Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240456/2/SR/Ri

Linz, 24.07.2003

 

 

 VwSen-240456/2/SR/Ri Linz, am 24. Juli 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des H R, W, M , gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 1. Juli 2003, Zl. SanRB96-8-2001 wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes 1975 (im Folgenden: LMG 1975) zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung gegen die Spruchpunkte 2 und 3 wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich behoben. Die Berufung gegen den Spruchpunkt 1 wird abgewiesen und mit der Maßgabe bestätigt, das der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wie folgt zu lauten hat:

 

"Herr R H hat am 26. Februar 2001, vor 10.02 Uhr in der Bäckerei H, W, W, Lebensmittel in Verkehr gebracht, ohne vorzusorgen, dass diese nicht durch äußere Einwirkungen hygienisch nachteilig beeinflusst werden, wobei durch die im folgenden beschriebenen, hygienischen Missstände das strafbare Verhalten verwirklicht wurde:

in der Backstube blätterte der Decken- und Wandanstrich ab, die Wände wiesen schwarzen Schimmelbelag auf und der Boden war stark verschmutzt.

Es wäre nach dem Stand der Wissenschaft und der Verkehrsauffassung zumutbar gewesen, den Fußboden, die Decke und die Wände ordnungsgemäß und rechtzeitig zu reinigen und zu reparieren.

 

Herr R H hat eine Verwaltungsübertretung nach § 20 iVm § 74 Abs. 5 Z 3 LMG 1975 begangen und wird deswegen über ihn eine Geldstrafe von 218 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit gemäß § 6 Abs. 1 und 2 VStG eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen verhängt.

 

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz ist gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Betrag von 21,80 Euro zu leisten."

 

 

Im Berufungsverfahren hat der Berufungswerber als weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 43,60 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 24, § 19, § 51c, § 51e Abs.2 und § 64 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben am 26.2.2001 in Ihrem Bäckereibetrieb am Standort W , Lebensmittel (Backwaren) hergestellt und damit in Verkehr gebracht, ohne dafür vorzusorgen, dass diese nicht durch äußere Einwirkungen hygienisch nachteilig beeinflusst werden, soweit das nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft möglich und nach der Verkehrsauffassung nicht unzumutbar ist, weil in der Backstube

  1. der Decken- und Wandanstrich abblätterte
  2. die Wände schwarzen Schimmelbelag aufwiesen und
  3. der Boden stark verschmutzt war.
  4. Durch Schmutz und Staub von Decke und Wänden, durch den stark beschädigten Boden und vor allem durch den schwarzen Schimmelbelag konnte eine hygienisch nachteilige Beeinflussung der im Betrieb hergestellten Lebensmittel (Backwaren) herbeigeführt werden, die durch eine entsprechende Sanierung der Arbeitsräume hintangehalten hätte werden können.

     

    Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

    § 74 Abs.5 Ziff. 3 und § 20 Lebensmittelgesetz 1975 (LMG 1975), § 4 Abs. 1 i.V.m. Abschnitte II Ziff. 1 lit.a), b), c) des Anhanges zur Lebensmittelhygieneverordnung BGBl. Nr. II 31/1998

    Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

    Geldstrafe von

     

    218,00 Euro

    218,00 Euro

    218,00 Euro

    Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

    3 Tage

    3 Tage

    3 Tage

    gemäß

     

    § 74 Abs. 5 LMG

    § 74 Abs. 5 LMG

    § 74 Abs. 5 LMG

     

    Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

    65,40 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

    Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 719,40 Euro."

     

     

    2. Gegen dieses dem Bw am 10. Juli 2003 zu eigenen Handen zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz rechtzeitig eingebrachte Berufung.

    2.1. Die Behörde erster Instanz führt in der Begründung im Wesentlichen an, dass die angelasteten Mängel von einem Aufsichtsorgan gemäß § 35 LMG 1975 bei der Kontrolle am 26. Februar 2001 um 10.02 Uhr festgestellt worden seien. Auf diese Mängel sei der Bw bei Kontrollen bereits am 11. Juli 1999 und am 9. Juli 2000 hingewiesen worden. An der Strafbarkeit seines Verhaltens könnten Pläne zur Sanierung bzw. Ausschreibungen für Sanierungsarbeiten nichts ändern. Bei der Strafbemessung sei auf § 19 VStG Bedacht genommen worden. Erschwerend sei zu werten gewesen, dass der Bw bereits im Juli 1999 und im Juli 2000 auf die Mängel hingewiesen worden sei und er eine Beseitigung nicht veranlasst habe. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse habe der Bw nicht bekannt gegeben. Eine Schätzung dieser wurde von der Behörde erster Instanz nicht vorgenommen.

