Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240533/2/BMa/Be

Linz, 13.07.2005

 

 

 

VwSen-240533/2/BMa/Be Linz, am 13. Juli 2005

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung des F P, vertreten durch Dr. J H und Mag. Dr. T H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 23. März 2005, Zl. SanRB96-065-2004, wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegen, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Der Berufungswerber hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 iVm

§§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 und § 45 Abs.1 Z.3 VStG

zu II.: § 66 Abs.1 VStG

 

Entscheidungsgründe:

1.1 Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Rechtsmittelwerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 360 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) verhängt, weil er am 30. November 2003 als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P GmbH und somit Verantwortlicher im Sinn des § 9 VStG mindestens eine Packung zu 2,45 kg "S-Schopf" in die K GmbH in B, geliefert und somit in Österreich in Verkehr gebracht habe, obwohl laut Gutachten der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit in Wien die untersuchte Probe nach einem Lagerversuch bis zum empfohlenen Aufbrauchfrist, als verdorben zu beurteilen gewesen sei. Es sei daher die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit ausgeschlossen gewesen. Die Angabe der Haltbarkeitsfrist sei unrichtig gewesen und habe für den Konsumenten eine irreführende Bezeichnung dargestellt.

Die als Probe gezogene Ware sei somit falsch bezeichnet gewesen und die genannten Angaben zur Irreführung des Verbrauchers über einen nach der Verbrauchererwartung wesentlichen Umstand geeignet gewesen. Dadurch habe er eine Übertretung des § 8 lit. f iVm § 7 Abs.1 lit. c Bundesgesetz vom 23. Jänner 1975 über den Verkehr mit Lebensmitteln einschließlich Nahrungsergänzungsmittel, Zusatzstoffen, kosmetischen Mitteln und Gebrauchsgegenständen (Lebensmittel-gesetz 1975 - im Folgenden: LMG), BGBl. Nr. 86/1975 idF BGBl. I Nr. 126/2004

begangen, weshalb er gemäß § 74 LMG zu bestrafen gewesen sei.

Gemäß § 64 VStG habe er einen Betrag von 330,72 Euro als Ersatz der Barauslagen für Lebensmitteluntersuchungskosten und von 36 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Angaben des BW die Temperatur beim Einlangen der beanstandeten Ware sei nicht festgestellt worden, eine Überprüfung der gezogenen Proben sei daher nicht möglich, es würden Referenzwerte im amtlichen Untersuchungszeugnis fehlen und es bestehe ein großer Unterschied der Werte bei "aeroben mesophilen Keimen in einem Gramm" sei durch die Stellungnahme der AGES und die zeugenschaftliche Niederschrift des Meldungslegers entkräftet worden. Ein Bratversuch habe nicht durchgeführt werden müssen. Es sei daher als erwiesen anzusehen, dass die empfohlene Aufbrauchsfrist der beanstandeten Ware "Schweinsschopf" zu lange bemessen worden und die Ware damit falsch bezeichnet gewesen sei.

1.3. Gegen dieses, seinem gesetzlichen Vertreter am 25. März 2005 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 8. April 2005 (und damit rechtzeitig) zur Post gegebene Berufung.

1.4. Diese ficht das Straferkenntnis der belangten Behörde zur Gänze an und führt im Wesentlichen aus, die mikrobiologische Untersuchung habe keine Beweise für eine Überschreitung der Keimzahlen ergeben, es sei keine Vergleichszahl und kein Höchstwert festgestellt worden. Die sensorische Untersuchung sei unvollständig erfolgt und nicht ausreichend dokumentiert.

Die übrigen Untersuchungsbefunde seien nicht ausgewertet worden. Die Beurteilung der AGES könne daher einem Schuldspruch nicht zu Grunde gelegt werden.

Nach dem Akteninhalt sei Untersuchungsbeginn der 21. November 2003, das Ende der Aufbrauchsfrist der 23. November 2003 gewesen. Diese Daten würden vor dem in der Strafverfügung und im angefochtenen Straferkenntnis angegebenen Tatzeitpunkt (des Inverkehrbringens der Ware), 30. November 2003, liegen. Auch aus diesem Grund sei das Straferkenntnis aufzuheben. Die als erwiesen angenommene Tat sei so, wie sie beschrieben sei, nicht unter die angeführten Gesetzesstellen zu subsumieren. Die Tatsache, dass die untersuchte Probe bei einem Lagerversuch innerhalb der empfohlenen Aufbrauchsfrist als verdorben zu beurteilen gewesen sei, rechtfertige noch keinen zwingenden Schluss darauf, dass die Aufbrauchsfrist zu lange gewählt gewesen sei. Die Verdorbenheit könne viele andere Ursachen haben, zB Kontamination vor der Verpackung, schadhafte Verpackung (sogenannte Luftzieher), falsche Lagerbedingungen.

Somit wird beantragt, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt zu Zl. SanRB96-065-2004 der Bezirkshauptmannschaft Gmunden festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nach der Aktenlage geklärt erscheint, und nur Rechtsfragen zu beantworten sind.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 8 lit.f LMG sind Lebensmittel falsch bezeichnet, wenn sie mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich sind, wie über Art, Herkunft, Verwendbarkeit, Haltbarkeit, Zeitpunkt der Herstellung, Beschaffenheit, Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen, Menge, Maß, Zahl oder Gewicht, oder in solcher Form oder Aufmachung oder mit verbotenen krankheitsbezogenen Angaben (§ 9) in Verkehr gebracht werden.

