Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240493/2/WEI/An

Linz, 20.04.2005

 

 

 VwSen-240493/2/WEI/An Linz, am 20. April 2005

DVR.0690392
 

 
 

 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des A W, geb., L, S, vertreten durch den Bruder Mag. K W ebendort, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 1. März 2004, Zl. SanRB 96-37-4-2003-Nif, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 74 Abs 1 iVm §§ 7 Abs 1 lit c), 8 lit f) Lebensmittelgesetz 1975 - LMG 1975 (BGBl Nr. 86/1975, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 69/2003) zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird in der Schuldfrage mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass auch § 7 Abs 1 lit c) LMG 1975 als verletzte Rechtsvorschrift anzusehen ist.
  2.  

  3. Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung Folge gegeben, die Geldstrafe auf 300 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 16 Stunden herabgesetzt.
  4.  

  5. Im Strafverfahren erster Instanz vermindert sich der Kostenbeitrag auf 30 Euro. Im Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines weiteren Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens.

 
Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; §§ 64 Abs 1 und 2, 65 VStG 1991.
 
 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma A W GmbH mit Sitz in S, L, und somit als das nach außen vertretungsbefugte Organ und sohin strafrechtlich Verantwortlicher und als Erzeuger und Verpacker zu verantworten, dass das Produkt 'Hascheeknödel' (4 Stk. Nenninhalt 400 g) am 7.4.2003 im obgenannten Betrieb zum Verkauf angeboten und somit in Verkehr gesetzt wurde, obwohl der Hascheeanteil nur 33 % anstatt wie auf der Etikette angegeben 40 % betragen hat.

 

Dieses Produkt ist daher als falsch bezeichnet zu beurteilen.

 

Dies wurde anlässlich einer lebensmittelpolizeilichen Kontrolle am 7.4.2003 um 11.19 Uhr im obgenannten Betrieb sowie einer Untersuchung der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Lebensmitteluntersuchung Linz, festgestellt.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 74 Abs.1 in Verbindung mit § 8 lit.f Lebensmittelgesetz 1975 (LMG 1975), BGBl.Nr.86/1975 i.d.g.F."

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde gemäß § 74 Abs 1 LMG 1975 eine Geldstrafe von 500 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde gemäß § 64 VStG der Betrag von 50 Euro vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 5. März 2004 eigenhändig zugestellt worden ist, richtet sich die als Einspruch fehlbezeichnete, rechtzeitige Berufung vom 8. März 2004, die am 10. März 2004 bei der belangten Behörde einlangte. Die Berufung wurde auf Firmenpapier von K W in "Wir-Form" verfasst und unterschrieben. Da Herr K W der Bruder des Bw ist und schon im erstbehördlichen Verfahren niederschriftlich in Vertretung für den Bw ausgesagt hat (vgl Niederschrift vom 19.08.2003), geht der erkennende Verwaltungssenat davon aus, dass er auch die Berufung in Vertretung für den Bw eingebracht hat.

 

Die Berufung betrifft insgesamt 4 verschiedene Strafverfahren und Straferkenntnisse der belangten Behörde, die zu den Zlen. VwSen 240490 bis 240493-2004 beim Oö. Verwaltungssenat erfasst wurden. Im Folgenden wird der gesamte Inhalt wiedergegeben:

 

"Einspruch

 

 

Sehr gehrte Frau N!

 

"Wir beziehen uns auf Ihre Schreiben (gemeint Straferkenntnisse) vom 1.03. bzw. 2.03.2004 mit dem Aktenzeichen SanRB96-38-4

SanRB96-30-4

SanRB96-20-4

SanRB96-37-4

sowie auf die Niederschrift zu den gleichen Themen vom 19.08.2003.

