Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-250080/19/Gu/Hm

Linz, 11.06.1992

VwSen - 250080/19/Gu/Hm Linz, am 11. Juni 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Johann M gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 12. November 1991, SV-92-1991-Le, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nach der am 10. Februar 1992 in Gegenwart sämtlicher Parteien durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. § 24 VStG, § 28 Abs.1 Z.1 lit.a AuslBG, § 45 Abs.1 Z.1 VStG zweiter Halbsatz, § 45 Abs.1 Z.2 VStG erster Halbsatz.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: §§ 65 und 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Der Bürgermeister (Magistrat) der Stadt Wels hat den Beschuldigten mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, als Inhaber des V, es verantworten zu müssen und somit schuldig zu sein, daß die Staatsbürgerin der Dominikanischen Republik V, geb. 25. 10. 1964, am 26. 6. 1991 in diesem Betrieb beschäftigt worden sei, ohne daß vom zuständigen Arbeitsamt eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden wäre. Wegen Übertretung des § 3 Abs.1 i.V.m. § 4 Abs.3 i. Z. mit § 28 Abs.1 Z. 1 lit.a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 5.000 S, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen und ein Verfahrenskostenbeitrag von 500 S auferlegt.

In dem dagegen erhobenen Rechtsmittel macht der Beschuldigte geltend, daß mit der Ausländerin kein Arbeitsverhältnis vorgelegen sei, bestreitet hingegen nicht deren Aufenthalt zur Tatzeit in dem von ihm geführten Video-Kino, wendet allerdings ein, daß er zu diesem Zeitpunkt auf Auslandsurlaub gewesen sei und sich auf seinen Angestellten verlassen habe.

Aus diesen Gründen begehrt er die Einstellung des Verfahrens.

In der mündlichen Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Vernehmung des Beschuldigten, sowie des Zeugen Manfred B.

Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen:

Das V und die angeschlossene Peep-Show in Wels, wurde zur (in Rede stehenden) Tatzeit im Juni 1991 im Rahmen eines Vereines betrieben, dessen Obmann der Beschuldigte war.

Die Räumlichkeiten waren in mehrere Bereiche gegliedert und umfaßten neben dem Video-Vorführteil und dem Bereich der Peep-Show den Umkleideraum der Damen für den Aufenthalt zwischen den Auftritten und einen Barbereich, in dem auf Grund einer Konzession entgeltlich an Kunden und Damen der Peep-Show, Getränke verabreicht wurden.

Die für die Zurschaustellung des Körpers und die Animation der vom Betrieb gesuchten Damen meldeten sich entweder auf Grund von Anzeigen in der Kronen Zeitung oder auf Grund von Kontaktnahmen durch Bekannte.

Die angeworbenen Personen hatten sich selbst zu versichern und ihr Einkommen selbständig zu versteuern.

Für die Auftritte wurden sogenannte Dienstpläne erstellt, die speziell von Ausländerinnen wiederholt nicht eingehalten wurden. Bei mehrmaligen Ausbleiben wurde ein weiterer Zutritt verwehrt. Für die Auftritte der Damen wurden Marken ausgegeben, die vom anwesenden Angestellten (Kassier) Manfred B täglich abgerechnet und ausbezahlt wurden. Anfang Juni 1991 meldet sich die Dominikanische Staatsbürgerin V beim letzterwähnten Angestellten. Der Kassier vereinbarte mit dem Beschuldigten und der Vorsprechenden einen Termin, an dem geklärt werden sollte, ob die Ausländerin ihre Tätigkeit aufnehmen könne. Der Termin kam zustande, das Gespräch wurde in Wels in der, in Gegenwart des Zeugen B, des Beschuldigten und der Ausländerin abgewickelt. Der Beschuldigte zeigte Interesse an einer Aufnahme der Tätigkeit durch die Ausländerin. Es wurde davon gesprochen, daß von der Ausländerin noch der Meldezettel beizubringen sei, und die Beschäftigungbewilligung eingeholt werden müsse. Die Beschäftigungsbewilligung wurde dann am 11. Juni 1991 auch beantragt. Die Ausländerin erkundigte sich wiederholt persönlich beim Kassier des Video-Kinos, ob die Beschäftigungsbewilligung schon erteilt worden sei, so auch am 26. Juni 1991. An diesem Tage wurde ihr vom Kassier ein längeres Verweilen im Betrieb gestattet, und wurde sie dort nach 20.00 Uhr, nur mit einem Höschen bekleidet, von einem Organ der Bundespolizeidirektion Wels, anläßlich eines Streifendienstes angetroffen.

Zu dieser Zeit weilte der Beschuldigte auf einem Auslandsurlaub. Er hatte zuvor dem Kassier, wie bereits mehrfach geübt, die Telefonnummer seines Urlaubsdomizils hinterlassen und aufgetragen, ihn von besonderen Vorkommnissen zu unterrichten. Im Umgang mit Ausländern hatte es bislang bei der Betriebsführung noch keine Schwierigkeiten gegeben und es herrschte auch sonst bei der Führung des Betriebes und der hiebei erforderlichen Überwachung ein gutes Verhältnis zur Bundespolizeidirektion Wels. Unmittelbar nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub, wurde der Beschuldigte vom Vorfall informiert.

