Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-240560/6/BMa/Ps

Linz, 19.05.2006

 

 

VwSen-240560/6/BMa/Ps Linz, am 19. Mai 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung des Ing. J P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P F, vom 29. August 2005, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 11. August 2005, Zl. SanRB96-13-2005, wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes und der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 26. April 2006, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird insofern stattgegeben, als der Strafausspruch zu 1.b. und 1.c., 2.b. und 2.c. und 3.b. aufgehoben und gemäß § 21 Abs.1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird, wobei dem Berufungswerber aber unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird.
  2.  

  3. Hinsichtlich der Spruchpunkte 1.a., 2.a., 3.a. und 3.c. wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
  4.  

  5. Der Kostenbeitrag zum Verfahren der belangten Behörde ermäßigt sich hinsichtlich der angefochtenen Spruchpunkte auf 12 Euro; für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu Faktum 1.a., 2.a., 3.a. und 3.c. des angefochtenen Straferkenntnisses in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, d.s. 24 Euro, zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002

zu III.: §§ 46 Abs.1 und 2, 65 und 66 VStG

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) folgendes Straferkenntnis erlassen:

"Sehr geehrter Herr Ing. Peheim!

Anlässlich einer am 29.03.2005 um 10.30 Uhr im Betrieb U Handelsges.m.b.H. & Co.KG in 4974 Ort im Innkreis Nr. 32, durchgeführten lebensmittelpolizeilichen Kontrolle wurde festgestellt, dass bei zum Verkauf bereitgehaltenen und damit in Verkehr gebrachten verpackten Lebensmitteln nämlich

  1. beim Thunfischsalat auf der Verpackung

  1. die Anschrift der verpackenden Unternehmung nicht angegeben war, obwohl verpackte Waren mit Name und Anschrift der erzeugenden oder verpackenden Unternehmung oder des Verkäufers zu kennzeichnen sind,
  2. bei der zusammengesetzten Zutat Mayonnaise in der Zutatenliste nach der Angabe des Klassennamens "Konservierungsmittel" die Angabe des spezifischen Namens oder die EWR-Nummer fehlt, obwohl dem Klassennamen "Konservierungsmittel" der spezifische Name oder die EWG-Nummer des Konservierungsmittels zu folgen hat,
  3. die Menge der Zutaten Mayonnaise und Thunfisch nicht angegeben waren, obwohl sie in der Sachbezeichnung (Thunfisch) genannt ist und von wesentlicher Bedeutung für die Charakterisierung der Ware (Mayonnaise) ist,

  1. beim Lachsaufstrich auf der Verpackung

  1. die Anschrift der verpackenden Unternehmung nicht angegeben war, obwohl verpackte Waren mit Name und Anschrift der erzeugenden oder verpackenden Unternehmung oder des Verkäufers zu kennzeichnen sind,
  2. nach der Angabe des Klassennamens "Farbstoffe" die Angabe des spezifischen Namens oder die EWR-Nummer fehlt, obwohl dem Klassennamen "Farbstoffe" der spezifische Name oder die EWG-Nummer des Farbstoffes zu folgen hat,
  3. die Menge der Zutaten Topfen und Seelachsschnitzel nicht angegeben waren, obwohl sie in der Sachbezeichnung (Seelachsschnitzel) genannt ist und von wesentlicher Bedeutung für die Charakterisierung der Ware (Topfen) ist,

  1. beim Rauchkäse 50 % FiT auf der Verpackung

  1. die Anschrift der verpackenden Unternehmung nicht angegeben war, obwohl verpackte Waren mit Name und Anschrift der erzeugenden oder verpackenden Unternehmung oder des Verkäufers zu kennzeichnen sind,
  2. der Klassenname "Konservierungsmittel" vor Kaliumnitrat fehlt, obwohl der angegebene Zusatzstoff zu einer in der Anlage II der LMKV angeführten Klasse gehört und daher mit dem Namen dieser Klasse zu kennzeichnen ist dem der spezifische Name zu folgen hat,
  3. die Zutaten nicht in absteigender Reihenfolge des jeweiligen Gewichtsanteils angegeben waren, obwohl jeder Stoff, der bei der Herstellung einer Ware verwendet wird und unverändert oder verändert im Enderzeugnis vorhanden ist, in absteigender Reihenfolge des jeweiligen Gewichtsanteils zum Zeitpunkt der Verwendung bei der Herstellung zu deklarieren ist.

