Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240569/2/SR/Ri

Linz, 02.02.2006

 

 

VwSen-240569/2/SR/Ri Linz, am 2. Februar 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des Ing. J H, M Straße, B, handelsrechtlicher Geschäftsführer der S H GmbH. & Co. KG, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land, Zl. Ur96-14-2005-RE vom 7. 12.2005 wegen Übertretung des Chemikaliengesetzes 1996 zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung gegen die Strafhöhe wird insoweit stattgegeben, als die Geldstrafe in den Spruchpunkten 1 bis 3 mit je 180 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit je 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, festgesetzt wird.
  2. Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der ersten Instanz wird auf insgesamt 54 Euro reduziert. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren war nicht vorzuschreiben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; §§ 19, 20 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 7. Dezember 2005, Zl. Ur96-14-2005-RE wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben es als für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortliches Organ der Firma S-H GmbH & Co. KG, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma S-H GmbH mit Sitz in B, M Straße, (protokolliert beim Firmenbuch des Landesgerichtes Wels unter FN 98935 v) in Ausübung des Gewerbes "Handelsgewerbe gemäß § 124 Z.11 GewO 1994, beschränkt auf den Handel mit schweißtechnischen Artikel und Artikeln für den Arbeitsschutz" zu verantworten, dass von der Firma S-H GmbH. & Co KG - festgestellt anlässlich einer Chemikalieninspektion durch Sachverständige des Amtes der Oö. Landesregierung am 8.3.2005 - folgende Übertretungen begangen worden sind:

  1. Die Firma S-H GmbH. & Co KG hat am 8.3.2005 als Komplettanbieter im Bereich der Schweißtechnik

die beide als "giftig" gekennzeichnet waren, in einem unversperrten Lagerraum aufbewahrt, obwohl Gift nur in unversperrten und für Unbefugte unzugänglichen Lagerräumen, in Sicherheitsschränken oder auf offenen Lagerplätzen in übersichtlicher Anordnung gelagert, aufbewahrt oder vorrätig gehalten werden dürfen.

  1. Die Firma S-H GmbH. & Co KG hat am 8.3.2005 als Komplettanbieter im Bereich der Schweißtechnik

die beide als "giftig" gekennzeichnet waren, in einem unversperrten Lagerraum aufbewahrt, wobei dieser Lagerraum zum Zeitpunkt der Inspektion nicht mit dem Warnzeichen "Warnung vor giftigen Stoffen" gekennzeichnet war, obwohl Türen zu Lagerräumen, Sicherheitsschränken und Lagerplätzen mit einem derartigen Warnzeichen laut Kennzeichnungsverordnung, BGBl. II Nr. 101/1997, zu kennzeichnen sind.

  1. Die Firma S-H GmbH & Co KG hat am 8.3.2005 als Komplettanbieter im Bereich der Schweißtechnik

die beide als "giftig" gekennzeichnet waren, in einem unversperrten Lagerraum aufbewahrt und hat es unterlassen, in diesem Raum, in dem Gifte gelagert werden, an gut sichtbarer Stelle die Rufnummer der Vergiftungsinformationszentrale anzubringen, obwohl in Lageräumen, in denen Gifte gelagert oder regelmäßig verwendet werden, das Anbringen dieser Rufnummer vorgeschrieben ist.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

 

zu 1.: § 12 Abs. 1 der Verordnung über die Berechtigung zum Erwerb von Giften, die Aufzeichnungspflicht und über besondere Schutzmaßnahmen beim Verkehr mit Giften (Giftverordnung 2000), BGBl. II Nr. 24/2001 i.V.m. § 71 Abs. 1 Z.17 des Bundesgesetzes über den Schutz des Menschen und der Umwelt vor Chemikalien (Chemikaliengesetz 1996 - ChemG 1996), BGBl. I Nr. 53/1997 i.d.g.F. sowie i.V.m. § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991 (WV) i.d.g.F.

