Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-250017/11/Fra/Bf

Linz, 10.12.1991

VwSen - 250017/11/Fra/Bf Linz, am 10. Dezember 1991 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Landesarbeitsamtes Oberösterreich vom 22. Mai 1991, AZ IIId-6710 B Dr.Tu/ott, gegen das Ausmaß der mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 3. Mai 1991, SV 96-116-1990, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 36/1991 (im folgenden: AuslBG) verhängten Strafe zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen. Die mit dem angefochtenen Straferkenntnis verhängten Strafen werden bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 19, 20, 24, 51 und 51e Abs.2 VStG.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 3. Mai 1991, SV 96-116-1990, über den Beschuldigten als zur Vertretung nach außen berufenes und damit als gemäß § 9 VStG verantwortliches Organ der Firma S Technik Anlagenbau GesmbH. im Betrieb in , wegen Übertretung des § 3 Abs.1 i.V.m. § 28 Abs.1 lit.a AuslBG gemäß § 28 Abs.1 lit.a leg.cit eine Geldstrafe von 6 x 5.000 S, somit insgesamt den Betrag von 30.000 S, und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 x 120 Stunden verhängt, weil er die Ausländer 1. M in der Zeit vom 23. bis 28. Oktober 1990 beschäftigt hat, obwohl die ihm für die erwähnten Ausländer erteilten Beschäftigungsbewilligungen erst am 29. Oktober 1990 Gültigkeit erlangten.

Gemäß § 64 VStG wurde er zur Leistung eines Beitrages zu den Verfahrenskosten in Höhe von 3.000 S, das sind 10 % des Strafbetrages, verpflichtet.

1.2. Das genannte Straferkenntnis stützt sich auf die Anzeige des Arbeitsamtes Vöcklabruck vom 15. Jänner 1991 und auf das von der Erstbehörde durchgeführte Ermittlungsverfahren.

2. Die Berufung des Landesarbeitsamtes Oberösterreich vom 22. Mai 1991 richtet sich gegen die Höhe der verhängten Strafe, wie dies in der Stellungnahme vom 24. September 1991, AZ: IIId-6710 B Dr.Tu/Eb, an den unabhängigen Verwaltungssenat klargestellt wurde. Das Landesarbeitsamt wendet sich gegen die Auffassung der Erstbehörde, welche als Gründe für die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung die Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, den kurzen Zeitraum der Beschäftigung sowie die Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet hat. Nach Auffassung des Berufungswerbers müsse ein gesetzeskonformes Verhalten im Bereich des Sozialversicherungsrechtes ohnehin vorausgesetzt werden. Der Unbescholtenheit des Beschuldigten sei durch die Verhängung der Mindeststrafe Rechnung getragen worden. Die Dauer einer unerlaubten Beschäftigung sei in diesem Zusammenhang nicht beachtlich. Die Anlegung eines objektiven Maßstabes sei hier nicht möglich, dh. die objektive Feststellung, ob eine unerlaubte Beschäftigung kurz oder lang war, könne nicht getroffen werden und könne daher auch auf diesen Umstand bei der Prüfung des Vorliegens von Milderungsgründen nicht Bedacht genommen werden. Das Landesarbeitsamt Oberösterreich beantragt daher, den angefochtenen Bescheid zu beheben und über den Beschuldigten die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe zu verhängen.

3. Aufgrund der Berufungsausführungen hat der unabhängige Verwaltungssenat ein ergänzendes Ermittlungsverfahren insbesondere darüber durchgeführt, für welche Art der Beschäftigung, in welchem Ausmaß und gegen welche Entlohnung die im angefochtenen Straferkenntnis genannten Ausländer eingesetzt wurden und welcher wirtschaftliche Vorteil durch die gegenständliche Verletzung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes erzielt wurde.

4. Aufgrund des Ergebnisses des ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens im Zusammenhalt mit den bereits von der Erstbehörde durchgeführten Ermittlungen ist der O.ö. Verwaltungssenat zur Auffassung gelangt, daß die von der Erstbehörde vorgenommene Strafbemessung aus folgenden Gründen zu Recht erfolgt ist:

4.1. Gemäß § 20 VStG kann eine Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

Bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern beträgt gemäß § 28 Abs.1 Z.1 AuslBG die gesetzliche Mindeststrafe 10.000 S für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer.

Im Hinblick auf die Berufungsausführungen des Landesarbeitsamtes Oberösterreich, welches das beträchtliche Überwiegen der Milderungsgründe verneinte, war daher zu prüfen, ob die Erstbehörde von der Anwendung des § 20 VStG zu Recht Gebrauch machte. Diese Überprüfung führte - wie es im Spruch zum Ausdruck kommt - zu dem Ergebnis, daß die oben genannte Bestimmung im konkreten Fall zu Recht angewendet wurde.

4.2. Vorerst ist festzustellen, daß ein Erschwerungsgrund weder aktenkundig ist noch dessen Vorliegen vom Landesarbeitsamt behauptet würde. Weiters ist zu konstatieren, daß der Beschuldigte unbescholten ist. Vom Berufungswerber wird in seiner Stellungnahme vom 26. März 1991 an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die Behauptung des Beschuldigten nicht in Abrede gestellt, wonach unmittelbar vor der Behandlung seines Ansuchens um Erteilung der Beschäftigungsbewilligungen eine neue Kommission gebildet worden sei und er auf Beamtenebene keine brauchbaren Auskünfte erhalten konnte, weil offenbar niemand gewußt habe, wie die Kommission entscheiden würde. Unbestritten blieb auch die Behauptung, daß für die in Rede stehenden Ausländer zeitgerecht um Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung angesucht wurde. Es kann auch aus der Stellungnahme des Beschuldigten vom 4. Juli 1991 sowie der darauffolgenden Replik des Berufungswerbers vom 8. August 1991 nicht abgeleitet werden, daß der Beschuldigte als Dienstgeber für die in Rede stehenden Ausländer einen wesentlichen wirtschaftlichen Vorteil erzielt hätte oder daß durch die Beschäftigung dieser Ausländer inländische Arbeitnehmer vom Arbeitsmarkt verdrängt worden wären.

Im gegenständlichen Zusammenhang ist ein nicht zu vernachlässigendes Kriterium für die Strafbemessung auch der Umstand, daß für die in Rede stehenden Ausländer tatsächlich Beschäftigungsbewilligungen erteilt wurden. Aus diesem Umstand ist zu ersehen, daß die im § 4 AuslBG genannten Voraussetzungen vorgelegen sind.

4.3. Das nicht geringfügige Verschulden des Bestraften ist darin zu sehen, daß er die Ausländer schon zu einem Zeitpunkt (23.10.1990) beschäftigt hat, als noch keine Beschäftigungsbewilligungen erteilt waren. Dieser Umstand im Zusammenhang mit den unter 4.2. angeführten Umständen kann jedoch nicht mit einem solchen verglichen werden, wo es ein Unternehmer darauf anlegt, Ausländer zu beschäftigen, ohne sich um eine Beschäftigungsbewilligung zu bemühen. Die Beschäftigungsbewilligungen wurden im gegenständlichen Fall am 29.10.1990 erteilt. Es ist im Verfahren nicht hervorgekommen, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes oder andere wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung am 23.10.1990 (Zeitpunkt der Aufnahme der Beschäftigung) nicht erlaubt hätte. Eine derartige Behauptung wurde vom Landesarbeitsamt auch nie vorgebracht. Es ist unbestritten geblieben, daß die Entlohnung zum Kollektivvertrag erfolgte, was von der typischen Erscheinungsform der "Schwarzarbeit" abweicht, ebenso der Umstand der Anmeldung der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung. Infolge der Antragstellung ist dem Beschuldigten zuzubilligen, daß er die Übertretungen in der Absicht begangen hat, die erforderlichen Bewilligungen beizubringen. Dies stellt einen weiteren Milderungsgrund im Sinne des § 34 Z.9 StGB dar.

Der unabhängige Verwaltungssenat kann daher in Würdigung der Gesamtumstände nicht finden, daß im gegenständlichen Fall die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 VStG nicht vorliegen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6