Sie wurden von der U Handelsgesellschaft.m.b.H. & Co. Kommanditgesellschaft mit dem Sitz in der Gemeinde Traun als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG für das Profitcenter Feinkost bestellt. Aus diesem Grund sind Sie für diese Übertretungen verantwortlich.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

Zu 1.a., 2.a. und 3.a.: § 4 Z.2 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 - LMKV, BGBl. Nr. 72/1993 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 222/2003 iVm § 74 Abs. 5 Z. 2 Lebensmittelgesetz - LMG 1975, BGBl. Nr. 86/1975 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 126/2004

Zu 1.b., 2.b und 3.b.: § 4 Z. 7 lit.c und Anhang II LMKV iVm § 74 Abs.5 Z. 2 LMG 1975

Zu 1.c. und 2.c.: § 4 Z. 7a lit.a sublit i und iii LMKV iVm § 74 Abs.5 Z. 2 LMG 1975

Zu 3.c.: § 4 Z. 7 lit.a LMKV iVm § 74 Abs. 5 Z. 2 LMG 1975

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

je 30,00 Euro

zu 1.a.-3 c.

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

je 3 Stunden

zu 1.a.-3.c.

Freiheitsstrafe von

Gemäß

§ 74 Abs.5 LMG 1975

zu 1.a.-3.c.

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 45 LMG 1975 iVm § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 177,84 Euro als Ersatz der Barauslagen für Untersuchungskosten.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

27,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe;

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 474,84 Euro."

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers am 16. August 2005 zugestellt worden ist, richtet sich die am 30. August 2005 bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis eingelangte und damit rechtzeitige Berufung, mit der die Aufhebung des bekämpften Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, die Durchführung einer Berufungsverhandlung, in eventu das Absehen von der Strafe oder die Erteilung einer Ermahnung beantragt wird.

1.3. Im angefochtenen Straferkenntnis wird im Wesentlichen ausgeführt, das Tatbild der vorgeworfenen Übertretungen sei auf Grund der Anzeige des Lebensmittelaufsichtsorgans für den Aufsichtsbereich 12, die auf den Untersuchungszeugnissen vom 1. April 2005, UZ: 001910/2005, 001911/2005 und 001912/2005, basiere, als erwiesen anzusehen. Der Bw sei als leitender Angestellter für die Einhaltung der Kennzeichnungsvorschriften nach der LMKV verantwortlich. Die Kennzeichnungstexte würden in der Zentrale eingegeben und könnten in den Filialen nicht mehr abgeändert werden. Der Bw habe laut Dienstvertrag eine entsprechende Verantwortung für die Einhaltung lebensmittelrechtlicher Vorschriften übernommen. Es sei ihm daher zuzumuten, sich über die Bestimmungen der LMKV entsprechend zu informieren, bei Übernahme dieser Verantwortung auch eine entsprechende Kontrolle durchzuführen und in weiterer Folge ein entsprechendes Kontrollsystem zur Verhinderung von Übertretungen aufzubauen.

Zur Strafbemessung verwies die belangte Behörde darauf, dass die der Bestrafung zugrunde liegenden Taten das Interesse der Verbraucher an einer ausreichenden Information über die von ihnen erworbenen Lebensmittel beeinträchtigen würden. Erschwerende Umstände seien nicht zu berücksichtigen. Als mildernder Umstand werde die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet. Der Strafbemessung liege ein geschätztes Nettoeinkommen von 2.000 Euro, ein durchschnittliches Vermögen und keine Sorgepflichten zugrunde. Unter Bedachtnahme auf den je Übertretung bis zu 3.600 Euro reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden, sei die verhängte Geldstrafe von je 30 Euro angemessen. Ein gänzliches Absehen von der Strafe bzw. eine bescheidmäßige Ermahnung sei nicht zulässig, da gemäß § 21 VStG dafür sowohl ein geringfügiges Verschulden als auch unbedeutende Folgen der Übertretung vorliegen müssten. Eine Geringfügigkeit der Schuld könnte dem Bw nur dann zugute gehalten werden, wenn sein tatbildmäßiges Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibe. Weil kein geeignetes Maßnahmen- und Kontrollsystem eingerichtet worden sei, liege kein bloß geringfügiges Verschulden vor.

