Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240562/2/SR/Ri

Linz, 16.09.2005

 

 

 

VwSen-240562/2/SR/Ri Linz, am 16. September 2005

 

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des Dr. K T, H Straße, R i T, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G K, Rstraße, W, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 8. August 2005, San RB96-6-2005, wegen Zurückweisung des verspätet eingebrachten Einspruches, zu Recht erkannt:

 

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 


Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 8. August 2005, San RB96-6-2005 wurde der Einspruch des Berufungswerbers (im Folgenden: Bw) gegen die Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 11. April 2005, San RB96-6-2005 als verspätet zurückgewiesen.

 

2.1. Gegen diesen, dem Rechtsvertreter des Bw am 17. August 2005 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

2.2. In der Berufung führt der Bw im Wesentlichen aus, dass die Zustellung entgegen den Vorschriften des § 17 Zustellgesetz stattgefunden und der angefochtene Bescheid daher als nichtig anzusehen sei.

 

Weiters sei die Behörde erster Instanz davon ausgegangen, dass der Bw im Hause H Straße gemeldet sei. Sie habe sich jedoch mit keinem Wort damit auseinandergesetzt, warum unter dieser Adresse nicht zugestellt worden sei. Es könne nicht Aufgabe des Briefträgers sein, zu klären, in welcher Eigenschaft und wie oft der Bw in der beschriebenen Ordination aus- und eingehe. Auch wenn die nachträglichen Erhebungen der Behörde erster Instanz betreffend den Rechtscharakter der Ordination richtig seien, hätten sie für den Tag der Hinterlegung keine Bedeutung. Der Briefträger habe es sich offensichtlich einfach gemacht und ohne bösen Willen einer Dame, die er kenne, die Hinterlegungsanzeige in die Hand gedrückt. Abgesehen von der bereits aufgezeigten Nichtigkeit sei der Bescheid nichtig, da es sich bei der Ordination "T V C" nicht um eine Abgabestelle handle. Der Zusteller hätte dort zustellen müssen, wo er zu Recht den Wohnsitz angenommen habe. Eigenmächtige Entscheidungen stünden dem Postbeamten nicht zu. Die Vermutung, dass er es sich einfacher machen wollte, sei durch die Tatsache - Abstandnahme von einer Verständigung - gedeckt.

 

Jeder in § 4 genannte Ort sei nur dann und nur solange Abgabestelle, als sich der Empfänger tatsächlich dort aufhalte.

 

Abschließend stellt der Bw den Antrag, den Einspruch als rechtzeitig zu werten und den angefochtenen Bescheid zu beheben.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat u.a. Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis zu Zahl SanRB96-6-2005.

 

3.2. Aus der Aktenlage und den Angaben des Bw war der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend zu klären und da der angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 49 Abs.1 VStG ist ein Einspruch gegen eine Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung zu erheben.

 

Gemäß § 2 Z. 5 ZustellG ist als "Abgabestelle" die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort anzusehen.

 

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

 

Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen (§ 17 Abs. leg. cit.)

 

Gemäß § 17 Abs. 2 leg. cit. ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

 

Gemäß § 17 Abs. 3 leg. cit ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

 

Kann gemäß § 21 Abs. 1 leg. cit. die Sendung beim ersten Zustellversuch nicht zugestellt werden, so ist der Empfänger schriftlich unter Hinweis auf die sonstige Hinterlegung zu ersuchen, zu einer gleichzeitig zu bestimmenden Zeit an der Abgabestelle zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein. Dieses Ersuchen ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Zur angegebenen Zeit ist ein zweiter Zustellversuch durchzuführen. Ist auch dieser erfolglos, ist nach § 17 zu hinterlegen.

 

 

4.2. Im gegenständlichen Fall wurde dem Bw die o.a. Strafverfügung am 18. April 2005 ausgefolgt.

 

Auf Grund des Beschwerdevorbringens war zu prüfen, ob vor dem Tag der Ausfolgung der gegenständlichen Strafverfügung eine mängelfreie Zustellung stattgefunden hat.

