Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240536/2/Ste

Linz, 01.07.2005

VwSen-240536/2/Ste Linz, am 1. Juli 2005

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung der J H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Freistadt vom 28. April 2005, SanRB96-30-2004, wegen einer Übertretung des Lebensmittelgesetzes, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 7 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 21, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Freistadt vom 28. April 2005, SanRB96-30-2004, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 35 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Stunden) verhängt, weil sie am 28. November 2004, um 10.44 Uhr, bei ihrem Verkaufsstand während des Adventmarktes am Platz nebst des Hauses 4212 Neumarkt, Pfarrgasse 2, für die Bratwürstelzubereitung kein Handwaschbecken mit Wasserzufuhr gehabt hätte uns es somit unterlassen habe dafür vorzusorgen, dass die von ihr in Verkehr gebrachten Lebensmittel nicht durch äußere Einwirkung hygienisch beeinflusst werden, soweit das dem jeweiligen Stand der Wissenschaft nach möglich und nach der Verkehrsauffassung nicht unzumutbar ist. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 74 Abs. 5 Z. 3, § 20 des Lebensmittelgesetzes iVm. § 4 Abs. 1 Z. 3 der Lebensmittelhygieneverordnung und Abschnitt III Z. 2 lit. e deren Anlage III Z. 2 lit. e begangen, weshalb er gemäß § 74 Abs. 5 Z. 3 Lebensmittelgesetz zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Tatsache des fehlenden Handwaschbeckens auf Grund der dienstlichen Wahrnehmung eines Organs der Landessanitätsdirektion-Lebensmittelaufsicht erwiesen sei. Darüber hinaus setzt sich die belangte Behörde in der Begründung mit verschiedenen Vorbringen der Bwin aus dem bis daher geführten Verfahren auseinander.

Im Zuge des Verfahrens habe die Bwin nicht glaubhaft machen können, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Rechtwidrigkeit und Verschulden liege vor.

Bei der Strafbemessung sei als besonderer Milderungsgrund berücksichtigt worden, dass keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen in Bezug auf Übertretungen nach dem Lebensmittelgesetz vorliegen. Da die Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe bis 3.600 Euro zu bestrafen sei, erscheine bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 19 VStG maßgebender Bemessungsgründe die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden der Bwin angemessen.

Die Möglichkeit einer Ermahnung scheide mangels geringfügigem Verschulden aus. Dies sei bei vorausgegangener zweimaliger Beanstandung beim dritten Vorfall nicht mehr gegeben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin am 4. Mai 2005 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende - am 13. Mai 2005 (Postaufgabe) und somit rechtzeitig - eingebrachte Berufung. Darin wird der Antrag gestellt von einer Bestrafung abzusehen, da die Verwaltungsübertretung nicht eindeutig erwiesen sei.

Neben Repliken zu verschiedenen Punkten aus dem bisherigen Verwaltungsstrafverfahren werden darin inhaltlich "sämtliche Einsprüche gegen die Strafverfügung ... aufrecht" gehalten.

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.

Da sich bereits aus den Akten in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären lies, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Die Bwin betrieb am 28. November 2004 aus Anlass des Adventmarktes am Platz vor dem Haus Pfarrgasse 2 in 4212 Neumarkt im Mühlkreis einen Verkaufsstand und bereitete dort um 10.44 Uhr Bratwüste zu. Dabei stand ihr keine Handwaschmöglichkeit zur Verfügung. Die nächsten Einrichtungen zum hygienischen Waschen und Trocknen der Hände standen im Gasthaus der Bwin und im Pfarrheim, beide etwa 25 bis 30 Meter vom Verkaufsstand entfernt zur Verfügung.

Diese Tatsachen ergeben sich aus der glaubwürdigen dienstlichen Wahrnehmung des Straßenaufsichtsorgans und werden von der Bwin auch nicht substanziell bestritten (vgl. insbesondere den Einspruch vom 7. April 2005).