1.4. In der dagegen erhobenen Berufung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Berufungswerber sei als leitender Angestellter zum Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung für die durchgeführten Abpackungen in den Feinkostabteilungen der einzelnen Filialen verantwortlich gewesen. Er sei für die EDV-mäßige Erfassung der Kennzeichnungstexte, welche den Filialen im elektronischen Wege weitergegeben würden, verantwortlich. Er werde sowohl bei der Eingabe der Daten als auch in den einzelnen Filialen vor Ort von verlässlichen Mitarbeitern unterstützt, welche die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften überprüfen würden. Auch die Mitarbeiter in den Filialen vor Ort, insbesondere die Feinkostabteilungsleiter, würden die Etiketten vor dem In-Verkehr- Bringen der Waren auf die Übereinstimmung mit den lebensmittelrechtlichen Vorschriften kontrollieren.

Der Berufungswerber hätte von der belangten Behörde dazu einvernommen werden müssen; in der Nichteinvernahme liege ein Verfahrensmangel, der auch durch eine Einvernahme vor der Berufungsbehörde nicht saniert werden könne. Zu den Spruchpunkten 1.a., 2.a. und 3.a. liege eine unrichtige rechtliche Beurteilung vor, da die Behörde fälschlicherweise angenommen habe, ein Irrtum des Verbrauchers über die tatsächliche Herkunft sei bei bloßer Angabe des Firmennamens möglich, denn nur unter dieser Voraussetzung - Irrtum des Verbrauchers über die tatsächliche Herkunft - sei die Anschrift des Herstellers erforderlich.

Zu den Spruchpunkten 1.b., 2.b., 3.b., 1.c. und 2.c. liege lediglich ein geringfügiges Verschulden vor, denn die Kontrolle der Lebensmitteletiketten vor Ort durch geschulte Mitarbeiter stelle sehr wohl ein entsprechendes Kontrollsystem zur Verhinderung derartiger Straftaten dar. Den Berufungswerber treffe daher kein Verschulden. Hinsichtlich Spruchpunkt 3.c. wird ausgeführt, dass alle bei der Herstellung verwendeten Zutaten richtig angegeben worden seien und somit für den Verbraucher alle relevanten Daten einwandfrei ersichtlich gewesen seien. Daher könne die Folge der Übertretung in diesem Punkt lediglich als geringfügig bezeichnet werden.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis zu SanRB96-13-2005 und am 26. April 2006 aufgrund des Antrags des Berufungswerbers eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des Vertreters des Berufungswerbers und des Vertreters der belangten Behörde durchgeführt. Der ordnungsgemäß geladene Berufungswerber ist zu dieser Verhandlung nicht gekommen.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Die Bestrafung durch die belangte Behörde erfolgte auf der Grundlage des LMG 1975 iVm der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz über die Kennzeichnung von verpackten Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln (Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 - LMKV), BGBl. Nr. 72/1993 idF BGBl. II Nr. 408/2005.

Am 20. Jänner 2006 wurde das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz - LMSVG verlautbart.

Das LMSVG ist jedoch im gegenständlichen Verfahren nicht anwendbar. Denn die Berufungsbehörde hat im Verwaltungsverfahren ihrer Entscheidung die im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides gegebene Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen. Das bedeutet insbesondere, dass das Straferkenntnis auf dieser Basis auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen ist. Die Änderung der Rechtslage nach Fällung des Bescheides erster Instanz ist rechtlich ohne Bedeutung (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 FN6 zu § 1 Abs.2 VStG).

Abgesehen davon sind die Strafdrohungen nach dem LMSVG deutlich höher als jene nach dem LMG 1975.

3.2. Entgegen der Behauptung der Berufung, der Mangel der Einvernahme des Beschuldigten durch die Behörde vor Fällung des Straferkenntnisses erster Instanz könne von der Berufungsbehörde nicht saniert werden, ist gem VwGH Erkenntnis vom 23.01.1950, 0686/47, eine Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren möglich.

Im Übrigen ist der ordnungsgemäß geladene Berufungswerber zur mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht erschienen.

