Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240417/2/Gf/Km

Linz, 20.11.2001

VwSen-240417/2/Gf/Km Linz, am 20. November 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des Mag. H K, vertreten durch RA Dr. G D, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 1. Oktober 2001, Zl. 101-6/1-624-330116826, wegen einer Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Der Bürgermeister der Stadt Linz hat mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2001, Zl. 101-6/1-624-330116826, folgendes Straferkenntnis erlassen (Hervorhebungen im Original):

"Herr Mag. H K, geboren am , wohnhaft M, hat als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Veranwortliche(r), und zwar in der Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma L GmbH Co KG, mit dem Sitz in L, nachstehende Verwaltungsübertretung(en) zu verantworten:

Anlässlich einer lebensmittelpolizeilichen (lebensmittelpolizeilicher) Kontrolle(n)

am (von - bis) 14.06.2000 in V, Zielpunkt Filiale wurde vom zuständigen Aufsichtsorgan eine Probe der Ware "Karreesteaks vom Schwein, 3 Stück 17398" entnommen und der Lebensmitteluntersuchungsanstalt K, zur Begutachtung und Durchführung eines Lagerversuches übermittelt.

Laut Gutachten der LUA Kärnten, ZU: 3412/2000 vom 09.08.2000, wurde festgestellt:

BEFUND

Untersuchungsbeginn: 14.06.2000

Untersuchungsende: 19.06.2000

Verpackung: 3 verschlossene, verschweißte, durchsichtige, enganliegende, weiße Porozelltassen, (ca. 22,5 x 16 cm), darüber eine durchsichtige Folie, an der Unterseite verschweißt, 1 Klebeetikette mit Aufschrift (siehe Fotokopie)

Beschaffenheit/Inhalt: je 3 rohe Fleischstücke, Steaks ohne Knochen, Fleisch bräunlichrot, von Bindegewebsschichten durchzogen, geringer, mäßiger Fettanteil von weißer bis hellrosa Farbe

pH-Wert 5,6

Kommissioneller organoleptischer Befund:

In rohem Zustand: Geruch nicht auffällig (4 von 4)

In gekochtem Zustand: Geruch nicht auffällig (4 von 4)

Geschmack nicht auffällig (4 von 4)

Bakteriologischer Untersuchungsbefund:

Aerobe mesophile Keime (30º C) 3.100.000/g

Milchsäurebakterien unter 100.000/g

Enterobacteriaceen 24.000/g

Escheria coli unter 100/g

Koagulasepositive Staphylokokken unter 100/g

Lagerversuch bei +4º C bis 17.06.2000

Prüfung am 17.06.2000

Beschaffenheit: unverändert

Kommissioneller organoleptischer Befund:

In rohem Zustand: Geruch leicht unrein, säuerlich (3 von 4)

In gekochtem Zustand: Geruch nicht auffällig (3 von 4)

Geschmack nicht auffällig (4 von 4)

Bakteriologischer Untersuchungsbefund

Aerobe mesophile Keime (30º C) 58.000.000/g

Milchsäurebakterien unter 100.000/g

Enterobacteriaceen 120.000/g

Escheria coli unter 100/g

Koagualsepositive Staphylokokken unter 100/g

GUTACHTEN

Die vorliegende Probe mit der Bezeichnung "Karresteaks vom Schwein" wurde einem Lagerversuch unter den auf der Verpackung angegebenen Bedingungen bis zum ausgewiesenen Mindesthaltbarkeitsdatum unterzogen.

Nach obigem Befund weist die Probe zu diesem Zeitpunkt bereits Geruchsfehler, sowie einen erhöhten Gehalt an aeroben mesophilen Keimen und außerordentlich hohen Gehalt an Enterobacteriaceen auf.

Die Probe besitzt demnach zum Zeitpunkt des Ablaufes des angegebenen Mindesthaltbarkeitsdatums eine der berechtigten Verbrauchererwartung derart widersprechende Beschaffenheit, dass ihre bestimmungsgemäße Verwendbarkeit (Genusstauglichkeit) wesentlich vermindert ist.