     

    2.2. Der Bw hat in der Berufungsschrift u.a. ausgeführt, dass ihm bewusst sei, dass dem Lebensmittelgesetz immer und zu jeder Zeit, in der produziert würde, entsprochen werden müsse. Er habe innerhalb der letzten 10 Jahre ca. 25 neue Arbeitsplätze geschaffen und neben vielen anderen Investitionen im Bereich der Produktion sehr viel Geld investiert. Die Bestrafung sei nicht gerechtfertigt, da er bereits sämtliche Arbeiten vergeben gehabt habe. Weiters seien Vorarbeiten zur Sanierung der Decke und der Wände bereits in Arbeit gewesen, der Schimmelbelag habe sich "nur" im Bereich der Fenster befunden und diese Stellen seien von einer Mitarbeiterin mit Antischimmelmitteln (Vorreinigungslösungen) eingesprüht und später gereinigt worden, die Verschmutzung des Bodens würde eine normale Verunreinigung nach Produktionsende darstellen und die Beschädigung (zwei fehlende Fliesen) würden zu keiner bedenklichen Beeinträchtigung nach dem Lebensmittelgesetz führen.

     

    3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit dem Berufungsvorbringen hinreichend geklärt erscheint. Die Berufung ist dem von der Behörde erster Instanz angenommenen Sachverhalt auch substantiell nicht entgegengetreten.

     

    1. Auf Grund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

    Der Anzeige des Lebensmittelaufsichtsorganes vom 13. Juli 2001 ist der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dargestellte Sachverhalt zu entnehmen. Das Lebensmittelaufsichtsorgan verweist abschließend auf bereits am 11. Juli 1999 und 9. Juli 2000 durchgeführte Kontrollen, bei denen die beschriebenen, schweren hygienischen Mängel vorgefunden worden wären. Der Anzeige sind sieben Lichtbilder beigefügt, die die hygienischen Mängel in eindeutiger Weise wiedergeben.

     

    Gegen die auf Grund dieser Anzeige erlassene Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 10. September 2001, Zl. SanRb96-8-2001, erhob der Bw rechtzeitig Einspruch und begründete diesen damit, dass bereits am Tag der Beanstandung sämtliche Arbeiten vergeben gewesen wären und diese nur wegen der vorherrschenden Witterung nicht durchgeführt werden hätten können. Im März bzw. April 2001 seien die Arbeiten abgeschlossen worden und die Backstube würde den lebensmitteltechnischen Anforderungen gerecht. Dem Einspruch wurden 6 Lichtbilder beigefügt, die die gegenständliche Backstube generalsaniert zeigt.

     

    Mit Schreiben vom 30. Juni 2003 wurde der Bw von der Behörde erster Instanz zur Bekanntgabe der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse aufgefordert. Am 1. Juli 2003 teilte der Bw laut AV vom 1. Juli 2003 mit, dass er keine Stellungnahme abgeben und gegen ein allfälliges Straferkenntnis Berufung erheben werde.

     

    3.2. Die vom Lebensmittelaufsichtsorgan festgestellten Mängel sind unbestritten. Die seiner Anzeige beigelegten Fotos belegten die beschriebenen und angelasteten Mängel eindeutig. Der Bw bestreitet die aufgelisteten Mängel nicht, sondern versuchte lediglich das Ausmaß dieser herunterzuspielen.

     

  5. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 74 Abs. 5 LMG 1975 macht sich im Fall der Z. 3 einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist nach dem letzten Gliedsatz mit Geldstrafe bis 3.600 Euro zu bestrafen, wer den Bestimmungen der §§ 15 Abs. 6 oder 17 Abs. 2, 18 Abs. 1, 20, 26 Abs. 2, 30 Abs. 5 erster Satz oder 34 Abs. 1 zuwiderhandelt.