3. Über die Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 20 des Lebensmittelgesetzes 1975 - LMG 1975, BGBl. Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 126/2004, hat ua. diejenige, die Lebensmittel in Verkehr bringt dafür vorzusorgen, dass die Lebensmittel nicht durch äußere Einwirkungen hygienisch nachteilig beeinflusst werden, soweit das nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft möglich und nach der Verkehrsauffassung nicht unzumutbar ist.

Die näheren Bestimmungen dazu enthält die Lebensmittelhygieneverordnung, BGBl. II Nr. 31/1998, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II 319/2004. § 4 Abs. 1 Z. 3 iVm. Abschnitt III Z. 2 lit. e dieser Verordnung enthält ua. die Anforderungen an ortsveränderliche oder nicht ständige Betriebsstätten (wie Verkaufszelte, Marktstände, nichtständige Bauernmärkte und mobile Verkaufsfahrzeuge), wobei insbesondere folgende Anforderung gilt: "Es muss eine angemessene Warm- oder Kaltwasserversorgung vorhanden sein."

Wer diesen Bestimmungen zuwider handelt, macht sich nach § 74 Abs. 5 Z. 3 des LMG 1975 einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen, sofern die Tat nicht den §§ 56 bis 64 oder nach anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterliegt.

3.2. Im vorliegenden Fall ist die Tatsache des In-Verkehr-Bringens von Lebensmittel unbestritten (Zubereitung und Verkauf von Bratwürstel). Zu überprüfen ist, ob die belangte Behörde zur Recht davon ausging, dass im konkreten Fall keine angemessene Warm- oder Kaltwasserversorgung vorhanden waren. Die Bwin wende dazu ein, eine entsprechende Waschmöglichkeit hätte ohnehin in in 25 bis 30 Meter entfernten Gebäuden bestanden.

Zu beurteilen ist also, wie der unbestimmte Gesetzesbegriff "angemessene Warm- oder Kaltwasserversorgung" (Abschnitt III Z. 2 a der Lebensmittelhygieneverordnung) auszulegen ist. Dieser Begriff soll eine situationsbedingte Flexibilität ermöglichen, wobei bei der Auslegung im konkreten Fall auch der Schutzzweck der Norm heranzuziehen ist. Dieser ist im zitierten § 20 des LMG mit der Vorsorge vor nachteiligen hygienischen Beeinflussungen durch äußere Einwirkungen umschrieben. Unter Berücksichtigung dessen kann die Anforderung (das Tatbestandsmerkmal) "angemessene Warm- oder Kaltwasserversorgung" im Zusammenhang mit einer konkreten Küchenarbeit (Panieren, Braten, Frittieren, Abmischen, Anrühren) oder bei gleichzeitigem Hantieren mit offener Rohware und fertigen Speisen vor Ort durchaus anders zu beurteilen sein, wie für bloße Verkaufstätigkeiten.

Die Bwin hat Bratwürstel gebraten und verkauft und dabei zwangsläufig sowohl mit Rohware als auch mit fertigen Speisen hantiert. Der Unabhängige Verwaltungssenat kann der belangten Behörde daher nicht entgegen treten, wenn sie es im konkreten Fall als "angemessen" angesehen hat, dass eine Handwaschgelegenheit direkt im Verarbeitungsbereich vorhanden sein muss. Insbesondere ist jedenfalls davon auszugehen, dass beim Hantieren mit Bratwürstel eine Handwaschmöglichkeit in einem Gebäude in 25 bis 30 Meter Entfernung nicht mehr als angemessen angesehen werden kann. Diese Auslegung ist im Übrigen auch dem Merkblatt des Landes Oberösterreich-Lebensmittelaufsicht, Konsumentenschutz über Hygieneanforderungen auf Märkten eindeutig zu entnehmen. Die Bwin hatte - unbestritten - keine Handwaschgelegenheit direkt im Verarbeitungsbereich mit Warm- oder Kaltwasserzufuhr. Bezogen auf den Tatvorwurf hat die Bwin im vorliegenden Fall damit tatbestandsmäßig im Sinn der vorzitierten Rechtsvorschriften gehandelt.

