Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250043/23/Fra/Ka

Linz, 05.07.1993

VwSen - 250043/23/Fra/Ka Linz, am 5. Juli 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Kurt O, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 12. August 1991, SV96-14-1991, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975, BGBl.Nr.218/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.36/1991 (im folgenden: AuslBG), nach der am 6. April 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung sowie nach ergänzenden Erhebungen, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 12. August 1991, SV96-14-1991, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 lit.a AuslBG eine Geldstrafe von 5.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser eine Ersatzfreiheitsstrafe von 84 Stunden verhängt, weil er es als zur Verantwortung nach außen berufenes und damit gemäß § 9 VStG verantwortliches Organ der "A", Handelsunternehmen in in der Zeit vom 4. Dezember 1990 bis 12. Dezember 1990 beschäftigt hat, obwohl die ihm für den Ausländer erteilte Beschäftigungsbewilligung erst mit 13. Dezember 1990 Gültigkeit erlangte. Ferner wurde er gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Beitrages zu den Verfahrenskosten erster Instanz in Höhe von 500 S, ds. 10% der verhängten Geldstrafe, verpflichtet.

I.2. Die Erstbehörde führt in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses im wesentlichen aus, daß für den besagten Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung beantragt worden sei; diese sei dem Beschuldigten mit einer Gültigkeit 13. Dezember 1990 bis 13. Mai 1991 auch erteilt worden. Der betreffende Ausländer sei jedoch bereits am 4.12.1990 zur Krankenversicherung angemeldet und sei dieser auch bis 13. Mai 1991 beschäftigt worden. Die Beschäftigung im Zeitraum vom 4.12.1990 bis 12.12.1990 sei daher unerlaubt erfolgt. Eventuelle Zweifel über die Zulässigkeit einer vorzeitigen Beschäftigung - vor Gültigwerden der erteilten Bewilligung - hätten sich durch eine telefonische Rückfrage beim zuständigen Arbeitsamt zerstreuen lassen. Eine zeugenschaftliche Befragung von Herrn V zum Sachverhalt habe, weil dieser mit 16. Mai 1991 ohne seinen Wohnsitz bekanntzugeben verzogen ist, nicht erfolgen können.

I.3. Gegen das unter Ziffer I.1. angeführte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig erhobene Berufung des Beschuldigten. Dieser führt in seinem Rechtsmittel ua. aus, daß das Ermittlungsverfahren in entscheidungswichtigen Punkten unzulänglich geblieben sei. Er habe in seiner Stellungnahme vom 18.4.1991 ausdrücklich seine Einvernahme beantragt. Diese sei jedoch zur Gänze unterblieben. Seine Einvernahme wäre aber zur Klärung des Sachverhaltes deshalb unbedingt erforderlich gewesen, weil sich daraus ergeben hätte, daß eine allfällige Anmeldung des rumänischen Staatsbürgers V bei der Gebietskrankenkasse am 4. Dezember 1990 einerseits irrtümlich erfolgt sei, andererseits seine Einvernahme auch ergeben hätte, daß eine tatsächliche Beschäftigung erst mit 13.12.1990 erfolgt sei. Mit diesem Zeitpunkt habe das Dienst- bzw. Beschäftigungsverhältnis erst begonnen. Die Behörde hätte auch die zeugenschaftliche Einvernahme des Herrn S unbedingt durchführen müssen. Die Behörde gehe in ihrem angefochtenen Straferkenntnis davon aus, daß mit Anmeldung am 4.12.1990 bei der O.ö. Gebietskrankenkasse das Beschäftigungsverhältnis bereits begonnen habe. Dies sei in rechtlicher Hinsicht nicht richtig. Das Dienst- bzw. Beschäftigungsverhältnis beginne erst mit der tatsächlichen Aufnahme der Beschäftigung. Die bloße Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse sage nichts über den Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses aus. Die Anmeldung sei zwar am 4.12.1990 erfolgt, dies jedoch irrtümlich. Die Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse verpflichtet den Dienstgeber schließlich nur dazu, ab dem Anmeldungsdatum die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Der Beginn eines Dienstverhältnisses lasse sich aus diesem Umstand jedoch nicht schlüssig ziehen.

I.4. Die Erstbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen. Sie legte das Rechtsmittel samt Verfahrensakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor und löste dadurch dessen Zuständigkeit aus. Dieser entscheidet, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, durch eines seiner Mitglieder.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, durch ergänzende Erhebungen sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 6. April 1992.

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Mit Schreiben des unabhängigen Verwaltungssenates vom 5. September 1991, VwSen-250043/2/Fra/Rl, wurde dem Landesarbeitsamt Oberösterreich Gelegenheit gegeben, zur erhobenen Berufung Stellung zu nehmen. Im Schreiben des Landesarbeitsamtes Oberösterreich vom 26. September 1991, AZ:III-6710 B Dr.Tu/Eb, wird im letzten Absatz darauf hingewiesen, daß für den Fall, daß dem Beschuldigten die unerlaubte Beschäftigung des Ausländers nachgewiesen wird, das Landesarbeitsamt Oberösterreich die Bestätigung der Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hinsichtlich des Schuldspruches und der Strafhöhe beantragt.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat vorerst die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck ersucht, Herrn S zeugenschaftlich zu vernehmen. Dieser gab in seiner Einvernahme vor dieser Behörde am 6. Dezember 1991 ua. an, daß der erste Tag im Autohaus Q der 4. Dezember 1990 war. Für die Zeit vom 4.12.1990 bis 13.12.1990 habe er ungefähr 2.000 S bekommen, aber so genau wisse er das nicht mehr.

