Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240470/2/Gf/Gam

Linz, 31.10.2003

VwSen-240470/2/Gf/Gam Linz, am 31. Oktober 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des Mag. D, vertreten durch die RAe Dr. H, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 1. Oktober 2003, Zl. SanRB-41-2003, wegen einer Übertretung des Lebensmittelgesetzes, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 1. Oktober 2003, Zl. SanRB96-41-2003, wurde dem Beschwerdeführer eine Ermahnung erteilt, weil er es als Geschäftsführer einer GmbH zu verantworten habe, dass von dieser 2 Becher Joghurt mit unzulässigen nährwertbezogenen Angaben in Verkehr gebracht worden seien; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 5 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 69/2003 (im Folgenden: LMG), i.V.m. den §§ 3 bis 5 der Nährwertkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 896/1995 (im folgenden: NWKV), begangen, weshalb über ihn eine Ermahnung zu verhängen gewesen sei.

Begründend hat die belangte Behörde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Angaben "fettarm" und "mit rechtsdrehender L(+) Milchsäure" nur dann zulässig seien, wenn sich diese auf den Brennwert oder auf einen in der NWKV genannten Nährstoff bzw. eine dort genannte Nährstoffgruppe beziehe; da Milchsäure jedoch in der NWKV nicht genannt sei, erweise sich diese Angabe als unzulässig.

1.2. Dagegen bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass der Hinweis "mit rechtsdrehender L(+) Milchsäure" keine nährwertbezogene Angabe darstelle, weil daraus keine besondere Nährwerteigenschaft des Produktes hervorgehe; vielmehr handle es sich insoweit bloß um die Nennung einer Zutat, also um eine Beschaffenheitsangabe. Außerdem sei diese Bezeichnung im Zuge der Erstellung eines Privatgutachtens nicht beanstandet worden, sodass ihn jedenfalls kein Verschulden treffe.

Daher wird die Aufhebung des Bescheides und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Freistadt zu Zl. SanRB96-41-2003; im Übrigen konnte gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 74 Abs. 5 Z. 2 LMG i.V.m. § 3 Abs. 2 und § 4 NWKV begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen, der Lebensmittel mit nährwertbezogenen Angaben kennzeichnet, ohne dass sich diese auf den Brennwert oder auf die in § 3 Abs. 1 lit. b NWKV genannten Stoffe beziehen.

3.2.1. Wie sich aus der der Anzeige des Lebensmittelaufsichtsorgans beiliegenden Kopie der Verpackung ergibt, findet sich auf dieser im Zusammenhang mit der Angabe "fettarm" auch der Hinweis: "Brennwert: 265 kJ/63 kcal". Insofern besteht daher der im Spruch des angefochtenen Bescheides angelastete Tatvorwurf einer Übertretung des § 4 erste Alternative NWKV offenkundig zu Unrecht.

3.2.2. Nach § 3 Abs. 2 NWKV sind nährwertbezogene Angaben solche, mit denen erklärt, suggeriert oder mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere Nährwerteigenschaften besitzt.

Auf eine derartige besondere Nährwerteigenschaft kann jedoch aus der Angabe "mit rechtsdrehender L(+) Milchsäure" allein nicht geschlossen werden, weil es sich bei Milchsäure gleichsam um einen normalen Bestandteil eines jeden Joghurts handelt. Ob diese rechts- oder linksdrehend ist, hängt von der konkret verwendeten "Starterkultur" ab und wirkt sich in der Folge primär nur auf dessen Geschmack aus. Dass erstere im menschlichen Körper leichter abgebaut werden kann, bewirkt hingegen umgekehrt nicht, dass linksdrehende Milchsäure gesundheitsschädlich wäre. Jedenfalls besagt die Angabe "mit rechtsdrehender Milchsäure" nur, dass in dem solcherart gekennzeichneten Produkt diese Art der Milchsäure enthalten ist, lässt es aber gleichzeitig offen, ob auch und welche Menge(n) linksdrehender Milchsäure(n) vorhanden ist (sind).

Insgesamt besehen stellt daher der alleinige Hinweis "mit rechtsdrehender L(+) Milchsäure" - ohne gleichzeitige Bezugnahme auf Energie- oder Nährstoffwerte - keine besondere Nährwerteigenschaft des verfahrensgegenständlichen Produktes in den Vordergrund. Somit liegt aber schon von vornherein keine nährwertbezogene Angabe i.S.d. § 3 Abs. 2 NWKV und folglich auch keine Übertretung des § 4 zweite Alternative NWKV vor.

3.3. Im Ergebnis bilden sohin die dem Beschwerdeführer angelasteten Verhaltensweisen keine Verwaltungsübertretung, sodass der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. G r o f

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