Ich habe damals schon folgenden Sachverhalt ausführlich erklärt:

1. Die Produkte Grammelknödel (SanRB96-20-4), Hascheeknödel (SanRB96-37-4) und Speckknödel (SanRB96-30-4) werden mit der gleichen Maschine im gleichen Arbeitsgang hergestellt werden. Die Rezepturen waren genau auf die angegebenen Prozentwerte abgestimmt - durch einen Fehler in der Maschinenausrichtung wurden allerdings alle drei Produkte falsch befüllt.

 

Wir sehen darin lediglich ein Vergehen, da es sich um einen einzigen Arbeitsvorgang handelt und erheben daher gegen eine dreimalige Straferkenntnis Einspruch.

Wir möchten dabei zu bedenken geben, dass in dem rein theoretischen Falle von 100 verschiedenen Sorten 100 Straferkenntnisse ausgestellt werden würden, sodass aus einem einzigen Maschinenfehler eine wirtschaftliche Bedrohung für ein Unternehmen entstehen könnte. Diese Vorgangsweise kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein.

 

2. Tirolerknödel (SanRB96-38-4)

In diesem Fall erheben wir Einspruch gegen das Straferkenntnis, da die Probenziehung aus unserer Sicht auf einer zu geringen Menge basiert.

In unserer Rezepturzusammenstellung sind nachweislich 22% Selchfleischanteil enthalten. Wir haben damit schon 10% Spielraum eingebaut. Im Zuge des Produktionsvorganges ist es technisch unmöglich, die Mischung der Rohstoffe so vorzunehmen, dass die Verteilung der Selchfleischmasse auf alle Knödelpackungen gleichmäßig erfolgt. Bei ähnlich gelagerten Produkten, sind jedenfalls größere Probeziehungen vorgeschrieben.

Angesichts der erst relativ kurzfristig verpflichtenden Quid-Regelung sollte den Firmen mehr Zeit zum Einjustieren gegeben werden.

 

Wir bitten Sie unsere Einspruchsgründe nochmals zu überdenken und eine neue Straferkenntnis festzulegen. Gerade angesichts der ohnedies schwierigen wirtschaftlichen Situation in unserer Branche kann es nicht Aufgabe der Behörde sein, Firmen für das Vorliegen von technischen Maschinenfehlern mit derartig hohen Kosten zu belasten.

 

Wir sehen uns in dieser Ansicht auch dadurch bestätigt, dass es heute auch von vielen Politikern und anerkannten Rechtsexperten die klaren Aussagen gibt, dass in unserem Rechtssystem wieder Augenmaß, Vernunft und Hausverstand einkehren müssen.

 

Mit freundlichen Grüßen

K W eh."

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende S a c h v e r h a l t:

 

2.1. Aus der Anzeige der Lebensmittelaufsicht für den Bezirk Urfahr-Umgebung vom 23. Juli 2003 und dem Untersuchungszeugnis vom 11. Juli 2003 zu UZ. 001783/2003 der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Lebensmitteluntersuchung (im Folgenden AGES) in Linz ist ersichtlich, dass im Betrieb des Bw in S, L, am 7. April 2003 um 11.19 Uhr eine Originalpackung mit 4 Stück "Hascheeknödel" und einem Nenninhalt von 400 g als Probe entnommen und in der Folge untersucht wurde, wobei eine Mischprobe aus den 4 Knödeln zur gravimetrischen Untersuchung gebildet wurde. Dabei ergab sich ein Knödelfülle von 33,0 %. Die chemische Untersuchung ergab offenbar keine Beanstandungen.

 

Im Untersuchungszeugnis der AGES lautet der gegenständlich relevante erste Absatz des Gutachtenteils:

 

"Bei der vorliegenden Probe wurde auf der Etikette ein Hascheeanteil vom 40 % angegeben. Der Anteil der Knödelfülle beträgt bei der Probe, wie aus oben stehendem Befund hervorgeht, jedoch nur 33,0 %. Die Probe ist daher nach den Richtlinien des Österr. Lebensmittelbuches, 3. Auflage Kapitel B 14 Abschnitt F (Beurteilung) Absatz F.5.9, gemäß § 8 lit f Lebensmittelgesetz 1975 als falsch bezeichnet zu beurteilen."