Am 6. April 1992 wurde - wie oben erwähnt - eine Berufungsverhandlung durchgeführt. Das Landesarbeitsamt Oberösterreich ist zu dieser Verhandlung nicht erschienen. Die Ladung an den Zeugen S konnte, da dieser verzogen und seine Wohnanschrift nicht bekannt war, nicht zugestellt werden.

Bei der Berufungsverhandlung bedauerte der Beschuldigte, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat keinen persönlichen Eindruck vom Zeugen machen konnte, da er glaube, daß der Zeuge der deutschen Sprache nicht so mächtig sei, um genau zu wissen, was er bei der seinerzeitigen Zeugenaussage am 6.12.1991 vor der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck bekanntgegeben habe. Der Beschuldigte vertrat die Auffassung, daß bei der seinerzeitigen Einvernahme ein Dolmetscher zugezogen hätte werden müssen. Der Vertreter der Erstbehörde führte aus, daß ihm aus anderen Strafverfahren bekannt geworden sei, wo sich der Zeuge S nunmehr aufhalte. Es wurde daher einvernehmlich vereinbart, den Zeugen S nochmals in Gegenwart des Berufungswerbers bzw. seines Rechtsvertreters zur Sache einzuvernehmen. Die Erstbehörde hat jedoch rund ein Jahr vergeblich versucht, den genannten Zeugen zu erreichen. Sie hat den Strafakt wiederum dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt und mitgeteilt, daß die Einvernahme des Ausländers V nicht mehr rechtzeitig vor dessen zwangsweiser Ausreise aus dem Bundesgebiet durchgeführt werden konnte. Es wurde bekanntgegeben, daß dem zuständigen Sachbearbeiter in Erinnerung war, daß über V zahlreiche Verwaltungsstrafen wegen schwerwiegender Übertretungen verhängt worden sind und der Großteil des Strafbetrages noch ausständig ist. Nach positiv verlaufener Rückfrage beim Strafvollzugsbearbeiter in der Verkehrsabteilung wurde S zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafen in das Polizeiliche Gefangenenhaus der Bundespolizeidirektion Wels und laut Auskunft des PGH vom 19. März 1993 von dort in das Kreis- bzw. Landesgerichtliche Gefangenenhaus überstellt. Laut Auskunft der Bundespolizeidirektion Wels sei mit Wirkung mit 9. April 1993 die Schubhaft über V verhängt worden. Am 14. April 1993 wurde dieser nach Erlassung eines 10-jährigen Aufenthaltsverbotes in Österreich nach Rumänien abgeschoben.

Wie oben aufgezeigt, konnte trotz intensiver Maßnahmen der Erstbehörde der genannte Zeuge zur Sache nicht befragt werden.

Der vorhin dargestellte Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu beurteilen:

Die bei der Berufungsverhandlung vorgebrachten Aspekte des Beschuldigten bezüglich Sprach- bzw. Verständigungsschwierigkeiten des Zeugen V waren glaubhaft, weshalb es der unabhängige Verwaltungssenat für erforderlich hielt, diesen Zeugen unter Zuziehung eines Dolmetschers neuerlich zur Sache zu vernehmen. Der Umstand der Unmöglichkeit der Einvernahme dieses Zeugen ist weder dem Berufungswerber noch der Behörde zuzurechnen.

Im Verwaltungsstrafverfahren ist eine antizipative Beweiswürdigung unzulässig. Die Würdigung eines relevanten Beweises (hier: detaillierte Einvernahme des Zeugen STOICA in Gegenwart eines Dolmetschers sowie des Berufungswerbers) könnte erst nach dessen Einvernahme vorgenommen werden. Eine rechtmäßige Beweiswürdigung konnte daher nicht vorgenommen werden. Der Umstand der Unmöglichkeit einer zureichenden Einvernahme des Belastungszeugen darf nicht zu Lasten des Beschuldigten gewertet werden.

Der Vollständigkeit halber wird festgestellt, daß die oben zitierte Sach- und Rechtslage dem Landesarbeitsamt Oberösterreich vor dieser Entscheidung zur Kenntnis gebracht wurde. Das Landesarbeitsamt Oberösterreich teilte mit Schreiben vom 17. Mai 1993, AZ:IIId-6710 B Dr.Tu/Eb, dem unabhängigen Verwaltungssenat mit, sich in der gegenständlichen Angelegenheit der hs. Rechtsauffassung anzuschließen.

zu II. Der Kostenausspruch ist in der angeführten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

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