Im großen und ganzen ist der Sachverhalt - insbesondere der Aufenthalt der Ausländerin im Lokal - nicht strittig, weshalb die Einvernahme des meldungslegenden BI. Reisenauer entbehrlich war.

Die Zeugin VE konnte trotz Ladung und zwischenzeitiger Rückkehr in die Heimat - die Dominikanische Republik - bzw. nach ergebnislosen Versuchen, sie aufzuspüren, nicht vernommen werden.

Bezüglich der widersprüchlichen Verantwortung des Beschuldigten betreffend das Nichtvorliegen einer persönlichen Kontaktnahme mit der Ausländerin vor bzw. bei Stellung des Antrages um Beschäftigungsbewilligung im Verhältnis zur Aussage des Zeugen Manfred Brunnmair, konnte letzterer überzeugen. Demnach hat der Beschuldigte und die Ausländerin in Gegenwart des Zeugen ein persönliches Gespräch in Wels, in der E, geführt. Der Zeuge, der nunmehr in keinem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Beschuldigten steht, gab bei seiner Vernehmung durch das Senatsmitglied freimütig Auskunft, versuchte allerdings über Befragen durch die Verteidigung, offensichtlich auf Grund des früheren guten Einvernehmens mit dem Beschuldigten, die als mögliche Belastungsmomente erscheinenden Passagen abzuschwächen. Konkret war diese Divergenz ohnedies nicht entscheidungsrelevant.

Die zentralen Fragen für die rechtliche Beurteilung waren, ob ein Arbeitsverhältnis vorlag und ob der Beschuldigte für den Aufenthalt der Ausländerin zur Tatzeit am Tatort überhaupt die Verantwortung trug.

Durch die Beweisaufnahme ist erwiesen, daß der Beschuldigte als Obmann des betriebführenden Vereines die Ausländerin auftreten lassen wollte, und daß diese sich zur Tatzeit am Tatort spärlich bekleidet aufgehalten hat. Ein tatsächlicher Auftritt, eine Animation und ein Entgelt bzw. ein sonstiger wirtschaftlicher Vorteil hiefür ist nicht erwiesen. Selbst wenn man diesen zum Greifen nahe vermutet - aber eben nur vermutet - stellt das Rechtsverhältnis zwischen dem Unternehmen und den engagierten Damen, sowie es vom Beschuldigten konzipiert und unwidersprochen geblieben ist, im Ergebnis kein Dienstverhältnis dar.

Zwar scheinen durch das Vorliegen eines "Dienst(Auftritts)planes" und eine gewisse wirtschaftliche Abhängigkeit, der offensichtlich zu anderen Berufen nicht fähigen Bewerberinnen und durch die Antragsstellung auf Beschäftigungsbewilligung, Momente gegeben zu sein, die für ein Dienstverhältnis sprechen. Dagegen stehen jedoch die Umstände, daß die Bezahlung für die Zurschaustellung des Körpers nach der Zahl der Auftritte, wie sie eben in der Artisten- und Schausteller - bzw. Veranstaltungsbranche üblich ist, als vereinbart anzunehmen war und eine engagierte Person es selbst zu besorgen hatte, sich sozial zu versichern und das Einkommen selbst zu versteuern.

In der Gesamtsicht war daher keine, auf ein Arbeitsverhältnis gegründete, unselbständige Tätigkeit anzunehmen. Der Antrag auf Beschäftigungsbewilligung - aus gewissen Zweifeln heraus gestellt, um das offensichtlich korrekte Verhältnis zu der die Prostituiertenszene überwachenden Kriminalpolizei Wels nicht durch ungeklärte Fragen zu belasten -, konnte nicht über den wahren Gehalt des Rechtsverhältnisses zwischen Betrieb und den auftretenden Personen hinwegsehen lassen und nicht als "praesumtio iuris" gelten.

Bezüglich der längeren, eine Nachfragedauer übersteigenden Anwesenheit der Ausländerin am 26. Juni 1991 im Video-Kino in Wels war dem Beschuldigten auch keine Fahrlässigkeit nachzuweisen.

Nachdem er zu diesem Zeitpunkt ortsabwesend war, sich eines - im übrigen verlässlichen - Angestellten bedient hat, eine dichte Kontrolle des Betriebes gepflegt und selbst auch im Urlaub für den Angestellten für besondere Vorkommnisse telefonisch zur Verfügung stand, konnte auch dann kein Schuldspruch erfolgen, selbst wenn der Angestellte ohne Wissen des Beschuldigten die Ausländerin zur Tatzeit in ein Beschäftigungsverhältnis aufgenommen hätte, zumal ein Betriebsinhaber bzw. eine verantwortliche Person nicht jede Fehlleistung eines Angestellten verantworten muß. Festzuhalten ist, daß die Umkehr der Beweislast (§ 5 Abs.1 2. Satz VStG) nicht gilt, da auf das Ausländerbeschäftigungsgesetz Art.6 Abs.2 MRK wohl anzuwenden ist.

Nachdem wesentlichen Voraussetzungen für eine Bestrafung fehlten, war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Dies hatte für die Kostenseite zur Folge, daß die Kosten des erstinstanzlichen Verfahren von der Behörde zu tragen sind und auf Grund des Erfolges des Rechtsmittels Kostenbeiträge für das Berufungsverfahren entfallen (§§ 65 und 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Erkenntnis ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum