Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240523/2/WEI/Ps

Linz, 01.02.2006

VwSen-240523/2/WEI/Ps Linz, am 1. Februar 2006

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des G W, K, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 16. Dezember 2004, Zl. VetR 96-10-2004, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Fleischuntersuchungsgesetz (FlUG) iVm der Frischfleisch-Hygieneverordnung zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der Strafausspruch aufgehoben, gemäß § 21 Abs 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Berufungswerber unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird.
  2. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie sind handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der I Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in W, K, und haben, wie anlässlich einer am 29.04.2004 im Frischfleisch-Bearbeitungsbetrieb in W, K, durchgeführten Kontrolle festgestellt worden ist, auf dem im Tiefkühlraum gelagerten tiefgekühlten Fleisch oder auf der Verpackung nicht Monat und Jahr angegeben, in denen es tiefgekühlt wurde."

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 12 Abs 4 der Frischfleisch-Hygieneverordnung iVm § 50 Abs 1 Z 22 des Fleischuntersuchungsgesetzes als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß "§ 50 Schlusssatz des Fleischuntersuchungsgesetzes" eine Geldstrafe von 100 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde der Betrag von 10 Euro (10 % der Strafe) vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bw laut Zustellnachweis am 21. Dezember 2004 eigenhändig übernommen hat, richtet sich die per Telefax am 23. Dezember 2004 bei der belangten Behörde rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t:

2.1. Dem angefochtenen Straferkenntnis ist zu entnehmen, dass die Verwaltungsübertretung auf Grund einer Anzeige des Veterinärdienstes des Bezirks Schärding vom 8. Juni 2004 zu Last gelegt worden ist.

Mit Eingabe vom 21. Juni 2004 erstattete der Bw eine schriftliche Rechtfertigung, in der er darauf hinwies, dass Bauarbeiten stattgefunden hätten, die nicht berücksichtigt worden wären. Es hätte in seinem Betrieb trotz wöchentlicher Kontrollen noch nie derartige Beanstandungen der Veterinärbehörde gegeben, weil gewöhnlich jeder Wanne eine Laufkarte beiliege. Diesmal wäre ein Sonderfall vorgelegen. Es wären nur mehr ganz wenige (ca. 15) E2 Wannen im Gefrierraum gewesen, weil dieser auf Grund der Installation einer neuen Steuerungsanlage frisch in Betrieb genommen worden wäre. Es hätte keine Frostware mehr aus der Zeit vor dieser Inbetriebnahme gegeben. Gerade in der Zeit der Frischbeschickung erfolgte die Kontrolle. Die Laufkarten wären noch nicht erstellt worden, weil noch nicht genau festgestanden hätte, was in den Frostraum komme. Die veterinärbehördliche Nachkontrolle hätte wieder das bisher bekannte Bild der Nichtbeanstandungen ergeben. Nur während der Umräumarbeiten hätte der (scheinbare) Mangel geherrscht, weil die Laufkarten noch nicht erstellt gewesen wären. Er ersuche daher diesen Mangel zu entschuldigen.

Dem E-Mail vom 8. Juni 2004, mit dem die Anzeige des Veterinärdienstes die Kontrolle vom 29. April 2004 übermittelt worden war, ist auch noch zu entnehmen, dass die Kontrolle der Mängelbehebung durch Dr. P ergab, dass am 18. Mai 2004 die Mängel bereits behoben waren.

2.2. Im Straferkenntnis hielt es die belangte Behörde nach der Aktenlage für erwiesen, dass auf dem im Tiefkühlraum gelagerten tiefgekühlten Fleisch oder auf der Verpackung nicht Monat und Jahr angegeben waren, in dem es tiefgekühlt wurde. Der strafbare Tatbestand, den der Bw auch nicht bestritten habe, stünde daher fest. Zum Verschulden verweist die belangte Behörde auf das gegenständliche Vorliegen eines Ungehorsamsdelikts iSd § 5 Abs 1 VStG, bei dem die Rechtsvermutung für das Verschulden bestehe und der Beschuldigte initiativ alles darzulegen habe, was für seine Entlastung spricht.

Die Strafbehörde führt weiter aus, dass der Einbau einer neuen Steuerungsanlage im Tiefkühlraum nicht bezweifelt werde. Diese Änderung stehe jedoch in keinem Zusammenhang mit den fehlenden Angaben über den Zeitpunkt der Tiefkühlung des Fleisches. Die Rechtfertigung, wonach die fehlende Kennzeichnung auf eine Ausnahmesituation zurückzuführen sei, gehe auch insofern ins Leere, als in der Anzeige ausdrücklich vermerkt sei, die Kennzeichnung habe auch auf Aufforderung nicht nachgewiesen werden können. Die unterlassene Kennzeichnung beruhe somit nicht auf einem Zusammentreffen mehrerer unglücklicher Umstände, sondern wäre offensichtlich auf ein mangelhaftes innerbetriebliches Kontrollsystem zurückzuführen, weshalb von einem fahrlässigen Verhalten des Bw auszugehen sei.

2.3. In seiner Berufung vertritt der Bw die Ansicht, dass § 12 Abs 4 Frischfleisch-Hygieneverordnung im Hinblick auf § 1 Abs 2 der gleichen Verordnung auf seinen Betrieb nicht anwendbar wäre. Er gebe als gewerblicher Letztverkäufer nur an Verbraucher über eigene Verkaufsräumlichkeiten (Verkaufsfahrzeuge) ab. Das neue europäische Lebensmittelrecht ab 2006 nehme darauf bereits Rücksicht. Da der Betrieb des Bw hauptsächlich Fleischwaren erzeuge und Verarbeitungsbetrieb sei, habe er sich nach der Fleischverarbeitungs-Hygieneverordnung zu richten. Diese kenne eine solche Etikettierungsvorschrift nicht. Dass ein Verarbeitungsbetrieb auch Fleisch zerlege, mache ihn noch nicht zum Zerlegebetrieb, für den die Frischfleisch-Hygieneverordnung gelte, nicht aber für den Verarbeitungsbetrieb.

2.4. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt festgestellt, dass der wesentliche Sachverhalt unbestritten feststeht und nur Rechtsfragen zu beurteilen sind.

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 50 Fleischuntersuchungsgesetz - FlUG (BGBl Nr. 522/1982 idF BGBl I Nr. 96/2002, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 143/2003) macht sich, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu 4.360 Euro zu bestrafen, wer

......

22. gegen Gebote oder Verbote einer auf Grund des § 38 Abs 2, 3 oder 5 erlassenen Verordnung verstößt oder

......

§ 38 Abs 2 FlUG enthält eine Verordnungsermächtigung für den Bundeskanzler, zur Sicherung einer angemessenen Hygiene für die im § 17 Abs 1 FlUG genannten Betriebe Bestimmungen über

  1. die Bekleidung, das Verhalten und den Gesundheitszustand des Personals;
  2. die Ausstattung und Beschaffenheit der Betriebsanlage, der Betriebsräume und der Betriebsmittel sowie deren Reinigung;
  3. die Vorkehrungen, die beim Schlachten und Zerlegen des Fleisches sowie bei dessen weiterer Bearbeitung, Lagerung, Verarbeitung und Transport anzuwenden sind;
  4. die zur Gewährleistung eines hygienischen Zustandes erforderlichen sonstigen Maßnahmen

zu erlassen.

4.2. In der u.a. auch auf Grund des § 38 Abs 2 und 3 FlUG erlassenen Verordnung des BMGSK, BGBl Nr. 396/1994, zuletzt geändert mit BGBl II Nr. 401/2003, über die Hygiene bei der Gewinnung, Bearbeitung, Lagerung und beim Transport von frischem Fleisch (im Folgenden Frischfleisch-HygieneV), werden im 7. Hauptstück (§§ 8 bis 14) Hygienebestimmungen für das Schlachten, Bearbeiten (insbesondere das Zerlegen) sowie das Lagern und Transportieren von frischem Fleisch getroffen.

Der Anwendungsbereich gemäß § 1 Frischfleisch-HygieneV lautet:

(1) Diese Verordnung gilt für

  1. Schlachtbetriebe
  2. Frischfleisch-Bearbeitungsbetriebe, insbesondere Zerlegungsbetriebe,
  3. Kühlhäuser (einschließlich Tiefkühlhäuser), in denen frisches Fleisch gelagert wird, und
  4. Umpackzentren,

sofern in diesen Betrieben entweder Rinder (einschließlich Büffel und Bison), Schweine, Schafe, Ziegen oder Einhufer geschlachtet oder frisches Fleisch dieser Tiere bearbeitet, umhüllt, verpackt, gelagert oder transportiert wird.