 

§ 20 LMG 1975 verpflichtet den Inverkehrbringer von Lebensmitteln, Verzehrprodukten oder Zusatzstoffen vorzusorgen, dass diese nicht durch äußere Einwirkung hygienisch nachteilig beeinflusst werden, soweit dies nach dem Stand der jeweiligen Wissenschaft möglich und nach der Verkehrsauffassung nicht unzumutbar ist.

 

Es ist nach der Aktenlage unstrittig, das die vom Lebensmittelaufsichtsorgan vorgefundenen hygienischen Missstände nach heutigen Maßstäben einem angemessenen hygienisch nachteiligen Standard deutlich widersprechen und geeignet waren, die in Verkehr gebrachten Lebensmittel (Rohstoffe und Backwaren) hygienisch nachhaltig zu beeinflussen. § 20 iVm § 74 Abs. 5 Z. 3 LMG 1975 hat den Charakter eines abstrakten Gefährdungsdelikts. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes genügt bereits die Möglichkeit (abstrakte Gefahr) einer hygienisch nachteiligen Beeinflussung von Lebensmitteln (vgl. u.a. VwGH 21.1.1993,92/10/0190; VwGH 27.11.1995, 93/10/0100).

 

Die Behörde erster Instanz hat dem Bw verschiedene Missstände vorgehalten, die dasselbe Schutzziel betreffen und ausschließlich einen Verstoß gegen § 20 LMG darstellen. Trotzdem hat sie mehrere Strafen verhängt. Tatsächlich liegt trotz der verschieden hygienischen Mängel nur ein Faktum vor, nämlich die Verletzung des § 20 LMG 1975. Der erkennende Verwaltungssenat hat dementsprechend eine Neuformulierung des Spruches vorgenommen. Da die Behörde erster Instanz wegen einer Verwaltungsübertretung mehrere gleichlautende Strafen, bezogen auf denselben Tatort und Tatzeitpunkt, verhängt hat, waren die Strafen gegen die "Spruchpunkte 2 und 3" aufzuheben und die wohl zutreffenden hygienischen Mängel in einem Spruchpunkt zusammenzufassen (vgl. auch VwSen-240270/2/Wie/Bk vom 8. Juli 1998).

 

4.2. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 759).

Der Bw hat die hygienischen Missstände nicht bestritten, sondern zu begründen versucht, dass die Beseitigung dieser unmittelbar bevorstand. Wie die Behörde erster Instanz zu Recht erkannte, ist entscheidend, ob zum Tatzeitpunkt (Zeitpunkt der Kontrolle) die Missstände vorgelegen sind. Er konnte somit mangelndes Verschulden nicht glaubhaft machen.

4.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

Hinsichtlich der jeweils verhängten Strafe ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Das festgesetzte Strafausmaß erweist sich als nachvollziehbar. Aus Gründen der Generalprävention bedarf es der verhängten Strafe um Übertretungen in vergleichbaren Fällen hintanzuhalten. Die spruchgemäß festgesetzte Strafe trägt darüber hinaus dem Gedanken der Spezialprävention Rechnung und wird als ausreichend erachtet, um den Bw zur Einsicht und zur zukünftigen Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu bringen. Darüber hinaus ist die verhängte Strafe tat- und schuldangemessen. Von einem nur geringfügigen Verschulden war nicht auszugehen, da durch das Verhalten des Bw genau jener Unrechts- und Schuldgehalt der Tat erfüllt wurde, welcher in der Verwaltungsvorschrift unter Strafdrohung gestellt wurde. Es war daher nicht von der Strafe abzusehen und auch nicht mit Ermahnung vorzugehen.

 

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden nach Erhebung durch den Oö. Verwaltungssenat ebenfalls der Strafbemessung zugrunde gelegt. Eine Verminderung der Strafhöhe konnte bei Beachtung dieser dennoch nicht bewirkt werden.

 

5. Betreffend der Spruchpunkte 2 und 3 des angefochtenen Straferkenntnisses hat der Bw keinen Kostenbeitrag zu leisten. Da die Berufung betreffend Spruchpunkt 1 weder in der Schuld- noch in der Straffrage erfolgreich war, hat der Bw gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG im Berufungsverfahren einen Beitrag zu den Kosten in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Stierschneider

 
 

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