74 Abs. 1 LMG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, der falsch bezeichnete Lebensmittel in Verkehr bringt.
 
Nach der Legaldefinition des § 8 lit. f LMG sind Lebensmittel u.a. dann falsch bezeichnet, wenn sie mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich sind, wie z.B. über die Haltbarkeit oder den Zeitpunkt der Herstellung, in Verkehr gebracht werden.
 
Gemäß § 19 Abs. 1 und 2 LMG kann u.a. eine Kennzeichnungspflicht hinsichtlich der Lagerbedingungen und der empfohlenen Aufbrauchsfrist festgelegt werden.
 
Darauf basierend legt die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 72/1993, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 462/1999 (im Folgenden: LMKV), fest, dass verpackte Waren u.a. mit dem Zeitpunkt, bis zu dem diese ihre spezifischen Eigenschaften behalten (Mindesthaltbarkeitsdatum), zu kennzeichnen sind (vgl. § 4 Z. 5 LMKV).
 
Aus all dem folgt, dass hinsichtlich der Kennzeichnung von verpackten Lebensmitteln sonach eine lex specialis existiert, die deren Falschbezeichnung regelt bzw. anders gewendet: Bei verpackten Lebensmitteln ist - von (hier nicht maßgeblich) verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben abgesehen - von vornherein nur dann eine Strafbarkeit wegen einer Übertretung i.S.d § 74 Abs. 1 LMG gegeben, wenn Bestimmungen der LMKV nicht eingehalten wurden.
 
4.2. Im gegenständlichen Fall steht allseits unbestritten fest, dass der Rechtsmittelwerber verpackte Lebensmittel in Verkehr gebracht hat.
 
Ihm hätte daher nicht bloß - wie mit dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses - eine Übertretung des § 74 Abs. 1 LMG, sondern vielmehr diese in Verbindung mit einer Verletzung von Vorschriften der LMKV (hier: wohl des § 4 Z. 5 LMKV) angelastet werden müssen.
 
Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellte, dass dies ohnehin in der Intention der belangten Behörde lag (wofür sich aus den von ihr vorgelegten Verwaltungsakten allerdings kein Anhaltspunkt ergibt), folgt aus der ständigen, zu § 44a Z. 2 VStG ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. VwGH v. 14. Dezember 1988, 88/03/0111; v. 26. April 1995, 92/07/0175), dass dem Gebot, wonach der Spruch des Straferkenntnisses stets die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift enthalten muss, jedenfalls dann nicht entsprochen ist, wenn dort eine Zitierung der entsprechenden Norm fehlt (und diese nicht einmal in der Begründung des Bescheides nachgeholt werden kann).
 
Eine dementsprechende Substituierung der Zitierung des § 4 Abs. 5 LMKV durch den Oö. Verwaltungssenat scheidet aber - abgesehen davon, dass dieser gemäß Art. 129 B-VG schon von Verfassungs wegen nicht als eine Strafverfolgungsbehörde, sondern als ein Organ der Kontrolle der Verwaltung konzipiert ist - im gegenständlichen Fall schon deshalb aus, weil dies insoweit einer Auswechslung der Tat gleichkäme, als der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses im Hinblick auf den Tatbestand des § 4 Z. 5 LMKV nicht i.S.d. § 44a Z. 1 VStG hinreichend konkretisiert ist .
 
4.3. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG schon aus diesem Grund stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren wegen der dem Rechtsmittelwerber konkret angelasteten Verwaltungsübertretung nach § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen; da die Verfolgungsverjährungsfrist des § 74 Abs. 7 LMG jedoch (jedenfalls hinsichtlich einzelner Teilaspekte der angelasteten Tat) weiterhin offen ist, hat die belangte Behörde diesbezüglich aus eigenem zu beurteilen, ob sie ein Verfahren wegen einer Übertretung der LMKV durchzuführen beabsichtigt.
 
5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Erstbehörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.
 
 
 
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr in Höhe von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.
 
Mag. G a l l n b r u n n e r
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