 

Die "T V C" ist als Abgabestelle anzusehen.

 

Unstrittig hat sich der Bw in der Zeit vom 13. bis 15. April 2005 im Ausland und somit nicht an der Abgabestelle aufgehalten. Aus der Aktenlage ist ersichtlich, dass der Bw in den frühen Morgenstunden des 13. April 2005 die Abgabestelle verlassen und erst am 18. April 2005 an diese zurückgekehrt ist. Der Bw hat zwar seinen Auslandsaufenthalt am 15. April 2005 beendet, jedoch kann eine Rückkehr an die Abgabestelle - Ordination - erst mit 18. April 2005 schlüssig angenommen werden.

 

Über Ersuchen der Erstbehörde wurde der Postzusteller F H (im Folgenden: Zeuge) niederschriftlich befragt. Ohne nähere Angaben zur Vorgangsweise am 13. April 2005 zu tätigen hat der Zeuge angegeben, dass er in den Ordinationsräumlichkeiten einer dort anwesenden Dame eine Hinterlegungsanzeige übergeben habe. Er sei sich sicher, dass sich der Bw an der Abgabestelle regelmäßig aufhalte und seines Wissens auch dort wohne.

 

Obwohl der Zeuge bei seiner Aussage den ersten Zustellversuch am 13. April 2005 nicht erwähnt hat, ist von einem solchen - wie der Vermerk auf dem Rückschein zeigt - auszugehen. Sein weiteres Vorbringen hat aber für das gegenständliche Verfahren keine Relevanz. Für dieses ist nicht entscheidend, ob sich der Bw grundsätzlich regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, sondern ob er sich beim ersten Zustellversuch regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten hat.

 

Nachdem die Behörde erster Instanz als Abgabestelle die "T V C" in der H Straße, R i T festgelegt hat, ist anzunehmen, dass der Zeuge den ersten Zustellversuch in der Ordination (= Abgabestelle) versucht hat. Dass die Ordination zu diesem Zeitpunkt geschlossen gewesen wäre und er die Verständigung über den zweiten Zustellversuch außerhalb der Ordination angebracht hätte wurde vom Zeugen nicht behauptet. Im Hinblick auf seinen schriftlichen Vermerk auf dem Rückschein ist davon auszugehen, dass er das Verständigungsschreiben am 13. April 2005 in der Ordination zurückgelassen hat.

 

Undenkbar erscheint, dass dem Zeugen im Zuge der Vorsprache und des ersten Zustellversuches nicht der Auslandsaufenthalt des Bw mitgeteilt worden ist.

 

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei einer mehrtägigen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht mehr von einem regelmäßigen Aufenthalt auszugehen (VwGH vom 16.5.1995, 95/0/0076 u.v.a.).

 

In Kenntnis des zumindest dreitägigen Auslandsaufenthaltes konnte der Zeuge auch nicht mehr davon ausgehen, dass sich der Bw regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Da kein regelmäßiger Aufenthalt an der Abgabestelle vorlag, konnte auch keine rechtswirksame Hinterlegung erfolgen.

 

Im gegenständlichen Verfahren, bei dem Mängel bei der Zustellung aufgetreten sind, gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt vollzogen, in dem die Strafverfügung dem Bw tatsächlich zugekommen ist. Auf Grund der Aktenlage ist von einer Zustellung der Strafverfügung am 18. April 2005 auszugehen.

 

Die Zweiwochenfrist zur Einbringung eines Rechtsmittels endete daher gemäß § 49 Abs.1 VStG mit Ablauf des 2. Mai 2005. Der am 2. Mai 2005 zur Post gebrachte Einspruch (siehe Poststempel vom 2. Mai 2005) erweist sich sohin als rechtzeitig.

 

4.3. Wie dargelegt, hat der Bw den Einspruch gegen die o.a. Strafverfügung rechtzeitig eingebracht. Der Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

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