3.3. In der mündlichen Verhandlung wurde der objektive Tatbestand hinsichtlich der Spruchpunkte 1.b., 2.b., 3.b., 1.c., 2.c. und 3.c. im Straferkenntnis vom 11. August 2005 außer Streit gestellt. Hinsichtlich der Spruchpunkte 1.a., 2.a. und 3.a. wurde nicht bestritten, dass die Anschrift der verpackenden Unternehmung auf dem Etikett des in Verkehr gebrachten Produktes nicht angegeben war, es wurde aber weiterhin die Rechtsauffassung vertreten, diese Angabe sei nicht notwendig, da eine Irreführung der Kunden durch deren Fehlen nicht möglich sei.

Dieser Rechtsauffassung kann vom erkennenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht gefolgt werden, da nach § 4 Z2 LMKV verpackte Waren mit dem Namen (Firma oder Firmenschlagwort) und der Anschrift der erzeugenden oder verpackenden Unternehmung oder eines in einem EWR-Mitgliedstaat niedergelassenen Verkäufers zu kennzeichnen sind. Verpackte Waren sind auch mit dem Ursprungs- oder Herkunftsort zu kennzeichnen, falls ohne diese Angabe ein Irrtum des Verbrauchers über die tatsächliche Herkunft möglich wäre.

Eine Verquickung der Voraussetzung zum Anführen des Namens und jener des Ursprungs- oder Herkunftsortes ist gemäß den verba legalia nicht möglich. Gemäß Seite 73 und 74 des Kommentars zu § 4 LMKV, Barfuß-Smolka-Onder, Lebensmittelrecht², 3.Lfg. sind Name und Anschrift im Sinn dieser Verordnung ausreichend angegeben, wenn die Postzustellung an einen der Genannten ohne besonderen Aufwand möglich ist (z.B. genügt "Manner Wien", "Mayr Wien" hingegen nicht). Der Begriff "Anschrift" ist nach Sinn und Zweck der LMKV auszulegen: Es geht darum, dass eine lebensmittelrechtlich verantwortliche Person identifiziert werden kann. "Dem Sinn der LMKV ist nachgekommen, wenn eine Postzustellung ohne weitere Nachforschungen möglich ist." - Erl BMGSK, GZ 31.901/22-III/B/12/93 vom 15.3.1993.

Durch die Nichtangabe der Adresse hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der ihm in den Spruchpunkten 1.a., 2.a. und 3.a. vorgeworfenen Übertretungen begangen.

3.4. Zur Darstellung der relevanten Vorschriften des § 74 Abs.5 Z2 LMG 1975 und der relevanten Bestimmungen der LMKV wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das bekämpfte Straferkenntnis verwiesen.

 

3.5. Bei den Verwaltungsübertretungen handelt es sich um Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs.1 VStG. Bei diesen Delikten besteht nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG die Rechtsvermutung für das Verschulden (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters. Bestreitet er dieses, so hat er nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes initiativ alles darzutun, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, dass er solche Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen. Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn die Verstöße ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurden (vgl. das Erkenntnis vom 27. Februar 1995, Zl.90/10/0078 und vom 6. Mai 1996, Zl. 94/10/0116).

3.6. Im konkreten Fall war der Bw der Verantwortliche für die Erstellung der Etiketten, die an die Filialen des Us in Oberösterreich versandt wurden. Der Berufungswerber hat mit 1. Jänner 2005 seine Arbeitsstelle beim U mit diesem Verantwortungsbereich übernommen und die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung wurde am 29. März 2005 festgestellt. In dieser Zeit befand sich der Berufungswerber noch in der Einschulungsphase und wurde vom Dienstgeber über lebensmittelrechtliche Bestimmungen informiert.

Zwar ist davon auszugehen, dass, sobald jemand einen Verantwortungsbereich in einer Firma übernimmt, er auch über die gesetzlichen Bestimmungen dieses Verantwortungsbereiches ausreichend informiert ist, im konkreten Fall wurden dem Berufungswerber aber auch Übertretungen der Kennzeichnung vorgeworfen, die sich lediglich aus dem Anhang zur Lebensmittelkennzeichnungsverordnung ergeben und damit ein Detailwissen über die lebensmittelrechtlichen Bestimmungen voraussetzen. Das Verschulden des Berufungswerbers wird dadurch zwar nicht ausgeschlossen, wäre es doch an ihm gelegen, die Verantwortung für einen Bereich, in dem er noch nicht ausreichend eingeschult war, abzulehnen, es ist aber - hinsichtlich der Unkenntnis des Anhangs der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung - als gering einzustufen, weil er sich offenbar noch detaillierte Rechtskenntnisse erwerben musste und ihm dieses Wissen auch durch Schulung gerade in der Zeit der festgestellten Übertretung vermittelt wurde.

