Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240428/2/Gf/Km

Linz, 18.03.2002

VwSen-240428/2/Gf/Km Linz, am 18. März 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der Z A, vertreten durch die RAe Mag. M H und Mag. H T, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 7. Februar 2002, Zl. SanRB96-24-9-2001, wegen einer Übertretung des Geschlechtskrankheitengesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 7. Februar 2002, Zl. SanRB96-24-9-2001, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe in Höhe von 36,34 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt, weil sie es als eine Person, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulde oder solche an anderen vornehme, unterlassen habe, am 5. Oktober 2001 in einem Lokal in L unterlassen habe, bei der Ausübung einer derartigen Tätigkeit einen Ausweis über die Vornahme der amtsärztlichen Untersuchungen hinsichtlich des Freiseins von Geschlechtskrankheiten bei sich zu führen; dadurch habe sie eine Übertretung des § 11 Abs. 2 i.V.m. § 12 Abs. 2 des Geschlechtskrankheitengesetzes, StGBl.Nr. 152/1945, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 98/2001 (im Folgenden: GeschlKrG), i.V.m. der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, BGBl.Nr. 314/1974, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 591/1993 (im Folgenden: ProstitutionsV), begangen, weshalb sie gemäß § 12 Abs. 2 GeschlKrG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihr am 11. Februar 2002 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 14. Februar 2002 - und damit rechtzeitig - mittels Telefax bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass die der Rechtsmittelwerberin angelastete Verwaltungsübertretung aufgrund entsprechender Wahrnehmungen im Zuge einer Gendarmeriekontrolle als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei ihre bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen, während erschwerende Umstände nicht hervorgekommen seien; von der Erhebung ihrer Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sei wegen der geringen Strafhöhe aus verwaltungsökonomischen Gründen abgesehen worden.

2.2. Dagegen bringt die Beschwerdeführerin neuerlich vor, dass sie nur zu Besuch gewesen sei und im Lokal nicht als Prostituierte gearbeitet habe; vielmehr habe sie zuvor die Erlangung der erforderlichen Papiere abwarten wollen.

Daher wird - erschließbar - die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Perg zu Zl. SanRB96-24-2001; im Übrigen konnte gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 12 Abs. 2 GeschlKrG i.V.m. § 1 ProstitutionsV begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 70 Euro zu bestrafen, der gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper duldet oder solche Handlungen an anderen vornimmt, ohne sich vor dem Beginn dieser Tätigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen.

Das in § 44a Z. 1 VStG normierte Konkretisierungsgebot in jener Ausprägung, die dieses durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erhalten hat, bedeutet u.a., dass es nicht hinreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung des Tatortes und der Tatzeit wiederzugeben, sondern dass die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren ist (vgl. z.B. die Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 5. Auflage, Wien 1996, 970 f).

4.2.1. Diesem Erfordernis wird der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses jedoch offenkundig nicht gerecht, wenn dort - mit Blickpunkt auf die Tathandlung - lediglich der Text des § 1 ProstitutionsV nahezu wörtlich wiedergegeben wird.

4.2.2. Im Übrigen geht aber auch weder aus der Bescheidbegründung noch überhaupt aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt hervor, aufgrund welcher Umstände jene mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgehen konnte, dass gegenständlich das Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit, insbesondere jenes der Gewinnerzielungsabsicht, als erfüllt anzusehen ist; Gleiches gilt hinsichtlich eines Nachweises für das Vorliegen sexueller Handlungen, wo doch sogar in der Anzeige des GP S vom 26.10.2001, Zl. A2/1532/01-Gra, lediglich davon die Rede ist, dass "durch die Kleidung ..... von den überprüfenden Beamten festgestellt" werden konnte, dass die Beschwerdeführerin "offensichtlich der Prostitution nachgeht". Diesbezüglich wird auf ein beigelegtes Foto verwiesen, das die Rechtsmittelwerberin in einem Top und Minirock mit übergezogener Lederjacke zeigt, wobei handschriftlich darauf hingewiesen wird, dass die "Jacke nur zum Fotografieren angezogen" wurde. Daraus kann nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates insgesamt keineswegs der Schluss gezogen werden, dass die Beschwerdeführerin offensichtlich der gewerbsmäßigen Prostitution nachgeht, zumal sich im erstbehördlichen Akt auch keinerlei Feststellungen dazu finden, seit wann sich die Rechtsmittelwerberin bereits zuvor im verfahrensgegenständlichen Lokal aufgehalten hat.

4.3. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Rechtsmittelwerberin nach 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. G r o f