Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240513/3/WEI/An

Linz, 20.07.2005

 

 

 VwSen-240513/3/WEI/An Linz, am 20. Juli 2005

DVR.0690392
 

 
 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des F P, B, V, vertreten durch Dr. J H und Mag. Dr. T H, Rechtsanwälte in W, R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 3. August 2004, Zl. VetR 96-009-2004, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Fleischuntersuchungsgesetz und der Fleischuntersuchungsverordnung zu Recht erkannt:

 
 

I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis im Spruchpunkt a) aufgehoben und das Strafverfahren insofern gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt. Spruchpunkt b) wird bestätigt.

 

II. Im Übrigen wird der Strafberufung Folge gegeben, die Geldstrafe auf 750 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 58 Stunden reduziert.

 

III. Im Strafverfahren erster Instanz vermindert sich der Kostenbeitrag auf 75 Euro. Im Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines weiteren Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens.
 


Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 16 Abs 1 und 2 VStG; §§ 64 ff VStG 1991.
 
 
 
 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführerin der P und somit Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG zu verantworten, dass am 3.6.2004 in den Räumen des Schlachtbetriebes vier Kälber mit den Ohrmarken-Nr.: AT 880 314 472, AT 880 742 372, AT 652 679 372, AT 767 976 772, geschlachtet wurden, ohne dass

 

  1. vor der Schlachtung eine Untersuchung bei ausreichender Beleuchtung, an einem dafür geeigneten Untersuchungsplatz und nicht länger als 24 Stunden vor dem Schlachtzeitpunkt durchgeführt wurde;
  2. vorher eine Schlachterlaubnis eingeholt worden ist.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

  1. § 3 Abs. 1 der Fleischuntersuchungs-Verordnung, BGBl.Nr. 395/1994 i.V.m. § 1 Abs. 10 Fleischuntersuchungsgesetz, BGBl.Nr. 522/1982
  2. § 19 Abs. 2 Fleischuntersuchungsgesetz, BGBl.Nr. 522/1982"

 

Wegen der so umschriebenen Verwaltungsübertretungen hat die belangte Behörde "Gemäß § 50 Ziff. 1 und Ziff. 9 Fleischuntersuchungsgesetz" eine einheitliche Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine einheitliche Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt. Als Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren wurde der einheitliche Betrag von 150 Euro vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 6. August 2004 zu eigenen Handen zugestellt wurde, richtet sich die rechtsfreundlich am 18. August 2004 zur Post gegeben und damit rechtzeitige Berufung, die am 19. August 2004 bei der belangten Behörde einlangte. Die Anfechtungserklärung in der Berufung bekämpft zwar die Entscheidung zur Gänze, abschließend wird dann aber lediglich eine mildere Strafe angestrebt. Der Oö. Verwaltungssenat geht im Zweifel zugunsten des Bw davon aus, dass auch die Schuldfrage bekämpft werden sollte, soweit sie sich auf die Strafhöhe auswirken kann.

 

2.1. In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wird darauf hingewiesen, dass der dem Beschuldigten zur Last gelegte Tatbestand der Übertretung der "Fleischuntersuchungs-Verordnung bzw. des Fleischuntersuchungsgesetzes" am 3. Juni 2004 um 16.10 Uhr vom Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden dienstlich festgestellt worden sei.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 8. Juli 2004 hat die belangte Behörde dem Bw die Übertretung noch wie folgt angelastet:

 

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P und somit Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG, in den Räumen des Schlachtbetriebes, vier Kälber mit den Ohrmarken-Nr.: AT 880 314 472, AT 880 742 372, AT 652 679 372, AT 767 976 772, geschlachtet, ohne dass vor der Schlachtung eine amtliche Untersuchung und Beurteilung durchgeführt bzw. vorher eine Schlachterlaubnis eingeholt worden ist.

 

Verwaltungsübertretungen nach

§ 1 Abs. 1 und § 19 Abs. 2 Fleischuntersuchungsgesetz, BGBl.Nr. 522/1982"

 

Da der Bw darauf nicht reagierte, sah die belangte Behörde die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen als erwiesen an. Begründend werden § 3 Abs 1 Fleischuntersuchungsverordnung sowie §§ 19 Abs 1 und 2 und 50 Z 1 und Z 9 des Fleischuntersuchungsgesetzes wiedergegeben.

 

Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde von einem geschätzten Monatseinkommen von 2.000 Euro und Sorgepflichten für Frau und ein Kind aus. Milderungsgründe wären nicht anzunehmen gewesen, Erschwernisgründe lägen durch zahlreiche einschlägige Verwaltungsvorstrafen vor.

 

2.2. Dagegen bringt die Berufung vor, dass die für 3. Juni 2004 vorgesehene Schlachtung der im Spruch bezeichneten Tiere angemeldet und der Tierarzt verständigt gewesen sei. Dieser sei auf dem Weg zum Betrieb gewesen, den der Bw leitet. Vermutlich sei eine Verzögerung eingetreten, weshalb man mit der Schlachtung begonnen habe. Es bestünde ein schwieriges Marktumfeld und herrsche im Betrieb großer Zeitdruck. Steigende Kosten stünden sinkenden Margen gegenüber. Aus diesem Grunde sei das Eintreffen des Tierarztes nicht abgewartet worden. In der Folge habe aber eine Untersuchung stattgefunden, ebenso die Fleischbeschau. Dies habe keine Beanstandung ergeben. Die Tat sei daher ohne Folgen geblieben.

 

Diese Umstände rechtfertigten keine Geldstrafe von 1.500 Euro. Das Einkommen des Bw sei überhöht angegeben. Die Gründe für die Strafbemessung seien teils unrichtig und auch unvollständig. Die Tatsache, dass der Bw keine Rechtfertigung abgegeben hat, müsse ihm bei diesem Verfahrensverlauf als reumütiges Geständnis zugute gehalten werden. Dies sei wohl der wichtigste Milderungsgrund. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung und der Tatschuld angemessener Strafe hätte die Behörde mit einem deutlich geringeren Betrag das Auslangen finden können.

 

2.3. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt. Danach war bereits auf Grund der Aktenlage erkennbar, dass das angefochtene Straferkenntnis aus rechtlichen Überlegungen teilweise aufzuheben und der Strafberufung zu folgen war.

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Die belangte Behörde hat des angefochtene Straferkenntnis im Spruchpunkt b) auf der Grundlage des § 19 Abs 2 Fleischuntersuchungsgesetz (im Folgenden FlUG) und im Spruchpunkt a) auf der Grundlage des § 3 Abs 1 der Verordnung des BMGSK, BGBl 1994/395, zuletzt geändert mit BGBl II Nr. 237/2004, über die Schlachttier- und Fleischuntersuchung erlassen. Als Strafnormen wurden § 50 Z 1 und § 50 Z 9 FlUG herangezogen.

Gemäß § 50 FlUG (BGBl Nr. 522/1982 idF BGBl I Nr. 96/2002, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 143/2003) macht sich, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu 4.360 Euro zu bestrafen, wer

  1. gegen Gebote oder Verbote einer auf Grund des § 1 Abs 4, 5, 6, 7, 8, 9 oder 10 erlassenen Verordnung verstößt oder
  2. ......

9. entgegen den Bestimmungen des § 19 Abs 2 und 3 oder des § 39 eine Schlachtung vornimmt oder

......

 

4.2. Der III. Abschnitt des FlUG (vgl §§ 18 bis 37) regelt das Untersuchungsverfahren für die Schlachtier- und Fleischuntersuchung näher.

 

Gemäß § 19 Abs 1 Satz 1 FlUG hat der Tierhalter oder Betriebsinhaber vor der beabsichtigten Schlachtung für die Anmeldung zur Untersuchung bei der Gemeinde des Schlachtortes Sorge zu tragen.

 

Nach § 19 Abs 2 FlUG darf die Schlachtung nicht vor Erteilung der Erlaubnis und nur unter Einhaltung der allenfalls angeordneten besonderen Vorsichtsmaßregeln stattfinden.

 

§ 19 Abs 3 FlUG bestimmt, dass die Schlachtung nur nach erneuter Schlachttieruntersuchung und erneuter Erlaubnis zulässig ist, wenn sie nicht spätestens 24 Stunden nach Erteilung der Erlaubnis auf Grund der Untersuchung durch das Fleischuntersuchungsorgan stattfindet.

 

Die Fleischuntersuchungsverordnung (im Folgenden FlUV) enthält in ihrem zweiten Abschnitt (§§ 3 bis 7) Bestimmungen über die Untersuchung vor der Schlachtung (Schlachttieruntersuchung).

 

Gemäß § 3 Abs 1 FlUV ist die Untersuchung der Schlachttiere bei ausreichender Beleuchtung und an einem dafür geeigneten Untersuchungsplatz vorzunehmen. Diese Untersuchung muss möglichst kurze Zeit vor der Schlachtung, jedenfalls aber nicht mehr als 24 Stunden vor diesem Zeitpunkt, durchgeführt werden.

 

Aus § 3 Abs 2 bis 4 FlUV geht hervor, dass sich die Vorschriften über die Schlachttieruntersuchung in erster Linie an das Fleischuntersuchungsorgan wenden, das bestimmte Vorgaben beachten und gegebenenfalls Anzeige erstatten muss. §§ 4 ff FlUV regeln weitere Voraussetzungen für die Erlaubnis zur Schlachtung und bestimmen Fälle, in denen diese Erlaubnis vom Fleischuntersuchungsorgan nicht oder vorläufig nicht erteilt werden darf.