Das angegebene Mindesthaltbarkeitsdatum ist zu lange bemessen. Die beteiligten Verkehrskreise werden über den wesentlichen Umstand der Haltbarkeit der Ware falsch informiert.

Die vorliegende Probe ist nach den Begriffsbestimmungen des § 8 lit. f LMG 1975 als falsch bezeichnet zu beurteilen und unterliegt somit dem Verbot des § 7 Abs. 1 lit. c leg.cit.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 74 (1) iVm §§ 7 (1) lit. c und 8 lit. f Lebensmittelgesetz - LMG 1975, BGBl. 86/1975 idgF.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von ATS 4.000,00 (Euro 290,69)

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden

Gemäß § 74/1 LMG 1975

.....

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

* ATS 400,00 (Euro 29,07) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S bzw. 14,53 Euro angerechnet);

* ATS 3.658,50 (Euro 265,87) Untersuchungskosten LUA Kärnten, ZU: 3412/2000 vom 09.08.2000

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

ATS 8.058,50 (Euro 585,63)

Zahlungsfrist:

.....

Begründung:

....."

2.1. Der Spruch dieses Straferkenntnisses verstößt zunächst gegen § 44a Z. 1 VStG.

Nach dieser Bestimmung ist nämlich dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorzuwerfen, dass er in die Lage versetzt wird, auf den spezifischen Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen zu widerlegen und der Spruch gleichzeitig geeignet ist, ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Im gegenständlichen Fall wird in dem - im Spruch des Straferkenntnisses in vollem Umfang wiedergegebenen - Gutachten der Lebensmitteluntersuchungsanstalt Kärnten vom 9. August 2000, Zl. 3412/2000, einerseits festgestellt, dass die Ware nach Beendigung des Lagerversuches sowohl einen erhöhten Gehalt an aeroben mesophilen Keimen als auch einen außerordentlich hohen Gehalt an Enterobacteriaceen aufwies; darin könnte der Vorwurf einer Übertretung des § 50 Fleischuntersuchungsgesetz i.V.m. § 27 der Fleischuntersuchungsverordnung liegen. Andererseits wird auf eine Verletzung des § 74 Abs. 1 LMG (Inverkehrbringen falsch bezeichneter Lebensmittel) hingewiesen.

Im Ergebnis bleibt damit in Wahrheit offen, welche Übertretung dem Rechtsmittelwerber nun tatsächlich angelastet werden sollte - ganz abgesehen davon, dass von einer (gerade im Verwaltungsstrafverfahren im Hinblick auf § 44a Z. 1 VStG besonders wichtigen) "möglichst gedrängten, deutlichen Fassung" des Spruches i.S.d. § 24 VStG i.V.m. § 59 Abs. 1 AVG bei der "Technik" der wörtlichen Übernahme des Gutachtens im Spruch des Straferkenntnisses offenkundig keine Rede sein kann, wenn sich dieser solcherart (ohne Not) über nahezu 2 Seiten erstreckt.

2.2. Davon abgesehen muss bei einer derartigen Vorgangsweise unweigerlich der Eindruck entstehen, dass die in Rede stehende Entscheidung in Wahrheit nicht von der belangten Behörde, sondern vielmehr von der Untersuchungsanstalt selbst getroffen wurde.

Aus verfahrensrechtlicher Sicht kommt der Lebensmitteluntersuchungsanstalt Kärnten jedoch nicht die Qualität einer Behörde, sondern lediglich der Status eines Sachverständigen zu.

In diesem Zusammenhang hält der Verwaltungsgerichtshof aber in ständiger Rechtsprechung fest, dass es dem Sachverständigen nicht zukommt, Rechtsfragen zu lösen (vgl. z.B. statt vieler z.B. VwGH v. 14. Jänner 1993, 92/09/0201).

3. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. G r o f

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