Die Unkenntnis der lebensmittelrechtlichen Vorschriften, die in der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung selbst angeführt waren, stellt hingegen ein nicht bloß geringes Verschulden dar, da die Kenntnis des Verordnungstextes eine essentielle Voraussetzung zur Übernahme der Verantwortung im Bereich der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung ist und es dem Berufungswerber auch zumutbar gewesen wäre, sich über diesen - nicht allzu umfassenden - Text ausreichend zu informieren.

Die Berufung führt an, der Berufungswerber habe sich auf geschulte Mitarbeiter in den Filialen verlassen, ihn treffe daher an den Verwaltungsübertretungen kein Verschulden. Diese Behauptung kann sein Verschulden aber weder ausschließen noch mindern, weil eine Delegation seiner Verantwortung nicht an die Mitarbeiter der Filialen stattgefunden hat. In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter des Berufungswerbers vorgebracht, es sei zu Rückmeldungen der Filialleiter an Ing. Peheim gekommen, wenn Etiketten nicht mit der Originalcharge übereingestimmt hätten. Daraus ergibt sich aber, dass es am Berufungswerber gelegen wäre, der Etikettierung erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken.

Dem Berufungsvorbringen, Ing. Peheim sei gemäß Punkt 6. seines Dienstvertrags für die ordnungsgemäße Überwachung und Überprüfung der Tätigkeitsbereiche der einzelnen, ihm unterstellten bzw. von ihm beauftragten Mitarbeiter anderer Abteilungen sowie auf deren rechtzeitige und nachweisliche Information betreffend der relevanten gesetzlichen lebensmittel- und verwaltungsrechtlichen Bestimmungen sowie allfälliger Änderungen beschränkt, daraus ergebe sich, dass Ing. Peheim nicht für das "In-Verkehr-Bringen" der Ware verantwortlich sei, ist entgegenzuhalten, dass ein "In-Verkehr-Bringen" der Ware durch Ing. Peheim nicht vom Tatvorwurf umfasst ist und der in seinem Dienstvertrag umschriebene Verantwortungsbereich gerade die im Spruch des bekämpften Bescheids angeführten Übertretungen inkludiert.

 

3.7. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde von der Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Nach hM liegt geringes Verschulden des Täters vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. Hauer/Leukauf Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens 5, VStG §21 E6ff). Nach der strafrechtlichen Judikatur zum vergleichbaren § 42 StGB muss die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der Deliktsverwirklichung geringfügig sein. Maßgebend sind der das Unrecht bestimmende Handlungsunwert und der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt. Der Erfolgsunwert wurde im Merkmal "unbedeutende Folgen der Übertretung" verselbstständigt.

Wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, war das Verschulden zu den Tatvorwürfen der Spruchpunkte 1.b., 2.b., 3.b., 1.c. und 2.c. geringfügig.

Im konkreten Fall kommt zum geringen Verschulden, dass als Folgen der Übertretung nur von der Gefahr der Irreführung von Konsumenten ausgegangen werden kann, weil eine konkrete Irreführung einer Person nicht aktenkundig ist.

Es konnte daher mit der Verhängung einer Ermahnung zu den vorzitierten Spruchpunkten das Auslangen gefunden werden.

 

3.8. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

Auszugehen ist von den von der belangten Behörde festgestellten Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Insbesondere begegnet die von dieser vorgenommene Festsetzung des Einkommens des Berufungswerbers keinen Bedenken. Im Übrigen bringt der Berufungswerber dagegen auch gar nichts vor.

Die Verhängung der Geldstrafe in Höhe von jeweils 30 Euro zu den Spruchpunkten 1.a., 2.a., 3.a. und 3.c. ist unter den von der belangten Behörde dargelegten Abwägungen angemessen, da sie weniger als 1 % der möglichen Strafe beträgt.

Die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Stunden für jedes Delikt, die von der belangten Behörde in Relation der Obergrenze für die Geldstrafe zur Obergrenze für die Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt wurde, begegnet keinen Bedenken.

4. Für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat hat der Berufungswerber für jene Spruchpunkte, in denen die Strafe bestätigt wurde, gemäß § 64 Abs.2 VStG einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafe zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bergmayr-Mann

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum