Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240551/2/Gf/Wü

Linz, 25.07.2005

 

 

 

 VwSen-240551/2/Gf/Wü Linz, am 25. Juli 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des Mag. D, vertreten durch die RAe Dr. H u.a., gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 23. Juni 2005, Zl. SanRB96-050-2004, wegen zwei Übertretungen des Lebensmittelgesetzes, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 23. Juni 2005, Zl. SanRB96-050-2004, wurden über den Beschwerdeführer zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 72 Stunden) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH zu verantworten habe, dass von dieser am 13. Jänner 2004 falsch bezeichnete Lebensmittel ("Salami-Snack" und "Faschiertes") in Verkehr gebracht worden seien; dadurch habe er jeweils eine Übertretung des § 8 lit. f i.V.m. § 7 Abs. 1 lit. c des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, i.d.F. BGBl.Nr. I 69/2003 (im Folgenden: LMG), begangen, weshalb er nach § 74 LMG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend hat die belangte Behörde dazu ausgeführt, dass die Falschbezeichnung auf Grund eines Gutachtens der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherung GmbH als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe hervorgekommen; die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.2. Dagegen bringt der Rechtsmittelwerber im Wesentlichen vor, dass hinsichtlich der beanstandeten Ware "Salami" im Deutschen Lebensmittelbuch deren Zusammensetzung, insbesondere deren Kollagen-Wert, nicht geregelt sei und daher die im Inland bemängelte Ware dort jedenfalls als solche hätte verkauft werden dürfen. Außerdem stelle das Österreichische Lebensmittelbuch spätestens seit dem EU-Beitritt keine verbindliche Rechtsvorschrift mehr dar. Da im Übrigen durch Gutachten aus der BRD die dortige Verkehrsfähigkeit dieser Ware bestätigt worden sei, habe er diese auch für Österreich annehmen können, sodass ihm insoweit jedenfalls kein Verschulden vorzuwerfen sei. Hinsichtlich der Ware "Faschiertes" sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass dessen Lagerung bis maximal 2°C zu erfolgen habe; dass sich die angegebene Mindesthaltbarkeitsfrist unter solchen Bedingungen als zu kurz bemessen erwiesen hätte, sei aber nicht durch einen entsprechenden Lagerversuch erwiesen worden.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Gmunden zu Zl. SanRB96-050-2004; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis jeweils eine den Betrag von 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 lit. c i.V.m. § 8 lit. f und § 74 Abs. 1 LMG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 7.300 Euro zu bestrafen, der insofern falsch bezeichnete Lebensmittel, als diese mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände versehen sind, die nach der Verbrauchererwartung wesentlich sind (wie insbesondere Art und Haltbarkeit), in Verkehr bringt.

 

3.2.1. Hinsichtlich des Spruchpunktes a) des angefochtenen Straferkenntnisses ist aus entscheidungsrelevanter Sicht unter dem Aspekt der konkret angelasteten Übertretung zwischen den Verfahrensparteien in erster Linie strittig, ob eine als "Salami" gekennzeichnete und in Verkehr gebrachte Fleischware beim durchschnittlichen Verbraucher die spezifische Erwartung hervorruft, dass diese einen zwischen 11 und 16 liegenden Kollagenwert (diese Bandbreite resultiert aus dem Österreichischen Lebensmittelbuch, 3. Aufl., Wien 1954 [derzeitiger Stand: 50. Lieferung: Wien 2004, im Folgenden: ÖLMB], Kapitel B 14, Pkt. G.1.2.6.1.) aufweist.

 

Dies läuft letztlich auf die Frage hinaus, ob die Verbrauchererwartung generell dahin geht, beim Kauf einer Salami eine Wurst einer bestimmten Geschmacksrichtung oder (auch) eine Ware zu erstehen, die - wie sich aus dem ÖLMB, Kapitel B 14, Pkte B.2.2.1, B.4.5.1 und G.1.1.1 insgesamt ergibt - überwiegend aus besonders hochwertigen Fleischbestandteilen und -sorten besteht (während sich demgegenüber Fleischwaren mit einem höheren Kollagenwert aus minderwertigen Fleischbestandteilen, insbesondere aus solchen mit einem hohen [= kollagenreichen] Bindegewebsanteil, zusammensetzen).

 

Wie sich aus Kapitel B 14 Pkt. G.1.2.6. des ÖLMB ergibt, variieren aber nicht nur Salamiwürste, sondern auch andere Rohwurstarten hinsichtlich ihres Kollagenwertes (nämlich: zwischen 13 und 23), wobei in diesem Zusammenhang generell gilt, dass bei einem höheren Kollagenwert jede Wurstsorte als umso minderwertiger einzustufen ist, weil zu deren Bearbeitung entsprechend minderwertigeres Fleisch (bis hin zum sog. "Rindfleisch III"; vgl. ÖLMB, Kapitel B 14, B.2.2.1) verwendet wurde.

 

Nicht der Umstand der Bezeichnung als "Salami" - mit der der durchschnittliche Konsument primär nicht einen bestimmten Kollagenwert, sondern vielmehr eine spezifische Geschmacksrichtung verbindet - , sondern die bei einem hier ermittelten Kollagenwert von 21,6 offenkundige Tatsache, dass für deren Zubereitung relativ minderwertiges Fleisch verwendet wurde, war daher im gegenständlichen Fall geeignet, die Verbrauchererwartung irrezuführen.

 

In dieser Form wurde dem Beschwerdeführer die Übertretung jedoch nicht angelastet. Vielmehr war die (durch das Gutachten der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH vom 4. Februar 2004, Zl. 165/2004, offenbar mit veranlasste) Spruchformulierung ihrerseits dazu geeignet, den Rechtsmittelwerber zu verleiten, sich - wie der Inhalt seiner umfangreichen Stellungnahmen zeigt - ausschließlich im Hinblick auf die vorgeworfene Falschbezeichnung als Salami zu verteidigen, wobei in diesem Zusammenhang noch darauf hinzuweisen ist, dass im vorangeführten Gutachten der Geruch und der Geschmack als "rein, entsprechend, würzig, nach Rohwurst" qualifiziert sowie hinsichtlich des Verhältnisses von Wasser zu Eiweiß ein Wert von 1,0 und des Verhältnisses von Fett zu Eiweiß ein Wert von 1,9 ermittelt wurde und diese Parameter wiederum eine Klassifikation der verfahrensgegenständlichen Ware als "Salami der Spitzensorte" (vgl. ÖLMB, Kapitel B 14, Pkt. G.1.2.6.1) rechtfertigen würden.

 

Da sohin einerseits der Tatvorwurf als Falschqualifikation in Bezug auf "Salami" letztlich nicht haltbar ist und andererseits die Verwendung von vergleichsweise minderwertigerem Fleisch im Spruch nicht angelastet wurde, resultiert im Ergebnis, dass der Beschwerdeführer eine Tat so, wie sie ihm mit Spruchpunkt a) des angefochtenen Straferkenntnisses angelastet wurde, nicht begangen hat.

 

3.2.2. Hinsichtlich des Spruchpunktes b) steht allseits unbestritten fest, dass auf der Verpackung als Lagerbedingung u.a. dezidiert "bei unter + 2°C zu verbrauchen bis" angeführt war.

 

Der dem Gutachten der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH vom 5. Februar 2004, Zl. 168/2004, zu Grunde liegende Lagerversuch wurde aber - wie sich aus dessen S. 1 ergibt - bei + 4°C durchgeführt. Damit kann es aber nicht als erwiesen angesehen werden, dass die bei einer derartigen Lagerung resultierenden Folgen (leichte Geruchsfehler, hoher Keimgehalt) auch bei Einhaltung der vom Beschwerdeführer angegebenen Lagertemperatur von maximal + 2°C eingetreten wären.

 

Ob und unter welchen Bedingungen der Konsument die angegebene Lagertemperatur von + 2°C einhalten kann, ist hingegen nicht entscheidungsrelevant, solange (wie derzeit) keine Norm existiert, die denjenigen, der Lebensmittel in Verkehr bringt, ausdrücklich dazu verpflichtet, die Mindesthaltbarkeitsfrist stets unter der Annahme anzugeben, dass der Verbraucher diese in einem handelsüblichen Kühlschrank aufbewahren wird, der eine Temperatur von unter + 4°C nicht halten kann.

 

3.3. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG aus den vorangeführten Gründen stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. G r o f

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