 

Auf der aktenkundigen Kopie der Etikette für das Produkt "Hascheeknödel" ist die Angabe "40% HASCHEE" ersichtlich.

 

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. August 2003 wurde dem Bw als handelsrechtlichem Geschäftsführer das Inverkehrbringen des hinsichtlich des Hascheeanteils falsch bezeichneten Produkts "Hascheeknödel" (4 Stück Nenninhalt 400 g) durch Anbot zum Verkauf am 7. April 2003 im Betrieb in S, L, angelastet. Die persönlichen Verhältnisse wurden wie folgt eingeschätzt: Monatliches Nettoeinkommen ca. 2.000 Euro, kein Vermögen, keine Sorgepflichten.

 

Zum anberaumten Einvernahmetermin am 19. August 2003 erschien Herr Mag. K W als Bruder des Bw und sagte in Vertretung des Bw aus. Bei dieser Einvernahme ging es um die Rechtfertigung in den Strafverfahren der belangten Behörde zu den Zlen. SanRB 96-20,-30,-37 und -38-2003 (vgl Niederschrift vom 19.08.2003), zu denen die gegenständliche Berufung eingebracht und zu den h. Zlen. VwSen 240490 bis 240493 anhängig ist. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse werden in der Niederschrift wie folgt angegeben: ca. 2.700 Euro mtl., Vermögen in Form eines Hauses und Gewerbebetriebes, Sorgepflicht für 2 Kinder. Im Folgenden wird der wesentliche Inhalt der niederschriftlichen Einvernahme, die von K W unterfertigt wurde, wiedergegeben:

 

"Herr Mag. K W (Vorlage des Führerscheins zur Identifikation) erscheint in Vertretung von A W beider ha. Behörde und gibt Folgendes zu Protokoll:

 

Bei der Knödelfüllmaschine handelt es sich um eine alte Maschine, die zwar auf den richtigen Prozentanteil der Fülle eingestellt ist, wobei es offensichtlich Schwankungen gibt, die von uns momentan kontrolliert werden. Wir haben die Maschine samt Rezeptur der Knödel von einer anderen Firma übernommen, auch die Mitarbeiter dieser Firma und haben uns darauf verlassen, dass die Fülle der Knödel der Einstellung der Maschine entspricht.

 

Ich bin jedoch der Ansicht, dass es sich hier lediglich um 1 Vergehen handelt, weil der Produktionsprozess für alle 3 Knödelsorten (außer Tirolerknödel) der gleiche ist.

 

Bezüglich der Tirolerknödel konnte ich den Wurstmeister nicht erreichen, könnte mir jedoch erklären, dass aus der Gesamtmasse (die Knödel werden händisch geformt) gerade eine Packung gezogen wurde, deren Inhalt unter der angegebenen Prozentzahl liegt. Es wird auch Packungen geben, deren Inhalt über der angegebenen Prozentzahl liegt.

Ich weiß momentan noch nicht, wie wir das am besten lösen können. Ich werde mich diesbezüglich mit der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit in Verbindung setzen.

 

Hinsichtlich der Strafverfügungen SanRB96-35-2-2003 v. 5.8.2003, SanRB96-27-2-2003 v. 5.8.2003 und SanRB96-24-2-2003 v. 5.8.2003 möchte ich innerhalb offener Frist Einspruch erheben unter dem Gesichtspunkt, dass es im Zuge einer Probenziehung zu gleichlautenden Beanstandungen bei gleichartigen Produkten gekommen ist. Meinem Rechtsempfinden nach ist das nicht in Ordnung."