zu 2.: § 12 Abs. 4 der Verordnung über die Berechtigung zum Erwerb von Giften, die Aufzeichnungspflicht und über besondere Schutzmaßnahmen beim Verkehr mit Giften (Giftverordnung 2000), BGBl. II Nr. 24/2001 i.V.m. § 71 Abs. 1 Z.17 des Bundesgesetzes über den Schutz des Menschen und der Umwelt vor Chemikalien (Chemikaliengesetz 1996 - ChemG 1996), BGBl. I Nr. 53/1997 i.d.g.F. sowie i.V.m. § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991 (WV) i.d.g.F.

zu 3.: § 11 der Verordnung über die Berechtigung zum Erwerb von Giften, die Aufzeichnungspflicht und über besondere Schutzmaßnahmen beim Verkehr mit Giften (Giftverordnung 2000), BGBl. II Nr. 24/2001 i.V.m. § 71 Abs. 1 Z.17 des Bundesgesetzes über den Schutz des Menschen und der Umwelt vor Chemikalien (Chemikaliengesetz 1996 - ChemG 1996), BGBl. I Nr. 53/1997 i.d.g.F. sowie i.V.m. § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991 (WV) i.d.g.F.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

 

zu 1.: Euro 360,--

zu 2.: Euro 360,--

zu 3.: Euro 360,--

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

24 Stunden

24 Stunden

24 Stunden

gemäß

 

zu 1.-3.: § 71 Abs. 1 ChemG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

108,-- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 14,53 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 1.188,00 Euro."

 

 

1.2. Gegen dieses dem Bw am 16. Dezember 2005 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis wendet sich die vorliegende, am 27. Dezember 2005 bei der belangten Behörde eingelangte, ausschließlich gegen die Strafhöhe gerichtete Berufung.

 

2.1. Diesbezüglich führt die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis aus, dass das Geständnis bei der Strafbemessung als mildernd zu werten gewesen wäre. Straferschwerende Gründe, wie etwa einschlägige Vorstrafen seien nicht vorgelegen. Ebenso wenig seien Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe hervorgekommen. Vor allem aus spezialpräventiven Gründen habe es der Strafe bedurft und im Hinblick darauf konnte mit der Verhängung der Mindeststrafe gerade noch das Auslangen gefunden werden.

 

2.2. Dagegen bringt der Bw einleitend vor, dass er um Abmahnung ersuche. Wie der übrige Schweißhandel führe er seit 30 Jahren Beizprodukte. Erst in den letzten Jahren seien strengere - ihm nicht bekannte - EU-Vorschriften erlassenen worden. Die Beizpasten habe er von deutschen Herstellern bezogen. Durch die willkürliche Grenzziehung zwischen etwas weniger giftigen und unwesentlich giftigeren Beizpasten sei es auch zu einer Falschetikettierung gekommen, weil weder der Hersteller noch er von dem "Österreich-Zuschlag" gewusst hätten. Die hohen Auflagen, von denen er nichts gewusst habe, würden in keinem Verhältnis zum Ertrag stehen, daher habe er das Produkt sofort aus dem Programm genommen. Kunden dürften das Produkt nach wie vor verwenden und im Lager habe nie eine Gefahr für die Gesundheit der Mitarbeiter und Besucher bestanden. Es müsste möglich sein, von der Bestrafung abzusehen, wenn nicht die geringste Gefährdung bestanden habe und nur zwei Vorschriften mangels Kenntnis nicht befolgt worden seien. Die Mindeststrafen stünden in keinem Verhältnis zu den Kleinstmengen von 10 bis 20 Dosen à 2 kg. Für die Strafen müsse die Halbtagskraft zwei Monate arbeiten und die Belegschaft habe nicht das geringste Einsehen für die Bestrafung. Da gewissenhaft gearbeitet und ein Vorzeigebetrieb geschaffen worden sei, müsse man einem Leistungsträger wegen so einer Geringfügigkeit nicht mit Strafe, Beschuldigter und Geständnis begegnen. Dadurch ginge für den Staat mehr verloren als er durch solche "Zusatzeinnahmen" erhalte. Die EU habe auf Grund solcher schwer kommunizierbarer Vorschriften schon sehr viel Kredit verspielt.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Wels-Land zu Zl. Ur96-14-2005-RE; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, sich die gegenständliche Berufung lediglich gegen die Strafhöhe richtet und ein entsprechender Parteienantrag nicht gestellt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 17 Chemikaliengesetz 1996 - ChemG 1996, BGBl. I Nr. 53/1997, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 151/2004 begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von mindestens 360 Euro bis zu 14.530 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 29.070 Euro zu bestrafen, der Gifte entgegen § 46 Abs. 2 oder einer gemäß § 46 Abs. 3 erlassenen Verordnung in Verkehr setzt oder verwendet. Der Versuch ist strafbar.