(2) Dieser Verordnung unterliegen nicht Verkaufsräumlichkeiten der gewerblichen Letztverkäufer, in denen frisches Fleisch nur unmittelbar an Verbraucher - auch bei weiterer Zerlegung auf deren Verlangen - abgegeben wird, sowie Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung und Gastgewerbebetriebe.

Aus den Begriffsbestimmungen des § 2 Frischfleisch-HygieneV:

Im Sinne dieser Verordnung bedeuten:

  1. ....
  2. Kühlhäuser: Räumlichkeiten, in denen frisches Fleisch - offen oder verpackt - bei vorgeschriebenen Temperaturen gelagert wird;
  3. Schlachtbetriebe: Räumlichkeiten, in denen Tiere gemäß § 1 Abs. 1 zum Zwecke der Gewinnung von Fleisch geschlachtet und höchstens in Tierkörperhälften oder in drei Teile zerteilte Tierkörperhälften oder in Tierkörperviertel zerlegt werden;
  4. Zerlegungsbetriebe: Räumlichkeiten, in denen Fleisch über Z 3 hinausgehend zerlegt und gegebenenfalls umhüllt oder umhüllt und verpackt wird;
  5. Umpackzentren: Kühlhäuser, welche als Arbeitsstätten oder Lagerhäuser für das erneute Zusammenstellen oder das erneute Verpacken von umhülltem Fleisch für das Inverkehrbringen Verwendung finden;
  6. bis 11 ...;

  1. Transportmittel: Laderäume von Kraftwagen (einschließlich Anhänger), Schienenfahrzeugen, Luftfahrzeugen und Schiffen sowie Behälter für die Beförderung auf dem Land-, See- oder Luftweg;
  2. Bearbeiten: Behandeln des Fleisches ohne dass dadurch die Zellstruktur des Fleisches im Kern verändert wird, so dass die Merkmale des frischen Fleisches nicht verloren gehen;
  3. Verkaufsräumlichkeiten der gewerblichen Letztverkäufer: Räume oder Marktstände, in denen frisches Fleisch oder Fleischerzeugnisse feilgehalten, auf Verlangen des Letztverbrauchers (Konsumenten) oder eines Abnehmers gemäß § 1 Abs 2 gegebenenfalls zerlegt und ausschließlich an diesen abgegeben werden; hierunter fällt auch das ausschließliche Bereithalten des frischen Fleisches im betreffenden Kühlraum für den Verkauf an der Verkaufsstelle.

4.3. Auch die Verordnung des BMGSK, BGBl Nr. 397/1994, zuletzt geändert mit BGBl II Nr. 379/2002, über die Hygiene bei der Verarbeitung von Fleisch sowie bei der Bearbeitung, Lagerung und beim Transport von Fleischerzeugnissen (im Folgenden Fleischverarbeitungsbetriebe-HygieneV) wurde u.a. auf Grund des § 38 Abs 2 und 3 FlUG erlassen.

Diese Verordnung gilt nach ihrem § 1 Abs 1 für Betriebe, die Fleischerzeugnisse oder andere Erzeugnisse tierischen Ursprungs, welche nach deren Haltbarmachung unmittelbar zum Genuss für Menschen oder zur Herstellung von Lebensmitteln bestimmt sind, herstellen, bearbeiten (insbesondere verpacken, umverpacken, kennzeichnen oder sonst weiter behandeln), lagern oder transportieren. § 1 Abs 2 enthält eine Ausnahme von der Geltung für Verkaufsräumlichkeiten der gewerblichen Letztverkäufer.

Nach § 2 Fleischverarbeitungsbetriebe-HygieneV bedeuten im Sinne dieser Verordnung:

  1. Fleischerzeugnisse: Erzeugnisse, die aus Fleisch oder unter Verwendung von Fleisch hergestellt wurden, und bei denen auf Grund eines Schnittes durch den Kern des jeweiligen Erzeugnisses und durch Beurteilung der Schnittflächen festgestellt werden kann, dass die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr gegeben sind;
  2. Fleisch-Fertiggerichte: Fleischerzeugnisse, die gegarte oder vorgegarte Speisezubereitungen sind und durch Kälteeinwirkung haltbar gemacht wurden;
  3. anderer Erzeugnisse tierischen Ursprungs:

  1. Fleischextrakte;
  2. ausgelassene tierische Fette; das sind zum Genuss für Menschen bestimmte, durch Auslassen von Fleisch (einschließlich Knochen) gewonnenen Fette;
  3. Grieben (Grammeln); das sind eiweißhältige, feste Bestandteile, die sich beim Ausschmelzen des Rohfetts nach teilweiser Trennung von Fett und Wasser absetzen;
  4. Fleischmehl, Schwartenpulver, gesalzenes oder getrocknetes Blut, gesalzenes oder getrocknetes Blutplasma;
  5. gereinigte Mägen, Blasen und Därme, soweit sie gesalzen, getrocknet oder erhitzt sind;

4.4. Aus den zitierten Begriffsbestimmungen der Verordnungen folgt, dass die Frischfleisch-HygieneV und die Fleischverarbeitungsbetriebe-HygieneV sich nach ihrem Anwendungsbereich ergänzen und nicht etwa ausschließen, wie es dem Bw nach seinen Berufungsausführungen offenbar rechtsirrtümlich vorschwebt. Wie der Name schon sagt, geht es einerseits um die Bearbeitung, Lagerung oder den Transport von Frischfleisch (vgl § 1 Abs 1 Frischfleisch-HygieneV) und andererseits um die Herstellung, Bearbeitung, Lagerung und den Transport von Fleischerzeugnissen oder anderen Erzeugnissen tierischen Ursprungs (vgl § 1 Abs 1 Fleischverarbeitungsbetriebe-HygieneV). Dabei stellt § 3 Abs 1 Z 4 Fleischverarbeitungs-HygieneV klar, dass nur Fleisch aus Betrieben be- oder verarbeitet werden darf, welche den Bestimmungen des Fleischuntersuchungsgesetzes sowie der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen (also auch der Frischfleisch-HygieneV) entsprechen.

Der Bw hat nie bestritten, dass in seinem Betrieb Frischfleisch bearbeitet und in Kühlhäusern - dh in Räumlichkeiten, in denen frisches Fleisch offen oder verpackt bei vorgeschrieben Temperaturen gelagert wird (vgl § 2 Z 2 Frischfleisch-HygieneV) - aufbewahrt wird. Es kann demnach keinem Zweifel unterliegen, dass der Betrieb der I Ges.m.b.H. auch der Frischfleisch-HygieneV unterliegt, auch wenn er darüber hinaus Fleischwaren erzeugt und Fleischverarbeitungsbetrieb sein mag. Das eine schließt das andere keineswegs aus. Die Ausnahme nach § 1 Abs 2 Frischfleisch-HygieneV bezieht sich nur auf Verkaufsräumlichkeiten der gewerblichen Letztverkäufer, nicht aber auf Kühlräume. Sie kommt im vorliegenden Fall offenkundig nicht in Betracht.

Im 4. Abschnitt (§§ 11 bis 13) der Frischfleisch-HygieneV geht es um das Lagern von frischem Fleisch. Nach § 12 Abs 4 muss bei tiefgekühltem Fleisch eine Innentemperatur von nicht wärmer als -12 °C erreicht werden. Das tiefgekühlte Fleisch muss anschließend bei mindestens dieser Temperatur gelagert werden. Auf dem Fleisch oder auf der Verpackung muss Monat und Jahr, in denen es tiefgekühlt wurde, angegeben sein.

Der Bw hat im erstbehördlichen Verfahren zugegeben, dass sich zum Tatzeitpunkt nach Inbetriebnahme einer neuen Steuerungsanlage im Tiefkühlraum bzw Gefrierraum etwa 15 E2 Wannen mit neu beschicktem Frischfleisch befanden, bei denen noch keine Laufkarten erstellt waren. Er erklärte diesen Mangel mit den Umräumarbeiten infolge des Einbaus einer neuen Steuerung und betonte, dass es keine Frostware aus der Zeit davor gab. Damit hat der Bw zumindest ein Tatsachengeständnis abgelegt. Indem er anschließend noch ersuchte, den Mangel der noch nicht erstellten Laufkarten zu entschuldigen, hat der Bw indirekt auch eine Säumnis eingeräumt.

In rechtlicher Hinsicht teilt der Oö. Verwaltungssenat zwar die Ansicht der belangten Behörde dem Grunde nach, dass ein fahrlässiges Verhalten auf Grund einer nicht ausreichenden innerbetrieblichen Vorkehrung vorliegen dürfte. Im Hinblick auf das Vorliegen eines Ungehorsamsdelikts nach § 5 Abs 1 Satz 2 VStG ist es dem Bw mit seinem Vorbringen nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift überhaupt kein Verschulden trifft. Der Bw hätte die im § 12 Abs 4 letzter Satz Frischfleisch-HygieneV geforderte Kennzeichnung nach Monat und Jahr sofort mit dem Befüllen der Wannen vornehmen lassen können, ohne dass dies einen besonderen Aufwand bereitet hätte.

4.5. Allerdings kann entgegen der Ansicht der Strafbehörde nicht einfach davon ausgegangen werden, dass die Rechtfertigung des Bw ins Leere ginge. Der Hinweis in der Anzeige, "Die Kennzeichnung konnte auch auf Aufforderung nicht nachgewiesen werden", bedeutet nur, dass noch keine Laufkarten erstellt wurden, weshalb die Kennzeichnung eben nicht nachweisbar war. Daraus ist aber nicht der Schluss zu ziehen, dass keine Ausnahmesituation als Folge des Einbaus und der Inbetriebnahme einer neuen Steuerungsanlage vorgelegen wäre. Vielmehr ist einsichtig, dass diese Maßnahmen auch einen erheblichen manipulativen Mehraufwand und Umräumarbeiten erforderten. Der Bw hat im Übrigen unwiderlegt vorgebracht, dass zum Zeitpunkt der Kontrolle des Veterinärdienstes am 29. April 2004 keine alte Frostware mehr vorhanden war. Somit konnte die Neubeschickung mit Frischfleisch nur im Monat April 2004 erfolgt sein. Aus der Anzeige des Veterinärdientes geht zu dieser Frage jedenfalls nichts Gegenteiliges hervor.

Berücksichtigt man schließlich, dass bei der kurz darauf erfolgten Nachkontrolle keine Mängel mehr festgestellt worden sind und dass der Bw offenbar auch noch keine gleichartige Verwaltungsübertretung begangen hatte, so erscheint es dem erkennenden Verwaltungssenat naheliegend, den vorliegenden Sachverhalt als einen Anwendungsfall des § 21 Abs 1 VStG zu betrachten.

4.6. Gemäß § 21 Abs 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Nach hM liegt geringes Verschulden des Täters vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] E 6 ff zu § 21 VStG; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3, 1992, Rz 14 zu § 42 StGB). Nach der strafrechtlichen Judikatur zum vergleichbaren § 42 StGB in der Fassung vor dem StRÄG 1987 (BGBl Nr. 605/1987) muss die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124, SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend sind der das Unrecht bestimmende Handlungsunwert und der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl mwN Leukauf/Steininger, StGB3, Rz 14 f zu § 42 StGB). Der Erfolgsunwert wurde im Merkmal "unbedeutende Folgen der Übertretung" verselbständigt.

Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats ist das Verschulden des Bw nach den oben dargelegten Umständen des Falles lediglich als geringfügig einzustufen. Eine besondere Nachlässigkeit kann nicht angenommen werden, zumal der Bw die geforderte Kennzeichnung jederzeit leicht nachholen konnte und auch bei der Nachkontrolle keinerlei Beanstandungen mehr vorgenommen wurden. Bei diesem Sachverhalt sind auch keine nachteiligen Folgen der Tat denkbar. Somit liegen die Voraussetzungen für ein Absehen von Strafe nach dem § 21 VStG vor.

Gleichzeitig war aber dem nicht voll geständigen Bw unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung zu erteilen, um ihn künftig davon abzuhalten, sorglos mit der Kennzeichnung von tiefgekühltem Frischfleisch umzugehen.

5. Gemäß § 66 Abs 1 VStG entfällt im Fall der Aufhebung des Strafausspruchs die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß

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