Die Tat ist auch nicht nach den §§ 56 bis 64 oder nach anderen Bestimmungen mit einer strengeren Strafe bedroht.

Im Ergebnis kann der Unabhängige Verwaltungssenat der belangten Behörde daher nicht entgegen treten, wenn sie grundsätzlich von der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit der Bwin auf der Basis der genannten Bestimmungen ausging.

3.3. Wie auch die belangte Behörde bereits in ihrer Begründung ausgeführt hat (auf die im Übrigen im Detail verwiesen wird), genügt gemäß § 5 Abs. 1 VStG, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und die Täterin nicht glaubhaft macht, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat die Bwin initiativ alles darzulegen, was für ihre Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht. Konkrete Angaben darüber, warum es ihr nicht möglich gewesen wäre, eine entsprechende Handwaschmöglichkeit vorzusehen, hat die Bwin im gesamten Verfahren nicht vorgebracht.

Die Bwin hat sowohl im Verfahren erster Instanz als auch in der Berufung damit argumentiert, dass andere Anbieter beim gleichen Markt ebenfalls kein Handwaschbecken gehabt hätten und nicht bestraft wurden und dass ihr - auch nach dem Hinweis im Jahr 2003 - eine Bestrafung als überzogen erscheint. Mit diesen Hinweisen kann sie nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats allerdings insgesamt ein mangelndes Verschulden nicht beweisen. Ganz abgesehen davon, ob die Bwin tatsächlich bereits 2002 und 2003 oder nur 2003 auf die Notwendigkeit der Verbesserung der Ausstattung hingewiesen wurde und ob tatsächlich bei anderen Marktständen gleiche Mängel vorhanden waren, musste - wie auch die belangte Behörde im Ergebnis richtig erkannt hatte - die Bwin als Anbieterin am Markt über die Anforderungen und die gesetzlichen Bestimmungen auch im Detail informiert sein. Wenn sie sich über die Notwendigkeiten nicht informiert hatte, handelte sie zumindest fahrlässig.

Im Übrigen dürften diese Gesichtspunkte ohnehin im Rahmen der Strafbemessung hinreichend berücksichtigt worden sein.

Auch auf der Verschuldensebene teilt der Unabhängige Verwaltungssenat damit die Ansicht der Behörde erster Instanz.

Die Strafbarkeit des Bw ist daher gegeben.

3.4. Die verhängte Strafe ist jedenfalls tat- und schuldangemessen. Bei der Festsetzung dieses Strafbetrages blieb die Erstbehörde im absolut untersten Bereich des Strafrahmens, da nach § 74 Abs. 5 LMG 1975 für derartige Verwaltungsübertretungen Geldstrafen bis 3.600 Euro verhängt werden können.

Der Oö. Verwaltungssenat vertritt daher insgesamt die Auffassung, dass die Erstbehörde von ihrem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

3.5. Auf Grund der ohnehin im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens gelegenen Höhe der verhängten Strafe, und auch auf Grund sowohl spezial- als auch generalpräventiver Überlegungen, kam für den Unabhängigen Verwaltungssenat eine Anwendung des § 21 VStG mangels Geringfügigkeit des Verschuldens nicht in Betracht. Dies vor allem deshalb, da nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats das tatbildmäßige Verhalten der Bwin gerade nicht in dem dafür notwendigen Ausmaß erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb, der in der Verwaltungsvorschrift unter Strafdrohung gestellt ist. Es war daher nicht von der Strafe abzusehen und auch nicht mit Ermahnung vorzugehen.

4. Bei diesem Ergebnis war der Bwin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 7 Euro, vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

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