 

Gemäß § 35 Z. 1 ChemG 1996 sind Gifte im Sinne des Abschnittes III Stoffe und Zubereitungen, die sehr giftig oder giftig sind.

 

Gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Berechtigung zum Erwerb von Giften, der Aufzeichnungspflicht und über besondere Schutzmaßnahmen beim Verkehr mit Giften (Giftverordnung 2000 - BGBl- II Nr. 24/2001) ist diese Verordnung auf Stoffe und Zubereitungen, die als sehr giftig oder giftig (§ 3 Abs. 1 Z. 6 und 7 ChemG 1996) einzustufen sind (Gifte gemäß § 35 Z. 1 ChemG 1996), anzuwenden.

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§3 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

4.2. Der Bw hat die Taten als solche nicht bestritten und nur gegen die Strafhöhe berufen.

 

Hinsichtlich der jeweils verhängten Strafe ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Die Begründung der belangten Behörde in Bezug auf das von ihr festgesetzte Strafausmaß erweist sich grundsätzlich als nachvollziehbar und mit den Strafzumessungskriterien des § 19 VStG im Einklang stehend.

 

Der Gesetzgeber hat für das In-Verkehr-Setzen sehr giftiger oder giftiger Stoffe besondere Schutzmaßnahmen für unbedingt erforderlich erachtet und Verstöße dagegen entsprechend sanktioniert. Die vorliegenden Übertretungen werden vom Gesetzgeber für so schwerwiegend erachtet, dass sogar Mindeststrafen in der Höhe von 360 Euro vorgesehen wurden.

 

Im Hinblick auf die Überlegungen des Gesetzgebers, das Unterlassen des Bw und sein Vorbringen ist die Anwendung des § 21 VStG ausgeschlossen.

 

4.3. Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder wenn der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis vom 23. Mai 1991, Zl. 91/19/0037) kommt es für die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 20 VStG nicht bloß auf das Vorliegen von Milderungsgründen an, vielmehr allein darauf, dass solche Gründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen, und zwar nicht der Zahl, sondern dem Gewicht nach. Entscheidend ist ausschließlich deren Bedeutung im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhaltes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1989, Zl. 89/09/0100; 27.2.1992, 92/02/0095).

 

Im gegenständlichen Verfahren sind keine Erschwerungsgründe hervorgekommen. Aus der Tatsache, dass der Bw eine absolute und nicht nur eine einschlägige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit aufweist, ist ein Indiz für ein rechtskonformes Verhalten abzuleiten. Durch das Schuldeingeständnis in Verbindung mit den Umständen im Vorfeld der Verwaltungsübertretung - langjährige Geschäftsbeziehungen mit dem Zulieferer, die niemals Anhaltspunkte lieferten, dass auf dessen Mitteilungen nicht uneingeschränkt vertraut werden könnte - und sofortige Herstellung des rechtmäßigen Zustandes - Produkt wurde aus dem Sortiment genommen - zeigt der Bw auf, dass er sich zukünftig rechtskonform verhalten wird. Im Hinblick darauf, dass es sich beim Aufbewahrungsraum der gegenständlichen Produkte um einen Lagerraum gehandelt hat, der grundsätzlich nur den Mitarbeitern zugänglich war, kann nicht auf eine derart schwerwiegende Übertretung geschlossen werden, von der der Gesetzgeber bei der Festlegung des Strafrahmens - im Besonderen der Mindeststrafe - ausgegangen ist. Auf Grund des vorliegenden Verschuldens bedarf es für die zukünftige Einhaltung der Verwaltungsvorschriften nicht derartiger einschneidender und hoher Mindeststrafen. Die vorgesehene Mindeststrafe war daher um die Hälfte zu unterschreiten.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 54 Euro; zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat war hingegen gemäß § 65 VStG kein Beitrag vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

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