 

2.3. Die belangte Behörde hat in weiterer Folge das angefochtene Straferkenntnis vom 1. März 2004 erlassen und festgestellt, dass der maßgebliche Sachverhalt durch die Untersuchung der AGES erwiesen und auch vom Bw nicht bestritten worden sei. In rechtlicher Hinsicht verwies die Strafbehörde auf die Regelung des § 5 Abs 1 VStG zur Fahrlässigkeit und ging davon aus, dass der Bw seine Sorgfaltspflicht als nach außen vertretungsbefugtes Organ erheblich verletzt habe, da es seine Aufgabe gewesen wäre, sich vor dem Inverkehrbringen des Produktes davon zu überzeugen, dass sämtliche Vorschriften eingehalten werden.

 

Die Rechtfertigung, man hätte die Maschine von einer anderen Firma übernommen und sich daher darauf verlassen, dass die Fülle der Knödel der Einstellung der Maschine entspreche, könne nicht entlastend wirken und vom Verschulden befreien. Zur Meinung des Bw, dass es sich nur um ein einziges Vergehen handle, weil der Produktionsprozess für die drei Knödelsorten (Grammel-, Speck- und Hascheeknödel) der Gleiche sei, stellt die belangte Behörde fest, dass bei allen Übertretungen Fahrlässigkeit als Verschuldensform vorgeworfen wurde. Nach ständiger Judikatur würden fahrlässige Begehungen für die Annahme eines fortgesetzten Delikts ausscheiden. Nur wenn der Täter von vornherein einen Gesamterfolg mit seinen wesentlichen Merkmalen ins Auge gefasst hat (Gesamtvorsatz), sei es gerechtfertigt, ihm nur eine einzige Straftat anzulasten.

 

Schuldausschließungs- oder sonstige Entlastungsgründe hätte nicht gefunden werden können.

 

Erschwerend wären die einschlägigen Verwaltungsvormerkungen des Bw zu werten. Milderungsgründe lägen nicht vor. Nach Abwägung aller Umstände erscheine die verhängte Geldstrafe angemessen und geeignet, den Bw von weiteren Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

2.4. Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsakten zur Berufungsentscheidung ohne Erstattung einer Gegenschrift vorgelegt.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, dass der wesentliche Sachverhalt unbestritten feststeht.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs 1 LMG 1975 begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht nach § 63 Abs 2 Z 1 LMG 1975 einer strengeren Strafe unterliegt, und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu 7.300 Euro zu bestrafen,

 

wer Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel oder Zusatzstoffe, kosmetische Mittel oder Gebrauchsgegenstände der im § 6 lit a, b oder e bezeichneten Art falsch bezeichnet, oder Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel oder Zusatzstoffe, kosmetische Mittel, die falsch bezeichnet sind, oder solche falsch bezeichneten Gebrauchsgegenstände in Verkehr bringt.

 

Gemäß § 7 Abs 1 lit c) LMG 1975 ist es verboten, falsch bezeichnete Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel und Zusatzstoffe in Verkehr zu bringen. Der umfassende Begriff des Inverkehrbringens, unter den selbstverständlich auch das Feilhalten und Verkaufen fällt, wird im § 1 Abs 2 LMG 1975 näher umschrieben.

 

Nach der Begriffsbestimmung des § 8 lit f) LMG 1975 sind Lebensmittel falsch bezeichnet, wenn sie mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich sind, wie über Art, Herkunft, Verwendbarkeit, Haltbarkeit, Zeitpunkt der Herstellung, Beschaffenheit, Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen, Menge, Maß, Zahl oder Gewicht, oder in solcher Form oder Aufmachung oder mit verbotenen krankheitsbezogenen Angaben (§ 9) in Verkehr gebracht werden.

 

4.2. Im vorliegenden Fall steht nach dem Untersuchungszeugnis der AGES Linz vom 11. Juli 2003, UZ. 001783/2003, hinsichtlich der vom Lebensmittelaufsichtsorgan entnommenen Probe, bestehend aus einer Originalpackung mit 4 Stück "Hascheeknödel" und 400 g Nenninhalt, fest, dass in der gebildeten Mischprobe von 4 Knödeln entgegen der Angabe auf der Etikette nicht 40 %, sondern lediglich ein Hascheeanteil von 33 % festgestellt werden konnte.

 

Im Österreichischen Lebensmittelbuch, 3. A., Kap. 14, Punkt F.5.9. wird unter der Überschrift "Falsche Bezeichnung" ausgeführt:

 

"Fleisch und Fleischwaren, die durch Abbildungen, Texte oder ihrer sonstigen Aufmachung nach Vorstellungen hinsichtlich Beschaffenheit, Aussehen, Zahl, Gewicht u.dgl. erwecken, die das Lebensmittel selbst nicht erfüllt;"

 

Hascheeknödel sind Fleischwaren, bei denen die Knödelfülle ein wesentliches Kriterium für ihre Beschaffenheit bildet. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass es sich dabei auch im Sinne des § 8 lit f) LMG 1975 um einen wertbestimmenden Bestandteil dieses Produkts handelt, dessen falsche Angabe einen zur Irreführung geeigneten Umstand, der nach der Verbrauchererwartung wesentlich ist, bildet.

 

4.3. Beim gegenständlichen Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs 1 VStG hätte der Bw initiativ alles vorbringen müssen, was für seine Entlastung spricht. Dabei hätte er nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darlegen müssen, dass er auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung von Aufgaben betrauten Mitarbeiter gesorgt hat (vgl u.A. VwGH 16.11.1995, Zl. 95/09/0108; VwGH 23.4.1996, Zl. 96/04/0053; VwGH 31.1.200, Zl. 97/10/0031).

 

Die Berufung bringt vor, dass die Produkte "Grammelknödel" (SanRB 96-20-4), "Hascheeknödel" (SanRB 96-37-4) und "Speckknödel" (SanRB 96-30-4) mit der gleichen Maschine im gleichen Arbeitsgang hergestellt und die Rezepturen genau auf die angegebenen Prozentwerte abgestimmt worden wären. Durch einen Fehler in der Maschinenausrichtung wären alle drei Produkte falsch befüllt worden.

 

Die Berufung gesteht demnach einen Fehler im Produktionsvorgang zu. Bereits in der niederschriftlichen Rechtfertigung vom 19. August 2003 wird die Knödelfüllmaschine als alte Maschine bezeichnet, bei der es trotz Einstellung auf den richtigen Prozentanteil offensichtlich Schwankungen gebe, die man "momentan" kontrollieren müsse. Die weitere Verantwortung, man habe die Maschine samt Mitarbeiter und Rezeptur der Knödel von einer anderen Firma übernommen und sich auf das richtige Funktionieren verlassen, zeigt gerade auf, dass die Arbeitsvorgänge zur Herstellung der gegenständlichen Produkte offenbar keiner wirksamen Kontrolle unterzogen worden sind. Der Bw hat nicht einmal behauptet, Kontrollmaßnahmen ergriffen zu haben.

 

Die Abweichung der tatsächlichen Knödelfülle von 33 % von der etikettierten in Höhe von 40 % ist erheblich. Es wäre Aufgabe des Bw gewesen, den Produktionsprozess durch ein wirksames Kontrollsystem zu überwachen, damit derartige Schwankungen zum Nachteil der Verbraucher ausgeschlossen werden können. Mit dem erstatteten Vorbringen ist es dem Bw nicht gelungen, eine Entlastung von der gemäß § 5 Abs 1 VStG indizierten Sorgfaltswidrigkeit glaubhaft zu machen. Deshalb ist mit der belangten Behörde von einem fahrlässigen Verschulden an der Falschbezeichnung iSd § 8 lit f) LMG 1975 auszugehen.

 

4.4. Unzutreffend ist auch die Ansicht des Bw, dass wegen des gleichartigen Produktionsvorganges mit der Knödelfüllmaschine nur ein einziges Vergehen vorliegen könne. Denn es wurden verschiedene Knödelprodukte zu unterschiedlichen Zeitpunkten erzeugt und die Maschine musste mit jedem Produkt neu anlaufen. Nach Herstellung einer Knödelsorte musste die Maschine vor Produktion einer anderen Knödelsorte zumindest gereinigt werden. Es handelt sich demnach sehr wohl um zeitlich trennbare Produktionsvorgänge. Außerdem sind die verschiedenen Produkte zur Abgabe an den Verbraucher verpackt und etikettiert und damit auch separat in Verkehr gebracht worden.

 

Nur im Falle eines Fortsetzungszusammenhangs (näher zum fortgesetzten Delikt mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] Anm 1 zu § 22 VStG), bei dem im Sinne eines Gesamtkonzepts bewusst und gewollt verschiedene Knödelsorten mit unzureichender Fülle hergestellt werden sollten, könnte man von einer einheitlichen Übertretung ausgehen, bei der dann allerdings im gegenständlich anzuwendenden Strafrahmen bis zu 7.300 Euro die erschwerenden Umstände zu Buche schlagen würden. Fahrlässige Begehungen scheiden für eine solche Ausnahme schon begrifflich aus. Ansonsten gilt im Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 22 VStG das Kumulationsprinzip, wonach die Strafen für jede Tat nebeneinander zu verhängen sind.

 

4.5. Bei der Strafbemessung ist mangels anderer Anhaltspunkte von den niederschriftlichen Angaben zu den Einkommens-, Vermögens und Familienverhältnissen auszugehen. Danach verdient der Bw monatlich 2.700 Euro, besitzt Haus und Gewerbebetrieb und hat Sorgepflichten für 2 Kinder. Erschwerend wertete die belangte Behörde einschlägige Vormerkungen, ohne diese näher zu bezeichnen. Ein Blick in das aktenkundige Verzeichnis der Verwaltungsvorstrafen bestätigt diese Annahme der Strafbehörde nicht. Innerhalb der Tilgungsfrist der letzten fünf Jahre (§ 55 VStG) sind zahlreiche Übertretungen nach § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 hauptsächlich in Verbindung mit Verstößen gegen die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, einmal in Verbindung mit der Nährwertkennzeichnungsverordnung sowie eine Übertretung des Fleischuntersuchungsgesetzes aufgelistet. Entgegen der pauschalen Behauptung im angefochtenen Straferkenntnis ist keine einschlägige Verwaltungsübertretung gemäß § 74 Abs 1 LMG 1975 innerhalb der letzten fünf Jahre ausgewiesen. Somit war die Annahme der belangten Behörde von Erschwerungsgründen unzutreffend. Milderungsgründe iSd § 34 StGB liegen freilich ebenfalls nicht vor.

 

Unter Berücksichtigung dieser Strafzumessungsfaktoren vertritt der Oö. Verwaltungssenat die Ansicht, dass trotz des anzuwendenden Strafrahmens bis zur Höhe von 7.300 Euro noch mit einer Geldstrafe von 300 Euro das Auslangen gefunden werden kann, zumal der Nachweis der Falschbezeichnung nur für eine Packung "Hascheeknödel" erbracht wurde und dem Bw nur Fahrlässigkeit und kein planmäßiges Vorgehen im Sinne eines fortgesetzten Delikts nachgewiesen werden konnte. So gesehen und im Hinblick auf das niederschriftliche "Tatsachengeständnis" erscheint dem erkennenden Mitglied der gegenständliche Unwert- und Schuldgehalt noch eher als gering, weshalb es wohl auch keiner höheren Geldstrafe bedarf, um künftiges Wohlverhalten zu erzielen. Die Ersatzfreiheitsstrafe war gemäß § 16 Abs 1 und 2 VStG innerhalb eines Strafrahmens von zwei Wochen festzusetzen. Sie war daher im angemessenen Verhältnis zur Geldstrafe mit rund 16 Stunden festzusetzen.

 

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 65 VStG im Berufungsverfahren die Verpflichtung zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens. Der Kostenbeitrag im erstinstanzlichen Strafverfahren vermindert sich gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG auf 30 Euro (10 % der Geldstrafe).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 
 

Dr. W e i ß
 
 

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