 

4.3. Aus § 19 FlUG ergibt sich, dass Schlachtungen vom Tierhalter oder Betriebsinhaber bei der Gemeinde des Schlachtortes anzumelden und nicht vor der mit 24 Stunden befristeten Erlaubnis durch das Fleischuntersuchungsorgan nach einer Schlachttieruntersuchung durchgeführt werden dürfen. Diese Gebote und Verbote wenden sich offenbar an den Tierhalter oder Betriebsinhaber eines Schlachtbetriebes. Die Vorschriften der §§ 3 ff FlUV enthalten hingegen Regeln für das die Schlachttieruntersuchung vornehmende Fleischuntersuchungsorgan. Sie verpflichten daher idR dieses Organ und können schon deshalb nicht als Grundlage für einen Tatvorwurf gegen den Tierhalter oder Betriebsinhaber herangezogen werden.

 

Der gegenständlich unbestrittene Verstoß gegen § 19 Abs 2 FlUG durch Schlachtung von vier Kälbern ohne vorher eingeholte Schlachterlaubnis des Fleischuntersuchungsorgans impliziert überdies typischerweise auch ein Unterbleiben der Schlachttieruntersuchung iSd § 3 FlUV, weil diese einer solchen Erlaubnis voranzugehen hat. Selbst wenn sich der § 3 FlUV auch an den Betriebsinhaber richtete, läge dennoch Konsumtion in Form der typischen Begleittat (vgl zum Ganzen Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 § 28 Rz 45 ff) und damit Scheinkonkurrenz vor. Dementsprechend wurde noch in der Aufforderung zur Rechtfertigung an sich richtig allein auf den § 19 Abs 2 FlUG abgestellt. Der Schuldspruch im Spruchpunkt a) erscheint daher neben dem in Spruchpunkt b) jedenfalls unzutreffend. Insofern war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 einzustellen.

 

4.4. Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde von 2.000 Euro Monatseinkommen und der Sorgepflicht für Frau und ein Kind aus. Die Berufung hat dazu nur pauschal behauptet, dass das Einkommen überhöht angegeben wäre. Dem kann mangels vorgelegter Bescheinigungsmittel nicht gefolgt werden. Das von der belangten Behörde geschätzte Einkommen ist für den Geschäftsführer eines Schlachtbetriebes durchaus nicht als überhöht anzusehen. Mangels anderer Anhaltspunkte war von den persönlichen Verhältnissen wie im angefochtenen Straferkenntnis auszugehen.

 

Hinsichtlich des Vorwurfs des Schlachtens der Kälber ohne Schlachterlaubnis im Spruchpunkt b) wurde der relevante Sachverhalt im gesamten Strafverfahren nicht bestritten. Die Berufung erläutert dazu, dass die Schlachtung angemeldet und der Tierarzt bereits verständigt gewesen sei. Da großer Zeitdruck im Betrieb herrschte und eine Verzögerung eintrat, habe man mit der Schlachtung begonnen. Die nachfolgende Fleischbeschau habe keine Beanstandungen ergeben. Dem Bw ist dabei zwar ein Tatsachengeständnis, nicht aber ein reumütiges Geständnis zuzubilligen. Wer die Aufforderung zur Rechtfertigung gänzlich unbeantwortet lässt, hat auch keine Reumütigkeit gezeigt. Eine solche kann auch der vorliegenden Berufung nicht entnommen werden.

 

Die von der belangten Behörde als erschwerend gewerteten "zahlreichen einschlägigen Verwaltungsvorstrafen" kann der Oö. Verwaltungssenat nicht nachvollziehen, weil sie in keiner Weise dargestellt werden und auch ein Vorstrafenregister im vorgelegten Verwaltungsakt nicht auffindbar ist. Im Zweifel ist daher davon auszugehen, dass der Bw nicht einschlägig wegen Schlachtung ohne Schlachterlaubnis vorbestraft ist.

 

Im Hinblick auf die gegenständlichen Strafzumessungsgründe (Wegfall des Spruchpunktes a, keine erschwerenden Umstände, nur mäßige Tatschuld) erscheint dem erkennenden Mitglied nach Abwägung der Strafzumessungsfaktoren die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe als deutlich überhöht. Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats kann vielmehr mit einer Geldstrafe von 750 Euro das Auslangen gefunden werden. Diese Strafe ist tat- und schuldangemessen und geeignet, den Bw von gleichartigen Übertretungen in Hinkunft abzuhalten.

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe war gemäß § 16 Abs 1 und 2 VStG mangels anderer Bestimmung in der Strafnorm des § 50 FluG innerhalb eines Strafrahmens von 2 Wochen in angemessener Relation dazu mit 58 Stunden festzusetzen.

 

5. Bei diesem Ergebnis entfällt im Berufungsverfahren gemäß § 65 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens. Im Strafverfahren erster Instanz beträgt der Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG 75 Euro (10 % der Geldstrafe).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. W e i ß

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