Gemäß § 7 Abs.1 lit.c ist es verboten, Lebensmittel in Verkehr zu bringen, die falsch bezeichnet sind.

 

Nach § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, unter anderem die als erwiesen angenommene Tat konkretisiert mit allen rechtserheblichen Merkmalen nach Ort und Zeit und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu beinhalten.

Der VwGH hat in der Entscheidung vom 10. April 1991, Zl. 90/03/0283 in Zusammenhang mit § 44a erkannt:

§ 44a Z1 VStG 1950 bestimmt, dass in einem Straferkenntnis der "Spruch" (§ 44 Abs.1 Z6 leg.cit) "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten hat. Das heißt, dass die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muss, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Der zitierten Rechtsvorschrift ist also dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a lit.a VStG 1950 genügt oder nicht genügt, mithin ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lässt. Dass an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein (siehe hiezu das hg. Erkenntnis des verstärkten Senats vom 3. 10.1985, Slg. NF Nr. 11894/A)."

Im konkreten Fall wurde von der Berufung zurecht gerügt, im Straferkenntnis scheine als Zeitpunkt der Lieferung und damit des Inverkehrbringens der als Probe gezogenen Ware, der 30. November 2003, auf, im Probenbegleitschreiben jedoch sei als Bezugsdatum der 13. November 2003 ersichtlich.

Aus dem Spruch des bekämpften Straferkenntnisses ist auch der Tatort nicht ersichtlich. So wurde zu diesem lediglich angeführt, der Beschwerdeführer habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma P GmbH und somit Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG mindestens eine Packung zu 2,45 kg S-Schopf in die K GmbH in, geliefert und somit in Verkehr gebracht. Der Ort, von dem aus die als Probe gezogene Ware geliefert und damit in Verkehr gebracht wurde, ist nicht bezeichnet. Insbesondere wäre es notwendig gewesen, diesen in Form einer Adresse zu umschreiben.

Darüber hinaus wurde auch die im Spruch angeführte Packung "2,45 kg S-Schopf" nicht näher konkretisiert. Im Hinblick auf den Tatvorwurf wäre es um Verwechslungen auszuschließen, notwendig gewesen, die Haltbarkeitsfrist, die im konkreten Fall eine irreführende Bezeichnung für den Konsumenten darstellen soll, datumsmäßig anzuführen.

Im gegenständlichen Fall wurde dem Rechtsmittelwerber angelastet, eine Übertretung des § 7 Abs.1 lit.c LMG durch Inverkehrbringen im Wege einer "Lieferung" begangen zu haben. Im Falle einer Lieferung handelt es sich um ein Begehungsdelikt, wonach jene Behörde örtlich zuständig ist, in deren Sprengel der Sitz jener Gesellschaft, die das Lebensmittel geliefert hat, gelegen ist (vgl. zB. VwGH vom 9.3.1998, 97/10/0232). Im angefochtenen Straferkenntnis wurde auch der Sitz der P GmbH in keiner Weise näher konkretisiert und es haftet auch deshalb dem Straferkenntnis ein wesentlicher Mangel an.

Obwohl sich aus dem Akt in seiner Gesamtheit Indizien ergeben, wonach der Spruch des Straferkenntnisses konkretisiert hätte werden können, war er aber so ungenau bzw. hinsichtlich des Tatzeitpunkts schlicht unrichtig, formuliert, sodass er mit derartigen Mängeln behaftet war, die dem Berufungswerber eine Auswechslung der Tat ermöglicht hätten.

Der Spruch erfüllt damit nicht die notwendigen Konkretisierungsanforderungen im Sinn des § 44a Z.1 VStG.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die belangte Strafbehörde im Spruch des Straferkenntnisses keinen der Anzeige entsprechenden Tatvorwurf erhoben hat, der den Anforderungen des § 44a Z.1 VStG gerecht wird. Vielmehr hat die belangte Behörde essentielle Tatbestandsmerkmale wie den richtigen Tatzeitpunkt, den Tatort und Angaben über die Haltbarkeit im konkreten Fall weder im Spruch noch in der Begründung des Straferkenntnisses erwähnt. Ebensowenig findet sich ein Hinweis darauf in der ersten Verfolgungshandlung, der Strafverfügung. Damit fehlt es im gegebenen Fall an der gesetzmäßigen Anlastung eines wesentlichen Tatbestandsmerkmals des § 74 LMG innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist des § 74 Abs.7 leg. cit, welcher Mangel nachträglich im Berufungsverfahren nicht mehr saniert werden kann. Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren mangels einer (zutreffend angelasteten) Verwaltungsübertretung gemäß dem § 45 Abs.1 Z.3 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs.1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten es Strafverfahrens. Ebensowenig konnte der Berufungswerber zum Ersatz der Untersuchungskosten gemäß § 45 Abs.2 LMG 1975 verpflichtet werden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bergmayr-Mann

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